Es flohn drei Sterne
Es flohn drei Sterne wohl über den Rhein,
Es hätt eine Witwe drei Töchterlein.
Die eine starb, wie es Abend war
Und die Sonne nicht mehr schiene klar,
Die andre um die Mitternacht,
Die dritte um die Morgenwacht.
Sie nahmen sich all’ einander die Händ’
Und kamen vor den Himmel behend,
Sie klopften leise an die Thür,
Sankt Petrus sprach: Wer ist dafür?
Es stehn drei arme Seelen hier,
Ach, mach uns auf die Himmelsthür.
Er sprach: ich muß es zeigen an,
Welche von euch soll in Himmel gahn.
Darauf ging er hin und fragte nach;
Die Himmelsstimme also sprach:
Die ältsten zwei soll’n hier eingehn,
Die jüngste muß bleiben stehn.
Sie schrie und sprach: was hab ich gethan,
Daß ich hier bleiben soll bestahn?
Sankt Petrus sprach: weil du veracht
Gotts Wort, deine Seele nicht bedacht,
So geh nun hin und siehe zu,
Wo du find’st in der Höllen Ruh!
Denn, wenn du in die Kirche sollt’st gehn,
So bliebst du vor dem Spiegel stehn,
Dein Haupt gekrönt, dein Haar geschmieret,
Und dich hoffärtig aufgezieret;
Drum geh nun fort und packe dich!
Die Hölle wird aufnehmen dich.
Als sie nun vor die Hölle kam,
Da klopfte sie gar grausam an;
Der Satan sprach: Wer ist allhier?
Es ist eine arme Seel’ dafür!
Drauf sprang er auf und ließ sie ein
Und schenkt ihr ein ein glühenden Wein.
Als sie nun aus dem Becher trank,
Das Blut ihr aus den Nägeln sprang,
Er bracht’ sie in den höllischen Pfuhl
Und setzt’ sie auf ein glühenden Stuhl.
Ja, ihre Qual war übergroß,
Sie kriegte manchen harten Stoß.
Sie sprach: ist meiner Mutter Schuld,
Daß sie mein Bosheit hat erduld’t
Und mich in Frevel lassen gehn,
Nicht einmal sauer drum gesehn;
Da meine Schwestern im Himmelssaal,
So sitz ich in der Höllenqual.
Was hilft mir nun mein Übermuth,
Mein Reichthum, Ehre, Geld und Gut?
Was hilft mir nun all Zierd’ und Pracht?
Ach, hätt ich nie daran gedacht,
So säß ich nicht in diesen Flammen,
Da alle Qualen schlagen zusammen.