MKL1888:Abel
[26] Abel (Hebel, d. h. Hauch, Hinfälligkeit, vielleicht verwandt mit assyr. hablu, Sohn), der zweite Sohn Adams und Evas, der von seinem ältern Bruder, Kain, erschlagen wurde (1. Mos. 4, 16). Die einfache biblische Erzählung, welche als Motiv des ersten Mordes die neidische Mißgunst angibt, die Art der Ausführung aber nicht näher beschreibt, ist durch die spätere Dichtung der Rabbinen, des Korans und christlicher Erzähler vielfach, zum Teil nicht ohne poetischen Geist, ausgeschmückt worden. Den Ort der Ermordung Abels zeigt man noch jetzt 120 km von Damaskus und nicht weit davon sein Grab. Die christlichen Gnostiker machten aus A. einen vermenschlichten Äon, Ebel oder Siva, d. h. glänzender Hauch.
Abel, 1) Jakob Friedrich von, philosoph. Schriftsteller, geb. 9. Mai 1751 zu Vaihingen an der Enz in Württemberg, seit dem 21. Jahr Professor der Philosophie an der Karlsakademie, wo er Schillers Lehrer war, wurde 1790 Professor der praktischen Philosophie an der Universität Tübingen, 1793 Pädagogiarch der württembergischen Gymnasien und Schulen, 1825 Generalsuperintendent in Urach, später in Stuttgart und starb 7. Juli 1829 in Schorndorf. Er schrieb im Sinn des vorkantischen Eklektizismus: „Ausführliche Darstellung über die Beweise vom Dasein Gottes“ (Heilbr. 1817); „Philosophische Untersuchungen über die letzten Gründe des Glaubens an Gott“ (2. Aufl., Stuttg. 1820); „Ausführliche [27] Darstellung des Grundes unsers Glaubens an Unsterblichkeit“ (Frankf. a. M. 1826).
2) Joseph, Maler, geb. 1768 zu Aschach in Oberösterreich, bildete sich seit 1782 unter Füger auf der Wiener Akademie und ging 1801 nach Rom, wo er sechs Jahre mit Studien nach Raffael und Michelangelo zubrachte. Nach Wien zurückgekehrt, lieferte er eine Reihe Historienbilder in idealem Stil (Orestes, Prometheus, Sokrates etc.) und Altarblätter (heil. Ägidius in der Kirche zu Gumpendorf bei Wien). Er starb 4. Okt. 1818 in Wien.
3) Karl von, bayr. Staatsmann, geb. 17. Sept. 1788 zu Wetzlar, Sohn eines Prokurators am Reichskammergericht daselbst, studierte 1806–1809 in Gießen die Rechte, trat 1810 in den bayrischen Staatsdienst, wurde 1819 Regierungsrat in München, 1827 Ministerialrat im Ministerium des Innern und ging 1832 als Rat bei der Regentschaft nach Griechenland, um das er sich in administrativer Beziehung nicht geringe Verdienste erwarb. Infolge der Zwistigkeiten mit dem Präsidenten der Regentschaft, Graf Armansperg, 1834 nach Bayern zurückgekehrt, trat er wieder in das Ministerium des Innern ein, dessen Verwaltung ihm 1837 erst provisorisch, dann definitiv übertragen wurde. Im J. 1840 übernahm er auch die Leitung der Finanzen. In dieser Stellung verleugnete er seine frühern freisinnigen Ansichten und schloß sich immer enger an die Absolutisten und Ultramontanen an. Der Erlaß, welcher die Kniebeugung beim katholischen Gottesdienst auch für die protestantischen Soldaten anordnete, machte den Anfang einer Reihe von Maßregeln, welche die Rechte der evangelischen Kirche und die religiöse Gleichstellung verletzten. Auf dem Landtag von 1839 auf 1840 suchte er namentlich die Verantwortlichkeit der Minister, welche er nur als Werkzeuge des höchsten Willens betrachtet wissen wollte, in den Hintergrund zu stellen und bei jeder Gelegenheit hervorzuheben, daß Bayern nur eine ständische, keine repräsentative Verfassung habe. Hiermit stand es ganz im Einklang, daß er die Bundesbeschlüsse vom 28. Juni 1832 den „mit Übereilung gegebenen süddeutschen Verfassungen“ gegenüber bis zur äußersten Konsequenz durchzuführen und das Steuerbewilligungsrecht des Landtags so gut als wirkungslos zu machen suchte. Seine maßlosen Ausfälle gegen seinen Vorgänger im Amte, den Fürsten von Öttingen-Wallerstein, veranlaßten (11. April 1840) einen Zweikampf zwischen ihm und dem Fürsten, der zwar unblutig vorüberging, aber für beide Teile gleich unangenehme öffentliche Verhandlungen über den Ehrenpunkt zur Folge hatte (vgl. „A. und Wallerstein“, Stuttg. 1840). Seine Verwaltung, die immer entschiedener ultramontane Tendenzen verfolgte, rief nicht nur in der Kammer, sondern auch im Reichsrat die lebhafteste Opposition hervor. Auch König Ludwig wurde gegen ihn mißtrauisch, zweigte 1846 ein besonderes Kultusministerium von seinem Ressort ab, und als A. seine Zustimmung zur Indigenatserteilung an die Tänzerin Lola Montez verweigerte, erhielt er 17. Febr. 1847 in ungnädiger Weise seine Entlassung. Von dem König schon früher mit einem Gute dotiert, erhielt er den Posten eines bayrischen Gesandten zu Turin, wo er bis 1850 blieb. Auf Betrieb der Ultramontanen 1848 in die Zweite Kammer gewählt, sah er sich hier schonungslosen Angriffen ausgesetzt und konnte keinen Einfluß gewinnen. Er zog sich bald darauf vom öffentlichen Leben ganz zurück und starb 3. Sept. 1859 in München.
4) Niels Henrik, Mathematiker, geb. 5. Aug. 1802 im Kirchspiel Findöe im norwegischen Stift Christiansand, bezog 1821 die Universität Christiania, hielt sich 1825–27 im Ausland, besonders in Paris und Berlin, auf, wurde nach seiner Rückkehr Dozent an der Universität und Ingenieurschule in Christiania und 1828 Vertreter Hansteens. Er starb 6. April 1829 auf dem Eisenwerk Froland bei Arendal. Abels Arbeiten betrafen besonders die Theorie der elliptischen Funktionen, die er gleichzeitig mit K. G. J. Jacobi bearbeitete und mit den schönsten Entdeckungen bereicherte. Seine Schriften in französischer Sprache (zuerst 1840, 2 Bde.) wurden neuerlich auf Kosten des Staats und vermehrt von Sylow und Lie herausgegeben (Christ. 1881, 2 Bde.).
5) Otto, Geschichtschreiber, geb. 22. Jan. 1824 zu Kloster-Reichenbach auf dem württembergischen Schwarzwald, widmete sich seit 1842 auf den Universitäten zu Tübingen, Jena, Heidelberg, Bonn und Berlin vorzugsweise dem Studium der Geschichtswissenschaft, für welche unter seinen Lehrern ihn besonders Dahlmann und Ranke begeisterten. Ersterm widmete er seine Erstlingsschrift: „Makedonien vor König Philipp“ (Leipz. 1847), in der er den hellenischen Ursprung der Makedonier nachwies. Die nationale Bewegung des Jahrs 1848 ergriff ihn mächtig, und er gab ihr in einer Schrift: „Das neue Deutsche Reich und sein Kaiser“ (Berl. 1848), in welcher er für das preußische Kaisertum eintrat, lebhaften Ausdruck. Seine schmerzliche Enttäuschung über das Verhalten Friedrich Wilhelms IV. spiegelt die aus seinem Nachlaß veröffentlichte Schrift „Theodat, König der Ostgoten“ (Stuttg. 1855) in ihren Anspielungen auf die Gegenwart wider. Nachdem er den preußischen diplomatischen Dienst, in den ihn der Minister Heinrich v. Arnim gezogen, 1850 verlassen hatte, lebte A. in Berlin als Mitarbeiter an den „Monumenta Germaniae historica“, für die er eine Reihe von schwäbischen Geschichtsquellen der Staufenzeit zum Druck vorbereitete; dann (1851) habilitierte er sich als Dozent der Geschichte in Bonn, erlag aber schon 28. Okt. 1854 in Leonberg einem Brustleiden. A. hatte sich eine umfassende Darstellung der Geschichte Kaiser Friedrichs II., des Staufers, zur Lebensaufgabe gestellt, von der jedoch bei seinem frühen Tod nur die Monographie „König Philipp der Hohenstaufe“ (Berl. 1852), die als Einleitung zu dem Werk dienen sollte, und das posthume vielversprechende Fragment „Kaiser Otto IV. und König Friedrich II.“ (hrsg. von Wegele, das. 1856) erschienen sind, Schriften, die, auf gründlicher Quellenforschung beruhend, A. als einen Historiker kennzeichnen, der mit gründlicher Gelehrsamkeit eine hohe Gabe der Darstellung verband. Von seiner vielseitigen Thätigkeit zeugt seine vortreffliche Schrift „Die deutschen Personennamen“ (Berl. 1853). Von den kleinern Abhandlungen Abels sind hervorzuheben: „Die deutschen Kaiserdynastien und ihre Bestrebungen für die Einheit und Erblichkeit des Reichs“ (in „Germania“, Bd. 1, Leipz. 1851) und „Die Legende vom heil. Nepomuk“ (Berl. 1855), worin er nachweist, daß der Kultus des genannten Heiligen den Böhmen künstlich für Johann Huß untergeschoben sei.
6) Sigurd, Historiker, Vetter des vorigen, geb. 4. Juni 1837 zu Leonberg, studierte in Jena, Bonn, Göttingen und Berlin Geschichte, schloß sich der Waitzschen Schule an, habilitierte sich 1861 in Göttingen, ward 1868 Professor in Gießen, starb aber, schon 1869 schwer erkrankt, 9. Jan. 1873 in Leonberg. Er schrieb: „Der Untergang des Langobardenreichs in Italien“ (Götting. 1859) und „Geschichte Karls d. Gr.“ (Leipz. 1866, Bd. 1, bis 788 reichend).
[1] Abel, 4) Niels Henrik, Mathematiker. Sein Leben beschrieb Bjerknes (in norweg. Sprache; franz. Ausg., Par. 1885).
[1] Abel, 1) Sir Frederic Augustus, Chemiker, geb. 1827 zu London, machte sich als Chemiker des englischen Kriegsdepartements um die Fabrikation der Schießbaumwolle sehr verdient, indem er das von dem Österreicher v. Lenk angegebene Verfahren wesentlich verbesserte. Auch lieferte er Studien über Wesen und Verlauf der Explosionen und brachte die Sprenggelatine in eine handlichere Form. 1883 war er englischer Regierungskommissar bei der elektrischen Ausstellung in Wien, und bei seiner Heimkehr wurde er in den Ritterstand erhoben. Seit langen Jahren ist A. allgemeiner chemischer Ratgeber der Regierung, Beisitzer der Artilleriekommission, Mitglied des Royal Engineers Committee und seit 1889 Präsident des Committee on Explosives. Er schrieb: „Gun-cotton“ (1866); „On recent investigations and applications of explosive agents“ (1871); „Researches on explosives“ (1875); „The modern history of gunpowder“ (1877); „Electricity as applied to explosive purposes“ (1884). Mit Bloxam schrieb er ein Handbuch der Chemie.
2) Karl, Sprachforscher, geb. 5. Nov. 1837 zu Berlin, besuchte das Gymnasium in Frankfurt a. O., studierte in Berlin, München und Tübingen Philologie und Geschichte, machte dann Studienreisen in England, Rußland und Amerika und lebt seitdem als Schriftsteller und Privatgelehrter in Deutschland, meist in Berlin. Vorübergehend dozierte er an der Berliner Humboldt-Akademie über verschiedene Disziplinen der Sprachwissenschaft und in Oxford über indogermanische Bedeutungslehre und war als philologischer Hilfsarbeiter im Auswärtigen Amt in Berlin beschäftigt. Er schrieb außer kleinern Aufsätzen: „Koptische Untersuchungen“ (Berl. 1878, 2 Bde.); „Linguistic [2] essays“ (Lond. 1882); „Sprachwissenschaftliche Abhandlungen“ (Leipz. 1885, erweiterte Bearbeitung des vorigen Werkes); „Slavic and Latin, Ilchester lectures“ (Lond. 1883; daraus übersetzt: „Groß- und Kleinrussisch“, Leipz. 1880); „Einleitung in ein ägyptisch-indogermanisch-semitisches Wurzelwörterbuch“ (das. 1886); „Über Wechselbeziehungen der ägyptischen, indoeuropäischen und semitischen Etymologie“ (1. Teil, das. 1889); „Ägyptisch-indoeuropäische Sprachverwandtschaft“ (das. 1890); außerdem einige völkerpsychologische und politische Schriften. Auf Abels Theorie von dem „Gegensinn der Urworte“ bezieht sich Potts Schrift „Allgemeine Sprachwissenschaft und Karl Abels ägyptische Sprachstudien“ (Leipz. 1886).