Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Carl Heinrich Nicolai
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Christian Traugott Weinlig → |
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[111] Nr. 125. Nicolai, Carl Heinrich, 1739–1823, machte sich in weiten Kreisen dadurch bekannt, daß er den ersten Wegweiser durch die Sächsische Schweiz herausgab. In äußerst bescheidenen Verhältnissen geboren, versuchte er sich nach seiner Schulzeit in verschiedenen Handwerken, aber in keinem fand er Befriedigung. Sein unermüdliches Streben nach einem höheren Ziele wurde endlich in seinem 19. Lebensjahre belohnt: er fand Aufnahme in einem Berliner Lehrerseminar. Nach seiner Ausbildung war N. zunächst an mehreren Orten als Lehrer tätig, dann kam er 1764 nach Dresden und eröffnete hier eine Privatschule. Dabei arbeitete er mit außerordentlichem Fleiße auch dann noch unermüdlich fort, als er 1784 an dem in der Friedrichstadt errichteten Freimaurerinstitut als Lehrer angestellt worden war. Da er bei seinen Studien namentlich die theologischen Fächer berücksichtigt hatte, wagte er es, ohne die Universität besucht zu haben, 1789 die theologische Prüfung abzulegen, die er auch bestand. Im Februar desselben Jahres berief man N. zunächst als Lehrer an das 1787 ebenfalls in der Friedrichstadt gegründete erste sächsische Lehrerseminar, mit dem eine Real- und eine Armenschule verbunden waren; drei Monate später übertrug man ihm die Leitung dieser Anstalten.
Sie trotz der geringen zur Verfügung stehenden Geldmittel möglichst zu fördern, hat er sich als Direktor dauernd angelegen sein lassen. Unter ihm wurde am Seminar der Lehr- und Beschäftigungsplan erweitert und die Unterweisung der Zöglinge im Seidenbau eingeführt. Dieser Unterrichtsgegenstand kam 1803 wieder in Wegfall. Bei der damals noch kleinen Zahl von Zöglingen mußten sie gemeinsam an den sämtlichen Unterrichtsstunden teilnehmen, die unter siebzehn Jahre alten Seminaristen – die Novizen – auch gewissen Lehrstunden in der oberen Knabenklasse der Realschule beiwohnen.
N. hatte seine Wohnung in der linken Hälfte des Obergeschosses vom Seminargebäude, das damals der „Prießnitzer“ Straße, seit 1840 Wachsbleichgasse, zugerechnet wurde und die Nummer 92 trug. Später erhielt das Gebäude auch einen Zugang von der Badergasse, seit 1840 Seminarstraße her, der ihm als einziger unter Nr. 11 geblieben ist. Das mit einem Türmchen gezierte, von Mai bis Oktober 1785 erbaute und am Reformationsfeste desselben Jahres eingeweihte Haus diente zunächst nur der im Juni 1784 eröffneten Friedrichstädter Real- und Armenschule; nachdem man aber 1786 einige weitere Lehrzimmer eingerichtet sowie den Ausbau und die notdürftige Ausstattung der im Dachgeschoß angelegten für die Seminaristen bestimmten Kammern beendet hatte, wurde 1787 das Seminar mit acht Zöglingen eröffnet. Das allmähliche Wachstum der Schülerzahl veranlaßte [112] im Innern des Gebäudes, namentlich im Dachgeschoß, wiederholt bauliche Veränderungen. Bis Ende Oktober 1866 hatte das Seminar in diesem Hause sein Heim; von da an befand es sich in dem am Briesnitzer Schlage errichteten Neubau. Das alte Anstaltsgebäude wurde, nachdem man 1870 das Dachgeschoß beseitigt und dafür ein zweites Obergeschoß aufgesetzt und eine Anzahl Unterrichtszimmer eingerichtet hatte, der III. Bürgerschule überwiesen.
Im Jahre 1797 gab N., weil er gern als Geistlicher tätig sein wollte, seine Stellung als Seminar- und Schuldirektor auf und übernahm das ihm angetragene Pfarramt in Lohmen. Von seinem neuen Wohnorte aus konnte er als begeisterter Naturfreund die ihm bisher unbekannte Umgegend elbaufwärts durchstreifen. Dabei lernte er die eigenartigen Schönheiten des Elbsandsteingebirges mehr und mehr kennen, und so reifte in ihm der Plan, für Personen, die das herrliche Gebiet besuchen wollten, einen gedruckten Führer herauszugeben. Es war das erste derartige Buch über das Elbsandsteingebirge, erschien bereits 1801 und trug den Titel: „Wegweiser durch die Sächsische Schweiz, aufgestellt von C. H. Nicolai, Prediger an der Grenze dieser Schweiz in Lohmen.“ Die beigefügte Landkarte zeigte das rechte Elbufer von Pillnitz bis zum Großen Winterberge. 1806 erschien das Werkchen in zweiter, 1816 in dritter und 1825 in vierter Auflage, dann verschwand es aus dem Buchhandel, weil von nun an neue Reiseführer durch das Elbsandsteingebirge herauskamen.
Wohl hat N. weder die Bezeichnung „Sächsische Schweiz“ geprägt, noch als Erster auf die mannigfaltigen Reize jenes Gebietes hingewiesen; vielmehr war beides durch das schon 1794 erschienene erste Heft der „Malerischen Wanderungen durch Sachsen“ von Engelhard und Veith geschehen; trotzdem kann man N. das Verdienst nicht absprechen, durch seinen eingehenden Wegweiser es veranlaßt zu haben, daß seit dem Anfange des 19. Jahrhunderts Einheimische und Fremde in immer wachsender Zahl die vorher kaum besuchte Sächsische Schweiz zum Zielpunkte ihrer Ausflüge und Reisen wählten und dadurch den dortigen Einwohnern neue lohnende Erwerbsquellen erschlossen. Aus Dankbarkeit für dieses verdienstvolle[WS 1] Wirken hat man 1850 an einem Felsen der Basteibrücke eine Erinnerungstafel angebracht, die das Gedächtnis an N. sowie auch an den um das Bekanntwerden der Sächsischen Schweiz ebenfalls verdienten Pastor Götzinger in Neustadt i. S. dauernd wacherhalten soll. (Vergl. Montagsbeilage zum Dresdner Anzeiger von 1901, den 21. Januar.)
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: verdeinstvolle