In einer Kindervolksküche zu Berlin
[180] In einer Kindervolksküche zu Berlin. (Zu dem Bilde S. 165.) Ein lukullisches Mahl im feinsten Speisehause kann nicht größere Befriedigung hervorrufen, als sie auf den Gesichtern der Kinder zu lesen steht, die sich allmittäglich in den Berliner Kindervolksküchen zu ihrem Näpfchen Hausmannskost einfinden. Ach, wie viele sind darunter, die ohne diese von mildthätigen Menschen ins Werk gesetzte Beihilfe selten oder nie des Mittags zu einem warmen Bissen kämen! Es fehlt daheim das Geld für Feuerung, oder Vater und Mutter arbeiten irgendwo an weit entfernter Stätte, von der sie über Mittag nicht nach Hause zurückkehren können, und niemand ist da, der den kleinen Würmern ein ordentliches Essen besorgt. Da ist denn in Berlin der „Verein für Kindervolksküchen“ in die Lücke getreten. Er hat bis jetzt zwei Kinderspeiseanstalten gegründet, die eine im Herzen der Stadt in der Klosterstraße, die andere im Norden, in der Stralsunderstraße; eine dritte im Osten soll so bald als möglich folgen. Die Anstalt in der Stralsunderstraße, die unserem Zeichner als Vorlage für seine bildliche Darstellung diente, versorgt z. B. täglich etwa 800 Kinder mit Mittagsbrot. Etwa 500 essen in Abteilungen von 40 bis 60 in der Anstalt selbst, und zwar völlig umsonst, die übrigen, die nicht ganz so bedürftig sind, bekommen um einen geringen Preis ihre Portion mit nach Hause. Bei der Auswahl der kleinen Kostgänger gehen dem Vereine die Rektoren der Volksschulen und andere mit den Verhältnissen der betreffenden Bezirke vertraute Gemeindebeamte zur Hand, so daß ein Mißbrauch der so hervorragend wohlthätig wirkenden Einrichtung nicht zu fürchten ist. In der That verdient der Verein eifrigste Förderung seitens der Behörden und aus allen Kreisen der Bevölkerung. Denn was kann man den armen Kindern Besseres mitgeben für den harten Kampf ums Dasein als einen guten Schulsack und – einen kräftigen Körper. Der aber ist nicht möglich, wenn es an der Grundlage fehlt, einer gesunden ausreichenden Ernährung.