Frohe Heimkehr
[748] Frohe Heimkehr. (Mit Illustration S. 745.) Wenn unsere Leser nur einen flüchtigen Blick auf die Gestalt werfen, die wir ihnen in dem ebenbezeichneten Bilde vorführen, so könnten sie glauben, wir wollten ein Musterexemplar des Vagabundenthums zur Schau stellen. Wir freuen uns, ihnen die Versicherung geben zu können, daß sie ein Gegenstück davon, einen recht fleißigen Arbeiter vor sich haben, der mit dem Erfolge seiner Thätigkeit und Sparsamkeit wohlgemuth in die Heimath zurückkehrt.
Aufmerksame Leser der „Gartenlaube“ haben Seinesgleichen bereits bei den italienischen Arbeitern gesehen, die man in Oesterreich und auch in Deutschland gern zur Bewältigung schwerer Erdarbeiten beim Bau von Eisenbahnen und Canälen herbeizieht. Im Jahrg. 1866 (S. 13) sahen wir eine Gruppe italienischer Arbeiter an der Brennerbahn, und 1875 (S. 405) finden wir sie in der Nähe des Haller Sees im Salzburgischen, die wir dort in dem Augenblick „nach der Natur gezeichnet“, wo sie nach vollbrachter Tagesschicht ihre Polenta bereiten und verzehren.
Die große Mehrzahl dieser fleißigen Leute hat ihre Heimath in der venetianisch-lombardischen Ebene und in den Thälern, welche sich zwischen die südlichen Ausläufer der Alpen einschieben. Fast ohne Ausnahme zwingt sie zu ihren Wanderungen auf Arbeit die liebe Noth und der feste Entschluß, in der Fremde sich so viel zu erübrigen, daß sie später in der Heimath entweder ein Häuschen mit etwas Feld sich erschwingen oder einen kleinen Handel begründen können. Und dieses Ziel verfolgen sie mit ebenso viel Klugheit als Selbstbeherrschung, denn namentlich in der Beschränkung ihrer Bedürfnisse stehen sie wohl unübertroffen da. Bei ihrer einfachen Polenta und frischem Wasser sind sie so lebhaft und guter Dinge, als säßen sie beim üppigsten Schmaus.
Beachtenswerth ist auch ihre Anhänglichkeit an die Ihrigen, mit denen sie allenthalben im eifrigsten brieflichen Verkehr stehen. Das Ersparte wird regelmäßig in die Heimath geschickt. Wer aber noch allein steht, bewahrt die Eigenthümlichkeit, die Ersparnisse so oft als thunlich in Gold unzuwandeln und in die Kleidungsstücke einzunähen.
So hält ein Solcher seinen Schatz für am sichersten aufgehoben und weiß genau, wann er am Ziel seiner Wünsche angelangt ist. So ist’s gar nicht unmöglich, daß auch das armselige Gewand unseres Italieners seinen Goldschatz birgt; im Bündel trägt er seine Sonntagskleider und gewiß irgend ein Andenken aus der Fremde, das ihm einen freundlichen Empfang sichert.