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Graf Szapary der Pflüger

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Textdaten
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Autor: Ludwig Storch
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Titel: Graf Szapary der Pflüger
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 52, S. 752–753
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[752]

Graf Szapary der Pflüger.
Von Ludw. Storch.


 Die Schmach.
 (1682.)

Du schönes stolzes Ungarland,
Mit Wein gesegnet, Wald und Saaten,
Donaudurchfluthet und umspannt
Vom weiten Halbkreis der Karpathen,

5
Wie reich Du auch an Helden warst,

Von Allen, die Du einst gebarst
Und zu des Ruhmes Glanz erhoben,
Strahlt Einer vor im reinsten Licht.
Dem Kranz, den ihm der Dichter flicht,

10
Hat still ein Stern sich eingewoben.


Ganz Ungarn stöhnt in Band und Haft
Der übermüthigen Osmanen;
Vergeudet ward des Landes Kraft,
Zerbrochen hingen seine Fahnen.

15
So schwer der Türken Säbel lag,

Noch schwerer lastete die Schmach
Der Knechtschaft auf den Magyaren.
Da mußte manches edle Blut
Mit hohem Sinn und Heldenmuth

20
Ein schlimmes Sclavenjoch erfahren.


Graf Szapary, an Tugend groß,
Des Feindes Uebermacht erlegen,
Erduldet doch das schlimmste Loos.
Er ziehet unter grimmen Schlägen

25
Der Ackerfurche neuen Weg

Am schweren Pflug des Hamsabeg
Zusammen mit des Fürsten Pferde.
Mit seinem Blute, seinem Schweiß,
Doch nie mit einer Thräne heiß,

30
Tränkt er die vaterländ’sche Erde.


Eh’ noch die Sonne ihre Bahn
Am Morgenhimmel hat begonnen,
Hat schon der tückische Osman
Dem Ritter neuen Schimpf ersonnen.

35
Mit Stier und Esel angeschirrt,

Von scharfem Peitschenstrang umschwirrt,
Verhöhnt, gestoßen und getreten,
Vor Durst und Hunger krank, der Held
Pflügt ohne Murren so das Feld

40
Des argen Jüngers des Propheten.


Der Türke wähnt den hohen Mann
Mit ausgesuchter Qual zu beugen,
Was Bosheit Scheußliches ersann,
Der Held erträgt’s mit stolzem Schweigen.

45
Trifft ihn des Hamsa Hieb und Spott,

So denkt er still: Mein Herr und Gott
Warb auch verspottet und geschlagen
Und zürnte seinen Quälern nicht
Und hat mit heiterm Angesicht

50
Die Dornenkrone still getragen.
[753]

 Die Rache.
 (1684.)

Geschlagen ist das Türkenheer,
Und Wien entsetzt vom tapfern Polen.
Der Ungar greift zur scharfen Wehr,
Der Türke wünscht beschwingte Sohlen.

55
Und eh’s der Padischah gedacht,

Ist in der blut’gen Waizner Schlacht
Vom Kreuz der Halbmond überwunden. –
Den Hamsabeg, zur Flucht gewandt,
Hält eisern eine Ungarhand.

60
Er wird gefangen und gebunden.


Batthianyi ist’s, der edle Graf,
Der Waffenbruder war dem Pflüger
Und in der Schlacht den Hamsa traf
Und glücklich fing den türk’schen Tiger.

65
Nun führt er ihn zu Szapary:

„Mein edler Freund, den Buben sieh,
Der Schmach Dir gab viel martervolle!
Nun thu’ ihm, wie er Dir gethan!
Spann ihn mit Deinen Stieren an

70
Und laß ihn pflügen Deine Scholle!“


Doch Szapary zum Türken spricht:
„Nicht also sei Dir zugemessen!
Ich geh’ mit Dir nicht in’s Gericht.
Was Du mir thatest, ist vergessen.

75
Die Bande löset Dir mein Schwert.

Frei bist Du! Nimm mein eignes Pferd
Und reite heim zu Deinen Brüdern!“ –
Der Beg steht lange wie versteint.
„Das thust Du Deinem ärgsten Feind,

80
Der Dich gekränkt an höchsten Gütern?“


Darauf der Christ: „Mein Meister sprach:
„Ihr sollet Eure Feinde lieben!
An denen, die mit Haß und Schmach
Euch kränkten, sollt ihr Wohlthun üben!“

85
Und als der Juden Zorn und Wuth

Sein Kreuz begoß mit seinem Blut,
Da betet er zum höchsten Wesen:
„Vergib, o Vater, ihnen mild!
Ihr Sinn ist ja von Nacht umhüllt.“

90
Und sterbend segnet er die Bösen.“


„Zu spät, o Herr, kommt Dein Geschenk!
Verloren gab ich meine Sache.
Denn meiner Thaten eingedenk
Erzittert’ ich vor Deiner Rache.

95
Das Gift, in meinen Ring gefaßt,

Nahm als Gefangner ich mit Hast.
Schon greift der Tod mir nach dem Leben.
Doch sterbend, Christ, erkenn’ ich dies:
Der seine Feinde lieben hieß,

100
Der hat der Welt das Heil gegeben.


„O nimm mich auf in seinen Bund
Und laß als Christen fromm mich sterben!
Du gabst mir Deine Liebe kund,
Laß nun die seine mich erwerben!“ –

105
Der Ungar, der sich tief verneigt,

Das Kreuz am Schwerte dar ihm reicht
Und gießt, geschöpft aus naher Quelle,
Ihm auf das Haupt mit hehrem Wort,
Dem Glauben an den ew’gen Hort,

110
Der Christentaufe heil’ge Welle.


Der Sterbende umfaßt das Kreuz
Und küßt’s mit brünstigem Verlangen.
Des Todes Schatten hat bereits
Sein Haupt mit kaltem Hauch umfangen.

115
Doch hält er noch den Blick verklärt

Dem Liebesspender zugekehrt
Und streckt ihm froh die Hand entgegen.
Und wie sie dieser weinend drückt,
Da wird er selig heimentrückt.

120
Das ist der Liebe Gottessegen.