Zum Inhalt springen

Heinrich Marschners hundertster Geburtstag

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: E. M.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Heinrich Marschners hundertster Geburtstag
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 596
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[596] Heinrich Marschners hundertster Geburtstag. Am 16. August 1895 waren hundert Jahre verflossen seit der Geburt eines der bedeutendsten Tondichter der neueren Zeit, nämlich Heinrich Marschners, dessen Schöpfungen ein echt deutsches Gepräge tragen und zum Teil außerordentlich volkstümlich geworden sind. Von seinen zahlreichen Opern haben sich zwei, „Der Templer und die Jüdin“ und „Hans Heiling“, bis heute auf der Bühne lebendig erhalten: in ihnen erklingen die reizvollsten Töne der musikalischen Romantik, und dabei wissen sie den frischen Volkston oft in meisterhafter Weise zu treffen. Das letztere gilt ganz besonders aber auch von Marschners prächtigen Männerchören und Liedern, in denen sich so ganz das kerndeutsche Empfinden des Komponisten ausspricht. Wir wollen daher seinen Gedenktag nicht vorübergehen lassen, ohne einen kurzen Rückblick auf des Meisters Leben und Schaffen zu werfen. – Marschner wurde am 16. August 1795 (nicht 1796, wie man es noch in älteren Quellen angegeben findet) zu Zittau in Sachsen geboren. Er wollte sich zuerst der Jurisprudenz widmen, wandte sich aber bald ganz der leidenschaftlich geliebten Musik zu und wurde ein Schüler des damaligen Leipziger Thomaskantors Schicht. Er bildete sich zunächst zum Klaviervirtuosen aus, lernte in Wien Beethoven kennen und erhielt 1817 eine Musiklehrerstelle in Preßburg, wo er seine ersten Versuche in der Opernkomposition unternahm. Eines dieser Erstlingswerke schickte er an den von ihm hochverehrten und zum künstlerischen Vorbilde auserkorenen Karl Maria von Weber in Dresden, der es 1819 zur Aufführung brachte. 1822 siedelte Marschner nach der sächsischen Residenz über, wo er 1824 zum Musikdirektor der deutschen und italienischen Oper ernannt wurde. Der vertraute Umgang mit Weber, der den jungen Kunstgenossen rasch liebgewann, förderte diesen außerordentlich; Webers Einfluß tritt auch in der ersten Oper, die Marschners Ruf begründete, dem 1828 erschienenen „Vampyr“, unverkennbar zu Tage.

Heinrich Marschner.
Photographie im Verlage der Verlagsgesellschaft für Kunst
und Wissenschaft in München.

Marschner ist aber durchaus kein Nachtreter des Freischütz-Komponisten zu nennen, wenn er auch seine künstlerische Individualität an ihm gebildet hat. Sein frischestes Werk ist „Der Templer und die Jüdin“ (1829), das leider an einem durchaus ungenügenden Texte (nach W. Scotts „Ivanhoe“) krankt; sein reifstes, im Stil einheitlichstes und vollendetstes ist „Hans Heiling“ (1833), das noch besonders dadurch bemerkenswert ist, daß es Richard Wagner in seinem „Fliegenden Holländer“ ganz unverkennbar beeinflußt hat. Aus den genannten drei Opern Marschners sind viele Nummern allbekannt geworden, wie z. B. „Im Herbst, da muß man trinken“ aus dem „Vampyr“; „Wer ist der Ritter hochgeehrt“, „’s wird besser geh’n“ aus dem „Templer“ etc. Wie in diesen Werken schon seine Begabung für die charakteristische Liedform besonders hervortritt, so gehören viele seiner Männerchöre (z. B. das herrliche Lied „Frei wie des Adlers mächtiges Gefieder“) zu den Perlen unserer Musiklitteratur, die von den Gesangvereinen nicht unbeachtet gelassen werden sollten. Ueber Marschners Lebensumstände ist noch nachzutragen, daß er 1827 als Kapellmeister nach Leipzig und 1831 als Hofkapellmeister nach Hannover ging. 1859, in der Reaktionszeit, ward der allgemein verehrte Künstler, der kein Hehl aus seiner freisinnigen Denkungsweise machte und dadurch in höfischen Kreisen Anstoß erregte, mit dem Titel eines Generalmusikdirektors pensioniert. Er starb am 14. Dezember 1861 in Hannover, vor dessen Hoftheater sich jetzt sein Denkmal erhebt. E. M.