Frischlin (Schubart)
Wo liegt Frischlin, der Bruder meines Geistes,
Wo scharrten sie des Edeln Asche hin?
Wo ist sein Grab mit stillem Moos bewachsen?
Wo liegt Frischlin?
Dann Fürstenhaß lag auf ihm Hügelschwer.
Und Pfaffen brüllten über seiner Leiche:
Verdammt ist er!
Und besser warst du, als die Hasser alle,
Die dich verdammt.
Als Knabe schon griefst du mit kühnem Finger
Ins Saitenspiel. Als Jüngling wirbelst du
Den Wolken zu,
Die um den Mond wie Silberduft sich ziehen.
Versammelt waren Roma’s Dichter drauf.
Sie stuzten: Aus den Wäldern der Barbaren
Dir hat Apoll, wie Plautus! deinem Bruder,
Mit eigner Hand den Sokkus angeschnürt.
Und Jokus hat in seinen Nektarkeller
Dich selbst geführt.
Des Göttertrankes viel. Da stieg dein Herz
Herauf ins Antlitz, und die Lippen trofen
Von hellem Scherz.
Es segneten der Alten Geister alle
Dich unsichtbar.
Dein Auge sah nicht mit dem Scholiasten
Nur Wörterkram und Periodenfluß.
Des Genius.
Wie silbernes Geträufel aus den Wolken
War deine Red’ im vollgedrängten Saal.
Die Wahrheit schien ein Schwerdt in deinem Munde,
Als Römer schriebst du; aber deine Seele
Voll Vaterland, liebt deutschen Biderton.
Du sprachst den stolzen purpurnen Tirannen
Ins Antliz Hohn.
Sie gieng voll Hohn um deine Gruft herum,
Und brüllte: Ha, da fault er nun, mein Hasser,
Auf ewig stumm.
Entreißst dich muthig durch des Kerkers Quater
Der Sklaverei.
Doch ach! an eines grauen Felsen Wurzel
Fand er, der Edle, seinen Märtrertod.
Im Morgenroth.
Wo ruht er nun, der Bruder meines Geistes?
Wo scharrten sie des Edlen Trümmer hin?
O sagt mir’s, daß ich ihn mit Thränen salbe:
*) Der Literator würde mich dauren, dem ich’s erst erweisen müßte, daß Frischlin ein vortreflicher Kopf war. Der Dichter, Redner, geschmackvolle Philolog, – noch mehr, der Märtirer für die Wahrheit, einigte sich in ihm. Noch hat er weder Monument, noch Biographen. Also, einstweilen nur diese Roßmarinstaude auf sein Grab! –