MKL1888:Elektrische Leitungen

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Elektrische Leitungen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 18 (Supplement, 1891), Seite 230231
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Elektrische Leitungen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 18, Seite 230–231. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Elektrische_Leitungen (Version vom 19.04.2021)

[230] Elektrische Leitungen, Vorrichtungen zur Überführung der elektrischen Energie von der Erzeugungsstelle nach den verschiedenen Verwendungsstellen. Als Leiter der Elektrizität dienen vorwiegend die Metalle; unter ihnen nimmt das Kupfer, welches neben dem Silber die größte Leitungsfähigkeit besitzt, den ersten Rang für die Praxis ein. Man würde es wohl ausschließlich verwenden, falls man nicht auch in manchen Fällen, wie bei frei gespannten Leitungen, auf die Zugfestigkeit Rücksicht zu nehmen hätte, welche des öftern die Wahl von Leitungen aus Eisen, Siliciumbronze, Aluminiumbronze, Phosphorbronze nötig macht. Es gilt nun ferner, diese Leitungen gegen andre Leiter zu isolieren, damit sich nicht durch deren Berührung der Strom teilweise unbeabsichtigte Bahnen verschafft. Bei Verwendung von blanken Leitungen müssen daher die Stellen, an welchen die Leitungen befestigt sind, durch Nichtleiter (Glas, Porzellan, imprägniertes Holz etc.) isoliert werden, oder man überzieht die Leitungen in ihrer ganzen Länge mit einer isolierenden Schicht (Baumwolle, Seide, Guttapercha u. a. m.). Notwendig wird dies, wenn die Leitungen unterirdisch oder im Wasser verlegt werden. Unterirdische Leitungen (Kabel) werden entweder zu telegraphischen, bez. telephonischen Übertragungen, oder zu Licht-, bez. Kraftzwecken benutzt. Um sie bequem verlegen zu können, muß man namentlich bei Leitungen mit großem Kupferquerschnitt eine Anzahl dünner Drähte seilartig verbinden, weil nur dadurch die nötige Biegsamkeit erzielt wird. Das isolierte Kupferseil wird zum Schutz der Isolation vor den zerstörenden Wirkungen des Erdreichs mit einer dicht anliegenden Bleihülle umgeben (Bleikabel). Damit endlich bei Erdarbeiten mechanische Beschädigungen (durch Hacken etc.) möglichst ausgeschlossen werden, umgibt man das Bleikabel noch mit Eisenbändern, welche wieder durch eine aus geteertem Hanf bestehende Schicht gegen Zutritt von Feuchtigkeit etc. geschützt werden (eisenbandarmiertes Bleikabel). Derartige Kabel sind teuer und fallen namentlich bei einem großen Netz sehr ins Gewicht. Man hat daher versucht, unterirdische Leitungen auf die Weise herzustellen, daß man die Leitungen blank in eingegrabenen Zementkanälen (Monierkanäle nach ihrem Erfinder benannt; vgl. Monierbau) verlegte und an den Unterstützungspunkten Isolatoren verwendete. Allein die Praxis hat ergeben, daß diese Leitungen völlig unzureichend und keineswegs betriebssicher sind. Im Berliner Leitungsnetz, wo sie [231] probeweise zur Verwendung kamen, sind sie wieder durch Kabel ersetzt worden. Es ist schwierig, die Zementkanäle wasserdicht zu verschließen, sodann werden sie nur zu häufig durch Grundwasser überflutet, wobei die gegeneinander isolierten Leitungen in leitende Verbindungen gebracht werden, drittens lassen sich die Kanäle nicht unter den Fahrdamm verlegen, da sie eine größere Belastung nicht vertragen; wollte man sie jedoch stärker bauen, so würden sie bei weitem teurer werden als Kabel, es sei denn, daß man in jeden Kanal eine große Anzahl von Leitungen legte; endlich aber ist die Isolation für Ströme von hoher Spannung kaum betriebssicher herzustellen. Man ist daher in der Praxis vorläufig von diesem System abgekommen.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 240
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[240] Elektrische Leitungen. Die wesentlichen Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen Leitungen beziehen sich zumeist auf betriebssichere Fortleitung sehr hoher Spannungen, also auf möglichst vollkommene Isolierung der Leitungen gegen ihre Umgebung.

Fig. 1. Älterer Porzellanisolator.

Bei unterirdischen Leitungen (Kabeln), muß die gesamte Länge mit Isolationsmasse umgeben sein, bei oberirdischen Leitungen dagegen brauchen nur die Stützpunkte eine ausreichende Isolation zu besitzen. Während man bislang ökonomische Kabel für 10,000 Volt Spannung noch für etwas schier Unerreichbares hielt, bieten heute bereits einige Fabriken 10,000 Volt-Kabel unter Garantie an; ja Siemens Brothers and Co., London, hatten ein 400 m langes Doppelkabel in Frankfurt a. M. ausgestellt, welches, mit 20,000 Volt gespeist, einen Teil der Main-Ausstellung mit Licht versorgte. Bevor das Kabel dem Betrieb übergeben wurde, war es 4 Stunden lang mit 50,000 Volt geprüft worden. Es besteht aus zwei mit je einer etwa 1 cm starken Guttaperchaschicht umgebenen Kupferleitungen, welche in einem Drall von ca. 1 m umeinander gewunden sind und zum äußern Schutze zusammen in eine mit Asphalt getränkte Hanfhülle gebettet sind.

Fig. 2. Ölisolator. Fig. 3. Ölisolator.

Bei oberirdischen Leitungen für hohe Spannungen haben sich die gewöhnlichen Porzellanisolatoren, wie sie sich bei Telegraphenleitungen etc. in allgemeiner Verwendung befinden, als nicht mehr ausreichend erwiesen. Bei diesen wird durch einen oder mehrere Zacken a, b (Fig. 1) ein direkter Übergang der Feuchtigkeit von dem Porzellanmantel f nach dem Eisenbolzen g so ziemlich ausgeschlossen, und diese kann daher zwischen dem gestützten Draht d und dem etwa feuchten Mast eine leitende Verbindung mit der Erde kaum herstellen; wenigstens reicht die Isolation[WS 1] aus, solange der Draht d nur Ströme niederer Spannung (bis zu 600 Volt) führt. Für höhere Spannungen muß man jedoch noch für eine bessere Isolation sorgen, denn man hat sehr häufig mit dem Fall zu rechnen, daß sich die ganze Isolatorglocke außen und innen mit Feuchtigkeit beschlägt, und schon dies genügt, um der hohen Spannung eine Brücke zum Übergang zur Erde zu bieten.

Fig. 4. Leitungsgestänge für drei Drähte.

Um auch hiergegen Vorkehrungen zu treffen, biegt man den Porzellanmantel nach innen auf und füllt die so entstandene Rinne a mit Öl aus (Fig. 2); dieses Öl wird dann, da leichter als Wasser, immer an seiner Oberfläche zwischen b und c eine starke isolierende Schicht bilden und selbst bei den stärksten Spannungen den Bolzen genügend von dem Porzellanmantel isolieren. Versuche haben ergeben, daß mittels dieser sogen. Ölisolatoren Ströme von 20,000 und mehr Volt betriebssicher geleitet werden können. Eine andre Art von Ölisolatoren zeigt Fig. 3. Hier sehen wir mehrere Rinnen angeordnet, welche mit Öl gefüllt werden; sie bieten einen erhöhten Schutz. Bei der Lauffener Kraftübertragung wurden ca. 9000 Ölisolatoren verwendet, und zwar 6000 von der Form in Fig. 2, und 3000 von jener in Fig. 3. Fig. 4 zeigt ferner das Leitungsgestänge für die drei von Lauffen nach Frankfurt a. M. führenden Drähte.

Eine weitere Neuerung bezieht sich vorwiegend auf die Verlegung von Drahtleitungen in eleganten Räumen. Die Leitungen werden in eigens dazu hergestellte Röhren von unverbrennbarer Papiermasse verlegt. Diese Röhren können wie Holz- oder Gipsleisten zugleich als Dekoration dienen. Sie sind ferner wasserdicht und bieten dadurch den Leitungen noch erhöhten Schutz.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Isola-|lation