MKL1888:Devonische Formation

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Devonische Formation“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 4 (1886), Seite 916917
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Devonische Formation. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 916–917. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Devonische_Formation (Version vom 18.02.2023)

[916] Devonische Formation (nach der engl. Grafschaft Devonshire genannt, auch rheinische Formation, jüngeres Übergangsgebirge, hierzu Tafel „Devonische Formation“), Schichtensystem zwischen der Silur- und der Steinkohlenformation, besteht dem Gesteinsmaterial nach vorwiegend aus Sandsteinen (old red sandstone, alter roter Sandstein der Engländer), Konglomeraten, sogen. Grauwacken, Kalksteinen und Thonschiefern, letztere beiden Gesteine oft in der Weise verknüpft, daß Kalkstein Linsen im Thonschiefer bildet (Flinz, Flaserkalk), welche, der Verwitterung schneller anheimfallend, ein löcheriges Gestein (Kramenzelkalkstein) übriglassen. Untergeordnet eingelagert sind dem Schichtensystem eine Reihe sonstiger Gesteine, darunter manche von großer technischer Wichtigkeit (s. unten). Meist unbauwürdig sind die hier und da vorkommenden Steinkohlenflöze. Die in den Schichten begrabenen Organismen tragen, dem hohen Alter der Formation entsprechend, einen fremdartigen, von der heutigen Schöpfung weit abweichenden Charakter. Dünn gesäet sind die Pflanzenformen: Fucus-Arten, einige Gefäßkryptogamen (Kalamiten, Lepidodendren, Farne), Sigillarien mit ihren Wurzelstöcken, den Stigmarien und Koniferen (letztere namentlich als verkieselte Stämme, Araucarioxylon). Unter den Tierformen sind die Korallen durch mannigfaltige Genera (Cystiphyllum, Cyathophyllum, Pleurodictyum u. a.) vertreten; eine sehr charakteristische und deshalb als Leitfossil besonders geeignete Form ist die Deckelkoralle Calceola sandalina (auf der Tafel mit abgehobenem Deckel dargestellt). Dagegen fehlen die für die silurische Formation so bezeichnenden Graptolithen im Devon gänzlich. Unter den Echinodermen sind die Krinoideen weitaus am zahlreichsten (so Cupressocrinus und Haplocrinus; vgl. Tafel, auf welcher auch eine Blastoideenform, Pentremites, dargestellt ist). Häufig finden sich ganze Schichten erfüllt mit den zu einzelnen Stielgliedern (Entrochiten, s. Tafel) aufgelösten Individuen sowie äußere Abgüsse von Säulenfragmenten samt dem Kanal, welcher die Säule durchzieht (sogen. Schraubensteine). Wie in allen ältern Formationen, sind von den Mollusken die Brachiopoden und Cephalopoden häufiger als die Bivalven und Gastropoden. Von Brachiopoden stellt unsre Tafel eine der häufigsten Spiriferenarten (Spirifer speciosus) und Stringocephalus Burtini dar, letztern auch aufgeschnitten in einer seitlichen Ansicht, um das innere Knochengerüst zu zeigen. Macrocheilus subcostatus und Murchisonia bigranulosa sind Beispiele devonischer Gastropoden. Unter den Cephalopoden, welche außerdem durch zahlreiche Genera verschiedener Aufwickelungsformen mit einfachstem Verlauf der Kammerwandungen (Nautilus-Suturlinien) vertreten sind, ist die abgebildete Clymenia Sedgwickii ausschließlich, Goniatites costulatus wenigstens sehr vorwaltend im Devon entwickelt. Von Krustaceenformen treten die Trilobiten (unsre Tafel stellt die bizarre Form des Arges armatus dar) weniger zahlreich als im Silur auf, dagegen kommt der kleine, zweischalige Krebs Cypridina (Entomis) serratostriata (s. Tafel) in unzähligen Exemplaren in dem nach ihm genannten Schiefer vor. Unter den Fischen ziehen die abenteuerlichen Formen der Asterolepis (Pterichthys) cornutus (s. Tafel) mit ihren Knochenpanzern die Aufmerksamkeit auf sich, während Eucephalaspis Lyelli und Acanthodes den den ältern Formationen eignen Typus der heterocerkalen Ganoideen besonders deutlich erkennen lassen. Endlich bringt unsre Tafel den ganz vereinzelten Fund des Telerpeton Elginense aus dem Old red sandstone von Elgin in Schottland zur Darstellung. Das Tier wird gewöhnlich zu den Labyrinthodonten gestellt und würde der älteste Saurier sein, doch ist die Parallelisierung der Schichten, welchen der Fund entstammt, mit devonischen nicht ganz zweifellos. In der Gliederung der devonischen Schichten läßt sich überall, wo sie vollständig entwickelt sind, eine Dreiteilung durchführen, welche am einfachsten als Unter-, Mittel- und Oberdevon bezeichnet wird. Als Beispiel der nähern Gliederung sei die Schichtenfolge aufgeführt, wie sie sich nach Sandberger und Kayser in Nassau und Westfalen

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Devonische Formation.
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[1] Cypridinen- (Entomis-) Schiefer.
[2] Säulenstücke von Cupressocrinus crassus (Entrochiten), von der Fläche gesehen. (Art. Krinoideen.)
[3] Arges armatus. (Art. Trilobiten.)
[4] Pentremites Schulzi. (Art. Krinoideen.)
[5] Macrocheilus subcostatus. (Art. Schnecken.)
[6] Cypridina (Entomis) serratostriata, stark vergrößert. (Art. Muschelkrebse.)
[7] Eucephalaspis Lyelli. (Art. Fische.)
[8] Acanthodes, restauriert. (Art. Fische.)
[9] Asterolepis (Pterichthys) cornuta. (Art. Fische.)
[10] Goniatites costulatus. (Art. Tintenschnecken.)
[11] Spirifer speciosus. (Art. Brachiopoden.)
[12] Haplocrinus mespiliformis. (Art. Krinoideen.)
[13] Clymenia Sedgwickii. (Art. Tintenschnecken.)
[14] Murchisonia bigranulosa. (Art. Schnecken.)
[15] Stringocephalus Burtini. (Art. Brachiopoden.)
[16] Cupressocrinus crassus. (Art. Krinoideen.)
[17] Telerpeton Elginense. (Art. Eidechsen.)
[18] Calceola sandalina, mit abgehobenem Deckel (a). (Art. Korallenpolypen.)

[917] von unten nach oben unterscheiden läßt. Zum Unterdevon wären zu rechnen der Spiriferensandstein und die gleichalterigen Quarzite im Taunus sowie die Wissenbacher Orthocerasschiefer. Ihnen folgen Grauwackenschiefer (rheinische Grauwacke) mit Eifeler Kalk, Calceolaschiefer, Schalsteine und Stringocephalenkalk als Mitteldevon, endlich Goniatitenkalke, Cypridinenschiefer und Clymenienkalke als Oberdevon. Die geographische Verbreitung der devonischen Formation ist namentlich in Britannien, Rußland und Nordamerika eine sehr große. In Frankreich besitzen die Bretagne und die Normandie, in Spanien Asturien größere Devongebiete. In Deutschland findet die Formation ihre Hauptentwickelung am Unterrhein (vom Taunus an abwärts), in der Eifel (zusammenhängend mit dem Devon Luxemburgs und Belgiens), am Harz, im Fichtelgebirge, untergeordneter in der preußischen Provinz Schlesien und dem benachbarten Österreichisch-Schlesien und Mähren. Die vulkanische Thätigkeit lieferte während der devonischen Periode vorzugsweise Diabase. Ihre stark zersetzten Tuffe, die Schalsteine, sind mit dem übrigen Schichtenmaterial der devonischen Formation durch Wechsellagerung eng verbunden und ihrerseits, besonders in Nassau, Westfalen und dem Harz, mit Roteisensteinen, in Nassau zudem noch mit Phosphoriten verknüpft. An technisch wichtigen Substanzen birgt das devonische Schichtensystem außer den eben citierten Roteisensteinen und den zu landwirtschaftlichen Zwecken in Nassau emsig abgebauten Phosphoriten mannigfaltige Erzlagerstätten: am Rammelsberg im Harz Gemenge von Zinkblende, Kupferkies, Eisenkies und Bleiglanz, in Westfalen und bei Aachen Zink- und Bleierze. Ferner werden die betreffenden Gesteine von Nickel- und Kupfererzen, von Blei- und Manganerzen, von Eisenspat (Müsen bei Siegen), von Zinnstein (Cornwallis) gangförmig durchsetzt. Auch scheint wenigstens ein Teil der großen Petroleumschätze Pennsylvaniens devonischen Schichten zu entstammen. Vgl. Dechen, Über die Schichten im Liegenden des Steinkohlengebirges (Bonn 1850); Römer, Das rheinische Schiefergebirge (Hannov. 1844); F. und G. Sandberger, Beschreibung und Abbildung der Versteinerungen des rheinischen Schichtensystems in Nassau (Wiesbad. 1850–56); Kayser, Studien aus dem Gebiet des rheinischen Devon (Berl. 1870–79).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die Nummerierung der Figuren ist in der Vorlage nicht vorhanden und wurde zur Orientierung eingefügt.