MKL1888:Holtzmann
[666] Holtzmann, 1) Karl Julius, protest. Theolog, geb. 6. Mai 1804 zu Karlsruhe, ward nach absolvierten Vikariatsjahren (1814–16) Lehrer, später Professor am Lyceum daselbst, 1847 Stadtpfarrer und Lehrer am evangelischen Predigerseminar zu Heidelberg und trat 1861 als Prälat in den erneuerten evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe ein. Als Mitglied der Generalsynode von 1861 wirkte er thätig mit zum Zustandekommen der neuen badischen Kirchenverfassung. Er starb 23. Febr. 1877 in Karlsruhe.
2) Adolf, Germanist, geb. 2. Mai 1810 zu Karlsruhe, Bruder des vorigen, studierte in Halle u. Berlin Theologie, wandte sich aber dann der Sprachwissenschaft zu, indem er sich mit Unterstützung der Regierung 1832 nach München, 1834 nach Paris begab. 1837 zum Erzieher der badischen Prinzen berufen, verweilte er eine Reihe von Jahren in dieser Stellung, bis er 1852 die Professur der deutschen und indischen Sprache an der Universität Heidelberg erhielt. Er starb 3. Juli 1870 daselbst. Seine Arbeiten gehören dem Gebiet der orientalischen Sprachen (Indisch und Altpersisch) wie dem der deutschen Sprache und Litteratur an. Von jenen sind zu nennen seine Übersetzung des indischen Epos „Ramajana“ (Karlsr. 1841, 2. Aufl. 1843), die „Indischen Sagen“ (das. 1845–47, 3 Bde.; 2. Aufl. 1854, 2 Bde.), die Schrift „Über den griechischen Ursprung des indischen Tierkreises“ (das. 1841) und die „Beiträge zur Erklärung der persischen Keilinschriften“ (das. 1845, Heft 1); dem Gebiet der deutschen Grammatik auf sprachvergleichender Grundlage gehören an: „Über den Umlaut“ (Karlsr. 1843) und „Über den Ablaut“ (das. 1844), der deutschen Litteratur, seine Ausgabe der althochdeutschen Übersetzung eines Traktats von Isidor (das. 1836), seine „Untersuchungen über das Nibelungenlied“ (Stuttg. 1854), worin er der herrschenden Ansicht von Lachmann mit Erfolg entgegentrat, und woran sich außer der Streitschrift „Kampf um der Nibelunge Hort“ (das. 1855) seine Ausgabe des „Nibelungenlieds“ (das. 1857) und der „Klage“ (das. 1859) sowie die Schulausgabe des „Nibelungenlieds“ (3. Aufl. 1874) anschlossen, endlich [667] die Ausgabe des „Großen Wolfdietrich“ (Heidelb. 1865). Großen Widerspruch fand sein Buch „Kelten und Germanen“ (Stuttg. 1855), worin er die Identität beider Völker zu beweisen versuchte. Seine „Altdeutsche Grammatik“ (Leipz. 1870–75, Bd. 1) blieb unvollendet. Nach seinem Tod erschienen, von Holder herausgegeben: „Germanische Altertümer mit Text, Übersetzung und Erklärung von Tacitus’ Germania“ (Leipz. 1873); seine Vorlesungen über „Deutsche Mythologie“ (das. 1874) und „Die ältere Edda, übersetzt und erklärt“ (das. 1875).
3) Heinrich Julius, protest. Theolog, Sohn von H. 1), geb. 17. Mai 1832, ward 1861 außerordentlicher, 1865 ordentlicher Professor der Theologie in Heidelberg und folgte 1874 einem Ruf an die theologische Fakultät zu Straßburg. Er schrieb: „Kanon und Tradition“ (Ludwigsb. 1859); „Die synoptischen Evangelien, ihr Ursprung und geschichtlicher Charakter“ (Leipz. 1863); „Kritik der Epheser- und Kolosserbriefe“ (das. 1872); „Die Pastoralbriefe“ (das. 1881); „Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in das Neue Testament“ (Freiburg 1885, 2. Aufl. 1886). Außer den neutestamentlichen Partien von Bunsens Bibelwerk veröffentlichte er auch: „Predigten, gehalten im akademischen Gottesdienst zu Heidelberg“ (Elberf. 1865); „Akademische Predigten“ (Leipz. 1873); „Geschichte des Volkes Israel und der Entstehung des Christentums“ (mit G. Weber, das. 1867, 2 Bde.) und mit Zöpffel „Lexikon für Theologie und Kirchenwesen“ (das. 1882).