Joachim Heinrich Campes Geburtshaus
[428 a] Joachim Heinrich Campes Geburtshaus. In demselben Jahre wie Pestalozzi, dessen Gedächtnis im Januar des laufenden Jahres begangen wurde, ist auch sein ihm vielfach geistesverwandter Mitstreiter auf dem Gebiete pädagogischer Reformen, J. H. Campe, zur Welt gekommen. Am 29. Juni vor 150 Jahren wurde er in Deensen, einem kleinen Dorfe bei Holzminden, geboren. Von Hause aus ein Bauernkind, gleich manchem anderen deutschen Manne, der späterhin ein großer Geist ward, nahm er mit der ganzen Frische eines naiven Gemütes die Zeitströmungen der Aufklärung und des „Philanthropismus“ in sich auf. Er ward einer der bedeutendsten Vertreter des letzteren und war als solcher praktisch thätig in Dessau, Hamburg und Braunschweig. War Basedow Bahnbrecher, Salzmann das edelste Glied dieser Schule der „Menschenfreundlichkeit“, so war Campe deren fruchtbarster Schriftsteller und damit überhaupt der Begründer unserer Jugendlitteratur. Wir alle sind noch mit Columbus, Cortez und Pizarro dahingesegelt über den Ozean in Campes „Entdeckung von Amerika“, um uns, neben Coopers Lederstrumpferzählungen, aus ihr unsere kindlichen Vorstellungen über das Land der roten Rasse zu holen. Und unsere Kinder wissen alle bis auf den letzten kleinen Mann von ihrem „Robinson dem Jüngeren“ zu erzählen, dem Campe geradezu die gesamte Kinderwelt erobert hat; in alle Kultursprachen ist seine Bearbeitung von Daniel de Foes „Robinson“ übersetzt worden, die noch täglich neue Leser findet. Sein schriftstellerischer Erfolg kam Campe auch materiell zu gute. Er gründete die heute noch bestehende „Schulbuchhandlung“ in Braunschweig, die seine Bücher verlegte.
In einen anderen, ebenso bedeutenden Erfolg teilt sich Campe mit den übrigen Philanthropen; er bestand in der Beseitigung der damaligen finsteren und mechanischen Unterrichtsmethode durch eine naturgemäße und freundliche Art des Unterrichtens: „Die Schulstuben sollen zu heiteren Sitzen der Gesundheit, des Frohsinns und der Liebe gemacht werden.“ Wie Pestalozzi diese segensvolle Reformation für die breiten Massen des Volkes durchführte, so that es der Philanthropismus für die Begüterten, der damit den späteren „Pädagogien“ und „Instituten“ die nun allgemein anerkannten Grundsätze einer humanen Erziehung übermittelte. Die umfassende Sorge für das körperliche und geistige Wohl der Jugend, die warme und begeisterte Menschenliebe, welche zu jedem persönlichen Opfer für den Fortschritt der Menschheit an das Ziel der Glückseligkeit ständig bereit war, der heilige und reine Glaube an die Macht des Guten bildeten das Ideal, welches seine Wirksamkeit allezeit leitete. Eine Abbildnng seines ländlichen Geburtshauses wird heute gewiß vielen willkommen sein. Auf der nebenstehenden Ansicht ist es dasjenige Haus, vor welchem die Personen und Pferde stehen.