Friedrich Gerstäckers ausgewählte Werke
[532] Friedrich Gerstäckers ausgewählte Werke. Als Friedrich Gerstäcker im Jahre 1843, damals ein noch ziemlich unbekannter Mann, von seiner ersten Reise nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika zurückkehrte, da wurde er gefragt, ob er der Gerstäcker sei, der seine Reise in den von Robert Heller redigirten „Rosen“ veröffentlicht habe. Gerstäcker verneinte das entschieden und mit gutem Gewissen, aber – wer beschreibt sein Erstaunen – die Leute erzählten ihm frischweg die schönsten Geschichten aus seinem eigenen Leben und er, er konnte nicht einmal bestreiten, daß sie vollständig auf Wahrheit beruhten. Das Räthsel löste sich, als der Weitgereiste nach Leipzig zu seiner Mutter kam. Von ihr erfuhr er, daß sie sein in Amerika verfaßtes Tagebuch an Robert Heller gegeben habe, welches dieser sodann zum größten Theil in seinen „Rosen“ veröffentlichte. „So hat mich denn,“ schreibt Gerstäcker in seiner Selbstbiographie in der „Gartenlaube“ (Jahrgang 1870, S. 246) „Robert Heller eigentlich zum Schriftsteller gemacht und trägt die ganze Schuld, denn in Dresden wurde ich später veranlaßt, diese einzelnen Skizzen zusammenzustellen und ein wirkliches – mein erstes – Buch zu schreiben.“ Es waren die „Streif- und Jagdzüge“, in welchen er seine abenteuerlichen Erlebnisse mit frischen Farben, wenn auch mit noch etwas ungeübter Hand schilderte. Das Buch gefiel, und bald folgten ihm einzelne ausgeführtere Bilder, die Romane „Die Regulatoren in Arkansas“ und „Die Flußpiraten des Mississippi“, Werke, die Friedrich Gerstäckers schriftstellerischen Namen mit einem Schlage begründeten. Seitdem sind zahllose Schriften aus seiner Feder geflossen; die „Gartenlaube“, mit deren Begründer er im engsten Verkehre stand, durfte ihn zu ihren treuesten und fruchtbarsten Mitarbeitern zählen; seine „Gesammelten Schriften“ umfassen die stattliche Zahl von dreiundvierzig Bänden.
Die eiserne Energie, welche den kühnen Reisenden die unsäglichsten Mühseligkeiten und Gefahren überstehen ließ, offenbarte sich auch in der Art seines litterarischen Schaffens. „Ohne Unterbrechung schrieb er des Tages seine sechs bis acht Stunden, und dies Wochen, ja Monate hindurch. Dann war er völlig abgespannt und erholte sich durch kurze Jagdausflüge, wenn es die Jahreszeit gebot, oder spielte regelmäßig seine Partie Whist,“ so berichtet von ihm Herbert König in der „Gartenlaube“ (Jahrgang 1872). Von Zeit zu Zeit aber trat er dann wieder eine jener großen Wanderungen an, die ihn fast in alle Gegenden der bewohnten Erde führten, Wanderungen, die ihm für seine Produktionsfähigkeit nothwendig waren. Er hatte das Bedürfniß, „die schwächer werdenden Bilder jener fremden Welt aufs neue aufzufrischen,“ wie etwa ein Maler über die aufgestapelten Vorräthe der Studienmappe hinaus immer wieder der lebendigen Berührung mit der Natur, des direkten Schauens bedarf. Das gab denn auch seinen Schriften jenen unverlöschlichen Reiz des Unmittelbaren, jenen praktischen, gesunden Realismus, welcher sie in so hohem Grade auszeichnet und welcher ihnen – neben dem stofflichen Interesse – auch heute noch einen ungeminderten Eindruck auf den Leser sichert. Man darf es deshalb als einen glücklichen Gedanken bezeichnen, daß die Verlagshandlung von Hermann Costenoble in Jena sich entschlossen hat, eine Neuherausgabe der besten Werke Gerstäckers zu einem möglichst billigen Preise zu veranstalten. Für die Auswahl und Bearbeitung wurde Dietrich Theden gewonnen, welcher es verstanden hat, das dauernd Werthvolle aus der Masse herauszugreifen und unter sorgfältiger Wahrung der Eigenart des Erzählers für den Neudruck zuzubereiten. Die Zahl der Bände ist von 43 auf 24 beschränkt, welche in zwei Serien lieferungsweise erscheinen. Wir zweifeln nicht, daß der vielgelesene Autor sich in diesem neuen Gewande neue Freunde zu den alten erwerben werde. S.