In eigener Sache (Die Gartenlaube 1894/18)

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Titel: In eigener Sache
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aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 308
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[308] In eigener Sache. Vor einiger Zeit ging uns aus unserem Leserkreis die von Äußerungen lebhafter Entrüstung begleitete Mitteilung zu, daß der Herr Pfarrer Eichhorn in Ansbach von der Kanzel herab vor dem Lesen der „Gartenlaube“ gewarnt habe. Der Fall ist ja an sich nicht der erste seiner Art, sogar nicht einmal der schlimmste. Haben wir doch erst kürzlich von einem anderen Seelsorger in der Würzburger Gegend erfahren, daß er, nicht damit zufrieden, die „Gartenlaube“ von der Kanzel herab zu verdammen, sogar Mittel und Wege gefunden habe, wider Recht und Befugnis Einblick in die Postabonnentenliste seines Ortes zu erhalten – doch wohl zu keinem andern Zwecke, als um die Leser der verfemten „Gartenlaube“ in seiner Gemeinde bei Gelegenheit ihre Unthat entgelten zu lassen. Wir hätten also auch jenen Ansbacher Angriff gelassen übergehen können, in dem Bewußtsein, daß er uns ebensowenig schaden würde wie die andern. Weil aber aus den Zuschriften unserer Leser eine so lebhafte Erregung und Beunruhigung sprach, so baten wir den Herrn Pfarrer Eichhorn um Aufklärung über den Sachverhalt und über die Gründe, die ihn zu seinem Vorgehen bestimmt hätten.

Die Antwort, die wir daraufhin erhielten, bestätigte zunächst die Thatsache jenes Angriffs, und zwar führte der Herr Pfarrer näher aus, daß er die „Gartenlaube“ genannt habe als Typus einer Lektüre, die „den Weltsinn stärke und von Gott abziehe – auch ohne direkte Polemik gegen den christlichen Glauben durch den gottentfremdeten Geist, aus dem sie stamme“. Allerdings könne er „in Bezug auf die letzten zwanzig Jahre aus eigener Erfahrung nicht sprechen, da er in dieser Zeit selten mehr ein illustriertes Blatt zur Hand genommen habe“.

Das ist nun die Kampfweise! Man verdammt, ohne zu hören, man verwirft, ohne zu prüfen!

Wenn man über die „Gartenlaube“ öffentlich zu Gericht sitzen will, dann ist es doch die nächste und einfachste Forderung der Billigkeit, daß man auch wisse, was darin steht, und daß man nicht auf Grund von beiläufigen Erinnerungen aus früheren Jahren sein Urteil fälle.

Hätte der Herr Pfarrer die „Gartenlaube“ wirklich gelesen, unparteiisch und ohne Vorurteil, dann wäre ihm vielleicht eine Ahnung davon aufgegangen, daß sie doch auch eine sittliche Aufgabe in der Welt zu erfüllen hat und erfüllt, daß der Same von Bildung und Wissen, den sie jahraus jahrein in Millionen von Exemplaren ausstreut, Früchte trägt, die kein Einsichtiger und Billigdenkender, welches Glaubens er auch sein möge, verachten wird. Herr Pfarrer Eichhorn würde, wenn er die „Gartenlaube“ gelesen hätte, auch davon etwas bemerkt haben, daß dieses „gottentfremdete“ Blatt zur Linderung von Not und Elend auf der Welt schon gar viel beigetragen, manchem Verkannten die gebührende Anerkennung verschafft, manchen Verlorenen der Heimat und den Seinen wieder zugeführt hat! Und wir dürfen hoffen, daß er dann minder eilig gewesen wäre mit seinem Verdammungsurteil.