J. C. Braun, Reichenbach, Werkzeugmaschinenfabrik und Eisengießerei
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Dieses bedeutende Etablissement, das in Sachsen innerhalb seiner Branche mit an erster Stelle genannt zu werden verdient, ist das Werk eines schlichten Mannes aus dem Handwerkerstande und seiner Söhne. Sein Begründer ist Herr Joh. Christ. Braun sen. (geb. 1800), der einst als bescheidener Handwerksbursche im Vogtlande einwanderte und sich zuerst in Limbach, sodann in Netzschkau als Zeug- und Messerschmiedemeister selbständig machte. Die Vorzüglichkeit der von ihm gelieferten Waren erwarb ihm sehr bald einen ausgebreiteten Ruf; seine Frau half wacker im Geschäft mit, und als die Söhne – sechs an der Zahl – nacheinander heranwuchsen und dem Vater als fleißige, verständnisvolle Mitarbeiter an die Hand gingen, konnte man an eine Erweiterung des Betriebes denken. Derselbe wurde 1848 nach Reichenbach verlegt und daselbst ein eigenes Grundstück erworben. Vom Jahre 1849 an datiert dann die Begründung einer eigentlichen Firma, denn von da an wandelte sich der handwerksmäßige in einen Fabriksbetrieb um. Größer und größer wurden die Aufträge. 1851 mußte bereits eine separate Werkstätte gebaut werden, es wurde eine Supportdrehbank mit Schwungradbetrieb angeschafft. Die Spinnereien und Färbereien der Umgegend wandten sich bei nötig werdenden Reparaturen an die aufblühende Firma und 1852 kehrte der eine Sohn, der in Chemnitz als Maschinenbauer gelernt und gearbeitet hatte, ins Vaterhaus zurück, um im Geschäft mit thätig zu sein. Bald machte sich die Notwendigkeit eines eigenen Fabrikgebäudes geltend und so schritt man denn im Jahre 1856 zum Bau eines solchen. Dasselbe – damals schon mit einer 50-pferdigen Dampfmaschine – sollte den Grundstock bilden zu jenem stattlichen, von vier Straßen begrenzten Fabriketablissement, das unser Bild heute zeigt. Vorläufig wurde nur der eine untere Saal in Gebrauch genommen, die übrigen drei vermietet. Nunmehr erweiterte sich das Arbeitsgebiet der Firma ganz bedeutend. Es wurden Transmissionen und landwirtschaftliche Maschinen gebaut zunächst für Vergrößerung des Betriebes auch Supportdrehbänke und Hobelmaschinen und nur vereinzelt für fremde Abnehmer geliefert. Schon 1863 richtete darauf der rastlos vorwärts strebende Mann, von seinen Söhnen wirksam unterstützt und ihnen ein nachahmungswertes Beispiel gebend, eine Eisengießerei ein, die ihn in stand setzte, auch solche Maschinen herzustellen, bei denen schwierigere Gußstücke in Frage kamen. Im Jahre 1865 wurde sodann das Etablissement durch ein Tischlereigebäude [Ξ] und ein technisches Bureau vergrößert, sowie die Aufstellung weiterer Maschinen größten Genres bewerkstelligt und der Bau größerer Supportdrehbänke und Hobelmaschinen und anderer WerkzeugMaschinen mit Erfolg in Angriff genommen.
Bald nachher, 1867, zog sich der Begründer der Firma in den wohlverdienten Ruhestand zurück, das Geschäft seinen beiden Söhnen, den Herren Ferdinand Eduard und Friedrich Heinrich Braun überlassend. Beide machten nun den Bau von Werkzeugmaschinen für Eisen- und Metallbearbeitung zu einer Spezialität des Etablissements. Sie waren Fachmänner im besten Sinne des Wortes, dabei von früh bis abends thätig und verwandten vor allem mit Erfolg ihre in England gemachten reichen Erfahrungen. Es gelang ihnen, die geschäftlich ruhigen Jahre 1868 und 1869 nutzbringend auszubeuten, das Kriegsjahr 1870 ohne wesentliche Störung zu überdauern und mit vollen Kräften die für die Maschinenfabrikation glänzenden Konjunkturen der darauf folgenden Periode von 1871/74 auszunutzen, wobei ihnen ihr Geschäftsprinzip: „Beste Konstruktion bei vorzüglichstem Material“ erfolgreich zu statten kam. Heute erstreckt sich das Absatzgebiet der Firma auf Deutschland, Österreich, Rußland, Frankreich, Italien, Südamerika usw.
Es würde zu weit führen, der Entwicklung der Fabrikanlage bis zum Großetablissement Schritt für Schritt zu folgen. Nur die Hauptstadien sollen hier Erwähnung finden. Von Jahr zu Jahr erweiterte sich der Kundenkreis der Firma, trotzdem dieselbe prinzipiell nicht annoncierte, auch keine Reisenden aussandte, sondern nur durch die Vorzüglichkeit ihrer Erzeugnisse sich ihr Renommee erwarb. Dieselben wurden auf allen von ihr beschickten Ausstellungen prämiiert. Mit den zunehmenden Aufträgen vergrößerte sich auch ihr Produktionsgebiet. So nahm sie 1876, nachdem der eine Chef von der Weltausstellung zu Philadelphia zurückgekehrt war, die Fabrikation amerikanischer Spezialmaschinen auf; der aufblühende Eisenschiffbau veranlaßte sie ferner, die hierzu erforderlichen schweren Eisen- und Blechbearbeitungsmaschinen herzustellen, und bald lieferte sie ganz oder teilweise die Ausstattung für die größten in- und ausländischen Schiffswerften. Dieser neue Zweig ihres Betriebes machte anderseits wieder (1880) den Bau einer großen Montierungs-Werkstätte von 10,5 m Krahnhöhe, mit Laufkrähnen bis 50 000 kg Tragfähigkeit, sowie 1883 die Errichtung einer neuen, großartig eingerichteten Eisengießerei (von 70 m Front und 10,5 m Krahnhöhe) für schwerste Gußstücke erforderlich, zu der drei Jahre später eine weitere Montierungswerkstatt von 65 m Front mit 10 Laufkrähnen, Räume für eine permanente Ausstellung ihrer Werkzeugmaschinen und ein großes dreistöckiges Magazin nebst Niederlagsräumen und eine Dampfhammerschmiederei sich gesellte, so daß das Etablissement nunmehr auf 550 bis 600 Arbeiter eingerichtet und mit 310 größeren und kleineren Werkzeugmaschinen ausgestattet ist. Unter den letzteren befinden sich große, schwerste Doppel-Horizontal-Bohr- und Fräs-Maschinen, hydraulische Hebewerke, Hobelmaschinen, die Stücke von 13,5 m Länge, 3 m Breite und 3,5 m Höhe zu bearbeiten vermögen, Supportdrehbänke mit bis 12,5 m Drehlänge, ferner 26 Lauf- und Drehkrähnen. Die Dampfanlage des Etablissements besteht aus 6 Dampfmaschinen zu 160 Pferdekräften mit 3 Dampfkesseln zu 60 bezw. 110 bezw. 120 □m Heizfläche.
Die Fabrik hat stets ihr volles Arbeitspersonal beschäftigt und nie eine Stunde wegen Arbeitsmangel ihren Betrieb ausgesetzt oder Arbeiter entlassen, auch nie durch einen Streik gelitten. Der größte Teil der Arbeiter ist verheiratet; viele von ihnen sind dreißig und mehr Jahre im Geschäfte thätig. Dabei herrscht ein geradezu patriarchalisches Verhältnis zwischen Arbeitgeber und [Ξ] Arbeiter, auch ist durch eine eigene, seit 1853 bestehende Kranken- und Unterstützungskasse gegen Notfälle vorgebeugt.
Es war eine schwere Aufgabe, angesichts der erdrückenden Konkurrenz in Chemnitz den Werkzeugmaschinenbau im Vogtlande einzuführen, aber die Firma J. C. Braun hat sie glänzend gelöst und noch dazu in einer Zeit weiter und bis zum jetzigen Großindustriebetrieb durchgeführt, die nicht gerade günstig für die Werkzeugmaschinenbranche lag. Aber die richtige Erkenntnis der Herren Gebrüder Braun, daß der deutschen Maschinenfabrikation bei den seit den siebziger Jahren so wesentlich erhöhten Löhnen und verkürzten Arbeitszeiten vor allem bessere Werkzeug-Maschinen notwendig seien, die geeignet, mehr als bisher die menschliche Handarbeit zu ersetzen, die Produktion wesentlich zu vermehren und die Herstellungskosten zu vermindern, war die Triebfeder zur Verbesserung ihrer älteren Konstruktionen und Herstellung ganz neuer Systeme von Werkzeugmaschinen, die denn auch allenthalben den verdienten Anklang fanden und der Fabrik regelmäßigen Absatz für das In- und Ausland sicherten.
Und wie so beide Inhaber die eigentliche Seele ihrer ganzen Fabrikation bilden und im persönlichen regelmäßigen Verkehr mit der Maschinenbau-Welt deren Wünsche und Nutzanwendung allseitig kennen lernten, so benutzten sie auch die Besuche sämtlicher modernen Weltausstellungen bis zur Columbia World’s fair Chicago zum eifrigen Studium, zur Verbesserung und Veredelung ihrer Erzeugnisse. Angesichts dieser Summe von Thatkraft, Fleiß und Intelligenz darf es nicht Wunder nehmen, wenn die Fabrikate der Firma J. C. Braun auf der höchsten Stufe der Vollkommenheit stehen. Diese Thatsache hat selbst seitens der hohen Staatsregierung Anerkennung gefunden, denn außer dem Herrn Geheimrat Böttcher und dem Herrn Minister v. Metzsch hat auch Se. Majestät König Albert schon 1884 dem Etablissement die hohe Ehre seines Besuchs erwiesen und den beiden Besitzern in huldvollen Worten seine Anerkennung über die erfolgreiche Einführung des Werkzeugmaschinenbaues in seinem Vogtlande ausgesprochen.
Als präsumtive Nachfolger im Besitze der Firma sind die beiden ältesten Söhne der beiden derzeitigen Chefs zu betrachten, welche im Geiste der Väter erzogen, geprüfte Ingenieure und bereits jetzt als Prokuristen bezw. Geschäftsleiter thätig sind. Dieselben befinden sich zur Zeit zu Studienzwecken ebenfalls in Amerika und der Weltausstellung Chicago.
Wir schließen hiermit unseren Bericht und rufen der Firma J. C. Braun für ihr ferneres Blühen und Gedeihen ein herzliches „Glück auf“ zu.