Holztriften durch die Partnachklamm

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Textdaten
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Autor: B. R.
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Titel: Holztriften durch die Partnachklamm
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 573, 579–580
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[573]

Holztriften in der Partnachklamm.
Nach dem Leben gezeichnet von R. Reschreiter.

[579] Holztriften durch die Partnachklamm. (Zu dem Bilde S. 573.) Den herrlichsten Besitz unsrer Alpenländer bilden die Wälder, welche in breiten Zügen die mächtigen Rücken der Bergriesen bedecken. Fast das ganze Jahr hindurch klingt die Axt und knirscht die Säge, und wie Donner hallt es bald da, bald dort auf den Höhen, wenn ein Hundertjähriger, von den Holzknechten bezwungen, zu Boden stürzt.

Ist aber schon die Arbeit des Holzfällens eine außerordentlich schwierige und mühevolle, so erfordert der Transport der Stämme bis zu den Verkehrsstraßen im Thale noch ungleich mehr Aufwand von natürlichen und mechanischen Hilfsmitteln. Wo es das Terrain gestattet, hilft man sich durch Anlage von Rutschbahnen, sogenannten Holzriesen, auf starkgeneigten Grasflächen oder holzfreien Waldblößen, wo die Stämme zu Thal gleiten. In den meisten Berggegenden ist es aber möglich, irgend einen wilden Bergstrom zu zwingen, die Last auf seinem Rücken bergab zu tragen. Meistens nimmt ein solcher Wildbach seinen Ausgang zu Thal durch riesige Felsschluchten. Wo er sich nun in eine solche Schlucht stürzen will, wird sein Bett erweitert und gefestigt, so daß es eine Art Sammelbassin bildet, welches man „Klause“ heißt. Im Frühjahr, wenn infolge des Schneeschmelzens und starker Niederschläge die Wasser von allen Seiten dem Bergstrom zufließen und diesen anschwellen lassen, öffnet man die Klausen. Die dort angesammelten Holzmassen werden dann von dem brausenden Strome mit fortgetragen über Fälle und durch Schluchten, und diese Art, das Holz zu Thal zu bringen, wird „triften“ genannt.

Ein derartiger Triftgang befindet sich in unmittelbarer Nähe der Eisenbahnstation Garmisch-Partenkirchen im bayrischen Hochland. Tausende von Alpenreisenden durchwandern alljährlich die dort gelegene Partnachklamm, um sich an der wilden Schönheit dieser imposanten Felsschlucht zu erfreuen.

Mit Staunen betrachtet man die riesigen, turmhohen Felswände, welche eine dämonische Gewalt auseinandergerissen zu haben scheint, um dem brüllenden Bergwasser den Durchzug zu ermöglichen. Ein Fußpfad führt über die Höhe dieser Klamm, sowie ein Holzsteg unten durch dieselbe, welche das eigentliche Operationsfeld für die beim Triften beschäftigten Holzarbeiter ist. Von dort aus müssen die Unregelmäßigkeiten, die sich fortwährend unter dem schwimmenden Holz zeigen, beseitigt werden. Schwimmen kann man aber eigentlich den Vorgang nicht mehr nennen. Die Scheite, Blöcke und Stämme hüpfen, tanzen, springen und überschlagen sich in dem [580] schäumenden Strudel, sie verrennen sich hier in eine Felsenecke, dort hängen sie sich an eine seichte Erhebung oder sie verstricken sich unter sich selbst zu einem wirren Haufen, der aufgelöst werden muß. Die stämmigen Holzarbeiter verstehen es vortrefflich, mit langen Stangen, an welchen scharfe Eisenhaken befestigt sind, alle diese Unordnungen zu beseitigen; aber es gehören eine erstaunliche Kraft, eine bewunderungswürdige Gewandtheit und eine Ausdauer sondergleichen dazu, diese Titanenarbeit zu bewältigen; nicht selten ist es nötig, bis an den Hüften in der eisigen Flut stehend die kühne Arbeit zu vollbringen. Eine gegenseitige Verständigung der Arbeiter ist nicht möglich; jeder muß selbst wissen, wie und wo er anzupacken hat; denn das Brüllen des Wassers, das Donnern der fallenden Holzmassen übertäubt jeden Laut aus der menschlichen Kehle. Unsere Abbildung vergegenwärtigt uns den Vorgang sehr naturgetreu; sowohl die Scenerie als auch die in so eigenartiger Weise beschäftigten Menschen fesseln unser Interesse in hohem Grade; die Elementargewalt, die aus dem Naturschauspiel spricht, wie die Urwüchsigkeit der Alpenbewohner, die eine so außerordentliche Arbeit zu leisten vermögen, zwingen uns zur Bewunderung. B. R.