Gaggenau (Brauer)

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Textdaten
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Autor: Eduard Brauer
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Titel: Gaggenau
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aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 306–308
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons, Google
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[306]
Gaggenau.

Wer sitzt im warmen Stübchen?
Ein Mädchen und ein Bübchen,
Großmutter auch und spinnt,
Läßt sich ein Weilchen quälen,

5
Bis daß sie zu erzählen

Mit leisem Ton beginnt:

„War einst ein Hirtenknabe,
Der nannt’ als einz’ge Habe
Ein junges Gänschen sein;

10
Doch ach! vor Badens Thoren

Hat sich das Thier verloren
Zu Hansens bittrer Pein!

Er läuft von Ort zu Orte,
Er klopft an jede Pforte,

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Kehrt hoffnungslos zurück,

Verloren bleibt sein Gänschen, –
O Hänschen, armes Hänschen!
Verloren all’ dein Glück!

Und an der Murg Gestaden

20
Hin sinkt er mühbeladen,

Und klagt des Herzens Noth
Den Wellen und den Winden:
„Läßt sich die Gans nicht finden,
So wein’ ich mich zu Tod!“

[307]
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Da kommt ein bucklig Männchen,

Nicht höher als drei Spännchen,
Vom grünen Berg herab
Und spricht: „Nach Gernsbach wandre,
Und stehl dir eine andre,

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Du dummer Hirtenknab’!“


Doch Hänschen sagt: „Mit nichten
Mag’ ich so was verrichten,
Die Ehr’ ist mir zu lieb;
Viel eher wollt’ ich laufen,

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Mein letztes Hemd verkaufen,

Als daß ich würd’ ein Dieb!“

Kaum ist dies Wort gesprochen,
Hat lachend sich verkrochen
Der kleine Schelm, der Zwerg;

40
Da tönt’s „Gaggagg“ vernehmlich,

Husch, husch, da schlüpft bequemlich
Das Gänslein aus dem Berg.

Vor Freuden tanzt mein Hänschen,
Und flügelnd setzt sein Gänschen

45
Das muntre Gaggagg fort;

Bald flog durch’s Thal die Kunde
Und von derselben Stunde
Heißt Gaggenau der Ort.“

Das Mädchen und das Bübchen

50
Im traulich warmen Stübchen

Sind selig eingenickt;
Großmutter sitzt im Stuhle,
Sie sitzt und dreht die Spule
Gar fleißig und geschickt.

Eduard Brauer.

Unter den Bewohnern des Murgthals geht, nach Aloys Schreiber’s Zeugniß in den „Sagen von Baden“ etc. S. 57, über die Entstehung des Namens Gaggenau eine, freilich weder sinnreiche noch poetische Sage. Hier ist dieselbe im Gewand eines Kindermärchens, das sich wohl allein für sie schickt, etwas ausgeschmückt wiedergegeben. [308] Das vermißte Gänschen soll aus dem sogenannten Hilpertsloch hervorgekommen seyn. Auf dergleichen Auslegungen von Ortsnamen geräth der grübelnde Volksverstand öfters. (Wir erinnern an die Erklärung des Burgnamens Achalm in Uhlands Dichtung „die Schlacht bei Reutlingen“.)

Daß die Sage auch das Murgthal mit kleinen Berggeistern (Gnomen, Erdmännlein) bevölkert hat, ist zu ersehen aus Kriegs von Hochfelden „Geschichte der Grafen von Eberstein,“ S. 356 u. ff.

(Siehe Ed. Brauer’s „Sagen und Geschichten von Baden etc.“ S. 168.)