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MKL1888:Holtzendorff

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Holtzendorff“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Holtzendorff“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 8 (1887), Seite 666
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Holtzendorff. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 666. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Holtzendorff (Version vom 04.03.2023)

[666] Holtzendorff, 1) Karl Friedrich von, ausgezeichneter preuß. Artilleriegeneral, geb. 17. Aug. 1764 zu Berlin, Sohn des Artillerieinspekteurs unter Friedrich d. Gr., Generals Georg Ernst von H. (1714 bis 1785), betrat 1778 die militärische Laufbahn, ward 1781 Leutnant, erwarb 1794 bei Wawriczow den Orden pour le mérite, wurde 1806 verwundet, nahm an der Verteidigung von Danzig teil, ward 1807 Major und 1809 Brigadier der gesamten reitenden Artillerie. 1813 dem Korps Bülows zugeteilt, zeichnete er sich besonders bei Großbeeren, Dennewitz und Leipzig, 1814 bei Laon und 1815 bei Ligny und Waterloo aus. Seit 1813 Generalmajor, erhielt er 1816 das Kommando der Gardeartillerie und das der 1. und 2. Artilleriebrigade, 1820 das der 2. Division und 1825 die Stelle eines Generalinspektors des Militärerziehungs- und Bildungswesens der Armee. Er starb 26. Sept. 1828 in Berlin.

2) Franz von, Rechtslehrer und Schriftsteller, geb. 14. Okt. 1829 zu Vietmansdorf in der Ukermark, studierte Jurisprudenz und widmete sich darauf der Gerichtspraxis, bis er sich 1857 zu Berlin als Dozent habilitierte, wo er 1861 eine außerordentliche, 1873 eine ordentliche Professur erhielt. Im Herbste d. J. ging er nach München. Seine Bemühungen sind vornehmlich auf die Reform des Gefängnis- und Strafwesens überhaupt gerichtet, zu welchem Zweck er ausgedehnte Studienreisen durch ganz Europa machte. Unter seinen hierauf bezüglichen Schriften sind hervorzuheben: „Die Deportationsstrafe im römischen Altertum“ (Leipz. 1859); „Die Deportation als Strafmittel“ (das. 1859); „Das irische Gefängnissystem“ (das. 1859); „Die Kürzungsfähigkeit der Freiheitsstrafen und die bedingte Freilassung der Sträflinge“ (das. 1861); „Kritische Untersuchungen über die Grundsätze und Ergebnisse des irischen Strafvollzugs“ (Berl. 1865). Unter seinen gegen die in Preußen übliche Verwaltung des Gefängniswesens gerichteten Schriften haben namentlich zwei: „Die Brüderschaft des Rauhen Hauses“ (Berl. 1861) und „Der Brüderorden des Rauhen Hauses und sein Wirken in den Strafanstalten“ (1. u. 2. Aufl., das. 1862), in weitern Kreisen Aufsehen erregt. Von 1861 bis 1873 gab H. die „Allgemeine deutsche Strafrechtszeitung“, seit 1866 mit Virchow die „Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge“, seit 1871 das „Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege des Deutschen Reichs“, seit 1872 mit W. Oncken die „Zeit- und Streitfragen“ heraus. Außerdem schrieb er noch: „Französische Rechtszustände“ (Leipz. 1859); „Die Reform der Staatsanwaltschaft in Deutschland“ (Berl. 1864); „Die Umgestaltung der Staatsanwaltschaft vom Standpunkt unabhängiger Strafjustiz“ (das. 1865); „Die Prinzipien der Politik“ (das. 1869, 2. Aufl. 1879); „Das Verbrechen des Mordes und die Todesstrafe“ (das. 1875); „Ein englischer Landsquire“ (Stuttg. 1877); „Wesen und Wert der öffentlichen Meinung“ (Münch. 1879, 2. Aufl. 1880); „Schottische Reiseskizzen“ (Bresl. 1882); „Rumäniens Uferrechte an der Donau“ (Leipz. 1883; franz., das. 1884); „Zeitglossen des gesunden Menschenverstands“ (Münch. 1884). Auch begründete er die „Encyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer und alphabetischer Bearbeitung“ (Leipz. 1870–71, 2 Tle. in 3 Bdn.; 4. Aufl. 1882), das „Handbuch des deutschen Strafrechts“ (Berl. 1871–77, 4 Bde.), das „Handbuch des deutschen Strafprozeßrechts“ (das. 1879, 2 Bde.) und das „Handbuch des Völkerrechts“ (das. 1885, Bd. 1). Nach dem Englischen bearbeitete er Perrys „Franz Lieber. Aus den Denkwürdigkeiten eines Deutsch-Amerikaners“ (Stuttg. 1885). Von seiner öffentlichen Wirksamkeit erwähnen wir die Begründung des deutschen Juristentags, welche wesentlich sein Werk war, seinen Anteil am Protestantentag, seine Thätigkeit für Verbesserung der sozialen Stellung der Frauen und seine Verteidigung des Grafen Harry v. Arnim (1874). Über die Familie H. vgl. W. v. Holtzendorff, Die von H. in der Mark Brandenburg und Chursachsen (Berl. 1876).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 438
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[438] Holtzendorff, 1) Karl Friedrich von, preuß. Artilleriegeneral. 1888 wurde das 8. preußische Feldartillerieregiment (1. rheinisches) nach H. benannt.

2) Franz von, Rechtslehrer, starb 5. Febr. 1889 in München. Vgl. Störk, Franz v. H. (Hamb. 1889).