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Historisch-Politisch-Geographischer Atlas der gantzen Welt/Franckfurt, oder Francvord an der Oder

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Historisch-Politisch-Geographischer Atlas der gantzen Welt
Band 4, 1745
Franckfurt, oder Francvord an der Oder
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Franckfurt, (Neu-)
Spalte 1831–1833.
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[1831] Franckfurt, oder Francvord an der Oder, Lat. Francofurtum ad Oderam, vel Viadrum, Frantz. Francfort sur l' Odre, eine ansehnliche Stadt in der Mittel-Marck Brandenburg, so 1. Meile von Lebus, 3. Meilen von Cüstrin, 10. von Berlin, und 14. von Stettin liegt, wird auf der Ost-Seite von der Oder, auf denen übrigen Seiten aber mit Gärten und Wiesen umgeben. Sie hat nur alte Mauern und Wälle, aber zu Behauptung des Passes hat man im Jahre 1663, jenseits der Oder-Brücke, welche 290. Schritte in die Länge betragen soll, eine feste Schantze angelegt. Ehemahls war sie eine Hansee-Stadt, und noch ietzo treibet sie starcke Handlung in Pommern, Schlesien und Pohlen; hat auch 3. Messen, davon die erste auf Reminiscere, die andere auf den Sonntag nach Margaretha, und die dritte auf Martini einfället, worzu Kayser Albertus I. das Privilegium ertheilet; und es wird darauf ein starcker Tuch- Rauchwerck- und Leinwand-Handel getrieben. Es sind auch daselbst fast lauter mit Gewölben vor die Kaufleute versehene Häuser. Sie hat allein die Schiffahrt auf der Oder nach Breslau, eine Frantzösische Colonie, zwey wohl angelegte Vorstädte, die Lebuser und Gubenische, welche wohl angebauet sind, und iede ihre Kirche und Hospital hat, in der letzten ist auch eine Carthaus gewesen, welche ietzo ein Forwerck der Universität ist. Ingleichen hat Franckfurt 8. Dörffer, deren 5 im Lande Sternberg sind, 6. Forwercker, fruchtbare Gärten, Felder, Wiesen und Weinberge um sich her. Das dasige Bier wird Büffel genennet. Die Sächsischen Müntz-Probations-Täge sind meistens allhier gehalten worden. Es wird von denen neuern Scribenten ohne Grund gemeldet, daß sie im Jahre 140. von denen Francken, welche unter ihrem Könige Sunnone II. aus Scythien gekommen, zum Angedencken ihrer Ueberfahrt den heutigen Nahmen bekommen. Doch ist gewiß, daß sie eine alte Stadt sey, indem man allda mit verbrannten Menschen-Knochen angefüllte Töpffe, nebst andern Antiquitaeten findet. Im Jahr 1253. ist sie durch Gedinum von Hertzberg, mit Bewilligung derer Marggrafen Joannis I. und Ottonis III. oder IV. derer Söhne des Churfürsten Alberti II. zu Brandenburg, von dem Obern-Thore bis an das Gubenische erweitert worden; gleichwie sie auch von bemeldten Fürsten die Stapel- und Niederlags-Gerechtiqkeit erhalten, worüber sie mit der Stadt Stettin, welche hierinnen wolte ausgenommen seyn, im Jahre 1561. und folgenden Jahren in grosse Weitläufftigkeiten verfiel. Sonsten ist diese Stadt auch Zollfrey durch die Marck Brandenburg, damit sie Churfürst Ludwig der Aeltere ums Jahr 1351. begnadiget. Nicht weniger hat sie eine freye Aus- und Einfahrt in die offenbare See, also, daß, wenn die Franckfurter mit ihren Gütern zu Stettin ankommen, und grosse Schiffe vorhanden seyn, sie dieselben alsbald aus ihren Schiffen in dieselben bringen, und wohin sie wollen, verführen mögen. Im Jahre 1290. belagerte sie Marggraf Dietrich von Meissen über einem Monath lang vergebens. Im Jahr 1318. wurde sie von dem Marggrafen Waldemaro befestiget. Zu Ausgang des 14. Jahrhunderts bauete der Rath das Haus, GOttes Barmhertzigkeit, oder das Carthäuser-Kloster vor der Stadt, worinnen Joannes Hagen, oder ab Indagine, der erste Prior war. Im Jahre 1426. that sie der Pabst in den Bann, weil sie den Bischoff zu Lebus, welcher die Pohlen wider die Stadt angehetzet, und dadurch zu grossem Verderben des Landes Gelegenheit gegeben hatte, gefangen genommen; dahero auch in 28. Jahren weder Predigt daselbst gehalten, noch die Sacramenta ausgetheilet wurden. Im Jahre 1348 wurde sie von dem Kayser Carolo IV. und 14. Fürsten, seinen Bundesverwandten im Kriege, welchen Ludwig, der Römer, wider den falschen Waldemarum, und dessen Helffer führte, vergeblich belagert. Im Jahre 1432. haben die Hußiten, nach Abbrennung des Carthäuser-Klosters, im Jahre 1450. die Pohlen und Preussen, und im Jahre 1477. der Hertzog Johann von Sagan, gleichfalls davor abziehen müssen; welchem letztern sie aber vor die Gefangenen 8000. Ducaten zahlen musten. Im Jahr 1506. den 27. April wurde von dem Churfürsten Joachimo I. die Universität zu Stande gebracht, nachdem sein Vater alle Anstalten bereits vorhero darzu gemachet, und sind die ersten Professores von der hohen Schule zu Leipzig darzu beruffen worden. Der Bischoff von Lebus ist zu ihrem Cantzler, Erhalter, und Patrono, Conrad Wimpina aber von Buchen aus Francken, zum ersten Rectore erwählet worden; darauf man sie nachdem dieselbe im Jahre 1516. wegen der Pest eine Zeit lang nach Cotbus verlegt, im Jahr 1538. nach der Augspurgischen Confession eingerichtet, und mit mehrern Professoribus und Einkünfften versehen. Die Universität ist allemahl mit den berühmtesten Männern besetzet gewesen, und weil da gut Leben ist, so hat es an Studiosis niemahls gefehlet. Die Theologische Facultät ist Reformirt; doch sind nunmehro auch zwey Lutherische Professores Theologiae extraordinarii daselbst bestellt, damit auch Lutherische Candidati Theologiae in Franckfurt studiren können. In den andern Facultaeten kommts auf die Religion nicht an. Sie ist iederzeit in gutem Flor geblieben, und ob sie gleich der verderbliche Deutsche und Schwedische Krieg, auch andere Ungelegenheiten, in grosses Abnehmen gebracht, so hat sie sich dennoch bald wiederum erhohlet, weil sonderlich Ihro Chur-Fürstliche Durchl. Friedrich Wilhelm im Jahre 1653. ihr eine stattliche Hülffe aus den Unter-Stifften zu Halberstadt gethan. Im Jahre 1680. hat der Reformirte Theologus, Christophorus Pelargus, den Anfang zu der Religions-Aenderung allhier gemacht. Im Jahr 1631. nahmen die Schweden diese Stadt ein, nachdem sie einige Jahre vorher, seit dein Jahre 1626. durch öfftere Einquartierung derer Kayserlichen Truppen sehr mitgenommen worden; und gleich darauf verlohr sie durch Krieg, Hunger, Pest und Ergießung derer Wasser in 3. oder 4. Monathen in die 10000. Menschen. Vom Jahre 1633. bis 1640. ist die Stadt 5. mahl erobert, und erst im Jahre 1644. wieder an Chur-Fürst Friedrich Wilhelm von denen Schweden abgetreten worden. Im Jahre 1643, ist bey stillem Wetter der Kirchthurm zu St. Nicolai eingefallen, aber bald wieder erbauet worden. Im Jahre 1660. den 16. Nov. hat der Sturmwind allhier viel Gebäude, und darunter auch das Herren-Haus über den Hauffen geworffen. So hat auch im Jahr 1666. der Brand 64. Häuser und ein Hospital ruiniret. Im Jahre 1723. litte sie einigen Brand-Schaden in der Vorstadt, und nachhero hat sie, und sonderlich das herum liegende Land, etliche mahl grosse Wassers-Gefahr ausgestanden. Unweit der Stadt ist ein Brunnen, der die hineingeworffenen Sachen mit einer steinernen Rinde überziehet. Uber Franckfurt ist von Chur-Fürst Friedrich Wilhelm, unter der Direction Philipps von Ghiese, ein Canal aus der Oder, über Mühlrose, einem Städtgen, in die Spree, angeleget worden, durch welchen aus der Spree in die Havel, und endlich in die Elbe, die Schlesischen Kaufmanns-Güter auf- und abgehen, welche König Friedrich mit Werckstücken zu füttern angefangen. Was ferner die Stadt an ihr selbst betrifft, so lieget sie an der Oder nach der Länge, gegen das Land aber hat sie doppelte Gräben, starcke Mauern, viel Thürme, etliche [1833] Wercke von Erden, also daß sie ziemlich wehrhafft wäre, wenn die nahe angelegenen Weinberge ihr nicht schadeten. In der Grösse vergleichet sie sich mit Stettin, hat 3. Thore, viel feine weite Gassen, einen grossen saubern Marckt und wohl erbauete Häuser. An fürnehmen Gebäuden zeigen sich sonderlich St. Johannis Pfarr-Kirche, mit 2. gleichen hohen steinernen Thürmen; St. Nicolai Pfarr-Kirche, mit ihrem schönen Thurme; die neue Frantzösische Kirche mit ihrem Thurme; die 2. ansehnlichen grossen Collegia der Universität; das Minoriten-Kloster mit seiner Kirche, so der Universität gehöret; das stattliche Rath-Hauß mit seinem Thurme; die neue Stadt-Schule; die Superintendur; die Bibliotheck; Ingleichen vor dem Gubenischen Thore, die St. Georgii Kirche und Gottes-Acker; vor den Lebusischen Thore das St. Gertraudten Kirchlein. Es wird hierum viel Wein gebauet, und sind alle Victualien, sonderlich Fische und Krebse, wohlfeil. Univ. Lex. Hübn. Zeit. Lex. Ejusd. Geogr. III. Th. Schramms Reise.-Lex. Herr von Rölichen und Rischtern. Schneider.