Jean Paul Richter
Jean Paul Richter.
Die dem Volk in diesem Blatt bereits vorgeführten Schilderungen der Persönlichkeit zweier seiner edelsten Freunde, die von Gervinus und die „des alten Arndt,“ veranlassen mich, bis jetzt noch nicht veröffentlichte Beiträge zur Schilderung eines Mannes hier niederzulegen, der, wiewohl er zur Zeit dem eigentlichen Volke noch wenig bekannt und zugänglich geworden, dasselbe doch so tief im Herzen getragen als irgend einer unserer berühmten Landsleute; denn, unmittelbar aus demselben hervorgegangen, hat er es in der glänzendsten Epoche seines Lebens und Wirkens nie verläugnet, selbst als die vornehme Welt um sein Lächeln buhlte und ihn ausschließlich für sich in Anspruch zu nehmen suchte.
Ich sah Jean Paul zum erstenmale in Dresden als Student während der Osterferien 1822, als derselbe zu einem Frühlingsbesuche in das schöne Elbthal gekommen war, meine Familie ihm die Wohnung daselbst eingerichtet und, da seine Frau mit den Kindern in Baireuth zurückgeblieben war, während seiner Anwesenheit für seine gewohnten häuslichen Bedürfnisse sorgte. –
Es war auch damals und dort, wo er für mich die herzliche Theilnahme faßte, welche er mir bis auf seinem Todbette bewahrt hat, und die Veranlassung dazu ist zu charakteristisch für ihn, als daß ich dieselbe nicht an die Spitze dieser neuen Darstellung seiner Persönlichkeit stellen sollte.
Einer seiner Schwäger, mein Oheim somit ebenfalls, war August Mahlmann, der bekannte Dichter der so schönen Umschreibung des Vaterunsers und des satyrisch-burlesken Schauspiels Herodes vor Bethlehem. Derselbe, zugleich nach meines bereits 1805 verstorbenen Vaters Tode zu meinem und meiner Geschwister Vormund ernannt, war seitdem, namentlich in Folge des Besitzes der in den Kriegsjahren von 1813 Hauptquelle der Nachrichten vom Kriegsschauplatze gewordenen Leipziger Zeitung nicht nur ein sehr reicher, sondern, unter Anderm als Meister vom Stuhl der Leipziger Freimaurerloge, auch ein sehr einflußreicher Mann geworden. Dies glänzende Emporkommen und die mehr oder weniger offiziellen Verhältnisse, zu denen er dadurch gelangt, hatten ihm eine gewisse ängstliche Berücksichtigung dessen, was damals für gesellschaftlichen Anstand galt, aufgedrungen, und er wollte solchen auch von seinem Neffen und Mündel, für dessen spätere Versorgung er thätig zu sein allerdings geneigt war, auch während dessen Universitätsjahre beobachtet wissen. So hatte er mir sein Haus in der Weise geöffnet, daß ich wöchentlich zweimal an seinem Familientische aß, und wir hatten so lange im besten Vernehmen mit einander gestanden, als ich, von dem eigentlichen Studentenleben unberührt geblieben, in meinem Aeußern nichts von der gewöhnlichen Sitte Abweichendes an mir hatte. Ein gegen Ende des ersten Halbjahres in Halle gemachter Besuch hatte jedoch, da ich dort meine ehemaligen Schulfreunde in der auch von Arnold Ruge damals besuchten, zur „Deutschen Quelle“ umgetauften Resource gefunden, eine förmliche Umwälzung in mir hervorgebracht. Als ein ganz veränderter Jüngling nach Leipzig zurückgekommen, hatte ich namentlich meine Halsbinde weit von mir geworfen und war, ohne Arges zu ahnen, mit bloßem Halse und einem übergeschlagenen weißen Kragen zu Tisch zu dem Verfasser des Herodes von Bethlehem gegangen. Doch so wie ich in sein Zimmer getreten, hatte mich derselbe mit Vorwürfen deshalb überhäuft, daß ich es wage, „in einem solchen Aufzuge“ zu ihm zu kommen, hatte mir erklärt, wie ich an seinen Tisch nicht gelassen werden könnte, wenn ich nicht sogleich eines seiner mir dargereichten Halstücher umlegte, und ich hatte da augenblicklich das Haus des reichen und einflußreichen Vormundes verlassen; ein völliger, nie wieder geheilter Bruch war die Folge davon gewesen.
Dieser Bruch war nun von meiner Familie Jean Paul mitgetheilt worden, und als er mich in seine Wohnung beschieden, um mein Sein und Wesen näher zu prüfen, hatte er zuvörderst die umständliche Erzählung des Halstuchereignisses verlangt. So wie ich der Zumuthung gedacht, ein solches augenblicklich im Beisein des Vormundes anzulegen und dann mit demselben bei ihm zu essen, hatte sich Jean Paul von seinem Sitze mit der im fast drohenden Ton ausgesprochenen Frage erhoben:
„Und Sie haben es doch nicht umgebunden?“ Erst als ich erwiederte: „O nein!“ hatte er sich beruhigt wieder auf das Sopha zurückgelehnt mit den Worten: „Das hätte Sie ja auch erwürgen müssen?“ – Und von diesem Augenblicke hatte ich an ihm einen väterlichen, tief in meinen Lebensgang eingreifenden Freund.
Zu jener Zeit war Jean Paul schon seinem sechzigsten Jahre nahe und die frühere hagere Gestalt mit dem offenen Halse und den zopflosen flatternden Haaren – welche ihrer Zeit das Aergerniß der ganzen [369] Stadt Hof im Voigtlande gewesen (und deshalb seine Entrüstung über das was mir Aehnliches widerfahren), – hatte längst schon einer gewissen Rundung in Antlitz und Körper Platz gemacht, die mehr einen Braumeister als einen Dichter, ja wohl, wegen der schlichten und bequemen Kleidung, einen Landwirth aus dem südlichen Deutschland angedeutet hätte. Jedoch was bei näherer Betrachtung dieser Gestalt unverkennbar den Stempel des Genius und des hochherzigen Menschenfreundes aufdrückte, das waren die überaus hohe und gewölbte Stirn, die feingebogene Nase und besonders ein überaus feiner und kleiner Mund, um welchen ein so gutmüthiges und wohlwollendes Zauberlächeln spielte, daß namentlich Frauen oft auf den ersten Anblick unwiderstehlich wie von einem Magnet zu ihm hingerissen wurden. Von einer solchen magischen Wirkung dieses Lächelns war ich auch damals in Dresden Zeuge.
Eines Tages nämlich ward er von uns zu einer, einen Weinberg zwischen Dresden und Meißen bewohnenden Familie geführt, deren Hauptzierde zwei geistreiche und anmuthige Schwestern waren. So wie er nur in das Zimmer getreten, mit jener unendlich edlen Kopfverbeugung, die er sich den Großen gegenüber angeeignet und bei welcher er keinen Zoll seines Rückgrates krümmte, so daß der in all seiner Würde hoch aufgerichtet vor ihnen stehen blieb, – in demselben Augenblick flog die jüngere beider Schwestern mit ihren Lippen an die seinigen. Es sei ihr unmöglich gewesen, so entschuldigte sie nachher die etwas zu rasch erschienene Bewegung, einen solchen Himmel überschwänglicher Menschenliebe in einem Antlitz zu sehen, ohne sich gewissermaßen in ihn hineinzustürzen.
Und auch auf die heftigsten und rohesten Menschen übte, wie wir schon in Dresden mehrfach erfuhren, seine bloße Gegenwart oft eine wahrhaft magnetische Wirkung. Ich gedenke unter Anderm eines Briefes meiner Mutter an die Frau Jean Pauls über die Vorkommenheiten des damaligen Besuches in Dresden. Er war in einer Art von Garten-Pavillon, in den Anlagen der Neustadt gelegen, untergebracht worden, und dessen Eigenthümer wegen der jähzornigen Behandlung seiner Frau in der ganzen Nachbarschaft berüchtigt. Diese arme Frau hatte goldene Tage, so lange sie Jean Paul zum Miethsmanne hatte. „Ein wildes Thier von Ehemann,“ schrieb da unter andern ähnlichen Zügen meine Mutter, „ist sanft geworden, wie ein Lamm, seit er in seinem Hause wohnt.“ – In der That gab er grade in dieser Wohnung einen sehr merkwürdigen Beweis von der in ihm wohnenden magnetischen Kraft, die er durch vielfältige Beschäftigung mit dem animalischen Magnetismus in sich entdeckt. Einige wenige Striche von seiner Hand linderten augenblicklich meiner jüngsten, mitten in einer Nacht zu ihm geführten Schwester ein Uebel, das ihr bis dahin entsetzliche Schmerzen verursacht hatte.
Auch sonst war der damalige Aufenthalt Jean Pauls sehr reich an sein eigentlichstes Wesen bezeichnenden Vorfällen; denn so reich und verschwenderisch in der Austheilung von Liebe er war, wo er solche und edle Gesinnung fand, so streng, ja so grausam zeigte er den innerlich erzürnten Menschen, wo er Unlauteres und Unedles zu bemerken glaubte. So haßte er damals besonders Adolf Müllner, weniger wegen der ihm verderblich erscheinenden Tendenz seiner Schicksalstragödien als wegen der von ihm in seiner Mitternachtszeitung damals wieder an die Tagesordnung gebrachten bissigen und boshaften literarischen Streitigkeiten. Müllner, während Jean Pauls Anwesenheit nach Dresden kommend, war zu ihm geeilt in seidenen Strümpfen, Schuhen und kurzen Beinkleidern, und erhielt eine sehr trockne, für immer ihn abweisende Antwort auf seine Anmeldung. Noch schlimmer erging es Mahlmann, der ausdrücklich nach Dresden geeilt war, um seinen Schwager zu begrüßen, wiewohl er dessen Anwesenheit bei Familientafeln und Parthien dulden mußte.
Die in den Fächern seiner Bücherregale aufgehäuften Papierstöße strotzten von Beweisen des Eindrucks, welchen seine in seinen Schriften überall so klar hervortretende Persönlichkeit auf seine Leser bis in die entferntesten Gegenden von Deutschland hervorgebracht. Kaum ist es je vor ihm und nach ihm wieder da gewesen, daß eine so große Anzahl von Lesern und Leserinnen in Herzensangelegenheiten, bei Familienkummer und Zwisten, bei Zweifeln über eine zu wählende Laufbahn oder über das wirkliche Vorhandensein eines Talentes und aus ähnlichen rein persönlichen Beweggründen sich an einen Schriftsteller gewendet, mit jenem unbedingten Vertrauen, welches die katholische Lehre den Gemeinden zu deren Beichtvater vorschreibt. Und stets unterzog er sich der Aufgabe, ein persöhnlicher Rathgeber seiner Leser zu sein, mit einer, durch keine Zudringlichkeit erschöpften Geduld; überall griff er tröstend, beruhigend, mildernd ein, oder mit zürnender Strenge Immoralitäten oder Ungerechtigkeiten zurückweisend. – Eines Tages war ich zugegen, als ein Mann aus der Umgegend herbeikam, um ihn von einer Beschwerde zu unterhalten, die er gegen das Landgericht hatte, und ihm die Eingabe mitzutheilen, die er einzureichen sich vorgenommen. Die letztere war fast das Werk eines Unsinnigen: so ungeschliffen, so drohend war sie gehalten. Gar Mancher hätte einem solchen Bittsteller die Thüre gewiesen; doch nichts beschreibt die Milde, die Sanftmuth, mit welcher er dem Wüthenden das Zwecklose und Widersinnige des beabsichtigten Schrittes vorhielt. Aus einem Briefe meiner Tante, die mich dabei wohlgefällig beobachtet, ersah ich später, wie mein ganzes Gesicht vor Freude geleuchtet und von bewunderndem Mitgefühl für einen solchen Berather. – Von jungen Dichtern, die sich in wahrer Verzweiflung mit ihrem Erstlingsprodukte und mit der Erzählung einer Jugendgeschichte mit tragischem Ausgange an ihn gewandt und von ihm tröstend aufgerichtet wurden, nenne ich nur Ernst Große, der später Griechenlieder mit Heinrich Stieglitz herausgegeben. Von den Ehepaaren, die ihre Zwistigkeiten vor seinen Richterstuhl brachten und von seinem schiedsrichterlichen Ausspruche die Wiederherstellung ihres häuslichen und Herzensfriedens erwarteten, ist mir besonders eines zweier Gatten in Königsberg in Preußen im Gedächtniß geblieben.
Bei mündlichen Berathungen vermehrte der Ton [370] seiner Sprechstimme um Vieles den besänftigenden Eindruck seines Wortes. Derselbe war in seiner Milde nicht nur ganz das Echo der Milde seiner Seele, sondern erhielt auch noch etwas Trauliches mehr durch einigen Anklang an den voigtländisch-baierischen Dialekt, wie z. B. Mound für Mond. War man, wie ich, nur Haus- und Tischgenoß, so fühlte man sich um so leichter bei ihm einheimisch, als er nie in seiner Lebensweise sich wesentlich von der frugalen und einfachen Gewohnheit seiner dürftigen Jugendjahre entfernte. Er aß nur die gewöhnlichste landübliche Hausmannskost, und was namentlich sein vorgebliches ungebührliches Weintrinken betrifft, so war das zu seiner Zeit eine der unverständigsten Verleumdungen, die je über einen bedeutenden Mann verbreitet worden sind.
Die anspruchslose Einfachheit aber, mit welcher Jean Paul in den schönen und in seinem „Siebenkäs“ für alle Zeiten verherrlichten Umgebungen von Baireuth umher wandelte, rief selbst der bekannte Nachfolger Hegels, der damalige Rector Gabler, der mit mir an dem offnen, von Fackeln umgebenen Grabe des Dichters stand, den Anwesenden in die Erinnerung zurück, hindeutend auf den Blumenstrauß im Knopfloch des schlichten Hausrockes, auf die Jagdtasche mit Manuscripten, mit Büchern, dem Schreibzeug und einigem Mundvorrath, während Ponto, sein weißer Pudel, sein beständiger Gefährte in dem Hause, wo er die Aufmerksamkeit seines Herrn mit dessen Laubfröschen und Canarienvögeln theilte, so wie außer demselben freudig vor ihm hersprang.
So zog namentlich an dem ersten schönen Frühlingstage Jean Paul zu jener, auch in weitern Kreisen schon bekannten Frau Rollwenzel, einer sehr schlauen Bauerfrau, die gar bald inne geworden, welchen Vortheil sie, gegenüber den nach Baireuth kommenden Fremden, von dem Umstande ziehen konnte, daß „der Herr Legationsrath – bekanntlich ein vom Herzog von Hildburghausen dem Dichter gegebener Titel – in ihrem, am Ende der nach der Eremitage führenden Allee gelegenen Schankhause ein Stübchen gemiethet, wo er den Rücken des geliebten Fichtelgebirges und den Colm bei Neustadt, wo sein frommer Großvater gestorben, ganz vor Augen hatte und wohin er arbeiten ging. Freilich unterhielt er sich oft und gern mit der dicken, untersetzten und sehr rothbäckigen Wirthin, die oft, nach der Weise der dortigen Gebirgsbewohner, allerlei originelle und komische Bemerkungen im Landesdialect machte. Indeß war es aber die Landleuten oft sehr eigenthümliche Schlauheit bei ihr, wenn sie dem Fremden zu verstehen geben mochte, daß Jean Paul so oft ihrer Person wegen dort seinen Arbeitstisch aufgeschlagen. Es war nur der Anblick auf das Gebirge, den er am Besten aus dem Stübchen in ihrem Hause gewann, der ihn dazu vermochte; und hier bietet sich denn die natürliche Gelegenheit, an einem von mir selbst erlebten, von mir herbeigeführten, ja für meine ganze Lebensrichtung entscheidend gewesenen Vorfall darzulegen, welcher Naturanbeter Jean Paul war und welche magische Wirkung die bloße Wortbeschreibung großartiger, von Andern empfundener Natureindrücke auf ihn machen konnte.
Es war Ende Juni 1825, als ich, von einer in die Schweiz gemachten Fußreise zurückkommend, wieder vor den so geliebten Bergen und Hügeln, dem Schneeberge im Fichtelgebirge und dem Sophienberge vor Baireuth stand. Wie immer bei meinem Erscheinen bei ihm, sammelte ich mich eine Zeitlang vor der Stadt, ehe ich hinein und auf sein Haus zuging, zumal diesmal, wo ich ihn kaum vor fünf Wochen auf meinem Hingange nach der Schweiz erst gesehen. So ließ ich die erhabendsten der eben erst erblickten Naturbilder vor meiner Seele vorübergehen. Zwei derselben hatten einen besonders tiefen Eindruck in mir hinterlassen. Als ich nämlich von einer vorspringenden Anhöhe im Badischen die Alpenkette in der Ferne zum erstenmale und dieselbe wie mit den Wolken zusammenfallend gesehen, hatte ein fast physischer Schmerz meine Brust auseinandergerissen, als ob das plötzlich auf sie eindringende Riesenbild mit Gewalt sich darin erst Platz machen müsse. Den andern Hauptaugenblick meiner Alpenfahrt hatte mir die Rigikuppe gewährt, wo ich die Nacht geblieben war, um dem Sonnenaufgang dort beizuwohnen. Ich ward dabei auf das Schönste begünstigt. Während nämlich die bereits aufgehende Sonne die Spitzen der Gletscher noch vergoldete, hatte der Mond noch am Himmel geweilt und sich im Vierwaldstättersee wiedergespiegelt. Der Eindruck dieser großartigen Scene war so überwältigend gewesen, daß ich ihm fast erlegen und mich in das Rigihäuschen hatte zurückziehen müssen.
Die Seele erfüllt von solchen Bildern, war ich Abends in die Familienstube eingetreten, fand dort Jean Paul, von den Seinigen umgeben, auf dem Sopha sitzen, und fuhr erschreckt von seinem Anblick zurück. Während meiner fünfwöchentlichen Abwesenheit war eine erschütternde Veränderung mit ihm vorgegangen. Ohne daß man es noch muthmaßte, hatte die allmälige Auflösung seiner Kräfte, die vier Monate später schon vollendet sein sollte, ihre Verheerung bereits begonnen. – Er war erstaunlich abgemagert und sein Auge bereits so verloschen, daß er sich vorlesen lassen und seine Briefe diktiren mußte, dieselben nur noch mühsam mit seinem Namen unterzeichnend. Doch bei der lebhaften, enthusiastischen Rede, mit der ich Alles von ihm ausströmen ließ, was ich in der Seele trug, bei den erhabenen Naturbildern, die ich bei ihm vorüberführte, richtete er sich, wie wundersam gestärkt, immer mehr empor, er, der nie die so heiß ersehnten Alpen und die italischen Seen seines Albano zu sehen vermocht, er so vorzugsweise der Verherrlicher des Frühlings! Kaum hatte ich so eine halbe Stunde unter den Seinen gesessen, als er plötzlich Punsch verlangte. Lautes Jubelgeschrei seiner Kinder ertönte bei diesem Verlangen. Dasselbe war immer das Anzeichen höchster Herzensbefriedigung gewesen, und es war so lange her, daß er ein solches Verlangen nicht geäußert!
Und von diesem Abende an beschloß Jean Paul, mich für die Dauer seines Lebens an seiner Seite zu haben. Nachdem ich noch ihm seine damaligen Bedenklichkeiten bei einer ihm angetragenen Herausgabe seiner sämmtlichen Werke beseitigt und ihn dazu ermuthigt, erhielt ich, nach Dresden zurückgereist, sehr bald von [371] ihm folgende, auf jenen Abend meiner Alpenerzählung hindeutende Zeilen:
- „Was Sie auf dem Stuhle gesäet und ich auf dem Canapee, fängt schon an zu grünen, und meine sämmtlichen Werke sollen daraus hervorgehen. Meine Frau wird Ihnen sagen, in wie weit Sie ferner dabei eine hilfreiche Hand leisten können. Möge Ihr Leben immer mehr Ihrer Alpenreise gleichen, wo die Mühen ebenso zu den Schönheiten gehörten, als die Aussichten auf den Berggipfeln.“ Ihr Jean Paul Fr. Richter.
Gewiß, dies hochherzige, milde, so oft zu den Sternen aufblickende Wesen hat die Erde leicht gefunden, als die Stunde, sie zu verlassen, ihm bald darauf schlug.