Historisch-Politisch-Geographischer Atlas der gantzen Welt/Franckfurt am Mayn
[1811] Franckfurt am Mayn, Lat. Franckfortia, Frankfordia, Francofurtum, oder Franckofurtum ad Moenum, Frantz. Francfort sur le Main, eine schöne, freye, wohlbefestigte Reichs-Stadt in Deutschland. Sie liegt in einer feinen und sehr fruchtbaren Gegend, zu Ende des Franckenlandes, in der Wetterau, 2. kleine Meilen von Hanau u. Homburg, 3. von Darmstadt u. Friedberg, 4. von Mayntz, und Büdingen, 5. von Aschaffenburg u. Wetzlar, anbey in schönen Ebene am Mayn, der sie in 2. ungleiche Theile theilet. Die Nachrichten von ihrer ersten Erbauung sind dunckel, u. findet man bey denen Schriffstellern verschiedene Nachrichten davon. Einige unter den alten Historienschreibern suchen dieselbe sehr weit her, und geben den König Helenum in Sicambrien, welcher um das Jahr 308. vor Christi Geburt gelebet, als ihren Erbauer an. Andere bleiben in denen jüngern Zeiten, und wollen Francum, des Königes Marcomiri Sohn, welcher gegen das Jahr 142. nach Christi Geburt regieret, dafür halten; doch soll dieser die Stadt nicht von Anfang gebauet, sondern nur, als dieselbe durch den Krieg in Abgang gerathen, wieder hergestellet haben. Noch andere wollen, sie sey von des Kaysers Constantini Mutter, Helena, welche im Jahre 329. gestorben, obwohl nicht erbauet, doch wenigstens mercklich verbessert worden. Desgleichen fehlet es nicht an einigen Geschichtschreibern, welche die Zeit ihres Ursprunges um das Jahr 390, u. zwar in den Zeiten des Kaysers Valentis suchen. Endlich behaupten noch einige, sie sey unter der Regierung Lotharii II, Königes der Francken, von Clodomiro oder Genebaldo III, wie ihn Trithemius an einem Orte nennet, einem Hertzoge der Francken, im Jahre 630. erbauet worden. Inzwischen ist es ungewiß, ob unter diesen zwey Nahmen Clodomir und Genebald eine oder 2. von einander unterschiedene Personen zu verstehen sind. Doch zeiget der so genannte Florian in seiner Chronicke die Meynung, es könnten durch diese 2. Nahmen auch wohl 2. unterschiedliche Personen verstanden werden, die auf Verordnung des Kaysers Lotharii, nachdem einer von beyden mit Tode abgegangen, einander succediret hätten. Gleichwie nun solchergestalt der erste Erbauer dieser Stadt ungewiß ist, also ist auch folglich die Zeit ihrer Erbauung zweiffelhafft. Bey dem allen aber ist doch dieses eine ausgemachte Sache, daß Franckfurt etliche hundert Jahr vor Caroli M. Zeiten bereits nahmhaft, und also schon vor mehr denn 1000. Jahren bekannt gewesen sey. Ihren Nahmen betreffend, so findet man denselben auf vielerley Arten geschrieben: Francanfort, Francanovord, Francfort, Francfurd, Francfurt, Franckanefurt, Franckanafurd, Franckeford, Franckeneford, Franckenefort, Franckenevorde, Franckenevort, Franckenevurt, Franckensford, Frankensfort, Franckenforde, Franckenfordt, Franckenforden, Franckenfort, Franckenfurt, Franckenvorde, Franckenvort, Franckfort, Franckonefort, Franckfurth, Franckinford, Franckinfurt, Franckifordis, Franckvort, Franckinvort, Francnoford, Francofordi, Francofurt, Franconefurt, Franconofurt, Franconovort, Frangkenfort, Frankenevord, Frankenford, Frankenfort, Frankenvorde, Frankenwerde, Frankevort etc. Anfänglich soll diese Stadt Teutoburg, oder der Deutschen Burg und Stadt geheissen haben; nachmahls habe man sie Helenopolis genennet, entweder vom oben gedachten Heleno, welche Meynung sehr wanckelhafft ist, oder von der erwehnten Helena, des Kaysers Constantini Mutter. Andere stehen in den Gedancken, sie habe vor diesem, da sie die Römer noch besessen, Artaunus geheissen, von dem in der Nähe stehenden Berge Taunus, der heut zu Tage der Feldberg genennet wird. [1813] Nicht weniger wird sie von den alten Historienschreibern Villa Regia, oder ein Königliches Dorff oder Stadt genennet: Nicht allein deswegen, weil sich viele Römische Kayser und Könige darinnen vielfältig eingefunden, und daselbst Hof, auch offtmahls grosse Versammlungen gehalten, dasselbe anbey mit vielen Kayserlichen und Königlichen Freyheiten begnadiget haben; sondern auch, weil Kayser Ludewig der Fromme, der diese Stadt sehr offt besuchet, einen besondern Pallast, der ietzo der Salhof genennet wird, allda erbauen lassen, und sie zur Königlichen Hofstadt im Franckenland gemacht hat. Ihren Nahmen Franckfurt hat sie allererst, wie einige zu behaupten suchen, unter Carolo M. bekommen, als derselbe mit seinen Francken auf einer Seite des Mayns, und die rebellischen Sachsen auf der andern lagen; er aber in dieser Gegend eine Fuhrt durch das Wasser fand, vermittelst derselben nebst seinen Francken die Sachsen ohnversehens überfiel, und über dieselben einen herrlichen Sieg erhielt. Aus dieser Ursache wurde diese Stadt vor Alters, wegen dieser der alten Francken An- und Ueberfuhrt Francken-Furth oder Francken-Anfahrt, wie auch Francofordia und ad Franckonefort genennet. Noch heutiges Tages wird der dasige Ort, wo man über den Mayn fährt, von dieser Anfuhrt der Francken Fuhrt genannt. Nicht weniger soll das Fahr-Thor noch daher seinen Nahmen haben. Die gegen über und jenseit des Mayns gelegene kleinere Stadt heisset Sachsenhausen, und soll anfangs nur eine Schantze gewesen seyn, welche die Sachsen zu Zeiten Kaysers Caroli M. zu ihrer Vertheidigung aufgeworffen, und der Sachsen Haus, oder da wollen wir Sachsen hausen, genennet haben. Denn sie hatten sich vorgenommen, allda zu verbleiben, und gleichsam zu hausen. Von diesem Lager der Sachsen und ihrer gedachten nachherigen grossen Niederlage durch offterwehnten Carolum M. ist endlich dem Ort der Nahme bis auf unsere Zeiten geblieben. Nachdem nun ermeldeter Kayser solche Schantze dem Könige Wittekind abgenommen hatte, wurde dieser Ort bald hernach mit Häusern, Mauern und Gräben versehen. Dieser Meynung widerspricht Winckelmann (a), und schreibt daher, es sey erweißlich, daß Kayser Carl ein wohl verwahrtes Haus gegen Franckfurt über, jenseit des Mayns erbauet, und viele edle Sachsen und Westphälinger zu besserer Verwahrung hinein gethan habe, wovon der Ort Sachsen-Haus genennet worden. Folglich hat dieses Sachsenhausen mit Franckfurt und vielen andern Städten mehr, wegen Ungewißheit seines Ursprungs, gleiches Schicksal. Bekannt ist es, daß es mit zu Franckfurt gehöret, und vermittelst einer starcken steinernen Brücke,so über den Mayn gehet, an dieselbe angehencket, und mit ihr als eine Stadt betrachtet werde, einerley Privilegia genieße, auch unter einerley Obrigkeit stehe. Schertzweise füget man im Sprichwort: In Sachsenhausen giebt man keine Schatzung, dieses ist aber nicht so zu verstehen, als ob die Einwohner zu Sachsenhausen gar keine Schatzung geben, sondern es ist nur dahin zu deuten, daß sie ihre Schatzung nicht in Sachsenhausen entrichten dürffen, sondern selbige herüber nach Franckfurt auf den Römer bringen, und allda ihrer ordentlichen Obrigkeit erlegen müssen. Beydes, so wohl Franckfurt als Sachsenhausen ist befestiget, und zwar dieses auf alte, jenes aber auf die heutige Art. Die dasigen Befestigungs-Wercke, so in 11. Haupt-Bollwercken bestehen, sind ziemlich, der Graben breit und voll Wasser, und alle Bollwercke haben eine Contre-Mine, welche an der gantzen Länge des Grabens hingehet. Die Contrescarpe wird deswegen getadelt, daß sie nicht mit Ziegelsteinen ausgemauert ist. Die über den Mayn nach Sachsenhausen angelegte starcke und steinerne, ietzt etwas baufällige Brücke ist 400. Schuhe lang, und hat 14. Schwibbögen; doch pflegen die schwer beladenen und grossen Schiffe nur durch den so genannten Creutzbogen zu passiren, weil der Fluß unter selbigem am tieffsten ist. Dieser Bogen ist ohnlängst wegen seines schwachen Grundes gespriesset, und mit Holtz überleget worden, weswegen auch keine schwerere als nur mit funffzig Centnern beladene Güter-Wagen darüber fahren dürfen; wollen aber dieselben mehr laden, so muß solches in Sachsenhausen geschehen. Es hat diese Brücke die Freyheit, daß keiner den andern darauf schlagen darff, und wo jemand den andern blutig schlüge, ob es auch gleich nur mit der Faust geschähe, so hat der Thäter die Hand verwürcket. Zu Urkund dessen stehet an der rechten Seite des Thurms nach der Brücke zu, wenn man nach Sachsenhausen gehet, eine Hand abgemahlet, durch welche ein Beil gehet, mit dieser Ueberschrifft:
Wer dieser Brücken Freyheit bricht,
Dem wird sein Frevel-Hand gericht.
Es ist aber beydes das Gemählde als auch die Schrifft anjetzo gar unkenntbar, und nicht mehr zu lesen. Zu Unterhaltung dieser Brücke wieß der Römische König Heinrich VII. der Stadt, durch ein ausdrückliches im Jahre 1235. dieser wegen ertheiltes Privilegium, die Hälffte der Kayserlichen Einkünffte aus der Stadt an, und gab so gleich die Freyheit, so viel Holtz in den Wäldern zu fällen, als darzu erfordert würde. Eine gleiche Erlaubniß ertheilte dieser Stadt Carl IV. im Jahre 1376. und wieß hierzu die Steinrütschen Ellern und Büsche zwischen dem Buchwald vor Sachsenhausen an. Diese Verordnung confirmirte der Pabst Bonifacius IX. das Jahr darauf. Im übrigen werden in dieser Stadt alle drey im Römischen Reiche geduldete Religionen gelitten; und ob wohl der Rath nebst dem größten Theile der Bürgerschafft der Augspurgischen Confession zugethan ist, so besitzen doch die Catholischen dem ohngeachtet die gröste Kirche oder den Dom. Den Lutheranern hingegen gehöret 1) die Barfüsser Kirche, ein ziemlich grosses und mäßiges Gebäude, so mit einem niedrigen Glocken-Thurn versehen ist. Diese stellet die Haupt- und Pfarr-Kirche vor, worinnen alle Kinder getauffet, und die ehelichen Einseegnungen verrichtet werden. Sie ist im Jahre 1738. renoviret worden, und hat eine schöne Cantzel, und eine gantz neu erbauete prächtige Orgel. Nahe dabey stehet das Gymnasium, ein altfränckisches Gebäude, und die in 7. Classen abgetheilete lateinische Schule. Im Jahre 1626. hat der dasige Rath die im Jahre 1607. ergangene Verordnungen und Statuten wieder erneuern, und im Jahre 1685 einen Thurm mit einem Geläute von 3. Glocken auf die Kirche setzen lassen. 2) Die St. Catharinen-Kirche. Diese ist im Jahr 1678. abgebrochen, und gantz neu, grösser und schöner, nebst einem ansehnlichen und zierlichen Thurn wieder aufgebauet worden. Sie hat keinen Pfeiler, jedoch eine schöne marmorne Cantzel, und eben dergleichen Altar etc. Das Gewölbe ist oben gantz bemahlet, und soll dieser Schönheit wegen in Deutschland gar wenig ihres gleichen haben. Im Jahre 1681. den Sontag Invocavit wurde die erste Predigt darinnen gehalten. 3) Die St. Peters-Kirche, ein altes und kleines Gebäude, wobey sich der doppelte Peters-Kirch-Hof oder Gottes-Acker befindet. 4) Die Hospital-Kirche, wobey der Spital zum Heiligen Geist stehet. Es werden in diesem Hospital alle arme Krancke, mit einer so vortrefflichen Ordnung verpfleget, daß diejenigen, so wieder genesen, und man sie darüber besprochen hat, solche nicht genug zu rühmen wissen. Sie ist im Jahre 1280. gestifftet worden. 5) Die St. Nicolai-Kirche, diese ist gar klein, hat einen alten Thurn, und ist erst im Jahr 1721, nachdem sie einige Zeit nicht gebrauchet worden, und inzwischen statt eines Gewölbes gedienet hat, erneuert, und zur Garnisons Kirche gemacht worden. Ausser diesen Kirchen wird auch im Armen-Hauße geprediget. Die ehemahlige Allerheiligen-Kirche liegt zur Zeit noch wüste, doch soll sie dem Vernehmen nach auch wieder aufgebauet werden, massen die Collecten dazu schon vor einiger Zeit sind eingesammlet worden. Ferner ist auch noch die Weißfrauen-Kirche, worinnen für die Niederländische Lutherische Gemeinde frantzösisch geprediget wird. In Sachsenhausen stehet die drey Königs-Kirche. Es giebt auch 2. Lutherische Frauen-Klöster in Franckfurt, als das zu S. Catharinae, und das zu den weissen Frauen. In dem ersten werden solche Weibes-Personen unterhalten, deren Eltern oder Männer sich um diese Stadt wohl verdient gemacht haben. Die Catholischen besitzen an dasigen Kirchen 1) den Dom, oder das Kayserliche Wahl- und Crönungsstifft zu St. Bartholomäi. Es ist dieses ein kleines und nicht gar helles Gebäude, so nach [1815] Pölnitzens Bericht, im geringsten nicht mit einer so wichtigen Handlung übereinkommt. Obgleich zu dieser Kirche Carolus M. laut einigen Nachrichten, den ersten Grund mag geleget haben, so sind jedoch dessen Hauptstiffter, nach Inhalt des annoch in Original vorhandenen Fundations-Briefes, vom Jahre 882. (b) der Römische König Ludwig der Fromme, und dessen Sohn Kayser Carl der Fette gewesen. Diese Stiftung geschahe anfänglich zur Ehre unsers Heylandes, welchen Nahmen auch die Stiffts-Kirche so lange führte, bis sie nachmahls im Jahr 1238, wegen der dahin gebrachten und dem Stiffte verehrten Hirnschale des heiligen Apostels Bartholomaei den Nahmen des Bartholomaei-Stiffts annahm, und selbigen nach der Zeit bis ietzo behalten hat. Es hat dieselbe ihren Probst, nebst 12. Canonicis oder Chorherren und andern Geistlichen mehr. In der Sacristey, so ziemlich enge und klein ist, wird der Römische König oder Kayser von den Churfürsten erwehlet. Wie denn im Jahr 1711. in eben dieser Kirche Kayser Carl VI. gekrönet wurde, wobey sich damahls ein ungemeiner Zulauff von Printzen und grossen Herren ereignete. Einige nachdenkliche Leute machten bey selbiger Gelegenheit über zwey besondere Stücke, so von ihnen angemercket worden, ihre Prophezeihungen. Das erste bestund darinnen, daß der Kayser seinen Einzug in die Stadt in gröster Trauer um den verstorbenen Kayser Joseph, seinen Herrn Bruder, hielte, woraus man schloss, er werde der letzte Kayser aus seinem Hause seyn. Das zweyte war, daß, als derselbige aus der Dom-Kirche gieng, und die gewöhnlichen Kleinodien anhatte, das Schwerdt Kaysers Carls des Grossen aus der Scheide fiel. Ob nun gleich der Churfürst von Trier, aus dem Hause Lothringen, solches gewahr wurde, und das Schwerdt aufhielt, es auch wieder in die Scheide steckte, ehe es gar auf die Erde fiel, wurde doch solches von ermeldeten Propheten also ausgelegt, daß der Kayser niemahlen einen dauerhaften Frieden zu genüssen haben, sondern sich allemahl in solchen Umständen befinden würde, darinnen er sich, zu seiner Beschützung den Degen zu ziehen, gemüßiget sähe. In erwehnten Dom ist zu betrachten die grosse Orgel und die künstliche Uhr mit dem ewigen Calender und Astrolabio, welche von den Fremden, als etwas besonders, in Augenschein genommen wird. Sie ist im Jahr 1470. verfertiget worden. Dabey stehet der Pfarrthurn, als der höchste Thurn in der gantzen Stadt, worzu im Jahr 1414. der erste Grundstein geleget worden, wie solches inwendig an der Mauer mit sehr alten und kaum noch leserlichen Buchstaben, gegen der Kirche über, folgender massen angeschrieben stehet:
Anno Domini MCCCCXIIII. auf St. Bonifacius Tag
Ist der erste Stein dieses Thurms gelegt – – – –
Das übrige jst Alterthums wegen gantz verblichen. Inzwischen hat man bey nahe 100. Jahr daran gebauet. Wie er denn erst im Jahr 1511. in die Verfassung, worinnen er ietzo zu sehen, gebracht war. Gleichwohl siehet jedermann, daß er nicht so hoch gebauet ist, als er vielleicht hat werden sollen, indem er noch keine Spitze hat. Die grosse Schlage-Glocke in diesem Thurm, so im Jahre 1484. gegossen worden, hat am Gewichte 91. Centner und 5. Pfund, darauf stehet diese Schrifft:
O BEATA ET BENEDICTA TRINITAS! LIBERA
NOS, SALVA NOS, JUSTIFICA NOS.
Des Raths bin ich, Martin Möner geuß mich.
Die Sturm-Glocke ist etwas kleiner, hat aber keine Schrifft. Sonst hangen auch noch verschiedene andere grosse Glocken darinnen. Unter den dasigen Stadt-Glocken befinden sich des Stiffts seine 6, davon die gröste die Carolus-Glocke heist, und 63. Centner wiegt. Daran stehet St. Carolus und St. Bartholomaeus, und über jeden ein Crucifix, nebst der Umschrifft: O! beata & benedicta Trinitas, aequalis una Deitas ante omnia secula, nos salva & nunc & in perpetuum! 1440. Die Fest-Glocke wiegt 31. Centner. An dieser stehet des heil. Bartholomäi Bildniß mit dieser Umschrifft: Libera nos, Salva nos, justifica nos, o beata Trinitas! An der Salve-Glocke stehen an vier Orten die 4. Evangelisten mit eben der Beyschrifft. Sie wiegt 15. Centner. Oben auf diesem Pfarrthurn hänget an statt der Spitze oder des Knopfes eine kleine Glocke, die am Gewichte 4. Centner hat. Sie wird das Gimperlein, oder auch das Lermen-Glöckgen genennet. Der gemeinen Sage nach soll es von Silber, und zu dem Ende hinauf gehencket worden seyn, um die Ankunfft eines Feindes damit kund zu machen; doch wird es nicht gebraucht, und ist nicht einmal ein Strang daran. Der Thürner auf dieser Pfarr- oder Domkirche ist Lutherisch, und der Thurm nebst einem Theil der Glocken gehöret gleichfalls den Evangelischen. Das darauf befindliche Raths-Glöckgen, so über der Zeiger-Uhr nach dem so genannten Pfarreisen, worüber bey Straffe der Pfändung kein Jude gehen darff, und gegen die Kannen-Giesser-Gasse zu, in der Ecke auf dem Creutz der Kirche stehet, wird alle Dienstage und Donnerstage, als an den gewöhnlichen Rathstägen, im Winter von halb 8. bis 8. Uhr, und im Sommer von halb 7. bis 7. Uhr, unten in der Kirche der Cantzel gegen über, von einem Evangelischen Glöckner, wenn auch gleich der Catholische Geistliche auf der Cantzel stehet und prediget, oder Messe gehalten wird, geläutet. 2) Haben die Catholicken das Kayserliche Collgial-Stifft zu S. Leonhard inne, so ehedessen zu St. Marci und St. Georgii geheissen, und seinen Anfang unter Kayser Friedrich II. genommen hat. Es änderte aber seinen Nahmen, als des Abtes Leonhards ansehnliche Reliquien von Vienne aus Franckreich dahin überbracht wurden. Es ist ein altes schlechtes Gebäude, und hat 2. sehr alte Thürne. Das merckwürdigste in dieser Kirche ist ein gleich beym Eintritt zur lincken Hand in einer Capelle hangendes künstliches steinernes Gewölbe, welches von denen dahin reisenden Mäurern als ein sonderbahres Kunst-Stück, mit vieler Aufmercksamkeit betrachtet wird. 3) Das Collegiat-Stifft zu Unserer Lieben Frauen auf dem Berge, und 4) die Johanniter-Kirche. An Klöstern nebst den dazu gehörigen Kirchen, findet man allda ein Carmeliter- ein Dominicaner-Mönchs- und Frauen- wie auch ein Capuciner-Kloster. Diese letzten wurden zwar im Jahre 1633, weil sie sich 8. Jahr vorhero wider der Obrigkeit Willen in Franckfurt eingedrungen hatten, zur Stadt hinaus, und in einem Schiffe nach Mayntz geführet, es haben sich aber dieselben doch im Jahre 1723. wiederum eingefunden, den Antoniter-Herren ihre im Jahre 1719. abgebrannte Kirche abgekaufft, und sich auf deren Stelle ein überaus schönes Kloster und Kirche erbauet. Ob nun schon die Catholicken alle diese Kirchen nebst der Capelle zu St. Michaelis in Franckfurt besitzen, so wird doch das Hochwürdige von ihnen insgeheim über die Gasse getragen,sie dürffen auch sonst keine Procession durch die Stadt halten. Die daselbst wohnhafften Reformirten machen zwar eine ziemliche Gemeine aus, dennoch haben sie, seit dem ihre Kirche vor dem Bockenheimer Thore abgebrannt ist, in der Stadt keine freye Religions-Ubung, sondern sie müssen ihren Gottesdienst zu Bockenheim, auf einem, eine kleine halbe Meile gelegenen Hanauischen Dorffe, verrichten. Indessen lassen sie doch ihre neu angehende Ehe-Leute von den Lutherischen Pfarrherren in der Barfüsser-Kirche zusammen geben; auch werden ihre Kinder in besagter Kirche, oder in ihren Häusern von selbigen Geistlichen getauffet. Endlich giebt es eine gewaltige Menge Juden daselbst, welche eine besondere Gasse, und in solcher eine schöne Synagoge oder Schule inne haben. Diese Juden-Gasse ist mit einer Mauer umgeben. Sie kan vermittelst dreyer Thore verschlossen werden, und liegt an einem Ende der Stadt. Sonst genüssen die Juden daselbst vieler Freyheiten, und haben aus ihren eigenen Mitteln gewisse Beamte, welche von der Obrigkeit über sie gesetzt sind, und Bau-Meister genennet werden. Doch dürffen sie unter sich selbst, vermöge des Freyheits-Briefs vom Jahr 1366, den ihnen Kayser Carl IV. ertheilet hat, keine Gesetze machen, noch Gerichte anstellen, und solten Krafft der Veranstaltung des Cardinals Nicolai vom Jahre 1452. als Feinde des Creutzes Christi, gelbe Ringe und blaulichte grosse Krägen, ihre Weiber aber blau gestärckte Schleyer [1817] tragen. Gleichwohl haben sie diese Gewohnheit nach dem ersten grossen Brande in ihrer Gasse, als sie nach der Zeit eine Weile unter den Christen wohnen müssen, wieder fahren lassen. Ob es nun wohl verschiedene ansehnliche und wohlhabende Handels-Juden darunter giebt, so nennet sie doch Misson in seiner Reise nach Italien (c) nur arme Teufel, die gar schlechte Sprünge machen könnten. Im Jahr 1711, den 14. Jan. brandte ihnen ihre Gasse mit Stumpff und Stiel hinweg, und zwar dergestallt, daß auch nicht ein eintziges, welches gewiß zu verwundern ist, von so vielen Häusern, ja nicht einmahl ein Stück Holtz eines Armes lang übrig geblieben. Bedencklich war dabey, daß, als die eine Seite oder Helffte der Gasse abgebrannt war, der Wind sich nachgehends drehete, gleichsam als habe er das seinige verrichtet, und wolle nunmehro dasjenige, wozu er gesandt sey, ferner bewerkstelligen; massen denn auch dadurch der andere und grössere Theil der Gasse gleichfalls vom Feuer ergriffen, und eingeäschert wurde. Das Feuer ist fast mitten in der Gasse in des Rabbinen Naphtali, als ihres vornehmsten Lehrers, Hause ausgekommen. Man hat vor eine gewisse Wahrheit erzehlen wollen, daß besagter Rabbine, der sonst ein guter Cabbalist gewesen, als er seinen untergebenen Schülern die Cabbale lehren wollen, und ihnen zur Probe einen grossen Hauffen Holtz in seiner Stube angezündet habe, in seiner Beschwörung der Geister irre geworden sey, und an statt die Wasser-Geister zu beschweren, das von ihm angezündete Feuer zu löschen, die Feuer-Geister gefordert habe. Weswegen gantz vergeblich gewesen wäre, auch das geringste Jüdische Gebäude zu retten. Sonst ist dieses auch noch von diesem Juden-Brande merckwürdig, daß von den vielen nahe dabey befindlichen Christen-Häusern, nicht ein eintziges versehret worden. Ein fast eben dergleichen Unglück betraff diese Juden-Gasse abermahls im Jahr 1721, im Januario, vermittelst dessen 111. Häuser in die Asche verfielen. Unter den weltlichen Gebäuden betrachtet man das dasige Rathhauß, sonst der Römer genannt. Den Nahmen Römer hat es von Hans und Kuntz zum Römer, Kölner von Münzenberg benahmet, denen das Hauß, welches zwischen dem jenseits gelegenen Hause zum Lünburg und dem anderseits liegenden Hause zum Löwenstein, inne lieget, zuständig gewesen, und von ihnen dem Rath zum Rathhause verehret worden. Die dasige Kayserliche Wahlstube ist vorjetzo sehr prächtig, und schön renoviret, auch herrlich austapeziret. Zu diesem Zimmer gelanget man vermittelst einer besondern schmalen Stiege, welche, dem Barfüsser Creutz-Gange gerad gegen über, von der Strasse nach denjenigen mit Steinen gepflasterten und mit vielen künstlichen Gemählden gezierten Saal führet, wo sich das neuerbaute treffliche mit einer gleichfalls schön gemahlten und mit sinnreichen Aufschrifften vergesellschaffteten Kupel versehene Rundel, und gerade der Thüre desselben Zimmers, über welcher eine artig angebrachte Uhr stehet, gegen über, das Consistorium befindet. Doch kan man auch forne von dem Römerberge, als durch den Haupt-Eingang über den grossen Saal, auf dem alle Kayserliche Brust-Bilder, nebst ihren Nahmen stehen, und Messenszeit das Pfeiffer-Gerichte gehalten wird, durch eine andere doppelt verwahrte Thüre hinein gelangen. Denn es hat selbiges deren eigentlich fünffe, als zwey oben zu beyden Seiten der vier hohen Fenster, so wegen der nicht sonderlich grossen Breite des Zimmers, ziemlich nahe beysammen sind, worunter sich zur Lincken letzterwehnte befindet; zwey aber unten bey den beyden mit herrlichen Porcellainen Aufsätzen gezierten Oefen, und eine zwischen diesen beyden, den Fenstern gegen über; doch sind nur zwey davon, als nemlich diejenigen, wodurch man aus dem grossen erwehnten Saal, und wo man, wie oben gedacht, dem Consistorio gegen über hinein gehen kan, als würckliche doppelte mit zwey Flügeln versehene Eingänge zu betrachten; weil die übrigen dreye, um mit diesen beyden in dem Zimmer eine Gleichheit vorzustellen, nur blind und eigentlich als blosse Schrancken angeleget sind, wodurch keine Oeffnung ist. Kommt man zu derjenigen hinein, vor welcher das schöne Rundel ist, und worüber auswendig die Uhr stehet, so erblicket man beym Eintritte neben sich zu beyden Seiten die erwehnten zwey schönen Porcellainen Oefen, ingleichen im Fortgehen 10. mit doppelten Röhren, worein man die Lichter stecket, versehene massiv-silberne Leuchter, in Form eines doppelten Adlers, und zwar deren auf jeder Seite viere; unter jedem aber einen Carmosin rothen Damastenen, und mit noch einem besondern rothen leinenen Uberzuge, dieselben vor dem Staube zu verwahren, versehenen Nußbaumenen Lehnsessel, darzwischen auf jeder ein kleines ovales vieleckigtes Tischgen, dessen Blatt von bundten Marmor, und das Gestell von schöner Bildhauer-Arbeit und kostbar verguldet ist. Uber dem zur Rechten zeiget sich des verstorbenen Kaysers Carl VI. Majestät in Lebens-Grösse, wie sie ein Wiener künstlicher Mahler nach dem Leben und mit vieler Aehnlichkeit abgeschildert hat, in einem starck verguldeten Rahmen; über dem zur Lincken aber, ein eben so grosser trefflicher Spiegel in einem ebenfalls starck verguldeten und mit Bildhauer-Arbeit gezierten Rahmen. Gerade vor sich erblicket man die vier grossen Fenster mit Carmoisin-Damastenen Vorhängen. Wie denn die Wände dieses Zimmers durchgehends von dem dasigen Tapezierer Richter mit Tapeten von eben dergleichen Stoff und mit seidenen Borten von eben der Farbe besetzet, beschlagen sind. Uber jeder der fünff Thüren, vor denen sich ebenfalls Carmoisin-Damastene Guardinen befinden, stehet ein Sinnbild, nebst einer sinnreichen Uberschrifft, so auf die Glückseeligkeit einer wohl angeordneten Regierung abzielen. Der Fuß-Boden ist mit künstlicher Schreiner-Arbeit gezieret, und mit Nußbäumenen, wie auch andern köstlichen Holtze ausgeleget. Die Decke stellet die Themidem oder die Göttin der Gerechtigkeit, die Minervam, und andere Götter, Göttinnen und Musen vor, welche das Römische Kayserl. Königl. Spanische, Böhmische, Ungarische etc. Wappen halten. Der Crantz um dieselbe herum zwischen den 4. Wänden und der Decke ist von schöner erhabener Structur-Arbeit in besondere oval-rundte Felder abgetheilet, worinnen sich allemahl 2. Römische Bruststücke der Römischen Kayser nach ihrer Ordnung befinden, davon immer 2. und 2. einander die Gesichter zukehren. Zwischen 2. solchen Römischen Köpffen ist allemahl ein Unterscheid von Laubwerck. Dieser Crantz ist durchgängig massiv verguldet, und soll die blosse Verguldung in diesem Zimmer über etliche 1000. Gulden, nach dem Bericht des dasigen Mahlers, Herrn Geibels, der solche Arbeit verfertiget, gekostet haben. Lincker Hand sind noch etliche Felder leer, um der folgenden Kayser Brust-Bilder denselben gleichfalls einzuverleiben. Auf dem nur gedachten grossen Raths-Saale erblicket man, wie bereits erwehnet, die Bildnisse aller Römischen Kayser in ihrer Ordnung, wie sie auf einander gefolget. Hierbey ist merckwürdig, daß der vor einigen Jahren verstorbene Kayser aus dem Hause Oesterreich Carl VI. den Schluß darunter machte, und also kein Platz mehr übrig ist, wo etwan die künfftigen Kayser könnten hingemahlet werden. In der Raths-Stube befindet sich ein höltzerner Krachstein, welcher so künstlich gemacht ist, daß auch ein Mauer-Meister den Unterscheid kaum erkennen kan. In diesem Römer, und zwar in dem Stadt-Archiv wird das Original der berühmten güldenen Bulle verwahrlich aufgehoben. Es ist dieselbe nichts anders als ein Pergamenten-Buch von 43. Blättern, in Quarto, nicht aber von 24. Blättern, wie sie der Cardinal Pileus, ehemahliger Bothschaffter Pabsts Urbani VI. beschreibet, und Freher (d) aus ihm anführet. Denen nachmahls Dan. Otto (e), ingleichen Mission (f) in ihrem Irrthum nachfolget. Diese güldene Bulle ist unten etwan 2. Finger breit, vom Ende mit 24. gelben seidenen Fäden zusammen gehefftet, und mit einem andern groben pergamentenen Umschlag, ohn alle Zierrathen bedeckt und darein gebunden. Sie wird in einem Schildkrötenen und mit Perlenmutter eingelegten Lädgen verwahret. Sie enthält die Fundamental-Gesetze des Römischen Reiches, und der bey der Kayser-Wahl zu beobachtenden Umständen in lateinischer Sprache in sich, und ist mit alter Mönchs-Schrifft und ietzo ungewöhnlichen Abbreviaturen geschrieben. Merckwürdig ist [1819] von diesem Original der güldenen Bulle, daß kein Diphtongus darinnen befindlich, welches doch sonst die älteste Schreib-Art der Lateiner gewesen, und auch noch heut zu Tage bey einigen Gelehrten üblich ist. Bey dem Lateinischen Original liegt in dem Lädgen auch ein deutsches in roth Pergament eingebundenes Exemplar von 35. Blättern, auch auf Pergament mit kleiner Mönchs-Schrifft geschrieben. An diesem aber hängt kein Insiegel, es hat auch niemahlen dergleichen, so viel man weiß, daran gehangen. Den Nahmen führet sie von der daran hangenden Kapsel, welches Wort nach der alten deutschen Mund-Art eine Bulle genennet wird. Es ist diese an 24. gelben und eben so viel schwartzen seidenen Fäden herab hangende Bulle oder Kapsel rundt, und von gediegenem Golde, so dick als ein doppelter Joachims-Thaler. Auf dessen einer Seite stehet das Bildniß Caroli IV. im Kayserlichen Habit sitzend, mit der Crone auf dem Haupte, in der Rechten den Scepter, in der Lincken aber die Welt-Kugel mit einem Creutz haltend. Dem Kayser zur Rechten in einem Schildgen stehet ein einfacher Adler, zur Lincken ein Löwe mit einem doppelten Schweiffe. Auf dem Rande um des Kaysers Bildniß herum stehen diese Worte, mit dem selbiger Zeit gewöhnlichen grossen Buchstaben: CAROLVS. QVARTVS. DIVINA. FAVENTE. CLEMENCIA. ROMANORVM. IMPERATOR. SEMPER. AVGVSTVS. ET. BOEMIE. REX. Auf der andern Seite dieser Bulle oder des Siegels erblickt man die Form einer Burg mit 3. Thürmen, welche, wie einige wollen, die Stadt Rom, oder nach anderer Meynung, das dasige Capitolium bedeuten soll. In der Mitte besagter 3. Thürme sieht man unten eine offene Pforte, worinnen diese 2. Worte Aurea Roma in dieser Ordnung zu lesen sind:
A V R
E A R
O M A
Um den Rand herum lieset man den lateinischen Vers:
ROMA. CAPUT. MUNDI. REGIT. ORBIS
FRENA. ROTVNDI.
Weil die seidenen Fäden, welche durch alle Blätter
gezogen, und womit die güldene Bulle zusammen gefüget ist,
Alters wegen dünne und unhaltbar worden waren, so
wurden an deren Stelle im Jahre 1642. von dem
Chur-Mayntzischen Abgesandten, in Beyseyn der dazu abgeordneten
Herren des Rathes und zweyer Syndicorum mit Zuziehung
zweyer Notarien und 4. Zeugen andere seidene Faden
hineingezogen. Dergleichen im Jahre 1710. den 5. Febr.
abermahls mit ebenmäßigen Umständen geschehen ist. Es ist
diese güldene Bulle im Jahre 1356. zu Nürnberg von
Kayser Carl IV. mit Genehmhaltung aller allda versammleten
Reichs-Stände abgefasset, und nachgehends publiciret
worden. Einige Geschicht-Schreiber sind sonst der
Meinung gewesen, als wäre solche Bulle zu Metz abgefasset
worden, jedoch es beweiset Herr Thulemeyer, daß die 23.
erstern darinnen befindlichen Capitel zu Nürnberg in
gedachtem Jahre, wie gemeldet, aufgesetzet und bekandt
gemacht; die nachfolgenden und übrigen aber, vom 24.
Capitel an bis zu Ende, in eben dem Jahre zu Metz verfertiget,
wie auch allda promulgiret und publiciret worden seyn.
Das Absehen bey Errichtung der güldenen Bulle gieng
dahin, daß alles, was in derselbigen enthalten ist, ein ewiges
u. unwiederrufliches Gesetz seyn solle. Gleichwohl hat man
nachgehends, sonderlich vermittelst des Westphälischen
Friedens, ein und anders darinnen geändert.
Vornehmlich wird darinnen abgehandelt, auf was Weise die Wahl
eines Römischen Kaysers oder Königes, welcher allda zum
öfftern das weltliche Haupt der Christlichen Welt
genennet wird, geschehen solle. So wird auch verschiedenes,
vermittelst derselben angeordnet, so den Rang, die
Zusammenkünffte, Rechte und Freyheiten der Churfürsten, und dann
ferner die Nachfolge in der Chur-Würde, auch die bey
Kayser- und Königlichen Crönungen ihnen obliegende
Aemter betrifft: Ingleichen, daß die Fürsten und Stände alle
Jahre einmahl zusammen kommen und des Reiches Bestes
beobachten sollen. Vermöge dieser Bulle muß der
Römische Kayser in Frankfurt, weil diese darinnen zur
Wahlstadt gesetzet wird, erwehlet werden. Wenn aber Krieg oder
Pest dieses verhindern, so bekommt die Stadt dieserwegen
ihre Reversalien, daß es ihr und ihren Freyheiten nicht zum
Nachtheil gereichen solle. Wie dieses an Heinrich II, der
zu Mayntz, und an Heinrich III, der zu Aachen, ingleichen
an einigen andern, so zu Cölln, Augspurg u. Regenspurg
erwehlet worden, deutlich erhellet. Ferner ist in dieser Bulle
ausdrücklich versehen worden, daß der neu-erwählte Kayser
zu Aachen gecrönet werden solle, welches aber schon lange
Zeit her nicht so genau ist beobachtet worden; wie nicht
weniger auch dieses, daß ein jeder von den Churfürsten zur
Wahlzeit über 200. Mann zu seinem gantzen Gefolge
nicht bey sich haben möge. Es muß auch die Bürgerschafft
vermöge derselben an dem Wahltage alle Fremden aus der
Stadt schaffen, bey Verlust aller ihrer Privilegien.
Uberhaupt sind noch viele andere dergleichen Verordnungen
mehr in der güldenen Bulle enthalten, welche alle zu
erzehlen, gar zu langweilig fallen dürffte. Letzlich ist noch von
dem Römer zu wissen, daß die Juden diejenige Seite des
Römerberges, oder des Platzes vor dem Rathhause, auf
welcher der Römer stehet, ohne erhebliche Ursache, bey
Straffe nicht betreten dürffen; es sey denn, daß der Jude
das Gewürtze zum Neu-Jahrs-Geschencke für E. E. Rath
überbringe, zu der Zeit darff er den geraden Weg über den
Römerberg (ehedessen der Samstagsberg genannt) in das
Rathhaus hinein und auch wieder heraus gehen. Zu
anderer Zeit aber stehet ihnen nur die hintere Römer-Thüre zum
Ein- und Ausgang offen. Nach dem Römer oder
Rathhause ist das Hauß zum Frauenstein sehenswürdig, so sonst
das grosse Braunfelß genennet wird. In diesem pfleget der
neuerwehlte Kayser zu wohnen. Unten ist ein Zimmer,
worinnen oder vor welchen die Kaufleute alle Mittage
zusammen kommen, und ihre Börse halten. In den 3.
Zeughäusern dieser Stadt trifft man viel schönes und mancherley
Geschütz an. Uber der Thür des vornehmsten darunter
stehen diese Verse:
Viel besser ist ein gewisser Fried,
Denn das man hofft auf künfftgen Sieg.
Felix haec Urbs est, quae Pacis tempore bellum
Ante Oculos ponit et quae nocitura notat.
Auf Deutsch:
Glückseelig ist die Stadt, wo man zur Friedens-Zeit,
Auch an den Krieg gedenckt, und sich darzu bereit.
Nach diesen ist zu sehen der Saal-Hoff, der neuerbaute
Fürstl. Taxische Pallast, der Frohnhoff, das nach Mayntz
gehörige Compostell, das deutsche Hauß in Sachsenhausen,
so schon im Jahr 1200. gestifftet worden, und die
darinnen befindliche Kirche zu U. L. Fr. in welcher der hohe
Altar auf Marmor-Art neu und sauber erbauet ist;
desgleichen die dasige zu Ehren der Heil. Anna gestifftete Capelle,
wie auch auf dem Kirchhofe die kleine St. Elisabeth-Capelle.
Man findet in dem grossen Saale der Commenthur-Herren
das in Lebensgrösse gemahlte Bildniß eines
Trabantens, Nahmens Ponet, dessen Länge 8. Schuh 7. Zoll
gewesen. Die Stadt-Waage, die neue Haupt-Wache,
und viele andere ansehnliche Gebäude mehr, sind
sehenswürdig. Die Privat-Häuser sind mehrentheils nur von
Holtz gebauet, und man siehet viele darunter, die Fresen
oder auf Kalck gemahlet sind. Uberhaupt sind sie alle mit
Schiefersteinen gedecket. Der Stadt-Thore sind 5, als
das Allerheiligen-Thor, das neue oder Friedberger-Thor,
das Eschenheimer-Thor, das Bockenheimer-Thor und
das Galgen-Thor. Nach dem Mayn zu sind verschiedene
Pforten, als die St. Leonhards-Pforte, das
Holtz-Pförtgen, Fahrthor, Heil. Geist Pförtgen, Metzger-Thor, und
das Fischer-Thörgen, worunter das Fahrthor die
vornehmste ist. Sachsenhausen hat zwey Thore, nehmlich
das Affen-Thor und das Schaumayn-Thor. Als
besondere Merckwürdigkeiten der Stadt Franckfurt
betrachtet man das unter dem Brücken-Thurm lincker
Hand, wenn man nach Sachsenhausen gehen will, an
der Mauer stehende Gemählde, worüber folgende
Schrifft zu lesen: 1275, am grünen Donnerstage
marterten die Juden ein Knäblein, Simon genannt, seines
Alters zwey und ein halb Jahr. Unter dieser Schrifft liegt ein
[1821] nackendes gemahltes Knäblein auf einem Tische mit vielen
Wundem worinnen 9. Schuster-Pfriemen stecken, und
darunter stehen diese Worte:
Au weih Rabbi: Anschel: au, au.
Mauschi au weih, au, au.
Weiter sitzet unter dieser Schrifft ein alter Jude, mit dem Schabbes-Deckel auf dem Kopff, mit einer Brille auf der Nasen, und einen Kragen und Mantel anhabend, rückwärts auf einem grossen Schwein, und hält den in die Höhe gezogenen Schwantz statt eines Zaums in der rechten Hand. Unter diesem Schwein liegt ein junger Jude, der an den Zitzen saugt, hinter der Sau kniet ein anderer alter Jude, welchem die Sau ihren Urin und übrigen Unflath in das Maul lauffen läst. Hinter diesem Juden erscheint der Satan mit grossen Hörnern, und hält ihn an beyden Achseln. Am Kopff des Schweins steht eine Jüdin, die das Gesichte nach dem Teufel zuwendet, in ihrem völligen Staat, nehmlich mit dem eckichten Schleyer, Krausen, Kragen am Halse, und einem Mäntelchen. Diese hält die Hörner eines grossen Bockes. Alle Personen, auch der Teufel selbst, hat das gelbe Ringelgen, als das Juden-Zeichen, an sich. Als der Brücken-Thurm im Jahre 1677. erneuert wurde, wollten die Juden viel Geld geben, wenn man dieses Gemählde gäntzlich weglöschte; sie haben es aber nicht erhalten können, und es stehet solches zu ihrer grösten Aergerniß und Verdruß noch diese Stunde am besagten Orte. Gleich darneben siehet man die Creutzigung Christi, mit Hebräischer, Griechischer und Lateinischer Uberschrifft, diese ist im Jahr 1392. gemahlet, und in den Jahren 1462, 1507, 1609, 1677, und 1709. renoviret worden. Von diesem Gemählde verfügen wir uns nach der Stadt-Waage, und nach dem gleich darneben stehenden Leinwand-Hause. An diesem letztern, aussen am Eingange, an der Mauer, sind drey eiserne Franckfurter Ellen, und zwar zu dem Ende an einen Stein angemacht, daß man allezeit das rechte Maaß von dasiger Elle haben, und andere darnach untersuchen kan. Anbey ist zu mercken, daß daselbst keine Meß-Ellen von Ellern- oder Weydenholtz gelitten werden, weil dieselben, wenn sie trocken werden, gemeiniglich schwinden und sich zurück stossen. Damit auch bey den Krämern kein Unterschleiff in diesem Stück vorgehe, so werden ihre Ellen alle Jahre von E. E. Rath gemessen, und mit einem Adler oben und unten bezeichnet. Der Waagbalcken in obenerwehnter Stadt-Waage ist im Jahr 1442. zu Venedig gemacht worden, und kostet 14. Pfund, 13. ß. 3. Heller. Nunmehro gehen wir weiter, und zwar nach dem Brunnen an der guldenen Birne, so der Faulbrunnen oder die Faulpumpe genannt wird. Dessen Wasser riecht fast wie faule Eyer, und hat einen faulen Geschmack. Inzwischen wird dasselbe von den Leuten so wohl für Gesunde, als auch für Krancke, häuffig gehohlet; anerwogen dasselbe sehr gesund seyn soll, und daher den Patienten in ihren Kranckheiten von den Aertzten öffters zu trincken verordnet wird. Von dieser Faulpumpe gehen wir auf die grosse Galgengasse nach des Herrn Hassels, eines Reformirten Handelsmanns, vormahls Herrn Campoins Behausung, und nehmen die allda in dessen Garten stehende grosse Haselstaude in Augenschein. Ihre Höhe und Breite übertrifft die grösten und stärcksten Eich-Bäume, immassen sie aufwärts 87. Werck-Schuhe, und zwar von dem Stamm bis an die Aeste 36. von den Aesten bis an die Spitze 51. Werck-Schuhe beträgt. Die Dicke unten bey der Erde ist in der Rundung 5. und eine halbe Franckfurter Elle, und so dick, als sonst 4. Mann sind. Unter dieser verwundernswürdigen Hasel-Staude hat Kayser Leopoldus glorwürdigsten Andenckens im Jahr 1651. etliche mahl Tafel gehalten, wie solches an einem Stein, so unter dem Baum liegt, eingehauen stehet. Gleichwohl beginnet dieselbe Alters halben allmählig abzunehmen. Vor wenig Jahren muste deswegen ein grosser Ast davon abgehauen werden, gleichwohl verdienet sie auch noch, daß man sie in Augenschein nimmt. Aus diesem Garten und von erwehnten Baum spatzieren wir zum Galgen-Thor hinaus durch die schöne Allée, so im Jahr 1705. von dem Herrn Schöppen Barthels angeleget worden, und nunmehro einen angenehmen Spatzier-Gang abgiebet. Gehen wir vollends zum Thore hinaus, so kommen wir zu dem ohnweit der Stadt am Mayn gelegenen seltsamen Brunnen, der Schwefel- oder auch der Grind-Brunnen genannt. Dieser heilet den Grind, und säubert das scorbutische und unreine Geblüte. Es ist gleichfalls eines etwas faulichten, doch nicht gar zu unangenehmen Geschmacks, jedoch überaus widerwärtigen Geruchs. Sein Wasser hat die Farbe einer Seiffen-Brühe, oder als wenn man darinnen gewaschen hätte. Im Sommer des 1691. Jahres kam dieser Brunnen in sehr grossen Ruff, weil dessen Wasser einem gewissen Bürger, der mit Engbrüstigkeit behafftet gewesen war, geholffen hatte. Daher liessen sich viele Leute verleiten, die Cur in demselben zu trincken, welche aber den meisten Brunnen-Gästen so übel bekam, daß in wenig Wochen bey 20. Personen davon sturben. Ob nun wohl viele dafür hielten, daß nicht so wohl das Wasser, als vielmehr der Cur-Gäste dabey beobachtete üble Diaet, an ihrem Tode Schuld gewesen, nichts destoweniger verlohr dieser Brunnen seinen Credit um ein ziemliches, zumahlen da auf böser Leute Anstifften u. zwar der Einwohner der nahe gelegenen Sauerbrunnen, welche sich dadurch eines Abbruchs befürchteten, etwas von einem todten Aaß war hinein geworffen worden. Hierauf wollte niemand die Cur weiter darinnen trincken. Gleich vor dem Friedberger- oder Neuen-Thor liegt der so genannte schwartze Herrmanns-Brunnen, der ein solch gesundes Wasser hat, daß es nicht allein die nahe bey dem Thor herum wohnende Einwohner häuffig in die Stadt langen lassen, sondern es pflegen solches auch wohl krancke Personen zu trincken. Nebst diesen giebt es in selbiger Gegend noch viele andere gute Brunnen mehr, als da ist am See-Hof der kühle Vers-Brunnen, wiederum einer an der Sau-Steg, und zwey im Nieder-Roder-Wäldgen und an andern nahe gelegenen Orten. Was die Verfassung des dasigen Stadt-Regiments anbelanget, so bestehet der Rath in 43. Personen, und wird in drey Bäncke eingetheilet. Auf der ersten Banck befinden sich nebst dem Reichs-Stadt Schultheiß 15. Personen, so Schöppen genennet werden. Mitten unter denselben dem Range nach sitzen die 4. Syndici. Diese sind meistentheils aus dem Geschlechte des alten Hauses Limburg. Die andere Banck bestehet aus 14. Personen, und wird mit einigen alten Geschlechtern, Gelehrten, vornehmen Kauffleuten, und denen besetzet, welche in dem Frauenstein zusammen kommen. Endlich die dritte Banck bestehet gleichfalls aus 14. Personen, die aus den übrigen Bürgern und etlilichen Rathsfähigen Zünfften und Handwerckern genommen werden. Wie sich denn ein Theil der Handwercker bereits vom Jahr 1616. her, wegen eines gefährlichen Aufstandes aller Ansprüche zum Regiment hat begeben müssen. Alle Jahre kurtz vor dem neuen Jahre werden 2. neue Bürgermeister erkieset, worunter der Aeltere von der ersten, und der andere, als der Jüngere, von der zweyten Banck genommen wird. Gehet ein Raths-Herr von der ersten Banck mit Tode ab, so wird dessen Stelle mit einem von der zweyten wieder ersetzet. Der Stadt Fracnkfurt Anschlag zum einfachen Römer-Monath sind 20. zu Pferde, und 140. zu Fuß, oder an Geld 800. Gulden, zum Kammer-Gerichte aber 250. Gulden. Im Wappen führet sie einen weissen oder silbernen Adler mit einer blauen Zunge, einer gelben oder güldenen Crone und Füssen, wie auch mit einem halben gelben Zirckel, in den Flügeln und einem F. auf der Brust, im rothen Felde. Ihre beyden weit und breit berühmten Messen fallen, die erste, als die Oster-Messe, auf den Oster-Dienstag, und die zweyte, als die Herbst-Messe, auf Mariä Geburt. Hierbey ist zu mercken, fällt Mariä-Geburt auf einen Montag, Dienstag oder Mittwoch, so gehet sie den Sonntag zuvor an; fällt es aber auf den Donnerstag, Freytag oder Sonnabend, so nimmt sie den Sonntag hernach ihren Anfang; ferner fällt sie auf einen Sonntag, so gehet die Messe selbigen Tag an. Franckfurt liegt unter dem 50. Gr. 2. Minuten der Breite, und 29. Gr. 44. Min. der Länge. Sonst hat diese Stadt grosse Freyheiten, die sie von Kayser Carl IV. mit 20000. Marck Silber wiederum hat lösen müssen. [1823] Besonders hat sie die Ehre, daß auf dem dasigen Römer, nach Inhalt der güldenen Bulle, die Römischen Könige und Kayser erwehlet, zuweilen auch nach bewandten Umständen allda gecrönet werden. Dieses ist nur im Jahr 1711. mit dem verstorbenen Kayser Carl VI, wie auch im Jahr 1742. mit dem letzt verstorbenen Kayser Carl VII. geschehen. Ausserdem ist sie eine der vornehmsten freyen Reichs-Städte, und zugleich eine in Francken ausschreibende Stadt, welche zum Ober-Rheinischen Kreisse gerechnet wird, und ihren Sitz und Stimme auf den Reichs-Tägen hat. Auch ist sie nebst Nürnberg, Augspurg und Leipzig eine von den 4. Lege-Städten in Deutschland, weil die von den Reichs-Ständen bewilligten Römer-Monathe von den benachbarten Kreissen dahin geliefert, und von den Räthen selbiger Städte gegen Quittungen empfangen, hernach aber von diesen weiter zu des Reichs Angelegenheiten ausgezahlet werden müssen. Anbey ist sie eine weit berühmte Handels-Stadt. Stephanus nennt sie dahero totius Orbis Emporiorum compendium, das ist, einen kurtzen Inbegriff von allen Handels-Städten in der gantzen Welt. Uber dieses kan der Kayser und das Reich weder sie, noch ihre Zugehörungen, jemahls verpfänden. Weiter ist auch keinem erlaubet, in ihrem Bezirck auf etliche Meilen weit eine Festung oder sonst etwas dergleichen anzulegen, oder die dasigen Bürger mit neuen Zöllen zu beschweren; da hingegen dem dortigen Rathe frey stehet, Warten, Castelle, Schantzen und Schlag-Bäume aufzurichten. Ferner können sich die Bürger nur alleine daselbst Güter ankauffen, welches sonst niemanden von geist- und weltlichen hohen und niedern Personen frey stehet. Nicht weniger ist die Stadt wegen ihrer Messen im Kayserlichen und des Reichs sonderbaren Schutz, und des Geleites halber, wie auch der Acht und Ober-Acht wegen, wohl privilegiret. Die dasigen Bürger können auch vor keine fremde Gerichte gezogen werden, und der Rath ist in vielen Stücken inappellable. Vor Zeiten, und zwar im Jahr 1495. wurde allda vom Kayser Maximiliano I. das Kayserliche und Reichs-Cammer-Gerichte gehalten. Es war auch an dem, daß bey letzt entstandenen Frantzösischen Unruhen, als auf dem Reichstage von Verlegung dieses hohen Gerichtes an einen sichern Ort die Rede vorfiel, dasselbe wieder dahin solle verleget werden, wo nicht die Stadt selbst nach Anführung vieler gründlichen Ursachen solches von sich abgelehnet hätte. Hingegen hat sie bey Verwüstung der Stadt Speyer diesem hohen Tribunal auf einige Jahre den Aufenthalt bey ihr gutwillig gegönnet. Während ihrer Messen, davon jede 3. Wochen dauert, stehen die daselbst anwesende Fremden und Kauffleute in des Kaysers sonderbahren Schutz und Schirm. Es ist alsdenn auch jedem Einwohner, der Hauß und Hof besitzet, ohne einigen Widerspruch erlaubet, die Fremden in sein Quartier aufzunehmen und zu beherbergen. Ausser diesen gemeldeten 2. Messen hat die Stadt auch noch 2. grosse Vieh-Märckte, nehmlich einen Ochsen-Marckt u. einen Schwein-Marckt. Der erste fänget sich auf St. Galli an. Und endiget sich auf Martini; alsdenn nimmt der Schwein-Marckt seinen Anfang, und währet bis Fastnachten. Kurtz vor der Herbstmesse und zwar den ersten Gerichtstag nach Mariä Geburt und eingeholtem Geleite wird das Pfeiffer-Gericht, altem Gebrauch nach, aufgeführet. Den Nahmen hat es daher, weil die drey Städte Nürnberg, Worms und die alte Stadt Bamberg, alsdenn bey sitzenden Gerichte, vor des H. R. Reichs- und der Stadt Gerichts-Schultheissen, zu dessen Amt es von Alters her gehöret, wegen ihrer allda habenden Zoll- und anderer Freyheiten mit Beywohnung einiger Pfeiffer, Notarien und Zeugen, eine nach der andern, wieder Anspruch thun müssen. Zur Erkenntlichkeit für diese Freyheiten und Gerechtsamen liefern obgemeldete drey Städte, und zwar jede insbesondere, dem Herrn Schultheissen und der gegenwärtigen Rathsversammlung einen weissen höltzernen gedrehten Becher voll Pfefferkörner ein, worauf ein weisses gedrehtes Stäbgen, ein paar schlechte weisse lederne Handschuhe, und eine alte Müntze, ein Röder-Albus oder Weißpfenning liegen. Uber die benahmte Stücke giebt die Stadt Worms hoch einen alten Filtzhut, und zwey Goldgülden, jedoch dergestalt, daß mit dem einen Goldgülden der alte Filtzhut wieder ausgelöset wird. Besagtes Worms überliefert die Geschencke zuerst, die alte Stadt Bamberg nach ihr, und Nürnberg zuletzt. Oberzehlte Verehrungen verbleiben dem Reichs-Schultheissen. Die Stadt Nürnberg unterhält die Pfeiffer allein, die andern Städte aber geben derselben jährlich etwas gewisses. Vor Zeiten hat jede Stadt ihre eigenen Pfeiffer gehabt. Während dieses Pfeiffer-Gerichtes werden einige vorhero bey Schultz und Schöppen in allerhand Streitsachen abgefaßte Urtheile verlesen und bekannt gemacht. Nicht weniger ist auch dieses ein sonderbarer Vorzug, als zu betrachten, den die Römischen Könige und Kayser dieser Stadt vor andern ertheilet haben, daß nehmlich die Fechtmeister in dasigen beyden Messen, und sonst nirgends, Gewalt haben sollen, die Marxbrüder unter den Kunstfechtern, gleichwie die Federfechter zu Prag, zu Meistern des langen Schwerdts zu machen. Dieser Gerechtigkeit wollen einige Schrifftsteller widersprechen, und Zeiler in seiner Topographie vom Hessenlande (g) saget daher, daß die Freyfechter bey dem Rathe der Stadt Franckfurt solches Privilegium, welches von den Kaysern bestätiget worden, nur hinterlegt und zur Verwahrung gegeben hätten. Der Herr von Lernsner in seiner Franckfurter Chronick hält dafür, es könnten die in diesem Stücke einander widersprechende Schrifftsteller gar leichtlich vereiniget werden, wenn dieses Privilegium nur auf die Marxbrüder, und nicht zugleich auf die Federfechter ausgedeutet würde. Ein fernerer Vorzug ist es, daß sie die Müntz-Freyheit besitzet. Denn vor alten Zeiten hatten die Städte gar kein Recht Müntzen zu schlagen, sondern es waren nur alte vornehme Geschlechter in denselben, welche im Nahmen des Kaysers solches Recht ausübeten. Hierzu bekamen sie gewisse Freyheiten, ingleichen ein eigenes Müntz-Hauß, und die Befreyung von allen Auflagen. Solchergestalt wohnete vor vielen Jahren eine Familie in dieser Stadt mit Nahmen Heller, welche das Recht Creutz-Heller zu müntzen schon lange vorher ausübeten, ehe noch die Stadt solches verlangte. Ausserdem sind auch die zwey Müntzer, Jacob von Knoblauch und Siegfried zum Paradieß, gnugsam bekannt; unter denen der erste die Freyheit hatte, Turnosen (welches eine Müntze, von welcher 54. einen Gulden, und 40. Kreutzer ausmachen) zu schlagen. Endlich, und zwar im Jahr 1144. überließ der Kayser Ludwig die Müntz-Gerechtigkeit der Stadt Franckfurt selbst. Im Jahr 1428. begnadigte sie Kayser Sigismund damit, daß sie silberne Müntzern, als Turnus, Pfennige etc. schlagen möchte. Und in dem folgenden Jahre durffte sie mit gnädiger Erlaubniß der letztverstorbenen Kayser auch güldene Müntzen verfertigen lassen. Unter andern Vorzügen hat auch der ehemahls zu Fanckfurt im besten Flor gestandene Buchhandel diese Stadt vor allen andern Städten in Europa in ein sonderbahres Ansehn gesetzet, wie solches Ludwig von Hornik mit folgendem bezeuget:
Quatuor haec reddunt Francfurtum nobile:
Libri Cum Posta, Electus Caesar et Imperium.
Heinrich Stephanus betittelt daher diese Stadt Musaeum, ingleichen nundinantem Academiam, wie auch das Franckfurtische Athen. Zumahl da die Buchhändler aus fernen Königreichen, Ländern und Städten, als aus Schweden, Dänemarck und Preussen, Pommern, aus der Marck Brandenburg, aus Schlesien, Ober- und Nieder-Sachsen, aus Holland, Engelland, Brabant, Franckreich, Italien und der Schweitz, zu geschweigen aus den näher anliegenden Ländern, als aus dem Elsaß, aus Schwaben, Würtenberg, Francken, Bayern etc. vornehmlich dasige Oster-Messe häuffig besuchten, und viele tausend Centner Bücher mit sich von dannen hinweg nahmen. Es hat auch von den vielen dasigen Buchläden diejenige gantze Gasse, [1825] worinnen sie befindlich sind, den Nahmen der Buch-Gasse erhalten. Da nun dieses Franckfurt in einer ungemein angenehmen Gegend liegt, und einen treflichen fruchtbaren Boden hat, der so wohl allerley Getrayde, als auch die schönsten Garten- und Baumfrüchte hervor bringet, welche von so gutem Geschmack sind, daß man nicht leicht ihres gleichen an andern Orten antrifft; so wird nicht nur diese volckreiche Stadt im Uberfluß damit versehen, sondern man führet auch eine ziemliche Menge davon nach den benachbarten Städten, als nach Mayntz, Hanau, Darmstadt, Wißbaden etc. Des dasigen Reichthums von Obst nicht einmahl zu gedencken. Nicht weniger ist diese Stadt rings umher mit dem herrlichsten Weinwachs versehen, wovon die auf dem Mühlberg gelegene Weinberge sattsam zeugen, deren Wein anfangs zwar etwas rauh ist, nachgehends aber, wenn er vier bis fünff Jahre gelegen hat, dem Rheingauer Wein an Stärcke und Lieblichkeit nichts nachgiebt. Von gleicher Güte ist auch derjenige, so disseits auf dem Röderberg und in dem Affenstein wächset. Und pflegten die Spanier von ihrer an Getrayde, Wein, Oel und andern Früchten fruchtbaren Stadt Hispalis, vor Zeiten Serviliae genannt, ein Sprüchwort zu sagen: Wen GOtt lieb hat, den giebt er Wohnung und Nahrung zu Hispalis; so kan man solches gar wohl von ihnen entlehnen, und mit Grund der Wahrheit von Franckfurt ausruffen: Wen GOtt lieb hat, den giebt er Wohnung und Nahrung zu Franckfurt. Man gehe vor ein Thor der Stadt, vor was vor eines man nur immer wolle, so wird man eine Menge wohl angelegter nützlicher Gärten, fruchtbarer Aecker, Felder, Bäume und anmuthiger, grüner, wie auch von allerley Blumen gantz bunt gezierter Wiesen antreffen. Begiebt man sich etwas in die Höhe, und zwar auf einen Wall, auf den man gehen darff, so geniesset man von dannen die anmuthjgste Aussicht von der Welt, denn nahe um die Stadt herum siehet man, erwehnter massen, in einer Ebene die schönsten Gärten, Wiesen, Felder und Waldungen; von fernen aber nach Süd-Ost zu, zeiget sich das aus dem Spessard hervorragende Gebürge; gegen Nordwest, etwa vier bis fünf Stunden von der Stadt, der erhabene Feldberg nebst andern Gebürgen, welche auf selbiger Seite die Stadt gleichsam umschliessen. Südwärts erblicket man den Mayn-Fluß, über demselben unter und auf dem Mühlberge die schönsten Weinberge, lustigsten Gärten, fruchtbaresten Bäume und die daran stossende Wälder: Ferner ist die Lage dieser Stadt wegen der angräntzenden Länder sehr vortheilhafftig. Denn gegen Osten liegt das fruchtbare Franckenland, welches der Stadt Getrayde, Wein, Obst, und insonderheit viel Brenn- und Bauholtz, auch allerhand Steine zum Bauwesen auf dem Mayn zuführet. Gegen Westen rechter Hand liegt das weinreiche Rinckgau; lincker Hand die an Korn, Obst und Wein reichlich gesegnete Pfaltz; gegen Mittag die anmuthige und fruchtbare Bergstrasse, und nach Norden die grosse deutsche Korn-Kammer oder die fruchtbare Wetterau. Was nun der Stadt an Fruchtbarkeit und andern Nothwendigkeiten noch abgehet, das wird derselben aus diesen angräntzenden Ländern überflüßig zugeführet. Es wären von dieser gesegneten Stadt noch viele Merckwürdigkeiten anzuführen; allein beliebter Kürtze halber wollen wir nur noch etwas weniges von ihren Glücks- und Unglücks-Fällen melden. Im Jahr 794. wurde zu Franckfurt die achte allgemeine Kirchen-Versammlung gehalten, welche Carl der Grosse aus Spanien, Franckreich, Britannien, Italien und Deutschland zusammen beruffen hatte, und fast aus 300. Bischöffen bestund. Hadriani des ersten Gesandten waren selbst zugegen, und der Kayser praesidirte dabey. Es wurde auf demselben die Lehre der Adoptianer als eine Ketzerey, und die Anbetung der Bilder nebst dem Nicänischen Concilio verworffen; iedoch deren Gebrauch zum Gedächtniß und Zierrath erlaubet, Im Jahr 1233, vermachte ein dasiger Bürger, Nahmens Baldemar, sein an der Brücke gelegenes Haus der Kirche zu Arnsperg, woher der noch daselbst befindliche Arnspergerhoff seinen Nahmen bekommen. Im Jahr 1352. wurde der im Jahr 1318. confirmirte Stadtfriede geändert, und zwischen dem Rath und der Gemeinde ein Vergleich aufgerichtet. Im Glafey (h) findet man ein Registrum Registrandorum Caroli IV. worinnen dieser Kayser, und zwar im Jahr 1360. der Stadt Franckfurt erlaubet, gegen ein gewisses jährlich zu bezahlendes Geld Juden aufzunehmen. Von diesem Gelde solle etwas an Eberharden von Eppenstein und Rudolphen von Sachsenhausen, ein anderer Theil an die Kayserliche Kammer, das übrige aber zu der Stadt besten verwendet werden. Im Jahr 1389. verlohren die Franckfurter zwischen Cronenburg und Prunheim bey Eschborn gegen Ruprechten den ältern, Pfaltz-Grafen bey Rhein, und Hertzogen zu Bayern, gegen Ulrichen von Hanau, gegen Johann Walthern und Francken von Cronenburg eine Schlacht, und wurden ihrer bey 621. gefangen genommen; zu ihrer Erlösung stellte der Magistrat eine Obligation von 73000. Fl. von sich. Im Jahr 1410. erkauffte der Rath von dem damahligen Schöppen, Jacob Heller das Haus zur Violen, und legte eine Bibliotheck darinnen an. Diese wurde im Jahr 1624. durch die von Johann Hartmann Bayern Med. Doct. & Phys. Ordin. darzu legirte nicht wenig vermehret. Im Jahr 1668. vereinbarte man sie mit der damahls im Römer befindlichen. Im Jahr 1690. kauffte der Magistrat des Schöppens Maximilian Zum jungens in fünf tausend Bänden bestehende Bibliotheck für 3500. Gülden darzu, und ließ das zu derselben bestimmte Zimmer im Kastenhofe auf achzig Schritte erweitern, wie auch mit Bildhauer- und Mahler-Arbeit treflich auszieren. Als eine Seltenheit wird allda der alte im Jahr 1516. zu Basel gedruckte Hebräische Psalter betrachtet, den D. Luther fleißig gebrauchet, und worein er hier und da etwas eigenhändig hinzu geschrieben hat. Im Jahr 1728. ist ein in Quart gedruckter Catalogus Bibliothecae publicae Moeno-Francofurtensis heraus gekommen, und im Jahr 1729. erhöhete man die dasigen Repositoria. Im Jahr 1459, Feria III. post Joan. Baptist. wurden die Franckfurter vor Hanau geschlagen. Im Jahr 1533. wurde das Allmosen-Kasten-Amt gestifftet, und im Jahr 1679, den Pflegern desselben anbefohlen, die Haus-Armen in blau oder roth Tuch zu kleiden, solche Kleidung aber mit einem Adler zeichnen zu lassen. Den 28. Febr. im Jahr 1616. wurden Vincenz Fettmilch, Lekkuchenbecker, Conrad Schoppen, ein Schneider, und Conrad Gerngroß, ein Schreiner, nebst ihren Helffershelffern, wegen Empörung und Unruhen, indem sie sogar den Rath abgesetzet, die Stücken auf den Wall geführet etc. hatten, zur Execution gezogen. In der Dönges- oder Thönges-Gasse, auf der Stelle, wo ehedessen obigen Fettmilchs Behausung gestanden, so aber nach seiner Hinrichtung geschleiffet worden, stehet noch das Pedal von der steinernen Schand-Säule, worauf in einer Schrifft die Verbrechen und Straffen dieses Fettmilchs und seiner Spießgesellen zu lesen gewesen. Ihre Köpffe wurden abgeschlagen, und an dem Brücken-Thurm auf eiserne Spitzen gestecket, wovon auch noch einer allda zu sehen ist. Im Jahr 1644. wurde das Armen- und Waysen-Haus gestifftet, worzu einer Nahmens Johann Schmidt das erste Capital herschoß. Den 4/14. August im Jahr 1658. wurde zu Franckfurt von Chur-Mayntz, Trier, Münster, von Christoph Bernhard von Galen, von dem Könige in Schweden und andern Potentaten zu Erhaltung ihrer Gerechtsamen, sonderlich aber der deutschen Freyheit und des Westphälischen Friedens eine Defensiv-Allianz geschlossen, in welche Franckreich den 16/26. December auch mit eingeschlossen wurde. Den 7. September im Jahr 1578. Nachmittags wurde die neue Stadt-Reformation vor dem Römer, vor der St. Catharinen-Pforte, [1827] vor dem neuen Hospital, bey dem Lumpen-Brunnen und zu Sachsenhausen bey der St. Elisabeth-Kirche durch Jacobum Pancratium, Stadtschreiber und Hieronymum Speiser, damaligen Obrist-Richter ausgeruffen, und öffentlich bekannt gemacht. Den 1. Jul. im Jahr 1642, gab sie Georg Jacob Schütz I. C. in Duodez heraus, und dedicirte sie dem Magistrat unter folgendem Titul: Jus Francofurtanum ad Moenum Reformatum succincte delineatum. Im Jahr 1671. wurde die Haupt-Wache auf dem Heumarckte, welche sonst neben der Heu-Wage gestanden, neu gebauet, und im Jahr 1729. die jetzige besser gegen die Catharinen-Pforte über aufgeführt, worauf die Wacht den 27. September selbigen Jahres dieselbe zum erstenmahl bezogen hat. Es ließ der Rath auch im Jahr 1672, die ersten Gulden zu 60. Kreutzer müntzen. Den 27. April im Jahr 1676, wurde beym Rath beschlossen, keine Fremde, sondern bloß eingebohrne und Stadt-Kinder in den Rath zu ziehen, welches auch noch bis auf diesen Tag genau beobachtet wird. Zu Anfange des Jahres 1699. wurden die Tractaten wegen der Praetensionen der Madame von Orleans an Chur-Pfaltz, durch den Baron von Wieser, und den geheimen Rath Zachmann, Pfältzischer Seits, ferner durch den Abbè de Tesse von Seiten der Madame zu Franckfurt abgethan, denen der Kayserliche Reichs-Hofrath D. Friedrich von Binder, und der Königlich-Frantzösische Gevollmächtigte Obrecht als Schieds-Leute beywohneten. Den 9. October im Jahr 1704. paßirte der in dem Höchstädter Treffen gefangene Frantzösische General Tallard zu Wasser bey Frankfurt vorbey, und wurde nebst andern bishero zu Hanau gesessenen gefangenen Frantzosen nach Engelland geführt. Den 4. December im Jahr 1705 giengen im Nahmen der löblichen Bürgerschafft Dietrich Stein, Bürger-Capitain, Johann Conrad Weisel, Lieutenant, und Paul Henrici, Fähnrich nach Wien, und hielten daselbst um die Bestätigung ihrer Privilegien, und um eine Kayserliche Local-Commission gegen den Rath an. Den 5. April im Jahr I707. wurde ihnen vermittelst eines Kayserlichen Decrets zur Antwort ertheilet, die verlangte Confirmation oder Bestätigung sey etwas überflüßiges, und gebe nur Anlaß zu Weiterungen. Im übrigen wären die Umstände nicht darnach, auf eine Local-Commission so schwere Unkosten zu wenden. Weil nun unterdessen im Jahr 1706. den 17. April dem Capitain Johann Wilhelm Fritsch in Sachsenhausen, nachdem er sich wegen einer Privat-Sache gegen den Magistrat mit Reden vergangen hatte, die Bürger-Compagnie war genommen worden; und nach Absterben des Capitains jm 8ten Quartier Johann Lorentz Emmels den 15. Mertz im Jahr 1707. Johann Clauer mit Ubergehung des Lieutenants Peter Bischoffs und des Fähndrichs, Johann Ulrich Rückers, wider der Compagnie Willen, als neuer Capitain derselben sollte vorgestellet werden, so drung die Bürgerschafft noch eifriger auf eine Local-Commisson, und wurden von Seiten des Magistrats und der Bürger hierüber viele zum Theil anzügliche Schrifften gewechselt, bis endlich der Kayser im Jahr 1712. beyden Theilen solches bey hoher Straffe untersagte. Den 21. October wurde der Syndicus, Joh. Conrad Sondershausen im Nahmen des Magistrats in dieser Sache nach Wien geschicket; und von Seiten einer löblichen Bürgerschafft reiseten den 2. November Paul Henrici, Joachim Hoppe, und Purgoldt, gleichfalls dahin. Diese kamen den 23. December mit erhaltener Kayserlicher Commission, welche Mayntz und Darmstadt aufgetragen war, wieder zurück. Hierauf langten im Jahr 1713. den 26 Jan. der Ober-Marschall, Graf von Schönborn, als Chur-Mayntzischer Subdelegirter, ferner der Freyherr von Persius, als Darmstädtischer Subdelegirter zu Franckfurt an. Da denn Freytags darauf durch einen Mayntztschen Cantzelley-Bothen das Kayserliche Commissions-Decret im Römer überliefert wurde. Den 10. Mertz machte man auf dem Römer, in der so genannten grünen Stube den Anfang mit der Commission. Den Bürgerlichen Deputirten dabey war zu ihren Auffenthalt die Bau-Stube angewiesen, und sie giengen allemahl Paar-weise in Mänteln aus den goldenen Löwen in den Römer. Den 2. April kamen der Graf Melchior Friedrich von Schönborn-Buchheim, und der Chur-Mayntzische Cammer-Rath und Amtmann zu Verff, zu Untersuchung der Rechnungen an. Den 7. May fand sich auch der Hof-Cammer-Rath Johann Adam von Nendewig ein, und den 26. Julii im Jahr 1715 wurden auf dem Römer in Beyseyn der Subdelegirten Herrn die Acta zusammen gepackt, mit Wachstuch überzogen, und auf einem Ref weggetragen. Da denn nach geendigter Commission ein Bürgerlicher Ausschuß von 51. ansehnlichen Bürgern verordnet worden, welcher seinen Seniorem und Consulenten hat; ausser diesem auch ein Collegium von neun Personen, welche die Neuner genennet werden, und noch eins von dreyen, so man die Dreyer benahmet. Diese müssen durchgehends auf Erhaltung der Bürgerlichen und der Stadt Freyheiten und Gerechtsamen, ingleichen, damit ordentlich Haus gehalten, und richtige Rechnungen geführet werden, Acht haben. Zu diesem Ende befinden sich auch bey allen Einnahmen seit der Zeit gewisse Gegenschreiber, welche alle Ausgaben und Einnahmen, so von dem Magistrat geschehen, in ihre Rechnungen eintragen, und diese mit denen von des Magistrats Seite zur bestimmten Zeit gegen einander halten müssen. Den 24. Jan. im Jahr 1726. wurde die Regierungs-Form in einigen Stücken geändert. Es soll nehmlich die Rathsherren-Wahl hinführo allemahl den 1. Jan. geschehen. Wenn eine Raths-Person abgegangen, solle innerhalb zwey Monathen auf folgende Art eine andere gewehlet werden: Eine iede Banck sollte eine eigene Büchse haben, in welche so viel höltzerne Kugeln zu legen, als Raths-Personen zugegen sind, darunter befinden sich drey übersilberte. Ein ieder greiffet nach seinem Range und Ordnung mit angezogenen Handschuhen in diese Büchse, und ziehet eine Kugel heraus. Diejenigen, so die drey übersilberten Kugeln auf ihrer Banck bekommen, sind sodenn die Wahl-Herren, und machen von allen drey Bäncken zusammen gerechnet, neun Personen aus. Hierauf schwören sie einen gewissen vorgeschriebenen Eid, gehen nachgehends in ein besonderes Zimmer, ernennen drey tüchtige Personen aus der Bürgerschafft, zu künfftigen Raths-Herren, und zeigen solche, nach getroffener Wahl, dem gantzen Rath an. Wenn dieses geschehen, schreibet der Reichs-Schultheiß oder älteste anwesende Schöppe, ieden Nahmen auf einen besondern Zettel, und wirfft solche zusammen in eine Büchse; ferner schreibet er drey Zettel mit No. 1. 2. 3. Denn treten die drey jüngsten Herren auf der zweyten Banck zum Tisch, und ziehen einer nach dem andern den Nahmen, hernach die Numern heraus. Inzwischen werden drey Kugeln, und darunter eine vergoldete in eine andere Büchse von dem ältern Bürgermeister geworffen; welcher nun von diesen dreyen Kugeln die goldene bekannt, dessen Principal, für den er gegriffen hat, wird sodenn Raths-Herr. Hierbey befinden sich drey vormahls von den Quartieren, nunmehro aber auf Kayserliche Verordnung von dem Jahr 1739. von den Ein und funfzigern ernannte Bürger, welche wahrschauen müssen, damit alles richtig dabey zugehe. Wird ein Schöppe erwehlet, so müssen des Tages vorher der Obrist-Richter die Schöppen, und die gemeinen Richter den gantzen Rath auf den folgenden Tag zusammen beruffen. Nach geendigten gewöhnlichen Gebet gehen die Schöppen auf die Referir, wovon Schultheiß und Schöppen über die vergebrachten schrifftlichen Klagen die Urthel abgefasset werden, unterdessen wird die Wahl auf folgende Art vollzogen: Man thut nehmlich in ein darzu verfertigtes Gefässe so [1829] viel Kugeln, als Schöppen gegenwärtig sind, darunter befinden sich sieben übersilberte, welcher Schöppe nun eine solche bekommt, der ist Wahl-Herr. Im übrigen gehet es dabey, wie bey der Raths-Herren-Wahl, zu. Ein gleiches wird bey nahe bey Vergebung aller Raths-Dienste seit erwehntem 1726. Jahre beobachtet. Den 26. Jul. im Jahr 1728. wurde das Consistorium, wie es ietzo beschaffen ist, eingeführet, und früh bey einem ausserordentlich sitzenden Rathe ernannte man desselben Glieder und Beysitzer; auch wurde noch desselben Tages Nachmittags oben im Römer dem Kayserlichen Wahl-Zimmer gegen über die erste Session gehalten. Zu gleicher Zeit beschloß man, daß künfftig hin dasselbe allezeit Dienstags und Donnerstags Nachmittags solle eröffnet werden. Als der Churfürst von Cöln den 29. April im Jahr 1729. von Bonn nach Franckfurt zurück kam, und den andern Morgen früh um fünf Uhr wieder von dannen abreisete, hattte ein Constabler vergessen, eine zehnpfündige Kugel aus dem einen Stück heraus zu ziehen, und wurde solches nicht eher, als beym loßfeuern, gewahr, that aber doch keinen Schaden damit, weil der Chufürst schon eine ziemliche Strecke weg war. Kurtz darauf kam noch eine Kutschen von dessen Gefolge, diese nahm die Kugel mit, und überreichte solche dem Churfürsten zu Königstein. Als Lutherus zu Franckfurt am Mayn gewesen, soll derselbe unter der Catharinen-Pforte in des Barbirers Georg Richters Hause gewohnet haben, wovon noch zum Wahrzeichen über dem Fenster der Stube im andern Stockwerck die mit goldenen Buchstaben eingegrabene Schrifft: GOttes Wort bleibet ewig, zu lesen sey. Doch wird dieses als eine Fabel betrachtet, zumahl da diese Worte noch an vielen dasigen Häusern mehr angetroffen werden, in die Lutherus niemahls gekommen ist. Solchergestallt stehet sein Bildniß an dem Eckhause in der Kannen-Giesser-Gasse gegen dem Pfarreisen über in Stein ausgehauen. Sonst hat die Stadt Franckfurt mit Chur-Mayntz fast zu allen Zeiten, die Regierung des edlen Schönborns ausgenommen, verschiedene Verdrüßlichkeiten gehabt, Im Jahr 1688. ließ der damahlige Churfürst einige Franckfurter Bürger zu Mayntz in Arrest nehmen, weil die Stadt Franckfurt das Mayntzer Marckt-Schiff, so alle Tage kommt, und wieder abgehet, wegen vermutheten untüchtigen Geldes, so durch dasselbe eingeführet werden sollte, hatte durchsuchen lassen, und gleichwohl der Churfürst ein Herr des Mayns seyn will. Ferner ereigneten sich auch zwischen dem ietztregierenden Churfürsten und der Stadt einige Mißhelligkeiten wegen des gemeinschafftlichen Dorffes Niederrode und des Goldsteines. Im Jahr 1631. den 1. November zog der König in Schweden Gustaphus Adolphus mit seiner gantzen zwantzig tausend Mann starcken Armée nach vorher mit dem Rath getroffenen Accord durch diese Stadt. Der Einzug geschahe durch Sachsenhausen über die Brücke mitten durch die Stadt, und zum Bockenheimer-Thor wieder hinaus auf Höchst zu. Den zwantzigsten dieses Monaths kamen Ihro Königliche Majestät wieder dahin, und traten in Braunfels ab. Als aber im Jahr 1635 die Stadt Franckfurt gleich andern Ständen des Reichs zum Pragerischen Friedens-Schluß getreten war, erzeigte sich der Schwedische Obriste Johann Vitzthum von Eckstätt, gewesener Commandante in Sachsenhausen, gegen dieselbe sehr feindselig, und brachte fremde Völcker vermittelst Leitern auf die Brücke. Den 1. August nahm er die Thürme zu Sachsenhausen ein, und den zweyten des Sonntags ließ er das Affenthor mit Gewalt aufschlagen, und den Succurs einziehen. Nach diesem setzte er Schantz-Körbe auf die Brücke, und steckte den 5. August die künstliche Brücken-Mühle in Brand. Darauf bekam der Rath von dem Grafen von Gallas, Kayserlichen General-Lieutenant, Hülffe, indem den 7. August bey fünf tausend Mann, unter dem Commando des Obristen Wilhelms, Freyherrn von Lamboy, und des Obristen Andreä Matthiä von Kehraus in die Stadt einzogen. Diese beschossen folgendes Tages die Stadt Sachsenhausen gegen der Fahr-Pforte über mit halben Carthaunen, und legten eine Bresche zum Sturm. Hierauf wurde Sonntags den 9. August gegen Abend Sturm gelauffen, und fast alles bis an die Kirche eingenommen, wiewohl in dem dreystündigen Gefechte von sechs bis neun Uhr viel Volcks geblieben war. Montags als den zehnten fieng man an, mehrere Breschen zu machen, und den Ort anzustecken. Als nun bey sechs und zwantzig Häuser in der Asche lagen, muste endlich Vitzthum accordiren. Er wurde zwar auf sein Begehren den eilfften auf Gustavusburg begleitet; sein Regiment aber muste er zurück lassen, welches von dem General-Wachtmeister Lamboy in Kayserliche Dienste genommen wurde. Diese Stadt ist auch öffters mit Feuers-Brünsten heimgesuchet worden. Wie denn nicht allein die Juden-Gasse, wie droben gedacht worden, im Jahr 1711. völlig, und im Jahr 1725 der dritte Theil davon hinweg gebrannt; sondern es entstund auch im Jahr 1719. den 26. Junii in der Bockgasse bey einem Westlichen nach Norden wehenden Winde eine so entsetzliche und grausame Feuers-Brunst, daß innerhalb fünfzehn bis sechszehn Stunden vier hundert und siebenzehn Häuser, sammt der Antoniter- jetzigen Capuciner-Kirche, dem Bornheimer-Thurm, und den Augspurger-Trierischen- und Engelthaler Höfen in die Asche geleget wurden. Der damahls verursachte Schade wurde über etliche Millionen geschätzet. Die Häuser hat man nachhero alle schöner, aber meistentheils von Holtz, aufgebauet. Im Jahr 1726. entstund der für die Gelehrten und Buchhändler so schädliche Brand in der Schappelburg. Wir beschliessen nunmehro diese Beschreibung der Stadt Franckfurt mit dem Lob-Spruche, der bey I. A. S. (i) zu finden ist:
In freta dum fluvii current, dum montibus umbrae
Lustrabunt convexae; polus Sidera pascet;
Semper honos nomenque tuum laudesque menebunt.
So lang Neptunus wird zum Maynstrohm Wasser giessen;
So lang der Sternen Printz um dieses Rund wird gehn;
Und auf den Erden-Ball die heitern Blicke schiessen;
So lange soll dein Ruhm, mein liebes Franckfurt, stehn.
Inzwischen ist von Franckfurt noch zu melden, daß am 8. August im Jahr 1744. um 1. Uhr Mittags die Ratificationen des zwischen Ihro Kayserlichen Majestät Carls des Siebenden, dem Könige von Preussen, dem Chur-Fürsten zur Pfaltz, und dem Könige von Schweden, als Landgrafen zu Hessen-Cassel, daselbst geschlossenen Unions-Recesses, zu dessen Beytritt auch alle übrige Reichs-Stände eingeladen worden sind, würcklich ausgewechselt worden. Laut diesem wollte man 1) die Kayserliche Würde handhaben; 2) die Königin von Ungarn nöthigen, Bayern, und die Ober-Pfaltz zu räumen; auch 3) es dahin zu bringen, daß dem gantzen Reiche die Entscheidung der Oesterreichischen Erbfolge überlassen werde; und 4) die Waffen nicht eher niederlegen, bis Ihro Kayserliche Majestät, wegen Dero Anforderung an das Haus Oesterreich, völlige Gnugthuung verschaffet worden. Was dieser Unions-Tractat gewürcket, und wie viel dadurch ausgerichtet worden, solches ist jedermann bekannt; zudem endigte er sich selbsten auch durch das Absterben ersterwehnten Kaysers Carls des Siebenden, welcher vom Jahr 1742. bis 1744 zu Franckfurt residiret, und im Jahr 1745. [1831] zu München gestorben. Denckw. Antiqu. des Neckars. Hübn.Geogr. III. Th. Der Reisende Deutsche. Univ. Lex.
- (a) in seiner Hessischen Chronick, p. 170.
- (b) Sub dato 4. Nonar. Decembris.
- (c) Epist. 13. p. 178.
- (d) in not. ad P. Ab Andio Lib. II. c. 5. in verb. Bull.
- (e) in seiner Dissert. jurid. polit. de Jur. publ. p. 444.
- (f) in seiner Italiän. Reise-Beschr. p. 87. und 88.
- (g) p. 52.
- (h) Anecdotis S. R. I. Historiam & Jus publicum Illustrantibus Tom, I. No. 166.
- (i) in seiner kleinen Franckfurther Chronick p. 83.