MKL1888:Kreide

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kreide“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 182
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Kreide. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 182. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kreide (Version vom 04.04.2023)

[182] Kreide (Mus), s. Kraut.

Kreide (weiße K.), weißer, feinerdiger, lockerer und deshalb abfärbender Kalkstein, aus sehr kleinen Kalkscheibchen (sogen. Kokkolithen, deren organische Abstammung zweifelhaft ist) und Foraminiferenschalen bestehend, daneben Bryozoen, Fragmente von Mollusken- und Krebsschalen (vgl. Abbildung). Diese

Mikroskopische Ansicht der weißen Schreibkreide.
a Foraminiferen, b Bryozoen, c Kokkolithen.

gewöhnliche weiße K. ist ein wichtiges und in England, Frankreich, Rügen etc. sehr mächtiges Glied der (obern) Kreideformation, welche ihr den Namen verdankt. Sogenannte K. aus andern Systemen ist meist der wahren K. nur oberflächlich ähnlich und bei näherer Prüfung von derselben petrographisch und genetisch verschieden. Eine besondere Abart bildet die mit Glaukonit (nicht Chlorit) gemengte glaukonitische K. (fälschlich chloritische K. genannt), eine weitere der sogen. Kreidetuff von Maastricht, aus fein geriebenen Korallen-, Bryozoen-, Foraminiferen- und andern Resten bestehend. An sich ist die K. nur undeutlich geschichtet, wohl aber sind die ihr oft eingelagerten Feuersteinknollen lagenweise verteilt. In den Handel kommt das rohe Gestein und wird namentlich in Soda- und Chlorkalkfabriken sowie in Glashütten und chemischen Fabriken benutzt, auch zu Mörtel gebrannt. An sich unreine, namentlich häufig Quarzbeimengungen führende Kreidegesteine werden geschlämmt und liefern dann die Schlämmkreide. Die durch Handscheidung von den Beimengungen getrennte und durch ein Räderwerk von den gröbsten Steinen befreite K. fällt, auf einer schiefen Ebene hinabrollend, in einen Schlämmbottich, in welchem sie durch eine mit eisernen Kratzen versehene rotierende Welle mit seitlich zufließendem Wasser gemischt wird. Die abfließende Kreidemilch, welche die feinsten Kreideteilchen suspendiert enthält, gelangt in tiefer stehende Sammelbottiche und wird von dort durch eine Pumpe nach dem viel höher stehenden Trockenhaus gefördert. Hier wird die Milch in Absatzbottichen aufgefangen, das klare Wasser abgelassen und die abgesetzte K. nach einigem Abtrocknen in Ziegel gestrichen und in Schuppen getrocknet. Die geschlämmte K. dient als Wasserfarbe, Untergrund von Vergoldungen, zum Putzen und Polieren von Metallen, zur Entwickelung von Kohlensäure, zum Neutralisieren von Säuren, z. B. bei der Zitronensäure- und Weinsäurefabrikation, bei der Bereitung von Stärkezucker mit Schwefelsäure, ferner in der Krappfärberei, als Zusatz zu Kitten, als Verdickungsmittel mehrerer Farbstoffe, zur Entfernung von Flecken etc. Geschnittene K. zum Schreiben besteht aus vorzüglich reiner und weißer Masse, welche in stängelig-viereckige, cylindrische oder konische Formen geschnitten und mit Papier beklebt wird. Spanischweiß (Wiener Weiß, Dänischweiß, Marmorweiß, Blanc de Meudon, Blanc de Troyes, Bologneser, Champagner K.) ist feinste geschlämmte K., die als Malerfarbe und zum Putzen dient. Sehr schön ist die K. von Möen, Köln und Bologna. Die K. von Rügen heißt auch Breslauer K. Legt man K. in Wasserglas (kieselsaures Natron), so findet Zersetzung statt; die K. überzieht sich infolge davon mit einer Kruste von kieselsaurem Kalk, erlangt dadurch eine sehr große Härte und kann poliert werden. Braune K. ist s. v. w. Umbra, Kesselbraun, Kölnische Erde; Briançoner K., spanische K., venezianische K., s. v. w. Speckstein; schwarze K., s. Thonschiefer; rote K., s. Rötel. Vgl. Zittel, Die K. (Berl. 1876).