Hong-Kong

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Autor: Joachim Ringelnatz
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Titel: Hong-Kong
Untertitel:
aus: Reisebriefe eines Artisten, S. 110, 111
Herausgeber:
Auflage: 5.–9. Tausend
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1928 (EA 1927)
Verlag: Ernst Rowohlt
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[110]
HONG-KONG


Ich erhielt heute deinen beleidigten Brief.
Deine Nachschnüffelein kränken mich tief.
Und erstens ist Tay-Fi kein Frauenzimmer,
Dann zweitens treiben es andre viel schlimmer,

5
Und drittens hab’ ich – parteilos betrachtet –

Zwar mit ihr in einem gemeinsamen Zimmer
Im Grand Hotel Discrétion übernachtet,
Doch war überhaupt nur dieses Zimmer noch frei,
Und wie die Betten zunander standen,

10
(Vergleiche die kleine Skizze anbei)

Ist gar kein Grund zu Verdächten vorhanden. –
Im übrigen weißt du: Ich liebe dich sehr.
So lange von dir getrennt zu sein,
Erträgt aber niemand. Ich bin doch kein Stein,

15
Und ich brauche – ganz schroff gesagt: mehr Verkehr.

Alle Männer, auch Frauen, ganz nebenher
Gesagt, alle Völker brauchen dasselbe!
Und diese blöde, luetische, gelbe
Chinesin kommt ernstlich doch nicht in Betracht.

20
Wir haben uns halt mal per Zufall gefunden

Und ein paar anregende Stunden verbracht.
Man kann doch nicht ewig die ausgeschwätzte
Gleiche Gesellschaft und Gegend erleben.

*

[111]

Wenn man alle Münchner nach Preußen versetzte

25
Und umgekehrt. Und auch andererseits,

Etwa die Fakire nach der Schweiz. –
Was würde das Perspektiven ergeben! –
Wollen doch nicht am Alltäglichen kleben.
Großzügig sein! Also zürne nicht mehr. –

30
Du weißt, welche Zeit dein Brief bis hierher

Bei dem miserablichten Dampferverkehr
Gebraucht, und wie lange es wiederum währt,
Bis du endlich meine Rückantwort liest.
Und dann – und ich habe das eben beniest –

35
Ist doch die ganze Affäre verjährt.