Hyperion an Diotima XXXIX
[22-23] HYPERION AN DIOTIMA.
Jezt bin ich minder glüklich. Ich wandere durch diess Land, wie durch Dodonas Hain, wo die Eichen tönten von ruhmweissagenden Sprüchen. Ich sehe nur Thaten, vergangene, künftige, wenn ich auch vom Morgen bis zum Abend unter freiem Himmel wandre. Glaube mir, wer dieses Land durchreist, und noch ein Joch auf seinem Halse duldet, kein Pelopidas wird, der ist herzleer, oder ihm fehlt es am Verstande. So lange schliefs – so lange schlich die Zeit, wie der Höllenfluss, trüb und stumm, in ödem Müssiggange vorüber? Und doch ligt alles bereit. Voll rächerischer Kräfte ist das Bergvolk hieherum, liegt da, wie eine schweigende Wetterwolke, die nur des Sturmwinds wartet, der sie treibt. Diotima! lass mich den Othem Gottes unter sie hauchen, lass mich ein Wort von Herzen an sie reden, Diotima. Fürchte nichts! Sie werden so wild nicht seyn. Ich kenne die rohe Natur. Sie höhnt der Vernunft, sie stehet aber im Bunde mit der Begeisterung. Wer nur mit ganzer Seele wirkt, irrt nie. Er bedarf des Klügelns nicht, denn keine Macht ist wider ihn. |