Königgrätz
(Prolog, gesprochen am 12. Juli 1866[1].)
Sie höhnten uns, sie glaubten es zu dürfen;
Was Langmuth war, sie nahmen’s hin als Schwäche,
Sie warfen uns, zerdeutelt und zerrissen,
Versprechen und Verträge vor die Füße,
„Laßt uns was unser sein muß, nehmt das Eure,“
Da drohten sie: „Versucht’s, wir sind am Platz;
Es kost’t euch Schlesien und die Grafschaft Glatz.“
Das war zu viel. Es klang zurück die Antwort:
Und nieder von den Bergen Schlesiens, Sachsens,
Auf Wegen, die der Ruhm uns vorgezeichnet,
An Stätten hin, die Siegesnamen tragen,
In Böhmens Kessel stieg das Preußenheer.
In Tag und Jahren, die nun rückwärts liegen,
Hat drin die Junihitze schon gebraut,
Doch solche Wetter, wie sie jetzt sich thürmen
Und Tag um Tag sich grollender entladen,
Bei Podoll – Mondlicht lag auf allen Feldern –
Zerbricht wie Glas die eiserne Brigade;
Bei Nachod, in drei Tage langem Ringen,
Hält Löwe Steinmetz seine Beute fest;
Stürmt Friedrich Karl[3] die Straße von Gitschin.[4]
In sieben Tagen. „Wird der Sieg uns bleiben?“
So zwischen Furcht und Hoffnung ging die Frage;
Da, wo die Elbe, die sich nordwärts windet,
Auf kurze Strecke wieder südwärts fließt,
Auf weitem Feld, umstellt von Hügelkuppen,
Bei Festung Königgrätz entbrennt die Schlacht.
Von Altmark, Magdeburg, die Regimenter,
Thüringsche Bataillone, dicht geschlossen,
Sie folgen unter Hurrah, – all’ vergeblich;
Sie dringen vor, sie jubeln und sie fall’n,
„Wo bleiben sie?“ Es fragen’s nicht die Lippen,
Es fragt’s nur still das Herz. Da, horch von Westen,
Und nun von Osten her in raschen Schlägen,
Roll’n unsre Preußendonner durch die Luft.
„Das ist das achte Corps! das sind die Garden!“
Und rechts und links des Feindes Flanke fassend,
So reichen jetzt zwei neue Preußenheere
Dem dritten über’s Schlachtfeld hin die Hand.
Er sieht die Schale sich für Preußen neigen,
Und sieh, zum letzten Stoße, der entscheidet,
Erklingt sein Aufruf jetzt: „Nun, Manstein[6], vor!“
Ein Hurrah ist die tausendstimm’ge Antwort,
Anrücken all’ die Düppel-Bataillone,
Es fällt kein Schuß, die Glieder halten Richtung.
Bunt wird das Feld von aufgelösten Massen,
Ein wirrer Knäul, Alles häuft sich, drängt sich;
„Jetzt ist es Zeit!“ und in die flieh’nden Massen
Einhau’n die Unsern. Welch ein Spiel von Farben!
Hier schwarz und weiß die Fähnlein der Ulanen,
Hier roth und weiß die Zietenschen Husaren, –
Ein glänzend Schauspiel, glänzender der Sieg.
Ja, Sieg! Er hat die Herzen uns erhoben,
Er gab uns viel, – er hat auch viel genommen;
’nen Schleier über Noth und Tod und Wunden;
Es ziemt uns nicht, das Elend hier zu malen,
Es ziemt uns nur zu trösten und zu lindern.
In Tod zu gehn war unsrer Brüder Pflicht,
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Die Schlacht vom 3. Juli 1866 bei Königsgrätz war die Entscheidungsschlacht des Deutschen Krieges und der Sieg Preußens über Österreich hat die weitere politische Entwicklung Deutschlands in großem Maße beeinflußt (Wikipedia).
- ↑ Eduard Clam-Gallas (1805–1891), (Wikipedia).
- ↑ Friedrich Karl von Preußen (1828–1885), (Wikipedia).
- ↑ Podol, Nachod und Gitschin waren Austragungsorte von Schlachten des gleichen Krieges.
- ↑ Wilhelm I. von Preußen (1797–1888), hatte den Oberbefehl über das preußische Heer (Wikipedia).
- ↑ Albrecht von Manstein (1805–1877), führte die Reserve der 1. Armee (Wikipedia).