Gesundheitsregeln bei geistiger Arbeit

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Titel: Gesundheitsregeln bei geistiger Arbeit
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aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 771–772
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[771] Gesundheitsregeln bei geistiger Arbeit. Dem menschlichen Körper kann man schon etwas zumuthen und dem Geiste noch mehr. So meinen viele und wüthen drauf los –– zu guten und auch schlechten Zwecken. Eine Zeit lang erträgt auch der Geist die Zumuthungen, bis er schwach wird und seine frühere Leistungsfähigkeit verliert. Dann will man ihm helfen, trinkt Phosphorwein, ißt Fische und wendet andere ähnliche Mittelchen an. Sie helfen natürlich nicht, und endlich muß zu dem Radikalmittel, dem „Ausspannen“, gegriffen werden.

Es ist schon viel über die Hygieine des Geistes geschrieben worden, namentlich seitdem das blasse Gespenst der Nervenschwäche bei uns umgeht. Aber trotzdem dürfte es jetzt an der Zeit sein, wieder einmal einige Gesundheitsregeln für geistige Arbeiter in Erinnerung zu bringen, da der Winter vor der Thür steht und für so viele die Zeit der Erholung in der freien Natur aufhört und die Arbeitszeit daheim oder im Bureau beginnt.

Gleichmäßige Reize ermüden uns und ebenso ermüdet auch das Gehirn rasch, wenn es anhaltend in einer und derselben Weise thätig ist. Darum gilt als erste Regel der Hirndiätetik, daß für genügende Abwechslung gesorgt werde.

Jedes Organ unseres Körpers bedarf nach der Arbeit einer Ruhepause, damit es sich erholen kann; auch dem Gehirn muß diese Erholung in genügendem Maße gewährt werden. Man findet sie nicht im Theater oder am Stammtisch in der Kneipe. Das ermüdete Gehirn erholt sich im Schlaf und darum muß der geistig Arbeitende in erster Linie für [772] genügenden Schlaf sorgen. Anekdoten, daß berühmte Männer mit drei oder vier Stunden Schlaf auskamen, dürfen nicht maßgebend sein, in der Regel muß die Dauer des Schlafes länger bemessen sein und die mindeste Forderung beträgt 7 bis 8 Stunden.

Traurig ist es um denjenigen bestellt, der unter starken Erregungen arbeiten muß; er reibt sich gar schnell auf. Er muß die Erregung vermeiden, muß sie niederzuhalten wissen; zur Diätetik der Geistesarbeit gehört nothwendig auch die Selbstbeherrschung und die Ruhe, die deren heilsame Folge ist. – Doch damit sind die Gesundheitsregeln nicht erschöpft. Ein gesunder Geist lebt nur in einem gesunden Körper, und der geistige Arbeiter muß auch für diesen sorgen. Zweckmäßige Ernährung, Turnen, Bewegung in freier Luft darf gerade der durch seinen Beruf an das Zimmer Gefesselte nicht unterlassen. Was den Körper erfrischt, das erfrischt auch den Geist. Aber auch während der geistigen Arbeit muß den Bedürfnissen des Körpers Rechnung getragen werden. Sitzen oder stehen – das ist in der Regel die Frage, die sich unsere Leute vorlegen. Weder das eine noch das andere, lautet die Antwort, denn das anhaltende Sitzen ist schädlich und das anhaltende Stehen gleichfalls. Also auch hier muß Abwechslung herrschen. Der Arbeitsplatz muß dementsprechend eingerichtet sein und es gehören zu ihm auch Teppiche, Strohdecken oder Filzschuhe, damit die Füße warm erhalten werden. Man muß eben für den ganzen Körper sorgen von Kopf bis zum Fuß, wenn alles in richtiger Harmonie bleiben soll.

Das sind die wichtigsten Gesundheitsregeln bei geistiger Arbeit. Niemals sollte dieselbe ununterbrochen jahrelang fortgesetzt werden: einmal im Jahre muß jeder ausspannen und in die Ferien gehen. Thut er es nicht, so geht er nicht gleich zu Grunde; wenn er sich aber brüstet, daß er es aushalten kann, so übersieht er, daß sein Geist nicht so frisch und klar ist wie früher; er erfährt es einmal später durch die Kritik anderer – und leider oft zu spät. *