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Kind, halte dich gerade!

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Textdaten
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Titel: Kind, halte dich gerade!
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 47, S. 808
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[808] Kind, halte dich gerade! Wie oft hört man nicht diese Mahnung aus dem Munde der Eltern, deren heranwachsende Kinder gebückt einhergehen und den Kopf hängen lassen, als ob sie eine schwere Last aus ihrem Rücken trügen! Das Kind zuckt bei dieser Mahnung zusammen, richtet sich empor und eine Weile ist die Haltung wieder gut, aber nach wenigen Augenblicken läßt die Willenskraft nach und wir haben wieder die nachlässige schlaffe Haltung vor Augen, welche so unschön aussieht und zu manchen Leiden den Grund legen kann.

Die Freiübungen des deutschen Turnens bieten eine ganze Anzahl von Uebungen, durch welche solche Kopfhänger in schmucke, schlanke Menschen umgewandelt werden können, und eine namentlich, der „Zehenstand“, verdient wegen der Einfachheit eine besondere Beachtung.

Die Uebung wird bekanntlich derart ausgeführt, daß aus dem Stande auf der ganzen Sohle die Fersen und damit der ganze Körper gehoben werden. Der Körper ruht alsdann nur auf den Zehen und Fußballen, wie dies unsere beistehende Abbildung andeutet. Die Fersen sind möglichst hoch zu heben, der Körper ist gestreckt aufrecht und ruhig zu halten. Dies erzielt man aber am besten, wenn man den Uebenden ein leichtes nicht zu fest liegendes Kissen oder dergleichen auf dem Kopfe tragen läßt.

In dem trefflichen Buche „Hausgymnastik für Gesunde und Kranke“, von E. Angerstein und G. Eckler (Berlin 1888, Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin) wird in dieser Beziehung eine interessante Beobachtung eines älteren Autors mitgetheilt. „Ich habe in einem Kloster,“ heißt es darin, „noch ein anderes Mittel bei Kostgängerinnen anwenden gesehen, welche den Kopf hingen. Die Vorsteherin desselben ließ sie nämlich verschiedene Arten von Spielen spielen und schlug ihnen auch, ohne sich ihre Absicht merken zu lassen, vor, einen runden Ball oder einen anderen leicht abrutschenden Gegenstand so auf dem Kopfe zu tragen, daß diejenige, welche den Ball im Gehen fallen ließe, den Gesetzen des Spieles zufolge ein Pfand gäbe. Man hat mir versichert, daß diese Methode allezeit mit einem guten Erfolg angewendet worden sei; denn diese Kinder gewöhnten sich dadurch, daß sie sich in diesem Spiele übten, bald, den Kopf gerade zu tragen.“

Schlechte Angewohnheiten lassen sich am besten durch derartige erziehliche Mittel beseitigen, bei denen ja die Kinder so zu sagen spielen und Freude empfinden, ohne etwas von Rüge und Tadel zu merken.

Es giebt noch eine ganze Reihe von Freiübungen, welche gebückte Haltung verhüten können, und wer Interesse daran hat und seinen Kindern und Pflegebefohlenen Abwechslung bieten möchte, dem rathen wir, in dem obenerwähnten Buche „Hausgymnastik“ die betreffenden Abschnitte nachzulesen. Dasselbe bietet eine Anweisung für jedes Alter und Geschlecht, durch einfache Leibesübungen die Gesundheit zu erhalten und zu kräftigen, sowie krankhafte Zustände zu beseitigen. Die Hausgymnastik ist überhaupt ein überaus wichtiges Mittel zur Hebung unserer Gesundheit und wir möchten allen denjenigen, die den Turnvereinen fern stehen, empfehlen, wenigstens zu Hause zu turnen.
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