Eisner
Da war ein Mann, der noch an Ideale glaubte
und tatenkräftig war.
In Deutschland ist das tödlich. Denn wir haben
entweder rohe Kraft, die wir mißbrauchen,
wir haben feine Sinne und ein zart Gewissen
und richten gar nichts aus. Der aber, tatenfroh beflügelt,
hieb fest dazwischen – und daneben, freilich!
Jedoch er hieb, daß faule Späne flogen.
daß einer überhaupt den Degen zog,
ein Tapferer war und doch kein General.
Ein Lümmel, irgendeiner von den Schwarz-Weiß-Roten
(der letzte Zulukaffer steht uns andern näher),
Kurt Eisner starb – und lebt in unser aller Herzen!
Was aber Trauer bitter macht und schmerzlicher den Schmerz,
was über einer Gruft die Fäuste fester ballen läßt,
ist dies:
Es starb Jaurès, Karl Liebknecht, Luxemburg,
Kurt Eisner –.
Wir wissen wohl, wie jener groß war, dieser kleiner –
wer feilscht hier um Formate! Eine Reinheit
Und ihre Stimme sprach: Ihr sollt nicht leiden!
Vier Schüsse und vier Särge und vier Gräber.
Wir strecken unsre Arme in die Runde
Die, die dich lieben?“
Und die Bürger nicken.
Behaglich nicken sie, zufrieden, daß sie leben,
und froh, die Störenfriede los zu sein,
die Störenfriede ihrer Kontokasse.
die Unrat zehren, und die heilsam brennen?
Die Bürger nicken. Schlecht verhohlne Freude.
Sie wollen Ordnung – das heißt: Unterordnung.
Sie wollen Ruhe – das heißt: Kirchhofsstille.
Und satt und schleimig-fett und vollgesogen
hockt über diesem Lande eine Spinne:
gelähmtes Leid, gelähmte deutsche Seelen.
Und doch: nach allem, was bergab gegangen,
nach Kompromiß und braven Leisetretern – –
wir wissen ihre Werke, daß sie weder kalt noch warm
gewesen sind. Ach, wärt ihr kalt! Ach, wärt ihr warm!
Doch sie sind lau –
Wir glauben weiter unter grauem Himmel!
Wir wissen, daß du kommst –
Du sollst nicht rächen.
Luft! Gib uns Luft, darin wir atmen können!
Wühl unsre Seelen auf, pflüg um die Herzen
und löse uns von unserm deutschen Elend
und nimm von uns das niederste der Leiden.
gelähmtes Land und die gelähmten Schwingen!