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Erdpyramide in Südtirol

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: H. M.
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Titel: Erdpyramide in Südtirol
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 24, S. 741, 770–771
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[741]

[770] Erdpyramide in Südtirol. (Zu dem Bilde S. 741.) An vielen Punkten Tirols verteilt finden sich merkwürdige Erdgebilde. Auf einem senkrechten oder pyramidal nach oben sich verjüngenden Felsenpfeiler ruht ein großer Block hutähnlich aufgesetzt. Schon beim Ueberwinden der ersten Brennerhöhe bemerkt man bei Station Patsch diese sonderbaren Gestalten jenseit der Schlucht sich über der vielfach gewundenen Brennerstraße erheben; bei Bozen finden sich ihrer gegen hundert in der Nähe von Klobenstein (vgl. die Abbildung S. 449 im Jahrgang 1896) und weiter zu gegen Meran über dem Schloß Tirol treten solche Pyramiden fast nadelförmig auf.

Die Entstehung dieser interessanten Gebilde ist an besondere Bedingungen geknüpft. Nur da, wo einstmals vor unvordenklichen Zeiten gewaltige Gletscher Moränen vor sich hergeschoben haben, oder wo von den Bergen herab in den Rinnsalen alter Wildwässer Jahrtausende hindurch der Trümmerschutt der Felsen sich anhäufte, können Erdpyramiden entstehen. Dieser Trümmerschutt muß aber auch noch eine besondere Zusammensetzung haben; es müssen vereinzelte große Felsblöcke oder Platten, möglichst wagerecht gelagert, in einer aus kleineren Steinen gebildeten Masse stecken. Während nun Regen und Ablaufwasser der Berghänge das leichtere Geröll fortschwemmen, beschützt die große Felsplatte wie ein Regenschirm die unter ihr liegenden kleineren Gesteinspartikeln, die sie durch ihren Druck noch dazu fester zusammenhält. Und so kommt es, daß aus dem allmählich abgetragenen Grunde ein Steinpfeiler emporragt, wie ihn unsere Abbildung zeigt, die nach einer bei Ruine Ravenstein in der Nähe von Bozen stehenden Erdpyramide gefertigt ist. Da das Gestein meistens sehr fest zusammengebacken ist, schreitet die Verwitterung nur langsam fort, und derartige Gebilde können daher weit über ein Menschenalter hinaus scheinbar unverändert an gleicher Stelle stehen, bis endlich die rastlose Arbeit der kleinen Kräfte, die unsern ganzen Erdball umformt, ihren [771] Fuß untergräbt und in irgend einer Gewitternacht wieder ein paar solcher Kolosse unter donnerartigem Krachen zusammenbrechen, den Felsgrund mit Trümmern besäend. H. M.