Galvanische Einzelheiten

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Annalen der Physik und Chemie
Band LXIII, Heft 11, Seite 389–405
Georg Simon Ohm
Galvanische Einzelheiten
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IV. Galvanische Einzelheiten; von G. S. Ohm.

Die nun folgenden Thatsachen theile ich in keiner andern Absicht mit, als um Hergänge, an welche theoretische Ansichten vielfach geknüpft worden sind, auf den Boden zu verweisen, dem sie in Wahrheit angehören. Es haben seit längerer Zeit mehrere der hervorragendsten Naturforscher die Contacttheorie durch Experimente schlagen zu können geglaubt, in denen selbst mindestens eben so viel Dunkelheit zurückblieb, als sie mit denselben zu verjagen je hoffen durften, und dabei gab sich das, zuweilen offen ausgesprochene, Bestreben zu erkennen, derlei halberkannte Erscheinungen zu diesem Behufe möglichst zu vervielfältigen und auf allerhand Arten abzuändern, wie wenn in der Menge der Beweise deren Schwäche sich verlieren sollte. Mein Zweck ist hier umgekehrt der, einige wenige von jenen geheimnißvollen Thatsachen mehr aufzuhellen, um sie zu theoretischen Zwecken brauchbarer zu machen; jedoch werde ich mich hier an dieser Stelle einer jeden daran geknüpften Nutzanwendung geflissentlich enthalten, da ich an einem andern Orte darauf zurückzukommen gedenke.

1) Ueber das Verhalten des Eisens in Schwefelkaliumlösung.

Das galvanische Verhalten des Eisens gegen Platin und ähnliche Metalle in Schwefelkaliumlösung fand ich genau so, wie es von Faraday beschrieben worden ist. Das Eisen zeigte sich im ersten Augenblick der Schließung der Kette mäßig stark negativ gegen Platin, die Nadel wich bis auf 70° zur Seite, zeigte jedoch schon nach Ablauf von wenigen Minuten nur noch 5° an; ein Einschieben von, mit saurem Wasser befeuchteten Papier zwischen Platin und Eisen machte, daß ein stärkerer Strom auftrat, der jedoch nach wenigen Minuten die Nadel nur noch um 20° ablenkte. Hierbei will ich bemerken, daß mein Galvanometer aus mehreren tausend Windungen sehr feinen Kupferdrahts mit einfacher Magnetnadel bestand, und daß man auch eine umgekehrte Erstwirkung bei obigem Versuche erhalten kann, wenn man eine lang gestandene und dadurch unrein gewordene Schwefelkaliumlösung dazu gebraucht.

Während dieser Versuche machte ich jedoch die Wahrnehmung, daß wenn das Eisen unter der Schwefelkaliumlösung mit einer Glaskante bei ziemlich starkem Drucke gerieben wird, die zuvor negative Wirkung des Eisens in die positive umspringt, welche letztere sich um so stärker zeigt, je schneller und umfangreicher das Reiben geschieht. Daß diese Umkehrung des Stromes nicht etwa bloß Folge der bewegten, an dem Metalle aufsteigenden Flüssigkeit sey, davon kann man sich leicht dadurch überzeugen, daß sie nicht eintritt, wenn man den Glasstreifen ohne Druck über dem Eisen weggleiten läßt, in solcher Weise, daß die Flüssigkeit dabei weit mehr in Bewegung kommt als zuvor.

Diese Wahrnehmung erzeugte in mir die Vermuthung, daß an jener eigenthümlichen Wirkung des Eisens in Schwefelkaliumlösung ein in dieser Flüssigkeit sich bildender Ueberzug Schuld sey, den näher kennen zu lernen mein ferneres Bestreben war. Zu dem Ende tauchte ich rein geschabtes Eisen in Schwefelkaliumlösung kurze Zeit ein, nahm es dann heraus, wusch es in destillirtem Wasser sorgfältig ab, und trocknete es dann möglichst schnell in Filtrirpapier. Das so behandelte Eisen schien an der Stelle, wo es eingetaucht war, durchaus keine Veränderung erlitten zu haben; es zeigte dieselbe Farbe und denselben Glanz, wie zuvor. Ich schabte jetzt die eingetaucht gewesene Stelle mit einem Streifen reinen Silbers vorsichtig ab, und fand, daß sich an der Kante des Silberstreifens, womit geschabt worden war, kleine, mit bloßem Auge kaum wahrnehmbare Theilchen ansetzten, die ich jedoch trotz aller Mühe nur in höchst geringer Menge erhalten konnte. Diese Theilchen zeigten, durch die Lupe gesehen, eine schwärzliche Farbe. Brachte ich diese schwarzen Punkte auf einen reinen, über weißem Papier liegenden Glasstreifen und einen Magnet in ihre Nähe, so wurden sie sämmtlich von ihm angezogen; brachte ich dagegen diese schwarzen, auf dem Glasstreifen liegenden Pünktchen unter das Mikroskop und einen Tropfen Vitriolöl mit ihnen in Berührung, so blieben sie regungslos und unverändert liegen, während Feilspäne, von demselben Stück Eisen genommen und in denselben Tropfen gebracht, augenblicklich sich mit einer so großen Menge von Luftbläschen überzogen, daß man von ihnen selbst nichts mehr zu sehen im Stande war.

Diese Beobachtungen machten mir es wahrscheinlich, daß das Eisen in der Schwefelkaliumlösung einen höchst dünnen Ueberzug von Schwefeleisen auf derselben Stufe wie im Magnetkies annehme, und diese meine Vermuthung erhielt einen hohen Grad von Gewißheit, als ich wahrnahm, daß Magnetkies, geglühter Schwefelkies, oder auch in der Weißglühhitze mit Schwefel überzogenes Eisen nicht nur in der Schwefelkaliumlösung, sondern auch in allen andern, zu den Versuchen herbei genommenen, salzigen und sauren Flüssigkeiten mit Platin und andern Körpern sich ganz so verhielt, wie das in Kaliumlösung eingetauchte, sorgfältig abgewaschene und sogleich getrocknete Eisen selbst. Ja sogar in solchen Flüssigkeiten, welche auf das Schwefeleisen zersetzend einwirken, zeigte sich die Gleichartigkeit der Wirkung von vorn herein eine geraume Zeit hindurch fort. Weil indessen doch noch mehr und bessere Beweise für das Daseyn eines solchen Ueberzugs wünschenswerth waren, so ging ich meinen Freund und Kollegen, Hrn. Prof. Leykauf, an, zu versuchen, in wie weit sich dieser Hauch in rein chemischer Weise verfolgen lasse, und derselbe theilte mir hierüber mit einer Bereitwilligkeit, welche öffentlich anzuerkennen ich nicht umhin kann, Folgendes mit:

„Das zu meinen Versuchen dienende Schwefelkalium wurde bereitet aus chemisch reinem Schwefel und reinem Aetzkalihydrat durch Zusammenschmelzen in einem hohen Glaskolben. Die Erhitzung wurde so lange fortgesetzt, bis weder Wasserdämpfe, noch Schwefeldämpfe mehr entbunden wurden. Das erhaltene Schwefelkalium wurde mit heißem Wasser zu einer concentrirten Lösung gebracht, blieb in vollgefüllten und wohl verschlossenen Glasfläschchen mehrere Tage lang stehen, und wurde dann erst zu den Versuchen verwendet. Das Eisen und der Stahl, welche zu diesen Versuchen dienten, wurden vor dem Gebrauche gereinigt, und zwar zuerst blank gefeilt, dann mit einem scharfen Messer auf das Vollkommenste abgeschabt, und zuletzt noch mit vollkommen trockner und reiner Leinwand abgerieben. Die Operation des Abschabens macht das Eisen zu diesen Versuchen besonders geschickt, da durch bloßes Feilen das Eisen von den Feilen, die gewöhnlich mit Fett bestrichen sind, Fettigkeit annimmt, und in den, selbst durch den feinsten Feilstrich erhaltenen Vertiefungen eine Menge Eisentheile zurückgehalten werden, sey es durch Adhäsion, oder durch magnetische Anziehung, von welchen es nicht leicht befreit werden kann. Aus demselben Grunde darf das Abreiben des Eisens nicht mit Wolle, welche fettet, noch mit Leinwand geschehen, die mit Seife in harten, kalkhaltigen Wassern gewaschen worden ist.“

„Das so auf seiner Oberfläche möglichst rein gemachte Eisen wurde sogleich in die ziemlich concentrirte Lösung von reinem fünffach Schwefelkalium getaucht, nach einer Secunde herausgenommen, in vollkommen luftfreiem destillirten Wasser abgewaschen, und, ohne zu reiben, in Leinwand abgetrocknet. Es zeigte bei genauer Betrachtung keine Veränderung, selbst nicht mit Zuziehung einer 400fachen Vergrößerung; nur an der Gränze der Eintauchung konnte man eine etwas dunklere Färbung des Metalles bemerken. Es wurde nun untersucht, wie sich das Eisen sogleich nach dem Abwaschen und Abtrocknen in der Wärme verhält, und es ergab sich, daß das in fünffach Schwefelkalium getauchte Ende einen deutlich wahrnehmbaren Schwefelgeruch verbreitete, den ein nicht in Schwefelkalium gebrachtes, übrigens ganz gleich behandeltes Eisen nicht, oder doch nur in einem fast unmerklichen Grade erkennen ließ. Selbst nachdem das eingetauchte und abgetrocknete Eisenstück mit kochendem, destillirtem Wasser etliche Minuten lang behandelt war, konnten mehrere Personen den Geruch nach Schwefel beim Erhitzen der eingetauchten Stelle noch erkennen.“

„Es drängte sich die Vermuthung auf, daß das Eisen mit einer geringen Schicht Schwefeleisen überzogen seyn könnte, da aber hier das Schwefeleisen nur auf nassem Wege entstanden seyn konnte, so mußte es Schwefeleisenhydrat seyn, und als solches sich an der Luft schnell oxydiren. Ein in Schwefelkalium getauchtes und abgewaschenes Eisen oxydirte sich auch wirklich bedeutend stärker an der eingetauchten Stelle, als an irgend einem andern Theil, wenn es nur wenige Stunden an der Luft gelegen hatte. Derselbe Fall trat ein, wenn das eingetauchte, abgewaschene und getrocknete Eisen in Luft haltendem Wasser allmälig erwärmt wurde, und zwar trat hier die Veränderung noch deutlicher und schneller hervor. Wurde jetzt die mehr oxydirte Stelle erwärmt, so konnte, wie natürlich, kein Geruch nach Schwefel mehr wahrgenommen werden, da das etwa vorhandene Schwefeleisen in basisch schwefelsaures Eisenoxyd übergegangen seyn mußte.“

„Die Gegenwart des Schwefels an der eingetauchten Stelle weisen folgende Reactionen vollkommen nach: Wird ein in Schwefelkalium getauchtes Eisen, abgewaschen und schnell getrocknet, mit einer Platte von chemisch reinem Silber so bedeckt, daß fast keine Luft dazwischen ist (welches dadurch erzielt werden kann, daß man zuvor die Silberplatte auf der Eisenplatte abschleift), und werden nun beide durch eine Weingeistflamme stark erhitzt, so zeigt sich das Silber bei günstig auffallendem Lichte vollkommen braun, und zwar nur an der Stelle, wo das Silber die in Schwefelkalium getauchte Eisenstrecke berührt, alle übrigen Stellen des Silbers, obwohl auch in inniger Berührung mit dem Eisen, bleiben blank; bei minder günstig auffallendem Lichte erscheinen die sonst braunen Stellen weiß, aber matt, während die übrigen glänzend bleiben.“

„Obwohl vielfache Versuche angestellt wurden, den Schwefel durch Luft, Salpetersäure und dergleichen in Schwefelsäure umzuwandeln, und deren Gegenwart durch salpetersauren Baryt darzuthun, so blieben diese doch alle fruchtlos, so lange Eisenflächen dazu verwendet wurden, die nicht mehr als 6 Quadratzoll betrugen; als aber 8 bis 12 Quadratzoll dazu genommen wurden, entstand eine ganz deutliche Reaction. Zu diesem Versuche war das Eisen auf das Sorgfältigste gereinigt, in Schwefelkalium eingetaucht, mit destillirtem Wasser abgewaschen und gut, aber schnell, mit Leinwand abgetrocknet, hierauf der feuchten Luft 10 Stunden lang ausgesetzt worden, zuletzt mit Salpetersäure behandelt und mit essigsaurem oder salpetersaurem Baryt geprüft, wodurch ein Niederschlag von schwefelsaurem Baryt hervorgebracht wurde.“

„Da die Behandlung des eingetauchten Eisens mit Salpetersäure immer eine saure Flüssigkeit hervorbringen wird, das Eindampfen bei so unendlich geringer Menge des zu untersuchenden Gegenstandes nicht wohl rathsam ist, so kann eine geringe Menge von Schwefelsäure durch jenes Reagenz nicht wohl nachgewiesen werden. Bei einem Ueberschuß von Salpetersäure, besonders in der Wärme, bleibt der Baryt ohnehin ein ungenügendes Reagenz auf geringe Quantitäten von Schwefelsäure. Besonders leicht nachweisbar ist die Gegenwart des Schwefels an einem in Schwefelkalium getauchten Stück Eisen, wenn man dieses zum positiven Pole einer Kette macht, welche durch eine Flüssigkeit von sehr reinem Natron und Wasser geschlossen wird (das Natron wurde hierzu durch Verbrennen von Natrium erzeugt). Schon bei Anwendung von 3 bis 4 Quadratzoll des in Schwefelkalium getauchten Eisens zeigt das Natron einen Gehalt an Schwefelsäure, wenn die Natronflüssigkeit gesäuert und mit essigsaurem Baryt geprüft wird.“

„Ein noch einfacheres Reagenz bietet das salpetersaure Quecksilberoxydul dar. Das in Schwefelkalium getauchte, gewaschene und abgetrocknete Metall wird sogleich in eine Mischung von 8 Tropfen einer concentrirten, klaren, salpetersauren Quecksilberoxydullösung mit 1 Unze Wasser getaucht, dann zeigt sich schon nach wenigen Secunden die in Schwefelkalium getauchte Stelle gelblich, endlich bläulich. Auch das Metall zersetzt die salpetersaure Quecksilberoxydullösung, aber es überzieht sich das Eisen an Stellen, die nicht in die Schwefelkaliumlösung eingetaucht waren, mit einer grauen Decke, die später als metallisches Quecksilber erkannt wird, in dem ersten Momente aber ein Oxydul des Quecksilbers zu seyn scheint. – Bei concentrirteren Lösungen von salpetersaurem Quecksilberoxydul tritt die Reaction an den ungetauchten Stellen des Eisens zuerst ein; es färbt sich das Eisen an diesen Stellen matt grau, kurz darauf wird die eingetauchte Stelle bräunlich, und es erscheint die Gränze der Einsenkung des Eisens in die Schwefelkaliumlösung so deutlich, als man es nur immer wünschen kann. Ein Stück Eisen nach der bisherigen Weise in Schwefelkalium behandelt, auf einer Seite mit dem Messer streifenweise abgeschabt, zeigt diese Streifen nach dem Eintauchen in salpetersaures Quecksilberoxydul noch ganz deutlich mit matt grauer Farbe, alle übrigen eingetauchten Stellen sind bräunlich. Selbst wenn ein in Schwefelkalium eingetauchtes Stück Eisen mit Kreide rasch abgeschliffen wird, so erkennt man durch Eintauchen in salpetersaures Quecksilberoxydul noch vollkommen die eingetauchte Stelle.“

„Der auf dem Eisen entstandene Ueberzug wird nicht entfernt durch die Lösungsmittel des Schwefels.“

„Werden unter Schwefelkalium blanke Eisenstücke längere Zeit an einander gerieben, so bemerkt man keinen Niederschlag von Schwefeleisen in der Lösung; er erscheint auch noch nicht nach Verlauf von 2 bis 8 Tagen, wohl aber bemerkt man an dem unteren Theil der Flüssigkeit eine etwas dunklere Färbung. Nach 6 bis 8 Wochen war in dieser Flüssigkeit ein, eine Linie hoher, Niederschlag von Schwefeleisen, das eine vollkommen rein grüne Farbe hatte, während in derselben Schwefelkaliumlösung, in der nur kein Eisen gerieben werden war, nicht die leiseste Spur von Schwefeleisen entstand.“

„Jede Verbindung von Schwefel und Kalium, gleichviel ob einfach oder fünffach Schwefelkalium, wirkt in gleicher Weise auf das Eisen. Desgleichen wirkt eine alkoholische Lösung gleich der wäßrigen, nur ist zu beachten, daß, wenn die alkoholische Lösung aus einem Schwefelkalium, das freien Schwefel mit sich führt, gewonnen wird, auf jedem Metalle, selbst auf Platin, ein sehr dünner Ueberzug von Schwefel sitzen bleibt, der selbst nicht mit Wasser und auch nicht durch gelindes Reiben zu entfernen ist.“

„Bei diesen verschiedenen Versuchen wurde immer einerlei Eisen angewendet, und zwar solches, das am wenigsten Schwefel führte. Ganz schwefelfrei fand ich kein Eisen.“

2) Ueber das Verhalten des Eisens in salpetriger und in Salpetersäure.

Wenn mit dem Vorigen der Grund des exceptionellen Verhaltens des Eisens in einer Schwefelkaliumlösung außer allen Zweifel gesetzt werden ist, so daß von jetzt an von keinem galvanometrischen Verhalten zwischen Eisen und Platin in einer Schwefelkaliumlösung die Rede mehr seyn kann, sondern nur noch von einer galvanischen Beziehung zwischen Schwefeleisen und Platin in dieser Flüssigkeit, wodurch die ganze Sachlage eine völlig andere wird, so ist mir dieß zwar bis jetzt noch nicht in dem gleichen Grade hinsichtlich des außergewöhnlichen Verhaltens des Eisens in salpetriger und in Salpetersäure gelungen; jedoch haben auch hierin meine, und noch mehr meines gefälligen Kollegen Leykauf’s Bemühungen den Gegenstand bis dahin geführt, wo er einer gründlicheren Beurtheilung unterworfen werden kann. Die Resultate dieser Bemühungen werde ich jetzt zur öffentlichen Kenntniß bringen.

Meine ersten Versuche machte ich mit einer dunkelgrünen salpetrigen Säure, welche aus der braunen, mittelst Destillation von salpetersaurem Bleioxyd gewonnenen, durch Verdünnung mit einem gleichen Raumtheil Wasser erhalten worden war. Eisen mit Platin zeigte sich in ihr im ersten Momente stark positiv, die Nadel des Galvanometers kam jedoch nach kurzer Zeit bis nahe auf Null zurück; die Wirkung war also genau so, wie sie von Faraday angegeben worden ist. Daß aber auch hier ein auf dem Eisen sich bildender Ueberzug Schuld an der ungewöhnlichen Erscheinung sey, davon überzeugte mich der Umstand, daß das Eisen immer wieder an Positivität zunahm, wenn ich es unter der Flüssigkeit mit einer Glaskante rieb, aber nicht, wenn ich bloß die Flüssigkeit in der Nähe des Eisens in Bewegung setzte; deshalb war von da an meine ganze Aufmerksamkeit bloß auf die nähere Kenntniß dieses Ueberzugs hin gerichtet. Zu diesem Ende nahm ich das Eisen aus der salpetrigen Salpetersäure heraus, trocknete es schnell auf Filtrirpapier ab, und schabte dessen in der Flüssigkeit gestandene Oberfläche mit einem Federmesser behutsam ab, da zeigten sich sogleich an der Schneide des Federmessers Ansammlungen in ungleich größerer Menge, als ich sie je von dem in Schwefelkalium gestandenen Eisen erhalten konnte. Diese Ansammlungen hatten, mit der Lupe betrachtet, ein erdiges Aussehen, und boten eine grünlichweiße Farbe dar, die aber schon nach wenigen Minuten in eine gelblichbraune überging. Ganz den gleichen Ueberzug mit derselben Verwandlung fand ich auch wieder, wenn ich das Eisen, anstatt in die grüne salpetrige Säure, in eine reine concentrirte Salpetersäure eintauchte, nur schien er mir im letzteren Falle nicht so dick wie zuvor zu werden, und auch die Farbe des Eisens schien durch dieses Eintauchen nicht in demselben Grade in’s Weiß getrieben worden zu seyn, wiewohl diese Verschiedenheiten auch nur in Nebenumständen ihren Grund gehabt haben können. Es schien mir aus diesen Wahrnehmungen hervorzugehen, daß an dem in jenen Säuren stehenden Eisen ein Oxydulsalz sich bilde, welches in der Säure, worin es sich gebildet hat, unauflöslich und beständig ist, an der Luft dagegen sich schnell in ein Oxydsalz umwandelt; aber gerade diese Veränderlichkeit des Ueberzugs, welche außer Vergleich größer als bei dem in der Schwefelkaliumlösung gebildeten ist, und sich, wiewohl etwas langsamer, auch an der auf dem Eisen sitzen gebliebenen Salzrinde zeigt, macht die weitere Untersuchung der unter der Säure beständigen Verbindung schwierig. Unter solchen Umständen konnte ich nichts besseres thun, als wieder denselben Freund um Beistand anzurufen, der schon bei der Untersuchung des Verhaltens des Eisens in Schwefelkalium mich so kräftig unterstützt hatte. Von ihm erhielt ich die nun folgenden Aufschlüsse:

„Die wasserfreie, reine salpetrige Säure, welche durch Erkältung der gasförmigen Säure erhalten wird, wirkt auf das reine metallische Eisen nicht ein, wenigstens nicht in gewöhnlicher Temperatur. Auch die rothgelbe salpetrige Salpetersäure (durch Destillation von salpetersaurem Bleioxyd als schwerere Flüssigkeit erhalten) zeigte gar keine Veränderung an dem Eisen, so lange dieses in ihr stand; wurde das Eisen herausgenommen, so adhärirte an seiner Oberfläche eine Spur der Säure, welche, wiewohl sie schnell verdampfte, das Eisen theilweise oxydirte. Die Verdampfung dieser Säure und die Einwirkung auf das Eisen geht so schnell vor sich, daß in der Zwischenzeit weder ein Abtrocknen, noch sonst eine weitere Untersuchung vorgenommen werden kann.“

„Die dunkelgrüne salpetrige Salpetersäure scheint das Eisen gleichfalls nicht anzugreifen; es kommt das Metall mit seinem ganzen Glanze aus der Säure heraus, fast ganz so wie es hineinkam. Man kann die eingetauchte Fläche bei einiger Schnelligkeit wohl abtrocknen, ohne daß das Eisen sich verändert. Eine geringe Menge Wasser auf die eingetauchte und vorsichtig abgetrocknete Stelle gebracht, entwickeln sich von der Oberfläche solcher Theile‚ die zuvor untergetaucht waren, Luftblasen, die mit bloßen Augen wahrgenommen werden können.“

„Wird das eingetauchte und abgetrocknete Eisen schnell und ohne viel Bewegung in verdünnte Ammoniakflüssigkeit getaucht, so ist die ganze Stelle, so weit das Eisen in die Säure getaucht war, mit einer grünen Schicht von Eisenoxydulhydrat überzogen, welche langsam von dem Eisen abfällt.“

„Das in die Säure getauchte Eisen sogleich mit Wasser abgewaschen, verhält sich an der getauchten Stelle gerade so gegen Reagentien, als ob es mit irgend einer Säure oxydirt worden wäre.“

„Das Eisen scheint demnach durch basisch salpetersaures Eisenoxydul überzogen zu seyn, welcher Ueberzug durch Wasser in Oxydul und in salpetersaures Oxydul zerlegt werden wird.“

„Wenn mehrere Stücke Eisen, im Ganzen 8 bis 10 Quadratzoll, unter salpetriger Salpetersäure hart aneinander geschabt werden, so wird die Säure Oxyd haltend; es scheint demnach das Oxydul nur an der Eisenfläche bestehen zu können, und, sobald es von derselben losgetrennt wird, von der Säure höher oxydirt zu werden.“

„Mehrere Eisenstücke untergetaucht in salpetriger Salpetersäure, in Leinwand schnell abgetrocknet und in höchst rectificirtem Terpenthinöl aneinander gerieben, zeigt sich in letzterem nach wenigen Tagen ein weißer Bodensatz von einem Eisenoxydulsalz; die Säure selbst aber konnte in der geringen Menge nicht wohl bestimmt werden.“

Alle diese Versuche bestätigen eine an der Oberfläche des Eisens unterhalb der Säure vorgefallene chemische Veränderung, deren Natur aber noch nicht vollständig ermittelt ist; diese Ermittlung muß jedoch geschehen seyn, bevor man dergleichen Erscheinungen zur Unterstützung irgend einer theoretischen Ansicht mit Sicherheit wird gebrauchen können.

3) Ueber das Verhalten des Eisens oder Silbers in Kalilösung.

Das eigenthümliche galvanometrische Verhalten des Eisens oder Silbers gegen Platin und verwandte Metalle in einer Aetzkalilösung, wie es von de la Rive und Faraday beschrieben worden ist, scheint mir im Sinne der Contacttheorie leicht aus jenen allgemeineren Erscheinungen hergeleitet werden zu können, die ich in Schweigger’s Journal (1830, Heft 9, S. 36 bis 50) beschrieben habe; nur die gar geringen Anfangswirkungen verlangen eine besondere Erklärung, zu deren Feststellung ich eine Reihe von Versuchen angestellt habe, die jedoch zur Mittheilung noch nicht ganz reif sind. Hier will ich statt dessen einen Versuch mittheilen, den Hr. Prof. Leykauf auf meine Veranlassung anstellte und in meinem Beisein wiederholte, weil er, an sich schon von großem Interesse, in entschiedener Beziehung zum Verhalten des Eisens in Aetzkalilösung steht. Ich bediene mich bei der Beschreibung dieses Versuches der eigenen Worte seines Urhebers:

„In ein Glas A, welches bis mm mit ausgekochtem destillirten Wasser angefüllt war, wurden zwei, ebenfalls mit ausgekochtem, destillirten Wasser gänzlich angefüllte Glasröhren x und y umgestürzt. ‚In beide Glasröhren waren Eisendrähte eingeschmolzen, von denen der in x nur bis a, der in y dagegen bis auf den Boden des Glases A bei b hinreichte. Der Draht in x wurde mit dem positiven Pole, der in y mit dem negativen Pole einer aus zehn Elementen bestehenden Kette, deren Zink- und Kupferplatten 1½ Zoll Durchmesser hatten, verbunden. An dieser Vorrichtung ließen sich nun folgende Hergänge beobachten.“

„Der Draht in y entwickelte bald nach dem Schlusse der Kette Gas, welche die Prüfung als Hydrogengas zu erkennen gab; der Draht in x aber lieferte weder Gas, noch zeigte sich an ihm irgend eine Spur von Oxydation; nach wenigen Minuten jedoch zeigte sich in der Röhre x, aber nur bei z am Boden des Glases, eine weißgrünliche Masse, welche, untersucht, sich wie reines Eisenoxydulhydrat verhielt. Diese Masse pflanzte sich, nicht vom Ende.des Drahtes in x aus, sondern von z aus, immer weiter nach b hin fort; vom Ende des Drahtes in x ab bis zum Ende dieser Röhre bei z hin, konnte während des Verlaufes einer ganzen Stunde noch kein Eisenoxydulhydrat beobachtet werden.“

„Das Eisenoxydulhydrat fängt an von b nach z hin gelblich (Oxydhydrat) zu werden; jetzt erst, nach Ablauf zweier Stunden, vom Schlusse der Kette an gerechnet, zeigt sich auch am Draht in x Eisenoxydulhydrat. Das am positiven Drahte gebildete Eisenoxydulhydrat bewegt sich in den schönsten weißen Fäden nach dem negativen Drahte hin, umlagert hier den Draht in y gänzlich, aber als Oxydhydrat, und setzt sich an diesem Drahte fest, jedoch nur an dessen unterstem Ende, bei b, setzt sich das Eisenoxydhydrat stark an; weiter hinauf bleibt dieser Draht ganz blank. Das den positiven Draht umgebende Eisenoxydulhydrat wird später Eisenoxydhydrat, und nun entbindet bald darauf dieser Draht Sauerstoffgas, während der negative Draht das an ihm hängende Oxydhydrat zu Oxydulhydrat reducirt. Eisenoxydhydrat sammelt sich in Menge in dem Glase.“

„Es geht hieraus hervor, daß das Eisen in der Kette Sauerstoffgas entwickelt, sobald es gehörig oxydirt ist. So lange eine Oxydul- oder eine Oxydoxydulmasse um den positiven Draht gelagert ist, bemerkt man noch kein Sauerstoffgas; erst nachdem man längere Zeit eine Oxydschicht wahrgenommen hat, erscheint der Sauerstoff. Ja es ist nicht unwahrscheinlich, daß zunächst an dem Drahte selbst die Eisensäure entsteht, welche nur darum nicht wahrgenommen werden kann, weil sie in Berührung mit Wasser sogleich in Sauerstoffgas und Eisenoxyd zerfällt. Die Sauerstoffentbindung an dem zum positiven Pole gemachten Eisendraht kann somit erst durch die Einwirkung des Wassers auf die Eisensäure hervorgerufen werden, und in der That bemerkt man anfänglich eine Bildung von Oxydulhydrat an dem positiven Pol, später ein Entstehen von Oxyduloxydhydrat, endlich von Oxydhydrat, und noch später, nachdem schon lange Oxyd gebildet war, erscheinen die Sauerstoffgasblasen. In einer Flüssigkeit, welche weniger zersetzend auf die Eisensäure einwirkt, müßte man wohl einige Zeit hindurch die Bildung dieses Körpers beobachten können. Folgender zu diesem Zwecke angestellte Versuch bestätigte die Bildung der Eisensäure in dieser Weise vollkommen.“

„Auf ein Stück blankes Eisen wurde ein Stückchen Kalihydrat gelegt; dasselbe zog schnell Feuchtigkeit an, und gab somit längere Zeit hindurch eine concentrirte Lösung. Der positive Pol der Kette wurde mit dem Eisenstück, der negative Pol mit dem oberen Theil des Kalistücks verbunden. In wenigen Minuten überzog sich das Eisen, da wo es mit dem Kali in Berührung war, mit einer tiefen Purpurfarbe von eisensaurem Kali, welches Salz sich mit rother Farbe – ganz gleich der, welche man bei Reactionen auf salpetrige Säure u. dergl. mittelst einer Lösung von Eisenvitriol in concentrirter Schwefelsäure erhält – in Wasser löste, sich jedoch bald in Eisenoxyd verwandelte, und dieß um so schneller, je mehr das eisensaure Kali mit Wasser verdünnt wurde. Auf die gleiche einfache Weise gelingt auch die Bildung des kupfersauren Kalis, man braucht zu dem Ende nur das Eisenstück mit einem Kupferstück zu vertauschen. Das so gewonnene kupfersaure Kali hat eine ganz schöne, hellblaue Farbe, ist aber noch unbeständiger als das eisensaure.“

„Auch in einer ziemlich concentrirten Kalilösung läßt sich die Bildung von Eisensäure leicht beobachten, indessen erscheint die Säure nur um den Draht herum mit purpurrother Farbe, in Wellenform von ihm abfallend.“

4) Ueber die Aenderung des Leitungsvermögens von wäßrigen Flüssigkeiten durch die Wärme.

Eine Stelle, welche ich in einer der jüngsten von Poggendorff’s Abhandlungen gelesen habe, giebt mir Anlaß zur Mittheilung eines Versuches, durch den ich mir Gewißheit darüber zu verschaffen suchte, ob wirklich das Leitungsvermögen von wäßrigen Flüssigkeiten durch die Wärme unabhängig von einer etwaigen Störung der Polarisation erhöht wird.

In zwei Gläser A, A’, die bis mm und m’m’ mit Kochsalzlösung angefüllt waren, regten die etwas gebogenen Enden einer ebenfalls mit Kochsalzlösung angefüllten Glasröhre rr’, welche etwas über einen Fuß lang und im Lichten 2½ Linien weit war. In das eine der beiden Gläser ragte bis unter die Flüssigkeit ein rechtwinklig gebogener Kupferstreifen abc, der von b aufwärts, so weit er in der Flüssigkeit stand, mit Siegellack überzogen war; in das andere Glas ging ein eben so beschaffener Zinkstreifen a’b’c’ hinab, so daß diese Metallstreifen nur durch ihre horizontal liegenden Theile bc und b’c’ mit der Kochsalzlösung in unmittelbarer Berührung standen. Die Enden a und a’ der beiden Metallstreifen wurden mit den Enden des oben beschriebenen Galvanometers in Verbindung gesetzt, und hierauf die Flüssigkeit in der Glasröhre dadurch erhitzt, daß man eine Weingeistflamme unter der Glasröhre von einem Glas zum andern gleichmäßig hin und her bewegte, bis sich eine Tendenz zum Sieden zeigte. Während dieser Erhitzung gab die Galvanometernadel eine stetige Zunahme des galvanischen Stromes zu erkennen, so wie eine allmälige Abnahme während des darauf folgenden Erkaltens. Die Nadel wurde das erste Mal von 50° bis auf 60° getrieben, späterhin von 47° auf 57°, von 43° auf 49°, von 40° auf 47°, zuletzt von 36½° auf 44°. Man sieht, daß diese Angaben auf eine sehr große Aenderung im Leitungsvermögen hindeuten, und andere Flüssigkeiten, namentlich verdünnte Salpetersäure, zeigten Aenderungen unter den gleichen Umständen, welche die hier angeführten noch um Vieles übertrafen. Die Größe dieser Aenderungen und der Umstand, daß sie sich in späteren Perioden, also bei mehr vorgerückter Polarisation relativ geringer zeigten, was nicht etwa einer nicht vollständig erfolgten Abkühlung zugeschrieben werden konnte, machten mich besorgt, daß vielleicht doch noch ein Anwogen der während der Erhitzung aus der Röhre hervortretenden Flüssigkeit gegen die Metallstreifen hin stattgefunden haben könnte, daher änderte ich den Versuch noch in folgender Weise ab.

Die Vorrichtung blieb ganz wie so eben, nur wurde ein Ende der Glasröhre, bevor diese mit der Salzauflösung angefüllt wurde, mit Blase fest zugebunden, und dann dieses Ende nach der Füllung in dasjenige Glas gebracht, worin der Kupferstreifen sich befand. Es konnte nun die am Kupfer anliegende Flüssigkeit, während die Glasröhre erhitzt wurde, unmöglich in irgend eine schädliche Bewegung gerathen; gleichwohl stieg die Nadel während der Erhitzung anfänglich von 55° auf 65°, später von 43° auf 48°, und zuletzt von 35° auf 41°. Jetzt mußte ich mir sagen, daß die Zunahme der Wirkung der bloßen Erwärmung der Flüssigkeit zuzuschreiben, und von der in ihr sich bildenden Polarisation völlig unabhängig sey. Doch scheint die Abnahme der Aenderung in späterer Zeit noch auf irgend einen besonderen Umstand hinzudeuten.