Erklärung des Zündnadelgewehrs

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Prof. W. Camphausen
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Erklärung des Zündnadelgewehrs
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 30, S. 468–469
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1869
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[468]
Erklärung des Zündnadelgewehrs.
Von Prof. W. Camphausen.

Bei meiner ersten Morgenpromenade durch die Umgebungen Flensburgs im denkwürdigen Aprilmond des Jahres 1864 sah ich vor der Thür eines Kruges am Norderthor eine höchst charakteristische Gruppe, der die beistehende Illustration ihr Entstehen verdankt.

Unter den dort ein- und auseilenden bestaubten und sonnengebräunten Kriegsleuten, von denen zahlreiche Trupps als Ersatzmannschaften hinaus unter die Donner vor Düppel zu ziehen bestimmt waren, war ein kleiner kurzbeiniger fünfunddreißiger Füsilier, die auf irgend einem Hühnerhof aufgelesene Pfauenfeder stolz an den Helm gesteckt, eben dabei, mit dem echten redefixen Pathos des „richtigen Berliner Jungen“ einigen Oesterreichern sein niefehlendes ferntreffendes unübertreffliches Zündnadelgewehr zu produciren: ein paar rasche Griffe, ein Klaps „un fertig, det [469] is det Janze, zehn Mal Feuer mit Zielen uf de Minute, pah!“ Es war köstlich, zu beobachten, mit welch verschiedener Auffassung die umstehenden Kaiserlichen seinem Vortrage folgten; hier der auf seine Bärenkraft im einzig anständigen Bajonnetkampf vertrauende Gratzer Sergeant vom Regiment Belgien mit verächtlichem Gleichmuth; ihm secundirend der Oberjäger vom achtzehnten Bataillon: „Loß ihm nur gehn mit seinem Krikelkrakel; gegen unsern Stutzen kommt er halt doch nimmer auf!“ Daneben wieder die braunen Söhne der Ungar-Pußta von Coronini-Infanterie, denen das Ding doch wohl schon etwas einleuchtender schien, etc.

Vortrag über das Zündnadelgewehr.
Nach der Natur aufgenommen von Prof. W. Camphausen.

Wenige Stunden darauf zeigte ich, auf Befragen, ob ich schon etwas für mein Skizzenbuch gefunden, unserm Kronprinzen zu dessen großem Ergötzen die mit einigen flüchtigen Strichen hingeworfene Gruppe, die denn nun auch wenigstens den Vorzug hat, daß sie nicht erfunden, vielmehr ohne alle Zuthaten der Wirklichkeit entnommen ist.

Damals ahnte freilich Keiner von uns, daß, wie der Feldzug gegen Dänemark nur das Vorspiel zu dem gewaltigen Drama des Jahres 1866 war, auch diese kleine Episode, die die erste Bekanntschaft Oesterreichs mit der preußischen Zündnadel so launig charakterisirte, so bedeutsam in Bezug auf den größeren Maßstab der nahenden Zukunft werden sollte. Ein wie viel überzeugenderes argumentum ad hominem für die furchtbare Waffe haben die ungläubigen, braven, aber schlechtberathenen Völker des sieg- und ehrenreichen Oesterreichs auf den blutgetränkten böhmischen Feldern an sich selbst erfahren müssen![1]



  1. Wir müssen der obigen Mittheilung eine Bemerkung anfügen. Unsere Artikel und Bilder über den jüngsten und hoffentlich letzten „deutschen“ Krieg sollen nichts weniger als eine Verherrlichung des Krieges an sich und der siegenden Macht sein. Allerdings haben wir Autoren und Künstlern das Recht ihrer Auffassung der Sache nicht verkümmert, und so mag hie und da ein „glorreich“ oder „ruhmwürdig“ für irgend eine That mit unterlaufen sein, aber sicherlich nicht gegen die Wahrheit. In dieser Beziehung hat die Gartenlaube sich ihre Objectivität bewahrt: es kann ihr nur darum zu thun sein, der gegenwärtigen Generation ein getreues Bild der nun einmal nicht wegzustreichenden, in unser innerstes Volks- und Staatsleben tief eingreifenden Ereignisse und dadurch dem zukünftigen Geschichtsschreiber eine verläßliche, redliche Quelle für dieselben zu überliefern.
    Die Redaction.