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Hände an der Schreibmaschine

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Kurt Tucholsky
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Titel: Hände an der Schreibmaschine
Untertitel:
aus: Lerne lachen ohne zu weinen, S. 390–393
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1932 (EA 1931)
Verlag: Ernst Rowohlt
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Scans auf commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck in: Uhu, 15. Mai 1928
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Bild
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[390]

Hände an der Schreibmaschine

Meine Schrift kann niemand lesen,
nicht mal ich. Nur noch Chinesen
 pinseln wichtig.
Ich will kein solch Pinseler bleiben.

5
Mit acht Fingern laßt mich schreiben!

 Aber richtig!
     Hebel rauscht, und Glöckchen klingt,
     und die Schreibmaschine singt:

Firma Anton Eiermann
sel. Nachfolger

Würzburg an der Würze


 BERLIN NW.87, den heutigen 

 Sehr geehrter Herr!

 Auf Ihr gefl. wenn auch aus-
verschämtes Schreiben vom 16. d. M.
erlauben wir uns, Ihnen mitzu-
teilen, dass von einer unpünkt-
lichen Zahlung unsrerseits über-
haupt keine Rede sein kann.
 Sie haben uns bisher erst
9 mal (in vier Wochen) gemahnt,
und kann das in Anbetracht der
allgemeinen Geldknappheit nur
als völlig

  normal 


Übung kommt so mit den Jahren.

10
Und ich schalte wie beim Fahren

 dritten Gang ein.

[391]

Hoppla, Kurve! Achtung, Liebe!
Und ich fang in das Getriebe
 jeden Klang ein.

15
     Hebel rauscht, und Glöckchen zirpt,

     und die Schreibmaschine wirbt:

Dir nur sagen, dass ich Dich so leidenschaftlich
liebe, dass es schon allen meinen Bekannten auffällt,
wie schlecht ich aussehe. Ich habe im letzten Monat
8 (acht) Pfund abgenommen, und das alles auf Dich
herauf. Mein kleines Mauseschwänzchen, wenn Du es
irgend einrichten kannst, dann komm doch Sonnabend
schon ein bisschen früher, aber zieh Dir nicht die
Schlüpfer an, weil ich Dir etwas Wichtiges


Tausend Finger laufen eilig
amtlich, dienstlich, polizeilich
auf den Tasten.

20
Aufgebote für die Heirat,

das Gesuch beim Polizeirat,
 Steuerlasten.
     Hebel schnattern, Walze steht,
     und die Schreibmaschine fleht:

An den Herrn

Regierungspräsidenten

Magdeburg

In Erneuerung meines Gesuchs vom 5.4.23 erlaube
ich mir ergebenst auf beregte
[392] Angelegenheit
zurückzukommen und um eine Namensänderung nochmals
dringendst zu bitten. Die Tatsache, daß ich Schlotterhose
heiße, hat mir bereits im geschäftlichen sowie auch im
privaten Leben ausserordentlich geschadet, und
bitte ich, mir wenigstens durch einen Gnadenakt das

L

zu erlassen, wovon ich mir eine wesentliche

Besserung


25
Unser Leben, eingefangen,

ist durch dich hindurchgegangen,
 Guillotine!
Unsere Freuden, unsere Sorgen,
gestern, heute, übermorgen –

30
 o Maschine!

     Hebel wirbeln, Wagen knackt,
     und die Schreibmaschine tackt:

Sie dämliches Luder nur davor warnen, sich noch
einmal im Geschäft so mausig zu machen. Wo doch Ihre
Tochter Lottchen in der ganzen Straße bekannt ist als
Rumtreibersche und auch
[393] Ihre Frau abends immer
sehr spät und nicht immer allein nach Hause komt wenn
Sie mal auf Geschäftstuhr sind Dass Ihr Sauberer Herr
Sohn ein Verfahren wegen der kleinen Wechselsache bei
seiner Firma auf dem Hals hat, wird er Ihnen wohl nicht
gesagt haben aber ich sage es Ihnen Sie Ochsenpantoffel!

Ein Freund des Hauses!


Alles weißt du, Maschine, immer stehst du startbereit!
In dir ist unser Beruf, unser Leben und unsre ganze Zeit.

35
Sogar auf Reisen kommst du mit, praktisch und gut verpackt,

bis eines Tages zum letzten Male dein Hebel knackt.

Millionen Konzerte steigen täglich auf aus Stahl und Papier.
Was wären wir ohne dich, du Geschäftsklavier –!