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MKL1888:Fische

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Fische“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 294299
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Wiktionary: Fisch
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Fische. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 294–299. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Fische (Version vom 01.12.2024)

[294] Fische, 1) das zwölfte Zeichen des Tierkreises (♓︎); 2) Sternbild zwischen 3412/3° bis 282/3° Rektaszension und 311/4° nördlicher bis 65/6° südlicher Deklination, nach Heis 128 dem bloßen Auge sichtbare Sterne umfassend, deren hellster dritter bis vierter Größe ist.

Fische (Pisces, hierzu Tafel „Fische I u. II“), im Wasser lebende, kaltblütige Wirbeltiere. Durch die in Flossen umgewandelten Gliedmaßen, die unpaaren Flossenkämme auf Rücken und Bauch, die mit Schuppen bekleidete Haut und die Kiemenatmung ist der Begriff Fisch im allgemeinen scharf umschrieben, seitdem man die früher zu den Fischen gerechneten, niedriger organisierten Rundmäuler (s. d.) und Leptokardier (s. d.) als besondere Gruppen der Wirbeltiere hinstellte. Nur gegen die höher stehenden Amphibien ergibt sich ein Übergang in den Lurchfischen (Dipnoi, s. unten). Die Gestalt der F. ist meist gestreckt, spindelförmig, seitlich zusammengedrückt, seltener ballonähnlich aufgetrieben (Diodon) oder schlangenartig (Aale) oder sogar ganz flach (Rochen). Mit ihr steht die Lebensweise im Einklang, insofern die größte Zahl der F. auf das Schwimmen angewiesen ist und nur wenige auf der Oberfläche des Wassers dahintreiben oder im Sand wühlen oder auf ihm liegen. Die Haut ist weich, locker, glatt und schleimig, nie verhornt, jedoch fast immer mit Verknöcherungen bedeckt, welche in der Lederhaut ihren Sitz haben und auch meist von der Oberhaut überzogen sind. Man unterscheidet von solchen Schuppen (s. d.) verschiedene Arten und benutzt sie vielfach zur Klassifikation der F. In gleicher Weise entstehen die Knochentafeln, welche bei manchen Fischen (z. B. den Stören) den Körper, namentlich aber den Kopf bedecken und sogar zum innern Skelett als sogen. Hautknochen in Beziehung treten. Die vielfältigen, oft prachtvollen Färbungen der Haut werden durch Pigmentablagerungen in der untern Epidermisschicht, häufig durch verzweigte Pigmentzellen (Chromatophoren, s. d.) der Lederhaut hervorgebracht. Letztere enthalten rotes oder schwarzes Pigment und können sich ziemlich schnell zu winzig kleinen, schwarzen oder roten Punkten zusammenziehen, so daß eine vorher [295] schwarz oder rot gefärbte Stelle blaß oder farblos wird. Diese Farbenänderungen sind am auffälligsten während der Laichzeit und beim Kampf (Stichlinge), aber auch die Umgebung, in welcher sich die F. befinden, übt einen derartigen Einfluß aus, so daß sich manche F. in Färbung dem Grund, auf dem sie verweilen, anzupassen vermögen (sogen. chromatische Anpassung). Der sehr verbreitete metallische Glanz verdankt seine Entstehung kleinen kristallinischen Plättchen, welche die hintere Seite der durchsichtigen Schuppen, den Kiemendeckelapparat und die Regenbogenhaut besetzen. In der Haut finden sich allgemein eigentümliche, durch seitliche Porenreihen (Seitenlinien) nach außen mündende Gänge, welche man früher für schleimabsondernde Drüsen, jetzt hingegen für Träger eines eigentümlichen Gefühlssinns hält.

Das Skelett bietet ein besonderes Interesse, weil es noch mit Formen beginnt, welche bei den höhern Wirbeltieren vielfach nur während der Entwickelung auftreten. So ist bei Stören und andern Fischen die Wirbelsäule noch nicht in einzelne Wirbel geteilt und hier sowie bei den übrigen Knorpelfischen noch nicht verknöchert. Aneinander bewegliche Wirbel finden sich erst bei den Haifischen. Auch die Rippen fehlen noch bei einem Teil der F. oder sind vielfach nur unvollkommen ausgebildet; ein echtes Brustbein zur Verbindung derselben auf der Bauchseite existiert nirgends, wird aber zuweilen durch Hautknochen ersetzt. Sehr oft kommen bei den Knochenfischen Y-förmige Knochenstäbe (Fleischgräten) vor, welche durch teilweise Verknöcherung der die Muskeln trennenden Bänder entstehen. Die Wirbelsäule selbst zerfällt in den Rumpf- und den Schwanzteil; nur an ersterm können sich Rippen befinden, letzterer schließt mit der Schwanzflosse (s. unten) ab. Ein besonderer Hals zur Verbindung von Kopf und Rumpf fehlt. Der Schädel ist in einigen Ordnungen der F. noch knorpelig, wird bei den Stören von besondern Hautknochen schützend bedeckt und verknöchert bei den Knochenfischen zum größten Teil, so daß also stets Reste des ursprünglichen Knorpelschädels (des sogen. Primordialkraniums) zurückbleiben. Er zerfällt bei diesen Fischen in viele einzelne Knochenstücke und vereinigt sich innig mit den gleichfalls zahlreichen Gesichtsknochen. Diese zeigen sich in ihrer Grundform (bei den Haien etc.) als ein den Mund umspannender Knorpelbogen, der aus Unter- und Oberkiefer besteht und durch einen besondern knorpeligen Fortsatz des letztern (Kieferstiel) am Schädel befestigt ist. Ähnliche knorpelige Bildungen verbinden sich weiter nach hinten, an der Grenze zwischen Kopf und Rumpf, mit Schädel und Wirbelsäule und stellen die Kiemenbogen dar (sogen. Visceralskelett); sie umgeben die Kiemenspalten, d. h. die Öffnungen in der Haut, welche für die Zirkulation des Atemwassers nötig sind. Auch diese Bogen sind bei Knochenfischen ungemein kompliziert gebaut und mit allerlei Hautknochen zum Schutz der Kiemen in Verbindung gebracht. Die beiden Paare Extremitäten sind ursprünglich knorpelig; die vordern oder die Brustflossen stehen dann mittels eines bogenförmigen Stückes, des Schultergürtels, mit der Wirbelsäule in Verbindung, während bei den Bauchflossen der entsprechende Beckengürtel frei liegt. Mit der Verknöcherung wird der Schultergürtel zugleich komplizierter und befestigt sich am Schädel selbst, während der Beckengürtel seine Lage je nach den einzelnen Fischgruppen ändert. Man unterscheidet so die Bauch-, Brust- und Kehlflossen, je nachdem die hintere Extremität in der Nähe des Afters oder dicht bei der vordern oder sogar noch vor ihr steht; auch können (bei den Aalen) die Bauchflossen gänzlich fehlen. Die Flossen selbst bestehen aus einer Anzahl gegliederter Strahlen und lassen sich nur schwer mit den Gliedmaßen der höhern Wirbeltiere vergleichen. Außer diesen paaren Flossen gibt es auch unpaare: am Rücken und Bauch befinden sich die Rücken-, resp. Afterflossen, die beide wieder in einzelne Abteilungen zerfallen können, und am Hinterende die Schwanzflosse, von sehr wechselnder Gestalt (Genaueres s. bei Flossen). Der Schwanz ist das Hauptbewegungsorgan der F. Die Flossen dienen meist nur dazu, den Körper im Gleichgewicht zu halten und beim Schwimmen die Stetigkeit und Richtung der Bewegung zu sichern. Ein toter Fisch liegt im Wasser auf dem Rücken. Entfernt man Brust- und Bauchflosse der einen Seite oder auch nur die erstere, so fällt der Fisch auf diese Seite; bei Wegnahme beider Brustflossen sinkt er mit dem Kopf nach unten. Werden Rücken- und Afterflossen abgeschnitten, so erfolgt die Vorwärtsbewegung im Zickzack. Das Lenken nach links wird durch einen Schlag des Schwanzes nach rechts und umgekehrt, eine Rückwärtsbewegung durch einen Schlag der Brustflossen nach vorn bewirkt. Die zu allen diesen Bewegungen nötigen Muskeln sind der Hauptsache nach die sogen. Seitenmuskeln, welche sich in vier Zügen zu beiden Seiten der Wirbelsäule vom Kopf bis zur Schwanzspitze erstrecken. Durch quer von der Haut bis an die Wirbelabteilungen des Skeletts tretende, geschwungen verlaufende faserige Bänder werden sie in einzelne hintereinander liegende Muskelscheiben zerteilt. Indem die Muskeln die hintere Partie des Rumpfes und den Schwanz in raschem Wechsel nach rechts und links biegen, erzeugen sie die fortschnellenden Kräfte. Das Spiel der Brust- und Bauchflossen bewirken Muskeln, welche aus der Seitenmuskelmasse an sie herantreten, und solche, welche die einzelnen Skelettstücke der Flossen gegeneinander bewegen. Ebenso dienen besondere Muskeln zur Bewegung der unpaaren Flossen.

Das Nervensystem zeigt sehr einfache Verhältnisse. Das Gehirn bleibt stets klein und füllt die Schädelhöhle bei weitem nicht aus; vom Rückenmark wird es an Masse bedeutend übertroffen. In dieser sowie in manchen andern Beziehungen stellt es einen Zustand dar, welcher von den höhern Wirbeltieren schon im Embryonalleben durchlaufen wird. Die Augen sind meist verhältnismäßig groß und mit einer fast kugelrunden, mächtigen Linse versehen. Augenlider fehlen noch ganz oder bilden doch nur eine unbewegliche kreisförmige Hautfalte; nur die Selachier haben untere und obere Augenlider, oft sogar noch eine Nickhaut. Bei einigen Fischen (Chauliodus, Stomias) sind außer den Augen am Kopf noch eine Reihe ähnlich gebauter Organe am Bauch angebracht, die aber wahrscheinlich als Leuchtorgane dienen. Das Gehörorgan ist noch wenig entwickelt; ein äußeres Ohr fehlt ganz, im innern ist von der Schnecke höchstens eine Andeutung vorhanden. Bei vielen Knochenfischen steht es durch eine Reihe kleiner Knochen mit der Schwimmblase in Verbindung. Das Geruchsorgan besteht aus paaren, blind geschlossenen Nasenhöhlungen; nur bei den Lurchfischen durchbohrt das Nasenrohr den Gaumen und dient hier auch als Respirationsweg zur Regulierung des in die Kiemen eintretenden Wassers. Der nervenreiche Teil des fleischigen Gaumens scheint der Sitz eines wenig entwickelten Geschmackssinns zu sein. Zum Tasten mögen fleischige Lippen und deren Anhänge (Barteln), vielleicht auch die einzelnen aus den Flossen sich lösenden Strahlen dienen, während das [296] Seitenkanalsystem, wie schon erwähnt, einen eigentümlichen Gefühlssinn der Haut vermittelt. Bei einigen Fischen finden sich elektrische Organe (s. Zitterfische).

Die Verdauungsorgane sind vielfach sehr kompliziert gebaut. Die Mundöffnung liegt meist am vordern Ende des Gesichts, seltener (z. B. bei den Haien) an der Unterfläche des Kopfes; zuweilen kann sie röhrenartig vorgestreckt werden. Die weite Rachenhöhle ist meist reich mit Zähnen bewaffnet. Zahnlos sind nur wenige F. (Störe, Seepferde). Meist sind die Zähne an fast allen Knochen der Kiefer, der Mundhöhle und der Kiemenbogen, also bis tief in den Schlund hinein, reihenweise angebracht; gewöhnlich dienen sie nur zum Fangen und Festhalten der Beute und sind darum kegelförmige, gerade oder gekrümmte, glatte oder mit Widerhaken und Zacken versehene Fangzähne und nur selten wirkliche Mahlzähne. Sie bestehen immer aus echtem Zahnbein und sind bei den Haien noch den Stachelschuppen auf der äußern Körperhaut äußerst ähnlich, auch teilweise beweglich, bei den übrigen Fischen jedoch mit den Knochen verwachsen. Von einer Zunge kommen nur Rudimente vor, Speicheldrüsen fehlen. Die Rachenhöhle ist nach hinten durch die Querspalten der Kiemenbogen verengert. Dann folgen meist eine kurze Speiseröhre und ein weiter Magen, der sich nicht selten in einen ansehnlichen Blindsack verlängert. Am Anfang des eigentlichen Darms finden sich häufig blinddarmartige Anhänge in größerer Zahl. Der Dünndarm verläuft meist in gerader Richtung, besitzt innen Längsfalten der Schleimhaut, aber selten Darmzotten, wie bei den höhern Wirbeltieren. Dagegen findet sich im hintern Darmabschnitt der Knorpelfische und Ganoiden eine schraubenförmig gewundene Längsfalte (Spiralklappe). Ein Mastdarm ist nicht immer deutlich unterscheidbar. Zuweilen münden in den letzten Abschnitt des Darms auch noch die Ausführungsgänge der Harn- und der Geschlechtsorgane. Der After liegt meist weit nach hinten, nur bei Kehlflossern und den Knochenfischen ohne Bauchflossen auffallend weit vorn bis an die Kehle. Alle F. besitzen eine große, fettreiche Leber, meist auch eine Gallenblase und eine Bauchspeicheldrüse. Die bei zahlreichen Fischen sich findende vielgestaltige, zuweilen paare Schwimmblase entspricht mit Rücksicht auf die Entstehung den Lungen, liegt am Rückgrat über dem Darm und steht mit dem Innern desselben oder dem Schlunde durch einen Kanal in Verbindung oder ist völlig geschlossen. Ihre Wandung ist äußerst elastisch, zuweilen mit Muskeln ausgestattet, innen glatt oder zellig und dann der Amphibienlunge ähnlich. Bei den sogen. Lurchfischen wird sie geradezu zur Lunge, indem Gefäße mit venösem Blut an sie herantreten und andre Gefäße das arteriell gewordene Blut abführen. Über ihre sonstige Bedeutung für den Fisch s. Schwimmblase.

Die Atmung der F. erfolgt fast immer durch Kiemen (s. d.). Diese liegen am Eingang des Verdauungskanals und bestehen aus Reihen feiner Blättchen, in deren Innerm viele Blutgefäße verlaufen. Sie werden von den knorpeligen oder knöchernen Kiemenbogen getragen und liegen entweder frei in einer einzigen großen Kiemenhöhle, welche durch einen Spalt mit dem umgebenden Wasser kommuniziert, oder sind jede für sich in besondern Taschen untergebracht. Stets gelangt das Wasser durch den Mund hindurch in den Kiemenraum und fließt nach Bespülung der Kiemen nach außen ab. Bei einigen Fischen sind jedoch besondere Einrichtungen in der Kiemenhöhle behufs Atmung von Luft vorhanden; andre atmen zuzeiten mittels der Schwimmblase. Der Kreislauf des stets roten Bluts geschieht innerhalb eines geschlossenen Gefäßsystems. Das weit vorn an der Kehle liegende Herz besteht (bis auf die an die Amphibien sich anschließenden Lurchfische) aus einem dünnwandigen, weiten Vorhof und einer sehr kräftigen, muskulösen Kammer. Ersterer nimmt das aus dem Körper zurückkehrende venöse Blut auf, und die Kammer führt es durch einen aufsteigenden Arterienstamm zu den Respirationsorganen. Der Lauf des venösen Bluts wird komplizierter durch die Einschiebung eines doppelten Pfortadersystems für Leber und Niere. Lymphgefäße finden sich überall. Die Harnorgane der F. sind paare Nieren, welche sich meist längs des Rückgrats vom Kopf bis zum Ende der Leibeshöhle erstrecken und zwei Harnleiter entsenden, die sich zu einer hinter dem Darmkanal gelegenen Harnröhre vereinigen. Letztere erweitert sich häufig zu einer Harnblase und mündet bei den meisten Knochenfischen mit der Geschlechtsöffnung gemeinsam oder auf einer besondern Papille hinter der Geschlechtsöffnung, bei den Haien und Lurchfischen hingegen in den Endabschnitt des Darms (sogen. Kloake) aus.

Mit sehr seltenen Ausnahmen sind die F. getrennten Geschlechts. Äußere Geschlechtsunterschiede finden sich nur selten, wie die Haken im Oberkiefer des männlichen Salms, die Bruttasche bei den männlichen Lophobranchiern etc. Die männlichen und weiblichen Geschlechtswerkzeuge sind sich oft so ähnlich, daß die Untersuchung ihres Inhalts zur Bestimmung des Geschlechts erforderlich ist. Die Eierstöcke sind meist paare, bandartige Säcke, welche unterhalb der Nieren zu den Seiten des Darms und der Leber liegen. Die Eier entstehen an der innern Eierstockswandung und gelangen dann in den Hohlraum der zur Fortpflanzungszeit mächtig anschwellenden Säcke. Die Eierstöcke entbehren, wie die fast ausnahmslos paaren Hoden, im einfachsten Fall besonderer Ausführungsgänge; die Geschlechtsstoffe gelangen alsdann in den Leibesraum und von hier entweder durch eine eigne Öffnung (Abdominalporus) oder mittels eines in den Mastdarm mündenden Kanals nach außen. Häufiger sind besondere Ei-, resp. Samenleiter vorhanden, welche sich zwischen dem After und der Mündung der Harnröhre auf einer besondern Papille nach außen öffnen. Äußere Begattungsorgane finden sich nur bei den männlichen Haien als lange Knorpelanhänge der Bauchflossen. – Bei weitem die meisten F. legen ihre sehr zahlreichen Eier in Klumpen als sogen. Laich ins Wasser ab und lassen sie dort von den Männchen mit ihrem Samen befruchten. Einige Knochenfische und ein großer Teil der Haie gebären lebendige Junge. Meist erfolgt die Fortpflanzung nur einmal im Jahr, am häufigsten im Frühjahr, ausnahmsweise (viele Salmoniden) im Winter. Die Männchen färben sich in dieser Periode lebhafter und zeigen oft eigentümliche Hautwucherungen (Hochzeitskleid); auch bei den Weibchen treten Veränderungen ein (z. B. beim Bitterling entwickelt sich eine lange Legeröhre zum Ablegen der Eier in die Kiemenfächer der Flußmuschel). Beide Geschlechter sammeln sich zur Laichzeit in größern Scharen, suchen seichte Brutplätze in der Nähe der Flußufer oder am Meeresstrand, unternehmen bisweilen ausgedehnte Wanderungen, steigen auch in die Flüsse und gehen mit Überwindung bedeutender Hindernisse (Salmsprünge) stromaufwärts bis in die kleinen Nebenflüsse, wo sie an geschützten, nahrungsreichen Orten die Eier ablegen. Dagegen zieht der Aal zur Fortpflanzungszeit aus den Flüssen ins Meer, [297] um nicht zurückzukehren, während die Brut im Frühjahr in großen Scharen in die Flüsse tritt. Eine Sorge um die Eier (Brutpflege) übernehmen die Eltern in den seltensten Fällen. So baut z. B. der Stichling ein Nest, bewacht die darin abgesetzten Eier und schützt auch eine Zeitlang die ausgeschlüpften Jungen. Die Männchen der Büschelkiemer, Seepferde etc. nehmen die abgelegten Eier in eine Art Bruttasche auf und tragen sie bis zum Ausschlüpfen der Embryos mit sich herum. Bei dem im Tiberiassee lebenden Chromis paterfamilias verschluckt sogar das Männchen die vom Weibchen abgelegten Eier und läßt sie sich zwischen seinen Kiemenblättern entwickeln. – Die Embryonalentwickelung der F. ist besonders dadurch charakterisiert, daß sie ohne Bildung von Embryonalhäuten (Allantois und Amnion) vor sich geht. Der zu Anfang flach auf dem Ei liegende Embryo hebt sich allmählich mehr und mehr von demselben ab; sein Darm schließt sich zuletzt um den Rest des Dotters zusammen und tritt darum bei den aus dem Ei ausschlüpfenden Jungen wie ein Bruchsack hervor. Bei einigen lebendig gebärenden Haifischen findet eine Ernährung des Embryos durch eine Art Mutterkuchen im Innern des Eierstockes statt (s. Selachier). Die Körperform der ausgeschlüpften Jungen weicht von der des ausgebildeten Fisches wesentlich ab und geht nur allmählich in letztere über. Bastarde und sterile, äußerlich durch ihre abweichende Form erkennbare Individuen sind in einzelnen Familien nicht selten.

Die Organisation der F. weist darauf hin, daß sie fast sämtlich Fleischfresser sind. Sie sind zum Teil äußerst gefräßige Räuber, erjagen meist ihre Beute (andre F., Krebse, Mollusken) und verschlingen sie gewöhnlich ohne vorherige Zerstückelung und Zerkleinerung. Manche Grundfische bedienen sich besonderer Lockapparate in Gestalt wurmförmiger Fäden, welche sie aus dem Mund hervorschnellen können, einige ostindische Süßwasserfische erbeuten Insekten, indem sie einen Wasserstrahl auf dieselben spritzen. Die elektrischen F. betäuben ihre Beute durch elektrische Schläge. Einige wenige Formen finden sich in steter Gesellschaft mit andern Tieren, z. B. Quallen, oder sogar im Innern von Holothurien, wie Fierasfer. Einige leben in unterirdischen Gewässern und sind dann meist blind. Außerhalb des Wassers ersticken die F. gewöhnlich in kurzer Zeit. Die Labyrinthfische, welche am längsten aushalten, besitzen in ihren Schädelknochen Zellen, die als Wasserreservoirs dienen. Eine Doras-Art wandert bisweilen in großen Scharen über Land aus einem Gewässer in das andre. Ein Labyrinthfisch, Anabas scandens, soll mittels der Stacheln des Kiemendeckels an Palmen emporklettern. Viele F. erheben sich bei Verfolgungen in kleinen Luftsprüngen über die Oberfläche des Wassers und werden wohl gar, indem sich der Wind in ihren mächtig ausgedehnten Flossenhäuten fängt, eine Zeitlang durch die Luft getragen, ohne jedoch im wirklichen Sinn des Wortes zu fliegen (sogen. fliegende F.). Auch im Wasser ersticken die F., falls sie den in ihm gelöst enthaltenen Sauerstoff mittels der Kiemen verbraucht haben. – Nicht wenige F. geben entgegen dem Satz, daß die F. stumm seien, Töne von sich, doch weiß man gewöhnlich nicht zu welchem Behuf. Teils sind es Geräusche durch Reiben von Flossenstacheln in ihren Gelenken oder von Knochen des Kiemendeckels aneinander, teils sind es die sogen. Muskeltöne, welche durch besondere Resonatoren noch verstärkt werden, teils Töne durch Schwingung der Wandungen der Schwimmblase etc. – Das psychische Leben ist im allgemeinen äußerst stumpf; doch können manche F. abgerichtet werden, auf bestimmte Töne zur Fütterung zu kommen. Einige F. erreichen ein sehr hohes Alter (150jährige Karpfen in Charlottenburg etc.), und viele besitzen ein beträchtliches Vermögen, Temperaturwechsel zu ertragen; selbst hart gefrorne F. sollen mitunter nach dem Auftauen fortleben. In den Tropen halten manche F. eine Art von Sommerschlaf, indem sie beim Vertrocknen der Gewässer sich in den Schlamm einwühlen, in eine gewisse Erstarrung verfallen und in dieser bis zur Regenzeit verharren.

Die F. nützen den Menschen vorzüglich als Nahrung; nicht nur sind ganze Nationen fast einzig auf Fischnahrung beschränkt (Eskimo, Grönländer, Tschuktschen), sondern Fang, Zubereitung und Handel mit denselben geben vielen Tausend Menschen einen bedeutenden Erwerbszweig. Ihr Fleisch ist meist zart, schmackhaft und leichtverdaulich. Auch die Eier (Rogen) mehrerer F., vorzüglich des Störs, werden eingesalzen und unter dem Namen Kaviar genossen. Ferner liefern die F. den besten Leim, Hausenblase (s. d.). Aus dem Silberglanz der Schuppen des Ukeleis, den man in hohle Glaskugeln füllt, macht man unechte Perlen. Die Haut des Aals und mehrerer Lachse wird zu Überzügen verwandt, und in gegerbte Lachshäute kleiden sich die Bewohner des mittlern Ostasien; auch die Haut der Rochen und Haie wird zu Überzügen (Chagrin) gebraucht. Gereinigte Fischschuppen benutzt man zu allerlei zierlichen Arbeiten, künstlichen Blumen, Körbchen etc. Fischgalle wird wie Rindergalle in der Malerei und Wäscherei benutzt. Fischhaut dient zum Abreiben von Holz und Elfenbein; namentlich eignet sich hierzu die rauhe, höckerige Haut verschiedener Hausen- und Haifischarten. Auch mosaikartige, glänzende, glatte Futterale werden aus Fischhaut gefertigt. Früher benutzte man elektrische F. gegen Migräne. Gefährlich werden dem Menschen eigentlich nur die größern Haifische. Jedoch besitzen auch einige F. Giftstacheln. Der Genuß von manchen Fischen hat mitunter gefährliche Zufälle, ja den Tod zur Folge; indessen ist dies vielleicht einem durch Nahrung und Aufenthaltsort krankhaft veränderten Zustand zuzuschreiben.

[Einteilung.] Von den ca. 10,000 beschriebenen Arten leben etwa drei Viertel im Meer, die übrigen im Süßwasser. Von den 80 Familien der Seefische sind 50 fast über alle Ozeane verbreitet; von den 36 Familien die ausschließlich süße Gewässer bewohnen, sind nicht weniger denn 22 in Südamerika vertreten. Nach den Polen zu nimmt die Artenzahl ab, die Individuenzahl aber zu. – Eine Klassifikation der F. hatte schon Aristoteles versucht, indem er sie in Knorpel- und Grätenfische teilte. Linné unterschied nach der Lage der Bauchflossen vier große Gruppen. Cuvier kehrte zu der Einteilung in Knorpel- und Knochenfische zurück. Agassiz gab unter besonderer Berücksichtigung der fossilen Formen eine Einteilung nach den Schuppen (s. unten), die aber von Joh. Müller als unhaltbar nachgewiesen wurde. Neuerdings scheidet man die bis dahin stets als F. betrachteten Röhrenherzen oder Leptokardier und Rundmäuler (s. d.) oder Cyklostomen aus den Fischen aus und teilt die echten F. in die Knorpel-, Schmelz- und Knochenfische. Erstere zerfallen in Selachier, welche in vieler Beziehung als die ältesten F. angesehen werden dürfen, Holocephalen und Dipnoer; von den Selachiern sind die fast ausschließlich fossilen Schmelzfische oder Ganoiden abzuleiten. Die Knochenfische endlich sind [298] Abkömmlinge einer untergegangenen Schmelzfischgruppe. Im einzelnen ergibt sich hiernach folgende Einteilung:

A. Knorpelfische (Chondropterygii). Skelett knorpelig.

1. Ordnung: Selachier (Selachii) oder Quermäuler (Plagiostomi). 5–7 Kiemenöffnungen. Hierher Haie und Rochen (Fig. 21 u. 22, s. Selachier).
2. Ordnung: Holocephalen (Holocephali). Eine Kiemenöffnung. Hierher die eigentümlich gestalteten Chimaeridae (Seekatzen).
3. Ordnung: Dipnoer (Dipnoi), Lungen- oder Lurchfische. Mit Kiemen und Lungen. Bilden den Übergang zu den Amphibien und zerfallen in Monopneumones (mit einer Lunge) und Dipneumones (mit zwei Lungen). Zu den erstern gehört auch Ceratodus (s. d.).

B. Schmelzfische (Ganoidei). Knorpel- und Knochenfische. Schuppen oder Knochenschilder der Haut mit Schmelz überzogen. Zum größten Teil fossil. 7 Ordnungen, darunter genauer bekannt: die Störe (Acipenserini, Fig. 20), Flösselhechte (Polypterini), Knochenhechte (Lepidosteini) und Kahlhechte (Amiadini).

C. Knochenfische (Teleostei). Skelett knöchern.

1. Ordnung: Physostomi. Schwimmblase mit Luftgang.
1. Unterordnung: Apodes, ohne Bauchflossen. Hierher unter andern die Aale (Muraenoidi, Fig. 11) und Zitteraale (Gymnotini).
2. Unterordnung: Abdominales (Bauchflosser), mit Bauchflossen. Hierher unter andern die Heringe (Clupeidei, Fig. 10), Lachse (Salmonoidei, Fig. 8), Hechte (Esocini, Fig. 9), Karpfen (Cyprinoidei, Fig. 1, 5, 6, 7), Salmler (Characini) und Welse (Siluroidei, Fig. 4).
2. Ordnung: Physoclisti. Schwimmblase ohne Luftgang.
1. Unterordnung: Weichflosser (Anacanthini). Flossen ohne Stachelstrahlen. Hierher unter andern die Schlangenfische (Ophidini), Schellfische (Gadoidei, Fig. 12) und Schollen (Pleuronectides, Fig. 13).
2. Unterordnung: Schlundkiefer (Pharyngognathi). Untere Schlundknochen verwachsen. Flossen mit oder ohne Stachelstrahlen. Hierher unter andern die Lippfische (Labroidei) und Hornhechte (Scomberesocides, Fig. 14).
3. Unterordnung: Stachelflosser (Acanthopteri, Brustflosser, Kehlflosser). Flossen stets mit Stachelstrahlen. Untere Schlundknochen frei. Hierher unter andern Stichlinge (Gasterosteoidei, Fig. 16), Barsche (Percoidei, Fig. 15), Panzerwangen (Cataphracti), Meerbrachsen (Sparoidei), Meerbarben (Mulloidei), Labyrinthfische (Labyrinthici), Harder (Mugiloidei), Makrelen (Scomberoidei, Fig. 17), Bandfische (Taenioidei), Meergrundeln (Gobioidei), Scheibenbäuche (Discoboli), Schleimfische (Blennioidei, Fig. 18), Armflosser (Pediculati, Fig. 19) und Röhrenmäuler (Fistulares).
4. Unterordnung: Haftkiefer (Plectognathi). Ober- und Zwischenkiefer am Schädel nicht beweglich. Hierher unter andern die Kofferfische (Ostracionidae), Nacktzähner (Gymnodontidae) und Hornfische (Balistidae, Fig. 3).
5. Unterordnung: Büschelkiemer (Lophobranchii, Fig. 2). Kiemen büschelförmig, Schnauze röhrenförmig. Hierher unter andern die Seepferdchen (Hippocampidae).

Von den Fischen früherer Erdperioden sind fast nur die harten Teile (Skelett, Zähne, Schuppen, Flossenstacheln und Knochenplatten der Haut) erhalten geblieben, während die Weichteile vielleicht an der Bildung von Kohlenwasserstoffen mitgeholfen haben, welche die bituminösen Schiefer durchtränken. Versteinerte Exkremente (Koprolithen) sind nicht eben häufig und deuten, da sie spiralig gedreht sind, auf die Spiralklappe im Darm der Haie und Schmelzfische hin. Die meisten fossilen F. waren Meeresbewohner; erst aus der Tertiärzeit kennt man mit Sicherheit und in größern Mengen auch Süßwasserfische. Den Aufschwung, den die Kunde der versteinerten F. in den letzten Jahrzehnten genommen, verdankt man größtenteils Agassiz, der ein förmliches System derselben auf die Beschaffenheit der versteinerungsfähigen Hautbedeckungen gründete. Er unterschied vier große Gruppen: Plakoiden (mit nur einzelnen verknöcherten Schmelzpunkten [Chagrin] oder Schmelzplatten in der Haut), Ganoiden (Eckschupper, Schmelzfische oder Schmelzschupper, Knorpel- oder Knochenfische, die als Bedeckung viereckige oder rundliche Schmelzschilder oder größere Knochenschilder, überzogen von einer Schmelzlage, besaßen), Ktenoiden (Kammschupper, mit hornigen, schmelzlosen Schuppen, die am freien hintern Ende gezahnt sind, so daß der Fisch beim Rückwärtsstreichen rauh erscheint, wie z. B. Barsch, s. Tafel „Kreideformation“) und Cykloiden (Kreis- oder Rundschupper, ebenfalls mit dünnen, schmelzlosen, rundlichen, aber am Hinterrand nicht gezahnten Schuppen versehen, wie Hering, Karpfen, Hecht, s. Tafel „Kreideformation“). – Die Selachier (Haie und Rochen) sind schon im Obersilur sicher konstatiert; ganze Tiere sind selten, dagegen finden sich Stacheln und Zähne vielfach vor (s. Selachier). Die Ganoiden sind vor allen für die Urzeit charakteristisch und dort durch viele ausgestorbene Familien vertreten. Unter ihren ältesten Formen finden sich die wunderlichen Cephalaspiden oder Schildköpfe (Eucephalaspis auf Tafel „Devonische Formation“), mit fast ganz knorpeligem Skelett und dem Mund auf der Bauchseite, wie bei den Haifischen; sie machen im Devon etwa acht Zehntel aller gefundenen F. aus und sind an manchen Orten in Wagenladungen vorhanden. Zu den Panzerganoiden (Plakodermen), bei denen der ganze Körper von einem aus Knochenplatten gebildeten Panzer umschlossen wird, aus dem nur der flossenlose, kurze Schwanz und wunderliche seitliche Bewegungswerkzeuge frei hervorstehen, gehört der merkwürdige Asterolepis (s. Tafel „Devonische Formation“) aus Schottland und Rußland. Die übrigen fossilen Ganoiden haben zum Teil mehr rundliche und dachziegelförmig sich deckende Schuppen: cyklifere Ganoiden, wie bei der lebenden Amia, oder viereckige, nur aneinander stoßende: rhombifere Ganoiden, wie beim lebenden Lepidosteus und Polypterus. Zu den Cykliferen gehören die Cölakanthen mit hohlen Flossenstacheln, wie z. B. der über 60 cm große Holoptychius, welcher sich durch die prachtvolle Skulptur seiner großen Schmelzschuppen und seine mächtigen Fangzähne auszeichnet; ferner vielleicht die auch wohl zu den Knochenfischen gerechneten, zum Teil heringsähnlichen Leptolepiden, vom Lias bis zur Wälderformation häufig (Megalurus, s. Tafel „Juraformation II“), und die ebenfalls dünnschuppigen Amien der Mitteltertiärzeit, in Amerika noch lebend. Die ungleich zahlreichern rhombiferen Ganoiden umfassen die Dipterinen, mit doppelter Afterflosse; die Akanthodier, mit mikroskopisch kleinen Schuppen (s. Tafel „Devonische Formation“); die zahlreichen Lepidotiden, mit großen Schuppen und feinen, bürstenförmigen Zähnen (Palaeoniscus, s. Tafel „Dyasformation“; Aspidorhynchus, s. Tafel „Juraformation II“, u. a.); die raubgierigen Sauroiden, ebenfalls großschuppig, mit kräftigen, gekrümmten Fangzähnen, vom Devon bis zum Jura, und endlich die pflasterzahnigen Pyknodonten, deren runde oder elliptische Zähne vorzugsweise unter dem Namen Bufoniten begriffen werden (Platysomus, s. Tafel „Dyasformation“, u. a.). – Die Lurchfische (Dipnoi) sind durch Zahnreste von Ceratodonten (s. Ceratodus) aus der Trias vertreten. – Von den Knochenfischen (Teleostei) erscheinen die Physostomen bereits in der Kreide, in welcher auch die Haftkiefer, Schlundkiefer und Stachelstrahler auftreten, während die Weichstrahler (z. B. Rhombus, s. Tafel

[Beilage]

[Ξ]

Fische I.
Fig. 1. Schmerle (Cottus barbatula). 1/2. (Art. Schmerle.)
Fig. 2. Meerdrache (Pegasus draco). 1/2. (Art. Meerdrache.)
Fig. 3. Altes Weib (Balistes vetula). 1/5. (Art. Hornfische.)
Fig. 4. Wels (Silurus glanis) 1/15. (Art. Wels.)
Fig. 5. Karpfen (Ciprinus carpio). 1/15. (Art. Karpfen.)
Fig. 6. Elritze (Phoxinus laevis). 2/3. (Art. Pfrille.)
Fig. 7. Bitterling (Rhodeus amarus). 1/1. (Art. Bitterling.)
Fig. 8. Lachs (Salmo salar). 1/12. (Art. Lachs.)
Fig. 9. Hecht (Esox lucius). 1/12. (Art. Hecht.)
Fig. 10. Hering (Clupea harengus). 1/4. (Art. Hering.)
Fig. 11. Flußaal (Anguilla vulgaris). 1/9. (Art. Aal.)
Fig. 12. Kabeljau (Gadus morrhua). 1/16. (Art. Schellfisch.)

[Ξ]

Fische II.
Fig. 13. Steinbutt (Rhombus maximus). 1/19. (Art. Schollen.)
Fig. 14. Fliegender Fisch (Exocoetus volitans). 1/7. (Art. Fliegender Fisch.)
Fig. 15. Flußbarsch (Perca fluviatilis). 1/4. (Art. Barsch.)
Fig. 16. Gemeiner Stichling mit Nest (Gasterosteus trachurus). 1/3. (Art. Stichling.)
Fig. 17. Thunfisch (Thynnus vulgaris). 1/26. (Art. Thunfisch.)
Fig. 18. Gemeine Aalmutter (Blennius viviparus). 1/4. (Art. Aalmutter.)
Fig. 19. Seeteufel (Lophius piscatorius). 1/20. (Art. Seeteufel.)
Fig. 20. Stör (Acipenser sturio). 1/25. (Art. Stör.)
Fig. 21. Katzenhai (Scyllium catulus), rechts zwei Eier. 1/4. (Art. Haifische.)
Fig. 22. Marmelrochen (Torpedo marmorata). 1/14. (Art. Rochen.)

[299] „Tertiärformation I“) und die Büschelkiemer erst im ältern Tertiärgebirge beginnen. Viele Gattungen dieser fossilen F. sind völlig ausgestorben.

Bei mehreren alten Völkern, namentlich den Syrern, Assyrern, Phönikern und Ägyptern, wurden die F. göttlich verehrt und daher wenigstens von den Priestern nicht genossen. Auch die Pythagoreer enthielten sich derselben, da sie in ihnen ein Natursymbol des Stillschweigens ehrten. Aus dem Erscheinen gewisser F. weissagten Priester in Lykien. Als Hieroglyphe bezeichnet der Fisch Vermehrung, Reichtum. Er ist auch altchristliches Symbol (s. Fisch, S. 292), und in Wappen werden F. als Symbol der Vaterlandsliebe und Vorsicht gedeutet.

Vgl. Bloch, Allgemeine Naturgeschichte der F. (Berl. 1782–95, 12 Bde.); Derselbe, Systema ichthyologiae (das. 1801); Lacépède, Histoire naturelle des poissons (Par. 1798–1805, 6 Bde.); Cuvier und Valenciennes, Histoire naturelle des poissons (Par. u. Straßb. 1829–49, 22 Bde.); Joh. Müller, Über den Bau und die Grenzen der Ganoiden und das natürliche System der F. (Berl. 1846); Günther, Catalogue of the fishes in the British Museum (Lond. 1859–70, 8 Bde.); Derselbe, Introduction to the study of fishes (das. 1880; deutsch bearbeitet von Hayek u. d. T. „Handbuch der Ichthyologie“, Wien 1885); Heckel u. Kner, Die Süßwasserfische der österreichischen Monarchie (Leipz. 1858); Siebold, Die Süßwasserfische von Mitteleuropa (das. 1863); Mulder-Bosgoed, Bibliotheca ichthyologica et piscatoria (Haarl. 1874); v. Baer, Entwickelungsgeschichte der F. (Leipz. 1835); Vogt, Embryologie des salmones (Neuchât. 1852); Agassiz, Recherches sur les poissons fossiles (das. 1833–42, 5 Bde.); Pictet, Traité de paléontologie, Bd. 2 (2. Aufl., Par. 1854).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 319322
korrigiert
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[319] Fische. Nach allgemeiner Annahme beginnt die Tiefsee bei 100 Faden. Alle unter dieser Tiefe sich findenden F. gehören daher zu den Tiefseefischen, doch tritt die eigentliche Tiefseefauna zuerst nur sporadisch auf und gemischt mit littoralen Formen, von denen eine nicht unbedeutende Anzahl gelegentlich oder noch häufiger regelmäßig in große Tiefen steigt. [320] Die Kenntnis der Tiefseefische datiert schon aus den ersten Dezennien dieses Jahrhunderts, doch waren lange Zeit nur wenig Formen bekannt, bis die Zahl derselben durch die Expedition des Challenger, die nordatlantische Expedition, die amerikanischen und französischen Expeditionen bedeutend wuchs, so daß Günther 385 Arten aufzählen konnte. Von diesen sind 155 Oberflächenfische, die nur zeitweilig unter die 100-Fadenlinie hinabsteigen, aber nicht tiefer als 300 Faden, oder sie gehen zwar nicht an die Oberfläche, aber auch nicht tiefer als 300 Faden. Es bleiben also 230 Arten wahre Tieffeefische, die sich unterhalb 300 Faden finden. Die größte Tiefe, aus welcher F. heraufgebracht sind, ist 2900 Faden. Nach unten zu nimmt, soweit sich dies nach den bisherigen Formen beurteilen läßt, der Formenreichtum ab. Es finden sich zwischen 100 und 300 Faden 232 Arten, zwischen 300 und 500 Faden 142, zwischen 500 und 700 Faden 76, zwischen 700 und 1500 Faden 56, zwischen 1500 und 2000 Faden 24 und zwischen 2000 und 2900 Faden 23 Arten. Von den zwischen 100 und 300 Faden vorkommenden 232 Arten fanden sich 108 auch oberhalb der 100-Fadenlinie. Bestimmte bathymetrische Zonen lassen sich zwar nicht unterscheiden, doch können für mehrere Familien die Tiefengrenzen angegeben werden, bis zu welchen sie hinabsteigen. 400 Faden bezeichnet die unterste Tiefe für die Familien der Meergrundeln, Schleimfische, Barsche, Panzerwangen u. a. Mit 500 Faden verschwinden mit je einer Ausnahme drei wichtige Familien, die Haie, Rochen und Plattfische; bei 2000 Faden erreichen die Schellfische und Salme ihre tiefste Verbreitung. Viele Tiefseefische besitzen aber auch eine auffallende bathymetrische Energie, indem solche von 300 bis 2000 Faden Tiefe verbreitet sind. In der horizontalen Verbreitung der Tiefseefische lassen sich wie bei andern Tieffeetieren keine Provinzen nachweisen, indem sie, der Gleichförmigkeit der physikalischen Verhältnisse entsprechend, kosmopolitisch sind.

Allen wahren Tiefseefischen kommt eine Anzahl gemeinsamer Charaktere zu, die einen Tiefseefisch schon von vornherein von einem Küstenbewohner oder einem Oberflächenfisch unterscheiden lassen. Diejenigen F., welche nur zeitweilig unterhalb 100 Faden hinabgehen, unterscheiden sich nicht von den gewöhnlichen Küstenfischen; dagegen zeigen schon F., welche dauernd in verhältnismäßig geringen Tiefen, z. B. 80–120 Faden, leben, Veränderungen in ihrer Organisation, indem der Schlund schwarz gefärbt ist und die Augen größer erscheinen als diejenigen der verwandten Küsten- und Oberflächenbewohner. Die echten, unterhalb 300 Faden sich findenden Tiefseefische zeigen weitere Veränderungen und Umbildungen, ohne daß der Grad derselben jedoch der Tiefe proportional wäre. Sehr schwach entwickelt sind die Knochen oder die Muskeln oder auch beide Systeme. Die Knochen sind faserig, gespalten und mit zahlreichen Hohlräumen durchsetzt; sie sind arm an Kalk; der primitive Knorpel ist in größter Ausdehnung vorhanden; die Hautflächeknochen bleiben oft hautartig oder sind mehr oder weniger reduziert, wie z. B. die Kiemendeckel, welche zu klein sind, die Kiemen zu bedecken. In gleicher Weise sind auch die Muskeln schwach, besonders die großen Seitenmuskeln des Körpers und Schwanzes, die einzelnen Bündel lassen sich leicht trennen, so daß die Muskulatur sehr leicht in Stücke zerfällt. Doch ist dies, wie das leichte Zerbrechen der Wirbelsäule, jedenfalls eine Folge der Aufhebung des starken Druckes, denn in der Tiefsee unter ihren eigentlichen Lebensbedingungen genügt jedenfalls die schwache Ausbildung der Organe, ohne daß der Fisch der Gefahr des Zerbrechens ausgesetzt wäre, da sie als Fleischfresser und zum Teil gewaltige Räuber über große Gewandtheit und Körperkraft verfügen müssen. Das Aufheben des Druckes beim Herausziehen der gefangenen F. führt zur Zersprengung der innern Organe, besonders der Schwimmblase, oder zum Heraustreten des Magens, wie dies auch von den Süßwasserfischen großer Tiefen (Kropffelchen) bekannt ist. In vielen Fällen ist ein besonderer Muskel zum Zusammendrücken der Schwimmblase entwickelt. Eine Verbindung der Schwimmblase mit dem Darm ließ sich nie nachweisen, auch nicht bei den Physostomen. Die Kiemenblätter sind weniger entwickelt oder in geringerer Anzahl vorhanden, es scheint demnach der Atmungsprozeß weniger energisch als bei Oberflächenfischen zu sein.

Bemerkenswert ist, daß alle Leibeshöhlen bei den Tiefseefischen schwarz sind. Sehr ausgebildet sind bei Tiefseefischen schleimführende Systeme, die bei vielen Familien im Kopf zur Bildung von Höhlungen führen, welche unter sich durch Kanäle kommunizieren. Alle diese Höhlungen und Kanäle enthalten große Massen Schleim, dessen physiologische Bedeutung noch nicht aufgeklärt ist, wahrscheinlich steht er in Beziehung zu den Leuchtorganen, die sich bei Tiefseefischen in einem Grad hoher Ausbildung finden, wie sie sonst von keinem der vielen leuchtenden Tiere bekannt ist; die mikroskopische Untersuchung der Leuchtorgane der Tiefseefische hat ergeben, daß sie als umgewandelte Drüsen zu betrachten sind. Die histologische Struktur sowohl als die Anordnung der Leuchtorgane ist eine sehr mannigfaltige, und man kann zwölferlei verschiedene Arten unterscheiden. Zunächst zerfallen sie in zwei große Gruppen, in regelmäßig ocellare phosphoreszierende Organe und regelmäßig drüsenförmige Organe. Die erstern erscheinen mit dem bloßen Auge als kleine, rundliche Organe, welche über die ganze Oberfläche des Körpers zerstreut und häufig mehr oder weniger regelmäßig segmental angeordnet sind. Ihrem Bau nach sind sie einfach kugel- oder sackförmige Gebilde, oder sie sind zusammengesetzt und in diesem Fall durch eine transversale Einschnürung in einen sack- oder kugelförmigen und einen becherförmigen Teil zerlegt. Häufig verschmelzen die zusammengesetzten Leuchtorgane zur Bildung größerer Organe. Den einfachen kommt häufig, den zusammengesetzten stets ein Pigmentmantel zu, die zusammengesetzten besitzen außerdem noch häufig einen aus nadel- oder feinen, fadenförmigen Elementen zusammengesetzten silberglänzenden Reflektor, der als vorzüglicher Hohlspiegel wirkt, indem er das Licht in einem Bündel vereinigt. Die unregelmäßig drüsenförmigen Leuchtorgane finden sich als große Flecke an den Seiten des Körpers, auf umgewandelten Barteln und Flossenstielen am Unterkiefer und in ganz vorzüglicher, höherer Ausbildung unterhalb des Auges. Die Bedeutung der Leuchtorgane ist nach ihrer verschiedenen Lage jedenfalls eine verschiedene. Die regelmäßigen Ocellarorgane, die oft in großer Zahl Längsreihen an den Seiten bilden, sehen größtenteils nach hinten und unten; es ist daher ziemlich sicher anzunehmen, daß diese Organe Verteidigungswaffen, Schreckorgane sind, aus welchen förmliche „Breitseiten“ von Lichtblitzen auf einmal abgegeben werden können. Die großen, unterhalb der Augen stehenden Leuchtorgane dagegen dienen als Blendlaternen, die in den dunkeln Tiefen dem Fisch als Licht dienen und das vor ihm liegende Dunkel zu erhellen vermögen. Die [321] Leuchtorgane an den Barteln und den modifizierten Flossenstacheln sind vielleicht Lockapparate. Es wäre anzunehmen, daß diese gleich den „Laternen“ fortwährend leuchten, während die an den Seiten befindlichen Organe nur im Moment der Gefahr aufblitzen. Über die Fortpflanzung der Tiefseefische ist bis jetzt sehr wenig bekannt, allein von einigen Fischen, z. B. Polyprion cernium, ist die auffallende Thatsache konstatiert, daß der Laich sich an der Oberfläche entwickelt, während die F. in beträchtlicher Tiefe sich aufhalten. Es ist nun nicht wahrscheinlich, daß die F. zur Eierablage an die Oberfläche steigen, sondern eher anzunehmen, daß der am Boden der Tiefe abgelegte Laich emporsteigt, die jungen F. hier ausschlüpfen und nach kurzem, oberflächlichem, pelagischem Leben wieder in die Tiefe hinabwandern. Bei andern Tiefseefischen jedoch machen die Jungen ihre Entwickelung am Grunde durch. Die Farben der Tiefseefische sind sehr einfach, schwarz, rötlich oder silberfarbig, einige waren, als sie gefangen wurden, blau, wurden aber in der Konservierungsflüssigkeit schwarz. Schwarze Flecke an den Flossen oder dunkle Querbänderung des Körpers, wie sie sich so häufig bei den Fischen findet, kommen bei den Tiefseefischen nur sehr selten vor.

[Giftige Fische.] Die ältere Ansicht, daß F. im allgemeinen unschädliches Fleisch besitzen und höchstens in bestimmten Organen, namentlich in Galle und Leber, oder zur Laichzeit schädliche Stoffe anhäufen, weshalb beispielsweise der Verkauf der gemeinen Barbe in Italien von März bis Mai verboten ist, kann den neuern Erfahrungen gegenüber nicht mehr festgehalten werden. Es gibt bestimmte Abteilungen des Fischreichs, in denen fast alle Angehörige giftig oder doch verdächtig sind, namentlich gehört hierher die Ordnung der Haftkiefer, zu der die Igel-, Kugel- und Kofferfische (Diodon-, Tetrodon- und Ostracion-Arten) gehören, deren Verkauf in China und Japan, auf Java und in Kapstadt teilweise verboten ist. Aber auch in manchen sonst unverdächtigen Abteilungen finden sich einzelne stark giftige Angehörige, so z. B. unter den Heringen der Gifthering (Clupea venenosa), durch dessen Genuß 30 Personen der Bemannung des französischen Kriegsschiffs Catinet getötet wurden, während andre längerm Siechtum verfielen. In neuerer Zeit ist bekannt geworden, daß einzelne F. sehr heftig wirkende Blutgifte enthalten. So entdeckte Professor Mosso in Turin 1888 zufällig, daß der gemeine Aal, wie der Seeaal (Conger) und die Muräne, in ihrem Blutwasser ein starkes, dem Viperngift ähnlich wirkendes Gift enthalten, von dem wenige Tropfen, wenn sie ins Blut gespritzt werden, genügen, Tauben, Meerschweinchen, Kaninchen und dergleichen kleinere Tiere unter Eintritt von Rückenkrämpfen zu töten. 1/2 g (ca. 6–7 Tropfen) des Blutwassers genügte, einen größern Hund zu töten, und zwar wahrscheinlich durch Einwirkung auf das verlängerte Mark. Im Magen wirken diese Blutgifte nicht schädlich, doch ist dennoch einige Vorsicht bei der Zubereitung dieser kräftigen Tiere, die leicht Fingerwunden beibringen, geboten. Einige Fischarten scheiden derartige Blutgifte in eignen Giftdrüsen ab, die an der Basis besonderer, mit Rinnen versehener Stacheln belegen sind, mit denen sie tiefe Wunden beibringen können, in die das Gift dabei hineinfließt. Die auch an den französischen und deutschen Seeküsten vorkommenden Viper- und Drachenfische (Trachinus Vipera u. Draco) sind durch diese Eigenschaft bei den Fischern und andern Küstenbewohnern längst berüchtigt. Wenn man ihnen mit den Händen oder den nackten Füßen zu nahe kommt, was um so leichter geschehen kann, als sie sich in der Farbe vom Uferschlamm, in welchem sie sich halb vergraben, kaum unterscheiden, so spreizen sie die Stacheln einer kleinen Rückenflosse und einen auf dem Kiemendeckel befindlichen stärkern Stachel in der offenbaren Absicht, den Angreifer damit zu verwunden, und die Fischer gebrauchen daher ihnen gegenüber die höchste Vorsicht, da der verwundete Körperteil erfahrungsmäßig mit den heftigsten Schmerzen anzuschwellen pflegt und manchmal so bösartige Zufälle darauf erfolgen, als ob sie von einer Viper gebissen wären, weshalb auch häufig das verwundete Glied abgenommen werden muß. Gressin in Montvilliers und Bottard in Havre stellten denn auch 1884 beim Vipernfisch das Vorhandensein einer Giftblase an der Basis des mit zwei Rinnen versehenen Kiemendeckelstachels fest, deren Inhalt sich ähnlich wie beim Schlangenbiß in die Wunde entleeren kann, wenn der Giftstachel durch den Widerstand, den er bei der Verwundung findet, auf den Behälter drückt. Die genannten Ärzte haben das Gift im physiologischen Laboratorium von Havre genauer untersucht und gefunden, daß es ähnlich wie das Blutgift des Aals kleinere Tiere sehr bald unter Krämpfen tötete. Doch scheint sich die Wirkung hier auch auf das Herz auszudehnen und eine baldige Lähmung desselben zu erzeugen. Beim Menschen halten die den Stich begleitenden Vergiftungserscheinungen zuweilen eine ganze Woche an. Ein gleich den vorgenannten Fischen zu der Abteilung der Panzerwangen (Cataphracti) gehöriger und weitverbreiteter Bewohner der tropischen Meere, der Zauberfisch (Synanceja verrucosa), ist bei den Küstenbewohnern des Roten Meers, der Samoa- und andrer Südseeinseln, von Mauritius etc. noch mehr gefürchtet, denn sein unter ähnlichen Umständen erfolgender Stich soll zuweilen töten. Klunzinger erfuhr auch, daß beim Hervorstülpen der Stachelspitzen, welche in einer Hautfalte verborgen liegen, eine milchige, das Wasser trübende Flüssigkeit hervortritt, wobei es natürlich dem Zufall unterworfen bleibt, wieviel davon in die Wunde gelangt. Ein ähnlicher Giftapparat wie bei den Trachinus-Arten ist durch Günther bei Thalassophryne reticulata, einem an den Küsten Mittelamerikas lebenden Krötenfisch, nachgewiesen worden. Auch bei den Stech- oder Adlerrochen, deren Schwanzspitze in einen mit Widerhaken versehenen Stachel ausläuft, mit dem sie sehr gefährliche Wunden beibringen können, mag ein ähnlicher Giftapparat vorhanden sein. Nach der griechischen, von Oppianos aufbewahrten Sage wäre Odysseus durch den Stachel des Giftrochens umgekommen, den sein Sohn, wie es noch heute bei Naturvölkern üblich ist, an seiner Speerspitze befestigt hatte. Von einer bei den Samoainseln vorkommenden Meeradlerart wird versichert, daß die leicht abbrechende und gewöhnlich in der Wunde zurückbleibende Schwanzspitze alsbald Starrkrampf und Tod zur Folge habe, wenn die Spitze nicht schleunigst sorgsam aus der Wunde herausgeschnitten werde. In Italien ist es deshalb polizeilich verboten, den gemeinen Meeradler (Myliobatis Aquila) mit seinem gefährlichen Schwanzstachel auf den Markt zu bringen. Die Fischer haben ihn alsbald nach dem Fang zu beseitigen. Da die neuern Forschungen den stets lebensgefährlichen Wundstarrkrampf auf einen in feuchter Erde sehr allgemein verbreiteten Bacillus zurückführen, so wäre es übrigens nicht undenkbar, daß dieser Schwanzstachel mit seinen einspringenden Winkeln nicht an sich, sondern nur durch Einführung dieses [322] gefährlichen Spaltpilzes wundvergiftend wirkt. Vgl. Bottard, Les poissons vénimeux (Par. 1889).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 285287
korrigiert
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[285] Fische entbehren zwar des Stimmapparats, indes bringen mehrere Arten Töne und Geräusche hervor. Ein Hornfisch (Balistes spec.) von den Kapverdischen Inseln erzeugt mit den Zähnen ein metallisch klingendes Geräusch, ein Wels (Synodontis) mit den großen Stacheln der Brustflosse und ein Flughahn (Dactylopterus volitans C. V.) mit dem Gelenk des Kiemendeckels einen knarrenden Ton. Beim Knurrhahn (Cottus scorpius L.) der Ost- und Nordsee wird ein knurrendes Geräusch durch die kräftig bewegte Muskulatur des Schultergürtels erzeugt und durch Resonanz der großen Mundrachenhöhle verstärkt. Bei Balistes vetula L. entsteht ein knarrendes Geräusch durch stoßweise Rückwärtsbewegung der Stacheln der vordern Rückenflosse. Bei südamerikanischen Siluriden u. Characiniden gibt die Schwimmblase gleich einer Trommel einen Ton, wenn sie von einem harten vibrierenden Skelettteil getroffen wird. Die Stärke des erzeugten Tones hängt von der Stärke und Elastizität der Schwimmblasenwandung und von ihrer mehr oder minder engen Berührung mit dem Skelett ab. Bei der Dorade (Doras maculatus C. V.) wird die Übertragung der Schwingungen der Schwimmblase auf das umgebende Medium durch eine bewegliche, Knochenplatten enthaltende Hautpartie vermittelt, welche nicht durch Muskelmassen unterlagert, unmittelbar der Schwimmblase aufliegt. Möbius beobachtete an Balistes aculeatus L. lebhaftes Vibrieren einer kleinen Hautstelle dicht hinter der Kiemenöffnung und fand, daß diese in Beziehung steht zu der Erzeugung eines Trommelgeräusches, welches von schnell aufeinander folgenden Zusammenziehungen der Seitenrumpfmuskeln ausgeht und durch Schwingungen gewisser Knochen und der Schwimmblase verstärkt wird. Die Bedeutung aller dieser Geräusche muß wohl darin gesucht werden, daß sie zur Abschreckung von Feinden dienen. Bei den südamerikanischen Siluriden werden die Töne am stärksten und von ganzen Schwärmen dieser Tiere zur Zeit der Begattung abgegeben und sind daher wohl als Anlockungsmittel zum Zweck der Begattung zu betrachten.

Das Vermögen der F., die Hautfarbe zu wechseln, indem sich sternförmig verästelte Farbstoffzellen (Chromatophoren, s. d., Bd. 4) bald bis in ihre Ausläufer füllen und dadurch der Haut eine dunklere Farbe erteilen, bald kugelförmig zusammenziehen und den Farbstoff dadurch dem dicht unter der Haut gelegenen Gewebe entziehen, ist durch Lode in Wien einer erneuten Untersuchung unterzogen worden. Er fand zunächst die ältern Beobachtungen Pouchets bestätigt, nach denen der Anreiz zur Zusammenziehung und Hellerfärbung in heller Umgebung vom Auge ausgeht, weshalb auf dem einen Auge geblendete F. halb [286] dunkel und halb hell erscheinen; seine neuen Untersuchungen beschäftigten sich namentlich mit den Bahnen des Reizes. Er bediente sich dabei des Induktionsstromes als Erregungsmittels, wobei man unter dem Mikroskop sieht, wie die vorher zierlich verzweigten sternförmigen Pigmentzellen allmählich ihre Fortsätze einziehen und zur Kugelgestalt zurückkehren, während die gereizten Hautstellen heller werden. Dieses Hellerwerden kann man auch dem bloßen Auge am lebenden Tiere, z. B. einer Forelle, demonstrieren, nämlich durch schwache Ströme, die man mittels breiter Lederbausch-Elektroden auf bestimmte Hautstellen wirken läßt. Die so erzeugten hellern Stellen kehren erst nach einer halben Stunde zur allgemeinen Körperfarbe zurück. Daß diese Wirkungen durch Nervenreiz zu stande kommen, wies Lode dadurch nach, daß er die Ströme durch Nadeln dem Rückenmark zuführte, worauf die in der Ruhe dunkel gefärbte Forelle unter Krämpfen eine hellgraue Färbung annahm, außer an den Stellen, wo vorher die Hautnerven durchschnitten wurden; solche Stellen blieben dunkel. Wurde das Rückenmark an einer Stelle durchschnitten, so wurde bei der Reizung des unversehrten Teiles der Krampf nur in den nichtgelähmten Teilen, die Entfärbung jedoch über den ganzen Körper beobachtet, woraus hervorgeht, daß die Nerven, welche die Farbstoffzellen regieren, nicht im Rückenmark verlaufen, obwohl sie mit demselben in Verbindung stehen. Es ist, wie schon Pouchet nachwies, der sympathische Nerv, von dem diese Reize weiter verbreitet werden. An der allgemeinen Entfärbung nahmen die über den ganzen Körper verteilten roten Flecke der Forelle keinen Anteil; die roten Farbstoffzellen sind also nicht kontraktil und reizbar. Da ähnliche Ergebnisse bei verschiedenen Fischarten erhalten wurden, so ist der Schluß gestattet, daß diese Ergebnisse für F. allgemein gelten, daß bei ihnen allen die Farbstoffzellen in der Ruhe ausgedehnt sind, und daß sie durch Reize, mögen es nun das auf das Auge wirkende Licht oder elektrische Reize sein, die man vom Rückenmark oder von außen her lokal zuleitet, kontrahiert werden. Es gelang Lode, nach einem besondern Verfahren den Eintritt von Nervenfasern in die Chromatophoren zu verfolgen.

Darin, daß die Pigmentzellen der F. in der Ruhe ausgedehnt sind und durch Reize zusammengezogen werden, stimmen sie mit denen des Chamäleons überein und unterscheiden sich von denen der Kephalopoden, die umgekehrt in der Ruhe zusammengezogen sind und durch Reize ausgedehnt werden. Vom Chamäleon unterscheiden sich die F. aber wieder durch die umgekehrte und unmittelbare Beziehung zum Lichte. Das Chamäleon wird umgekehrt wie die F. in dunkler Umgebung hell; bei ihm wirkt die Dunkelheit als Reiz, und dieser Retz wirkt unmittelbar auf die Haut, so daß man auf einem in die Sonne gesetzten Chamäleon durch einen beschattenden Stanniolgürtel einen hellen Streifen hervorbringen kann. Bei den Fischen wirkt dagegen das Licht unmittelbar auf die Haut gar nicht erregend, sondern nur durch das Auge. („Berichte der Wiener Akademie der Wissenschaften“, 1890.)

Hinsichtlich der fliegenden F. hatte sich K. Möbius in seiner Schrift über dieselben der Burmeisterschen Ansicht angeschlossen, nach welcher die flügelförmig vergrößerten Flossen nur als Fallschirme dienen sollten, die nicht durch Bewegungen den Flug unterstützen, sondern nur verhindern, daß der mittels kräftiger Seitenbewegungen seines Körpers aus dem Wasser emporgeschnellte Fisch alsbald wieder herabsinke. Seitz, welcher die fliegenden F. oftmals, im niedrigen Kahne sitzend, im Indischen Meere über sich hinwegstreichen sah, wenn sie vom Dampfer aufgestört wurden, widerspricht diesen, wie er meint, vom Schiffsdeck gemachten Beobachtungen durchaus; er beobachtete eine äußerst lebhafte Flatterbewegung der Flossen, deren Schwingungsweite im Gipfelpunkt der Flugbahn bei 20 cm langen Flugflossen ca. 10–12 cm betrug. Erst wenn der höchste Punkt der Bahn erreicht war, werden die Flügel wagerecht ausgebreitet oder, noch häufiger, etwas nach oben gerichtet, und so erfolgt dann das Durchfliegen des absteigenden Astes der äußerst langgestreckten Flugbahn ohne weitere regelmäßige Bewegungen. Nur wenn ein nochmaliges späteres Aufsteigen, z. B. um einen Wellenkamm zu überfliegen, stattfinden soll, treten von neuem Flatterbewegungen, meist von sehr geringer Schwingungsweite, auf. Die Form der Flossen vergleicht Seitz mit derjenigen gewisser Schmetterlingsflügel, wie sie gerade den geschicktesten Fliegern unter den Tagfaltern eigen sind. Der Flugfisch vermag auch die Flossen, wenn man ihn eingefangen am Schwanze hält, mit außerordentlicher Geschwindigkeit und Kraft zu regen, wie ein Nachtfalter, der eben auffliegen will. Die Zahl der Flossenschläge während des Fluges steht mit der Größe des Tieres in einem umgekehrten Verhältnis und schwankt zwischen 10 u. 30 in der Sekunde. Die Fluggeschwindigkeit steigt mit der Größe des Fisches und betrug bei Tieren von 10 cm Länge ziemlich genau 7,2 m. Die Zeitdauer des Fluges, welcher fast immer eine Flucht vor wirklichen oder eingebildeten Verfolgern zu sein scheint, wechselt von einer Viertelsekunde bis fast zu einer Minute.

Über den afrikanischen Molchfisch (Protopterus annectens) und seine eigentümliche Gewohnheit, sich während der trocknen Jahreszeit einzukapseln, haben Wiedersheim, Krauß, Bartlett, Parker und namentlich Stuhlmann, der 1888–89 in Kilimane an der Ostküste Afrikas weilte, um die Lebensweise des merkwürdigen Tieres genauer zu beobachten, in den letzten Jahren eingehendere Untersuchungen angestellt. Das über einen großen Teil Mittelafrikas verbreitete und von den Eingebornen verzehrte, bis zu 1,75 m Länge erreichende aalartige Tier, welches mit mittelgroßen Schuppen bekleidet ist und vier lange, fadenförmige Seitenflossen besitzt, kommt dort in großer Zahl in den Sümpfen vor, die sich während der Regenzeit mit Wasser füllen, und steigt alle paar Minuten an die Oberfläche, um mit weit geöffneter Schnauze einen Atemzug zu thun, worauf es Blasen durch die Kiemenlöcher entweichen läßt. In der heißen Jahreszeit trocknen die meisten Sümpfe aus, und die Tiere graben sich in den lockern, sandigen Grund, bis sie in eine Schicht gelangen, die während dieser in Kilimane vom Juli bis zum Januar dauernden Jahreszeit etwas Feuchtigkeit zurückhält, um sie in einer Art Schlafzustand zu überstehen. Hier rollen sie sich zusammen und scheiden aus den Schleimbecherzellen der Epidermis periodenweise ein Sekret aus, welches zu einer festen Kapselmembran von bräunlicher Farbe und nach außen blätterigem Gefüge erhärtet und gegen den Luftgang hin, durch den das Tier sich eingegraben hat, eine Art schräg zum Gange stehenden, wie ein Trommelfell prall gespannten Deckels bildet, der häufig mit einem kleinen Spalt oder Löchelchen versehen ist (s. Figur, S. 287). In dieser Kapsel und dem sie umgebenden Erdkloß kann das Tier mit Leichtigkeit versandt werden, und solche eingekapselte Tiere sind in den letzten Jahren vielfach nach Paris, London, Berlin u. a. O. versandt worden, wo man sie durch Einlegen in mäßig erwärmtes Wasser leicht erwecken kann. Wiedersheim hat sie zuerst mit dem Meißel frei [287] gelegt, um die Lage, die sie in der Kapsel einnehmen, festzustellen. Er fand sie mit zwei Knickstellen zusammengebogen, so daß der breite Schwanz den Kopf von obenher wie ein Schleier umhüllt, während die ganz dicht an den Deckel und seine Öffnung lagernde Schnauze unten hervorschaut. Da Wiedersheim den Schwanz sehr blutgefäßreich und gerötet fand, glaubte er ihn an der Atmung während des[WS 1] Sommerschlafs beteiligt, was indessen nach Stuhlmann nicht der Fall

Der afrikanische Molchfisch (Protopterus annectens), frei schwimmend und eingekapselt. a die geöffnete Kapsel.

sein soll. Bei Berührungen stießen die Tiere in der Kapsel wie im Freien einen schmatzenden oder schnalzenden Laut aus und machten, wenn die Kokons behufs der Konservierung in Chromessigsäure gelegt wurden, sofort ebenso energische Abwehrbewegungen wie wache und frei lebende Tiere. Von besonderm Interesse ist, daß Stuhlmann das Ruhestadium jederzeit künstlich herbeiführen konnte, wenn er ein solches Tier von mit Wasser zu einem dicken Brei angerührter Erde umhüllt in eine Holzkiste brachte, aus der das Wasser langsam fortsickern und verdunsten konnte. Allerdings gingen dabei ca. 75 Proz. der Versuchstiere ein, aber eine Reihe so eingeschläferter Tiere blieb in Kilimane fast einen Monat lang am Leben und konnte in diesem Zustand bis nach Sansibar gebracht werden.

Diese Tiere unterscheiden sich von den eigentlichen Fischen durch das Vorhandensein von Lungen und Nasenlöchern und bilden mit den Gattungen Ceratodus und Lepidosiren eine Übergangsgruppe zwischen Knorpelfischen (Ganoiden) und Amphibien, weshalb schon ältere Zoologen, wie Natterer, Bischoff, Milne Edwards, Karl Vogt u. a., vorgeschlagen hatten, sie als Doppelatmer oder Dipneusten gänzlich von den Fischen zu trennen und zur besondern Ordnung zu erheben. Ihre Seitenflossen haben außerdem einen ganz andern Bau wie echte Fischflossen, und Gegenbaur sieht in der Flosse von Ceratodus die Grundform, aus der sich sowohl die gewöhnliche Flosse als der Fuß der höhern Wirbeltiere herleiten läßt. Allein andre Zoologen, wie Owen, Joh. Müller, Agassiz und Günther, wollten nichts von der Trennung des bis zur Steinkohlenzeit zurückverfolgbaren Tierstammes von den Schmelzfischen hören, weshalb sie in vielen Handbüchern noch immer bei den Fischen stehen. Schneider fügte dann 1887 die Entdeckung hinzu, daß die Hinterflosse bei Ceratodus gegen die Vorderflosse gerade so wie bei allen höhern Wirbeltieren in einem Winkel von 90° gedreht steht, weshalb er diese Flossen als echte Hände und Füße betrachtet wissen will und darin einen neuen Anlaß findet, die Einreihung der Molch- oder Lungenfische unter die Amphibien zu fordern. Jedenfalls wird es somit das Richtige sein, die Lungenfische, wie Häckel und Gegenbaur längst gethan, von den Fischen zu trennen und eine besondere Klasse aufzustellen.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 300303
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[300] Fische. Eine vergleichende Untersuchung der verschiedenartigen Schuppenbedeckung der F. führt zu dem Resultat, daß sowohl die in Plakoid- und Ganoidschuppen als auch die in Cykloid- (Rund-) und Ktenoid- (Zahn-) Schuppen unterschiedenen typischen Schuppen der Knochenfische wenigstens zum Teil homologe Bildungen sind. Die Plakoidschuppen, aus welchen sich durch Verschmelzung mehr oder minder umfangreicher Gruppen von Schuppen die großen Hautschilde der Ganoiden herleiten, bestehen ihrem Bau und ihrer Entwickelung nach aus drei verschiedenen Teilen: 1) dem aus dem Epithel abstammenden Schmelz, 2) dem aus einer unmittelbar [301] unter dem Epithel liegenden Cutispapille gebildeten Dentin, 3) der aus den tiefern Schichten der Cutis stammenden Basalplatte. Im Bau der Zahn- und Rundschuppen, der Teleostier-Schuppen, lassen sich unterscheiden: 1) eine auf der Oberseite der Schuppen liegende, kurzweg als Deckschicht bezeichnete Schicht und 2) ein System darunterliegender, in ihrem Bau übereinstimmender Lamellen, welche Hofer als Basallamellen und in ihrer Gesamtheit als Basalplatte bezeichnet. Da die Cykloid- und Ktenoidschuppen niemals Schmelz besitzen, sind sie also nur einem Teil der Plakoidschuppen homolog, und zwar entspricht die aus zartem Hyalodentin bestehende Deckschicht der Cykloid-Ktenoidschuppen dem Dentin der Plakoidschuppen, die Basalplatte ersterer der Basalplatte letzterer. Diese Homologie erhält ihre Begründung durch die Entwickelungsgeschichte: in allen Schuppen entsteht das Dentin aus homologen Cutispapillen, und ebenfalls in allen Schuppen entsteht die Basalplatte aus dem geschichteten Teil der Cutis. Was das stammesgeschichtliche Verhältnis der Cykloid- und Ktenoidschuppen unter sich anbelangt, so ist die Cykloidschuppe die phyletisch ältere Bildung, und aus ihr hat sich erst die Ktenoidschuppe differenziert. Die Ktenoidschuppe legt sich zuerst cykloid an, und die Dornen des Hinterrandes treten erst später als besondere Modifikationen der Deckschicht, nicht aber selbständig auf. Die Entwickelung beider Schuppenarten beginnt prinzipiell in der gleichen Art und Weise; die ersten Zeichen der beginnenden Schuppenbildung machen sich in der Cutis bemerkbar, und zwar in der obersten Lage der Cutis, unmittelbar unter dem Epithel, in der Art, daß zunächst eine lebhaftere Zellteilung der Cutiszellen stattfindet, die an bestimmten Stellen zur Bildung von Cutispapillen führt; zugleich verändern sich die unmittelbar darüber gelegenen Epithelzellen in der Weise, daß sie cylinderförmig werden und eine deutlich entwickelte Schmelzmembran repräsentieren, wie sie von der Bildung der Plakoidschuppen bekannt. Im weitern Verlauf aber bildet sich diese Schmelzmembran wieder zurück zu gewöhnlichen Epithelzellen, ohne jemals Schmelz auszuscheiden, so daß diese Bildung nur als rudimentäres Organ anzusehen ist; sein Auftreten in der Entwickelungsgeschichte der Cykloid- und Ktenoidschuppen beweist die Abstammung dieser von den Plakoidschuppen[WS 2]. Die Cutispapillen dagegen bilden sich scheibenförmig um, und diese Scheibe beginnt sich zugleich an ihrem Hinterende etwas zu heben als erste Andeutung der spätern dachziegelförmigen Anordnung der Schuppen. Indem nun in der Mitte der Scheibe eine zarte, außerordentlich feine Lage einer homogenen Substanz des Hyalodentins auftritt, findet eine Scheidung der die Scheibe bildenden Cutiselemente statt, und es bildet sich nach oben zu die Deckschicht, nach unten hin die Basalschicht aus; erst hier tritt dann eine Scheidung in der Bildung der Cykloid- und Ktenoidschuppen ein. Daß die Ktenoid- sich nach der Cykloidschuppe entwickelt, wird auch bestätigt durch die häufig zu beobachtende Thatsache von Rückschlägen der Ktenoid- in Cykloidschuppen, z. B. beim Barsch, während das Gegenteil nicht vorkommt. (Hofer, im „Sitzungsbericht der Münchener Gesellschaft für Morphologie“ 1890/91.)

Bei den Haifischen kennt man schon seit längerer Zeit ein eigentümliches Verhalten, welches mit ihrer niedern Organisationsstufe zusammenzuhängen scheint. Alle Organe der Haifische und Rochen erweisen sich nämlich, wie Städeler und Frerichs bereits 1858 beobachteten, ungewöhnlich reich an Harnstoff, jenem Zersetzungsprodukt, welches bei höhern Tieren schnellstens aus dem Kreislauf ausgeschieden wird, und wenn dies nicht geschieht, schwere Störungen hervorbringt. W. v. Schröder, der diese Untersuchungen in neuerer Zeit am Katzenhai wiederholte, fand im Mittel das Blut desselben so reich an Harnstoff wie den menschlichen Urin; die Muskeln, welche bei höhern Tieren fast ganz frei von Harnstoff sind, enthielten 1,95 Proz. und die Leber 1,39 Proz. Harnstoff. Da diese Befunde keinen Aufschluß über den Ort der Harnstoffbildung im Körper geben und der Genannte früher gefunden hatte, daß die Leber diesen Körper bildet, so entfernte er bei mehreren Katzenhaien die Leber und bestimmte während der Lebensdauer der Versuchstiere den Harnstoffgehalt der Muskeln. Es ergab sich aber im Vergleich zu andern Tieren nur eine so geringe Abnahme, daß man der Leber einen Einfluß nicht zuschreiben kann und wahrscheinlich die Trägheit der Niere, welche sonst die Abscheidung bewirkt, verantwortlich machen muß. Es spricht indessen für die geringe Erhebung der Organisation, daß diese Anhäufung eines Abfallstoffes in Blut und Geweben nicht schädigend einwirkt.

Über die Funktion der Schwimmblase bei den Fischen hat O. Liebreich einige gelegentliche Studien gemacht und gefunden, daß deren Thätigkeit beim Schwimmen völlig dem Prinzip des kartesianischen Tauchers entspricht, mit dem Unterschiede, daß der äußere Druck, welcher den Taucher zum Sinken bringt, beim Fisch auch durch Muskelzusammenziehung willkürlich geleistet werden kann, wenn die Höhe der Wassersäule nicht ausreicht, dem Fisch das für alle Schwimmbewegungen förderliche spezifische Gewicht = 1 durch Zusammendrückung der Schwimmblasenluft zu erteilen. In der Tiefe des Druckgleichgewichts, wo er so schwer wie das Wasser ist, wird er darum am bequemsten schwimmen, weil er dort weder von seiner Körperschwere nach unten, noch von der eingeschlossenen Luft nach oben gezogen wird; aber auch oberhalb dieser Ebene, wo er etwas leichter ist als das Wasser, wird er bequem zu schwimmen im stande sein, da er den Auftrieb durch Zusammendrücken der Schwimmblase leicht ausgleichen kann. Liebreich nennt den Raum, den das Wasser bis zu dieser Tiefe einnimmt, die Hydrosphäre des Fisches. In derselben wird er sich um so bequemer bewegen, je mehr er sich der Gleichgewichtsebene nähert. Aber auch oberhalb derselben kann er seinen Körper durch Zusammenpressen schwer genug machen, um sich in allen Höhen seiner Hydrosphäre beliebig lange schwebend zu erhalten.

Fritsch hat seine Studien über die elektrischen F. in jüngster Zeit an den Arten der Nilaales (Mormyrus) fortgesetzt. Von diesen Fischen weiß man überhaupt erst seit 1881 mit Sicherheit, daß sie zur Gruppe der elektrischen F. gehören, während man bis dahin nur den Zitterrochen (Torpedo), Zitterwels (Malapterurus), Zitteraal (Gymnotus electricus) und den gemeinen Rochen hierher zählte. Als Fritsch damals in El-Mansura (Ägypten) weilte, brachte ihm, während er sich gerade zur Abreise rüstete, ein arabischer Fischer den Nilaal (Mormyrus oxyrhynchus), einen von den alten Ägyptern verehrten und auf ihren Denkmälern häufig dargestellten Nilfisch. Zufällig berührte ein befreundeter Kaufmann denselben und glaubte dabei etwas wie einen schwachen elektrischen Schlag zu verspüren, was dann wiederholt auch von Fritsch selbst erprobt wurde. Dabei stellte sich zweierlei heraus, einmal, daß der elektrische Schlag des Nilaales von sehr geringer Kraft [302] ist, sodann daß der Schlag nur dann gut auszulösen ist, wenn man die beiden Finger genau den beiden Polen der horizontalen, aus Platten aufgebauten elektrischen Säulen zu beiden Seiten des Schwanzes anlegt. Aus diesem Verhalten wird verständlich, daß die elektrische Natur des Nilaales so lange Zeit unbekannt bleiben konnte, obwohl man schon lange an ihm ein Gebilde kannte, das den elektrischen Organen der Zitterfische in seinem anatomischen Bau entspricht. Man hatte es als pseudoelektrisch, als den Anfang der Umbildung einer Muskelpartie zu einem elektrischen Organ und den Nilaal als „pseudoelektrischen Fisch“ bezeichnet. Nur vereinzelt, so von Babuchin aus Moskau, war (1877) darauf hingewiesen worden, daß man doch durch die Zuckungen eines Krötenschenkels (der in Ermangelung eines Froschpräparats angewandt werden mußte) elektrische Ströme an diesem wie an dem ähnlichen, ebenfalls als pseudoelektrisch bezeichneten Schwanze des Zitterrochens nachweisen könnte, daß es somit wirkliche pseudoelektrische Organe gar nicht gäbe, sondern nur stärker und schwächer elektrische. Bei dem nahe verwandten Nilkarpfen (Mormyrus cyprinoides) konnte Babuchin indessen auch keine schwachen Ströme feststellen. Um diese Fragen zur Entscheidung zu bringen, begab sich Fritsch im Winter 1891 von neuem nach Ägypten, namentlich um die Richtung des elektrischen Schlages beim Nilaal festzustellen. Bezüglich dieser Richtung hatte Pacini gefunden, daß zwischen den Nervenendigungen im elektrischen Organ und der Schlagrichtung bestimmte Beziehungen bestehen, in der Art, daß die Fläche der elektrischen Platten, in welche sich die Nervenendigungen versenken, im Augenblick des Schlages negativ, die andre positiv elektrisch wird. Nur bei einer Art der elektrischen F., dem ebenfalls im Nil vorkommenden Zitterwels, stellte sich eine Ausnahme von dieser Pacinischen Regel heraus, bei dem Nilaal aber bewährt sich, wie Fritsch nunmehr bei seinen zu Kafr ez Sayat im Nildelta angestellten Versuchen festgestellt hat, die Pacinische Regel. Als Hilfsmittel für diese Feststellung diente ihm ein von Du Bois-Reymond gefertigter Multiplikator von 41,000 Windungen, der historisches Interesse besitzt, sofern schon Johannes Müller damit seine Studien am gemeinen Rochen betrieben hat.

Den Einfluß der Nahrung auf die Körperform zeigt bei den Fischen in bemerkenswerter Weise der Gründling (Gobio), von dem wir in unsern süßen Gewässern eine Art mit in die Länge gezogenem Kopf und längern Bartfäden (Gobio fluviatilis Cuv. Val.) und eine kurzschnauzige Art (Gobio obtusirostris Agass.) unterscheiden. Knauthe fand bei jahrelang fortgesetzten Versuchen, daß sich aus dem Laich der kurzschnauzigen Art, wenn die ausgeschlüpften Tiere in sehr nahrungsarmen Teichen zum Aufwuchs gelangten, in überwiegender Zahl langschnauzige Tiere entwickelten; in einem Fall entstanden sogar 85 Proz. der langschnauzigen Form; der Rest verhielt sich in der Mitte zwischen Gobio fluviatilis Cuv. Val. und obtusirostris Agass., nur 3–5 Proz., und zwar die allerkräftigsten Fischchen arteten den Eltern nach und wurden echte G. obtusirostris. Brut und Laich der kurzschnauzigen Gründlinge, in etwas nahrungsreichere Gewässer gebracht, entwickelten sich dergestalt, daß die größern und kräftigern Individuen die Form der Eltern (obtusirostris), die kleinern dagegen mehr oder minder deutlich die langschnauzige annahmen. Versuche endlich, die mit der Brut Gobio fluviatilis, des Gründlinges mit sehr langgezogenem Kopf, in einem ungemein nahrungsreichen Tümpel angestellt wurden, führten zu dem Resultat, daß bei 70–80 Proz. von den Fischen der Kopf breit und kurz wurde (obtusirostis). Die Experimente erinnern an die durch Nathusius und Nehring bekannt gewordene Thatsache, wonach bei Schweinen eine in der Jugend reichlich verabreichte Nahrung danach strebt, den Kopf der Tiere breiter und kürzer zu machen, während kärgliche Nahrung das entgegengesetzte Resultat erzeugt („Zool. Anz.“ 1891).

Unter den Schmarotzern und Parasiten, von denen die F. zu leiden haben, sind als besonders gefährlich bestimmte, zu den Protozoen gehörige Organismen erkannt worden die sogen. Sporidien, die die Sporidieninfektionen erzeugen. Solche Sporidien sind gefunden worden in den Epithelkernen der Harnblase des Hechtes, in den Blutkörperchen des Hechtes, in der Schwimmblase der Schleie, in den Muskeln der Meergrundel, des Stichlinges, der Sardine, in den Flossenmuskelzellen der Seenadel und in andern Fischen. Am verheerendsten ist die Sporidieninfektion bei der Barbe aufgetreten. In Deutschland ist die Seuche der Barben konstatiert in den Flußgebieten des Rheins, der Mosel, der Saar, in Frankreich in der Seine, Marne und Aisne; nach den Jahrgängen ist die Heftigkeit der Krankheit wechselnd, in manchen Jahren hat sie zu einem großartigen Fischsterben geführt. Die von der Krankheit befallenen F. taumeln an der Oberfläche des Wassers, als wären sie mit Kockelskörnern vergiftet. Äußerlich macht sich die Krankheit der Barben bemerklich durch mißfarbige Schwellungen der Haut und durch tiefe, kraterartige Geschwüre, die am Kopf, am Rumpf und am Schwanz sich tief in den Körper erstrecken. Die Beulen sind durchschnittlich walnußgroß, erreichen aber eine Länge bis 5 cm und werden bis 2 cm dick; durch ihren Aufbruch bilden sie kraterartige, blutgeränderte Geschwüre. Diese sind sämtlich erfüllt von einer gelben, bald mehr käsigen, bald mehr eiterartigen Masse, die sich unter dem Mikroskop als der Hauptsache nach aus Psorospermien bestehend erweist; außerdem wimmelt es in diesen Geschwüren von großen, beweglichen Bacillen. Die Sporen, d. h. die Fortpflanzungskörper des in der Barbe schmarotzenden Organismus, erscheinen als linsenförmige, glänzende Körperchen, deren Durchmesser rund 0,01 mm beträgt. Jede Spore besitzt einen in Spiralwindungen aufgerollten Faden, der an dem spitzen Pol der Spore herausgeschleudert werden kann, dabei aber mit seinem einen Ende an der Spore befestigt bleibt; der ausgetriebene Faden erreicht an Länge den vier- bis fünffachen Durchmesser der Spore. Wahrscheinlich dient der Faden dazu, um die aus den ausgebrochenen Beulen der F. ins Wasser gelangten Sporen an fremde Gegenstände, besonders wohl F., zu befestigen. Das weitere Schicksal der Spore, des aus ihr entstehenden schmarotzenden Organismus und somit die Art und Weise der Infektion der Barben ist noch völlig unbekannt. Bemerkenswert ist, daß bei der Barbe nur die Muskeln an dieser Sporeninfektion erkranken; Leber, Milz, Ovarien, Eier, Kiemen etc. finden sich frei. An der Schleie findet sich eine Sporidienkrankheit mit ganz genau der gleichen Spore, hier aber in der Gallenblase, Schwimmblase, Milz und in Anhängseln der großen Arterien. Auch andre Parasiten, besonders Würmer, sowohl im geschlechtsreifen Zustand (Fadenwürmer) als auch eingekapselte Larven (Bandwürmer), finden sich sehr zahlreich in Fischen. Von besonderm Interesse ist die Parasitenfauna der Wanderfische, da sie sich zum [303] Teil aus marinen Formen, zum Teil aus Formen des Süßwassers zusammensetzt. Die acht bekanntesten Wanderfische, nämlich Lachs, Meerforelle, Stint, Schnäpel, Maifisch, Finte, Aal, Neunauge, besitzen, soviel wir wissen, 76 verschiedene Arten parasitischer Würmer (18 Bandwürmer, 26 Saugwürmer, 23 Fadenwürmer und 9 Kratzer). Davon kommt fast die Hälfte, 36 Arten, nur in Wanderfischen vor, so daß man von einer eigentlichen Parasitenfauna dieser Tiere sprechen kann. Jeder Wanderfisch besitzt eine relativ hohe Zahl von ihm eigentümlichen Würmern, der Lachs 7 von 20 Parasiten, der Aal 10 von 25 etc. Von all diesen Wanderfischen zeichnet sich der Lachs dadurch aus, daß seine Parasitenfauna einen ausgeprägt marinen Charakter trägt; er infiziert sich wohl nur zufällig im Süßwasser, was sich daher erklärt, daß er vom Aufsteigen aus dem Meere, bis er verlaicht hat, niemals Nahrung zu sich nimmt und auch dann fast nicht. Die Parasiten der übrigen Wanderfische sind teils marinen Ursprunges, teils ausschließlich Süßwasserformen, u. endlich kommen einige Formen sowohl in Meer- als in Süßwasserfischen vor.

In der noch strittigen Frage, ob bei der Flugbewegung der fliegenden F. die Flossen nur als Fallschirme dienen, ohne durch irgend welche Eigenbewegung den sogen. Flug zu unterstützen (Burmeister und K. Möbius), oder ob der Flugfisch bei seinem durch Wirkung der Seitenmuskulatur bewirkten Sprung aus dem Wasser eine sogar äußerst lebhafte Flatterbewegung der Flossen ausführt, wie dies Seitz angibt, liegen neue Beobachtungen von F. Dahl und R. Du Bois-Reymond vor, welche zum Teil eine vermittelnde Stellung einnehmen, im ganzen aber die Ansicht von Möbius als die richtige erscheinen lassen. Nach Dahl bewirkt der Flugfisch das Aufsteigen aus dem Wasser durch heftige, schnell wiederholte Bewegungen mit dem Schwanze, der sich bei den fliegenden Fischen, den Exocoetus-Arten, allen andern Fischen gegenüber dadurch auszeichnet, daß der untere Teil der Schwanzflosse weit größer ist als der obere. Durch die schnellen Bewegungen des auch nach Du Bois-Reymonds Beobachtungen sehr kräftigen Schwanzes gerät der ganze Körper mehr oder weniger in Erschütterung, die sich auch den flügelartigen Brustflossen mitteilen und hier, wo die Amplitude nach der Spitze hin zunimmt, dem Auge sichtbar werden. Diese rein passive, meist als ein Vibrieren bezeichnete Bewegung kann so heftig werden, daß es aussieht, als ob die Flügel geschüttelt oder geschwungen würden. Niemals jedoch tritt, wie Du Bois-Reymond hervorhebt, durch diese Bewegung unmittelbar eine Hebung der Flugbahn ein, sondern die Hebungen sind auf die Bewegung der Luft über den Wellen oder die Schwimmbewegungen des Schwanzes im Wasser zurückzuführen. Hat der Fisch das Wasser völlig verlassen, so findet keinerlei Bewegung der Flossen mehr statt, weder eine Bewegung des Schwanzes, noch eine Flatterbewegung der „Flügel“, während sofort, wenn der Fisch das Wasser wieder berührt, die Schwanzflosse aufs neue zu arbeiten beginnt und häufig eine erneute Hebung zur Folge hat. Gegen die Annahme, daß die Brustflossen der fliegenden F. die Rolle von Flügeln spielen, spricht speziell auch das Verhalten gefangener F., welche weder zu fliegen versuchen, noch auch, wenn man sie selbst aus beträchtlicher Höhe fallen läßt, Flatterversuche machen. Das Aufsteigen aus dem Wasser geschieht häufiger gegen den Wind als mit dem Wind, auch fliegen sie gegen den Wind in der Regel weiter; das Wiedereinfallen scheint in den allermeisten Fällen ein unfreiwilliges zu sein. Bezüglich der Dauer des Fluges machte Du Bois-Reymond die Beobachtung, daß die weitfliegendsten Individuen fast genau 10 Sekunden in der Luft blieben, was ebenfalls dafür spricht, daß die Bewegung der fliegenden F. kein Fliegen, sondern ein Springen ist; könnten sich die F. durch Flügelschläge heben, so wäre nicht einzusehen, warum sie nicht auch länger fliegen könnten, während wenn es sich um einen Sprung handelt, diese Zeitdauer das Maß des besten Sprunges darstellt.

Das Alter der F. und somit des gesamten Wirbeltierstammes ist durch neuere Untersuchungen wiederum um viele Jahrtausende weiter zurück verlegt worden. Bei Canon-City (Colorado), in einem Sandstein, der auf den präpaläozoischen Gesteinen der östlichen Fronte des Felsengebirges ruht und dem untern Silur (Ordovicianschichten) zugeteilt wird, fanden sich in ungeheurer Menge die Platten von Panzer-Ganoidfischen und viele Bruchstücke der verkalkten Hülle des Notochord (Rückensaite) einer niedern Fischform, die vorläufig zu den Haien gerechnet worden ist. Der Fund, dessen genauere Beschreibung Walcott liefern wird, ist von ungewöhnlichem Interesse, weil wir durch denselben nunmehr einige von den Vorfahren der großen Gruppe der Panzerfische (Plakodermen) kennen lernen, die so unvermittelt gegen das Ende des obern Silur und in dem untern Abschnitt der Devonperiode in vielen Formen auftreten. Dadurch wird die frühe Formenvermehrung verständlicher, denn durch den Umstand, daß die Wirbeltierfauna nun weit zurück, bis zum untersten Silur geführt wird, bleibt der Schluß unabweisbar, daß die Trennung der Wirbeltiere von den Wirbellosen schon in kambrischen Zeiten ihren Anfang gehabt haben muß, und das gleichzeitige Auftreten der Reste von Hai- und Panzerfischen ist besonders lehrreich. Denn es deutet darauf hin, daß die von Woodward in seinem jüngst erschienenen Katalog der fossilen F. des Britischen Museums ausgedrückte Meinung richtig ist, daß unter den ältesten Fischen schon mehrere Reihen nebeneinander herliefen, wie Haie und Panzerfische, denen sich die Doppelatmer anschließen. Er teilt mit Huxley die F. in zwei Gruppen, autostyle, ohne besondern Aufhängeapparat des Schädels, und hyostyle, mit einem solchen, und meint, daß in beiden Hauptzweigen Quastenflosser (Archi- oder Crossopterygier) die ältesten Vertreter gewesen seien, von denen die heute herrschenden Strahlflosser (Aktinopterygier) erst abstammen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: das
  2. Vorlage: Plankoidschuppen