Heimkehr vom Markt
[275] Heimkehr vom Markt. Seit den Tagen, in welchen Karl von Piloty noch als Professor an der Münchener Kunstakademie thatsächlich die Führung dieser Anstalt übernahm, hat kein anderer Lehrer an derselben solchen Einfluß auf die Schüler zu gewinnen vermocht als Wilhelm Diez, dem wir das Original unseres Holzschnittes „Heimkehr vom Markt“ verdanken.
Wilhelm Diez ward am 17. Januar 1839 in Baireuth geboren, besuchte
die Gewerbeschule seiner Vaterstadt und erhielt an derselben auch den ersten
Zeichenunterricht, worauf er 1853 an die Münchener Akademie übertrat
und sich an ihr etwa dritthalb Jahre fortbildete. Im Hinblick auf die
allgemein anerkannte Tüchtigkeit seiner Leistungen wurde ihm 1871 die
Leitung einer Malklasse und im folgenden Jahre eine Professur an
derselben Akademie, deren Zögling er gewesen, übertragen. Diez
behandelt mit Vorliebe und eingehender Kenntniß Stoffe aus dem
Kriegs- und socialen Leben des sechzehnten und siebzehnten
Jahrhunderts, wobei er das kulturgeschichtliche Element mit schlagendem
Erfolge betont und sich an die hervorragenden Meister jener
Periode anlehnt, ohne sie sklavisch zu kopiren.
Auch sein Vortrag mit dünner Farbe und spitzem Pinsel erinnert
an sie, hat aber hier und da etwas Runzeliges, während sein
Kolorit durch einen feinen Silberton das Auge wohlthuend berührt.
Bei der schlagenden Charakteristik seiner alten Bauerfrau kann
sich unser Kommentar zum Bilde auf einige wenige Worte beschränken.
In der nahen Stadt war Jahrmarkt und damit den benachbarten
Dörflern Gelegenheit gegeben, ihre Waare an den Mann zu bringen.
Es mögen wohl junge Hühner, fette Gänse und quiekende Ferklein
gewesen sein, die unsere Bäuerin an den Sattelknopf hing, eh’ sie sich
selber auf den Rücken ihres Rößleins – nicht schwang, denn dazu
erscheint sie nicht mehr elastisch genug, sondern – heben ließ. Bis
zum 14. Jahrhundert hatten Klöster und Adel ihre leibeigenen Bauern
im Ganzen gut gehalten, gegen das Ende des 15. aber drückte
Alles auf dieselben und das 16. ging mit ihnen nicht besser um. Die
uns vom Künstler vorgeführte, den Gewinn ihrer Marktgeschäfte
überzählende Bauerfrau gehört immerhin noch zu den wohlhabenderen, die
über schlechte Zeiten nicht zu klagen braucht. Karl Albert Regnet.