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MKL1888:Römische Litteratur

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Römische Litteratur“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 925929
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Römische Litteratur. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 925–929. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:R%C3%B6mische_Litteratur (Version vom 16.11.2024)

[925] Römische Litteratur. Man kann die Geschichte der römischen Litteratur in fünf Perioden einteilen. In der ersten, von Erbauung Roms bis auf Livius Andronicus, 240 v. Chr., kann von einer eigentlichen Litteratur noch nicht die Rede sein. Einige religiöse und andre Lieder, die dem spätern Rom schon unverständlich waren, spärliche und rohe dramatische Versuche, Bruchstücke von Gesetzen und Inschriften etc. sind die einzigen Denkmäler dieser Periode, von denen wir etwas wissen. Die zweite Periode beginnt mit Livius Andronicus, einem latinisierten Griechen, welcher mit seinen Übertragungen griechischer Dramen und der Homerischen „Odyssee“ die griechische Litteratur in Rom einführte und den ersten Anstoß zur Entwickelung einer sich ganz an die griechischen Muster anschließenden Kunstpoesie gab. Die vielfachen Berührungen mit den Griechen, welche die Folgezeit mit sich brachte, ließen griechische Bildung trotz manches Widerstandes patriotischer Römer immer mehr in Rom Platz greifen, und selbst ein solcher Gegner alles griechischen Wesens wie der alte Cato, der Begründer der römischen Prosa, vermochte sich dem Einfluß der griechischen Litteratur nicht mehr zu entziehen. Während die Prosa römischen Staatsmännern vorwiegend ihre Weiterbildung verdankt, sind die Hauptvertreter der Poesie dieses Zeitalters durchaus Nichtrömer. Zur selbständigen Entwickelung gelangte nur eine den Griechen nicht entlehnte Dichtgattung, die Satire. Die Dauer dieser Periode reicht bis zum Tod Sullas (78 v. Chr.); es ist die Periode der beginnenden Blüte. Die dritte Periode, gewöhnlich das „goldene Zeitalter“ der römischen Litteratur genannt, reicht bis zum Tode des Augustus (14 n. Chr.). Die Ausbildung der Sprache erscheint vollendet, griechische Muster sind durchaus der Maßstab für die Darstellung geworden. Überhaupt wird das ganze römische Leben von griechischer Bildung durchdrungen. Von Griechen wurde der junge Römer erzogen, und nach Griechenland zog er, um seine Bildung zu vollenden. Doch konnte sich der römische Charakter, der sich besonders in der Richtung auf das Praktische zeigte, auch hier nicht ganz verleugnen: die eigentliche Spekulation, wie sie in der griechischen Philosophie hervortritt, fand bei den Römern wenig Beifall; dagegen bildeten sie alles mit Vorliebe weiter, was auf das Leben unmittelbar Einfluß hatte, besonders was die politische Thätigkeit unterstützte und förderte. Daher sorgsames Studium der Dialektik und ihre Anwendung auf die Beredsamkeit und Pflege der Ethik in den das öffentliche und Privatleben unmittelbar berührenden Fragen. Mit der Beredsamkeit, welche in dieser Periode unter Cicero ihren Kulminationspunkt erreichte, erhob sich auch die Geschichtschreibung, nach griechischen Mustern gebildet oder genährt. Auf dem Gebiet der Poesie trat das Drama, das in der vorigen Periode eine Reihe von Vertretern gehabt hatte, immer mehr zurück; dagegen fand namentlich im Augusteischen Zeitalter das Epos, das heroische wie das didaktische, vielseitige Pflege, und die römische Lyrik bildete sich eigentlich erst jetzt aus. Die Sprache erreichte in dieser Periode ihre höchste Ausbildung. Die vierte Periode oder das „silberne Zeitalter“ beginnt mit dem Tode des Augustus und dauert ungefähr bis zum Anfang der Regierung des Hadrian (von 14–117). Daß in diesem Zeitraum die Litteratur ihrem Verfall entgegenging, darf nicht wundernehmen bei der überhandnehmenden Sittenverderbnis, dem Hereinfluten fremdländischer Elemente und der despotischen Regierungsweise einzelner Kaiser. Die Anstellung öffentlicher Lehrer konnte den Verfall der Sprache und Litteratur nicht hindern. Dichtkunst und Dichter sanken immer mehr in ihrem Ansehen; Gelehrsamkeit und rhetorischer Schmuck herrschten vor, Originalität fehlte meist, man begnügte sich mit Nachahmung klassischer Muster. Nur die Satire war noch originell und geißelte, wenn auch mit mehr rhetorischem als sittlichem Ingrimm, den Verfall der Sitte im öffentlichen und Privatleben. Besser als um die Poesie stand es um die Beredsamkeit, obgleich natürlich mit der Freiheit auch ihr das eigentliche Lebensmark genommen war. Sie blieb auch in diesem Zeitraum noch Hauptbeschäftigung der Römer, weil sie Einfluß und Ehre verlieh und, wenigstens die gerichtliche, auch erträglich war. In der Rede herrschten nicht mehr die Kraft und Einfachheit der frühern Zeit; Schwulst und leeres Wortgepränge sollten ersetzen, was dem Inhalt an Wahrheit und Wärme abging. Auch die Geschichtschreibung vermochte unter dem Druck der staatlichen Verhältnisse ihre Aufgabe nicht mehr zu lösen. Die fünfte Periode reicht bis zum gänzlichen Untergang des weströmischen Reichs (476). In dieser Periode des immer maßloser auftretenden Despotismus, des überhandnehmenden Synkretismus und der schwindenden Nationalität arteten Sprache und Litteratur immer mehr aus. Erstere wurde durch fremde Bestandteile mehr und mehr verunreinigt, und in der Litteratur herrschten Künstelei, Überladung, Schwulst, Phrasenwesen. Die Poesie, der weder Pflege noch Aufmunterung zu teil ward, diente bloß äußern Zwecken. Die Beredsamkeit, aus der Öffentlichkeit, vom Forum, zurückgedrängt in die Schulen, fristete kümmerlich ihr Dasein und sank im Dienste der Kaiser zur Lobrednerei herab. Daher kann man mit dem Ende der fünften Periode auch das Ende der lateinischen Sprache und Litteratur setzen; denn wenn auch Sieger und Besiegte sich der römischen Sprache noch bedienten, so drängten sich doch immer mehr fremde Elemente in sie ein, besonders seitdem fremde Völker sich in Italien festgesetzt hatten.

Die poetische Litteratur.

Wenn Livius Andronicus der Begründer der römischen Kunstpoesie, von den griechischen Kunstgattungen das Drama 240 v. Chr. zuerst in Rom einführte, so geschah dies aus dem rein praktischen Grunde, daß für diese Gattung sich damals allein ein Anknüpfungspunkt bot in der Vorliebe der italischen Völker für dramatische Darstellungen und in dem Vorhandensein einer stehenden Bühne in Rom, auf welcher im Anschluß an die römischen Spiele von gewerbsmäßigen Schauspielern sogen. Saturae, mit Flötenspiel und mimischem Tanz verbundene Gesangvorträge, aufgeführt wurden. An improvisierten dramatischen Spielen mancher Art hatte sich von jeher die italische Bevölkerung bei festlichen Gelegenheiten erlustigt; diese volkstümlichen Spiele bestanden fort, wurden aber von den Vertretern der Kunstpoesie zunächst nicht berücksichtigt, sondern erfuhren erst gegen Ende der Republik kunstmäßige Behandlung. Die dramatische Thätigkeit des Livius beschränkte sich auf ein bloßes Übersetzen griechischer Tragödien und Komödien, und mehr oder minder freie Bearbeitungen griechischer Originale sind auch zum überwiegenden Teil die Dramen seiner Nachfolger gewesen. Zwar versuchte bereits der nächste derselben, Gnäus Nävius (um 235), selbständige [926] Tragödien national-römischen Inhalts, sogen. Fabulae praetextae, zu schaffen, und dieser Versuch fand auch Nacheiferung, doch überwog durchaus die Nachbildung griechischer Tragödien. Die bedeutendsten Vertreter der republikanischen Tragödie sind Quintus Ennius (239–170), M. Pacuvius (220–130) u. L. Accius (Attius, 170 bis um 104). Von ihren zahlreichen, noch lange nach ihrem Tod aufgeführten Stücken sind nur Bruchstücke erhalten, welche als Eigentümlichkeit dieser Tragiker bisweilen in Schwulst oder Trivialität ausartende Gravität in der Haltung der Charaktere wie in Gedanken und Sprache erkennen lassen. Aus der Kaiserzeit besitzen wir in den durchaus rhetorischen, schwerlich für die Bühne bestimmten Stücken des Seneca (s. d.) die einzigen uns erhaltenen Tragödien der römischen Litteratur. Von den übrigen Tragödienschreibern des 1. Jahrh. n. Chr., in welchem das dramatische Dichten überhaupt immer mehr erlosch, ist uns wenig mehr als die bloßen Namen bekannt. Auch die Komödie bewegte sich anfangs in der von Livius eingeschlagenen Bahn mehr oder minder freier Nachahmung griechischer Stücke und zwar vorzugsweise der sogen. neuern Komödie. Seinen Höhepunkt erreichte dieses nach griechischen Mustern geschriebene Lustspiel, die sogen. Comoedia palliata, durch T. Maccius Plautus (gest. 184) und P. Terentius (gest. 159 v. Chr.), von denen wir die einzigen vollständigen Komödien der römischen Litteratur besitzen. Ungefähr gleichzeitig mit dem letztern kam die Comoedia togata auf, die in den Formen der griechischen Komödie nationale Stoffe behandelte, und der sich nunmehr die besten Kräfte zuwandten. Als ihr Hauptmeister galt den Alten L. Afranius (um 150 v. Chr.). Im Anfang des 1. Jahrh. v. Chr. machten L. Pomponius und Novius den erfolgreichen Versuch, das alte echt italische Volksspiel der Atellane (s. d.) einer kunstgerechten Behandlung zu unterwerfen, wie dies seit der Mitte desselben Jahrhunderts mit dem gleichfalls altnationalen Mimus (s. Mimen) durch Decimus Laberius und Publilius Syrus geschah. Während in der Kaiserzeit die Comoedia palliata und Comoedia togata allmählich von der Bühne verschwanden, bestanden die Atellane und der Mimus noch lange fort, freilich vorwiegend als Belustigung der untern Volksklassen; die Unterhaltung der höhern Stände bildete der stumme, ballettartige Pantomimus.

Den Anfang des römischen Kunstepos bezeichnen ebenfalls Livius Andronicus und Gajus Nävius, von denen jener die Odyssee zum Schulgebrauch übersetzte, dieser den ersten Punischen Krieg beschrieb, beide in dem rohen einheimischen saturnischen Versmaß. Der eigentliche Schöpfer des römischen Epos ist jedoch Quintus Ennius, der mit seinem Hauptwerk, den Roms Geschichte von der Gründung bis auf seine Zeit behandelnden „Annales“, den griechischen Hexameter einbürgerte. Auf der von Ennius eingeschlagenen Bahn der Verherrlichung nationaler Thaten bewegte sich das römische Epos fast ausschließlich bis in die Zeit des Cicero. In dieser fing man an, mit Vorliebe mythische Stoffe der Griechen episch zu behandeln, besonders in Anlehnung an die alexandrinischen Dichter. Eine Probe dieser Richtung besitzen mir noch in Catulls Epyllion von der Hochzeit des Peleus und der Thetis, überhaupt der einzigen vollständig erhaltenen epischen Dichtung der republikanischen Zeit. Im Augusteischen Zeitalter finden sich beide Gattungen, das historische und heroische Epos, durch eine Reihe von Dichtern vertreten. Beide Richtungen vereinigte in seiner „Aeneïs“ Vergilius Maro (70–19 v. Chr.), der den Höhepunkt des römischen Epos bezeichnet und von unberechenbarem Einfluß auf die Poesie der Folgezeit gewesen ist. Aus dem 1. Jahrh. n. Chr. besitzen wir von historischen Epen hauptsächlich die „Pharsalia“ des Lucanus und die „Punica“ des Silius Italicus, während die heroische Gattung die „Argonautica“ des Valerius Flaccus und die „Thebaïs“ und „Achilleïs“ des Statius vertreten. Die weltlichen historischen Epen, die aus den folgenden Jahrhunderten noch vorhanden sind, von Porfirius Optatianus (4. Jahrh.), Claudianus, Merobaudes, Sidonius Apollinaris (5. Jahrh.), Priscianus, Corippus und Venantius Fortunatus (6. Jahrh.), haben durchaus panegyrische Haltung und dienen der Verherrlichung der Kaiser oder einflußreicher Männer. Von diesen ist Claudianus der bedeutendste Dichter und zugleich neben Dracontius (Ende des 5. Jahrh.) einer der letzten Bearbeiter mythologischer Stoffe.

Die dem nüchternen römischen Sinn besonders zusagende didaktische Dichtung fand bei den Römern früh und zu allen Zeiten Pflege. Unter den Kunstdichtern verfaßte schon Ennius, dann der Tragiker Accius u. a. mancherlei Didaktisches. Doch wurde die Form des griechischen Epos erst gegen Ende der Republik herrschend, wo Lucretius sein philosophisches Lehrgedicht „De natura rerum“ verfaßte, die einzige aus republikanischer Zeit vollständig erhaltene Dichtung dieser Art. Von Ciceros Übersetzung der „Phaenomena“ des Aratos ist nur ein Teil auf uns gekommen. Auch auf diesem Gebiet erreichte Vergil das Höchste mit seinen „Georgica“, welche selbst alle griechischen Dichtungen dieser Art weit hinter sich zurücklassen. Neben ihm ist von den zahlreichen didaktischen Dichtern der Augusteischen Zeit, welche sich vorzugsweise den Alexandrinern anschlossen, der bedeutendste Ovid, der sich jedoch nur in den „Metamorphosen“ und den „Halieutica“ des epischen Maßes, in seinen übrigen Gedichten, wie besonders „Ars amandi“ und „Fasti“, der elegischen Form bediente. Aus dieser und den folgenden Zeiten des 1. Jahrh. n. Chr. besitzen wir noch das Jagdgedicht des Gratius zum Teil, von dem sogen. Manilius eine größere Dichtung astronomischen Inhalts, von Germanicus (dem Adoptivsohn des Tiberius) eine Bearbeitung der „Phaenomena“ des Aratos, von Columella ein Gedicht über Gartenbau, von dem angeblichen Lucilius ein Gedicht über den Ätna und seine vulkanischen Erscheinungen; aus dem 3. Jahrh. die versifizierte Arzneimittellehre des Serenus Sammonicus und das Jagdgedicht des Nemesianus; aus dem 4. Jahrh. außer vielem Didaktischen in den Werken des Ausonius, wie der „Mosella“, von Palladius ein Gedicht über den Landbau und von Avienus Bearbeitungen des Aratos und der Erdbeschreibung des Dionysios sowie eine in Iamben verfaßte Küstenbeschreibung; aus dem 5. Jahrh. außer Gedichten Claudians von Namatianus die Beschreibung seiner Heimreise in elegischem Maß; aus dem 6. Jahrh. Priscians Bearbeitung des Dionysios u. a. Aus dem 4. Jahrh. stammt die Spruchsammlung des sogen. Cato. Ist in den meisten der genannten Dichtungen die metrische Form nur äußerliche Zuthat, so fehlt jeder poetische Gehalt in den für Schulzwecke verfaßten Lehrgedichten der Grammatiker, wie in des Terentianus Maurus „Lehrbuch der Metrik“ (3. Jahrh.) und den Gedichten Unbekannter über rhetorische Figuren („De figuris vel schematibus“) und über Maße und Gewichte („De ponderibus et mensuris“) u. a.

In naher Beziehung zu der didaktischen Dichtung [927] steht die Satire, die einzige poetische Gattung, welche die Römer selbständig und unabhängig von den Griechen zur Ausbildung gebracht haben. Ursprünglich bedeutete satura, wie erwähnt, eine aus Musik, Tanz und Gesang gemischte dramatische Aufführung. Ennius scheint zuerst den Namen zur Bezeichnung einer Gedichtsammlung von verschiedenartigem Inhalt und Versmaß verwendet zu haben. Solcher Art waren auch die Satiren des Gajus Lucilius (gest. 103 v. Chr.); jedoch erhielt durch ihn die Gattung eine bestimmte und für die Folgezeit maßgebende Richtung, durch die sie im wesentlichen zu dem wurde, was wir darunter verstehen, indem er die verschiedenartigsten Erscheinungen des damaligen Lebens zum Gegenstand einer bald humoristischen, bald schonungslos rügenden Besprechung machte. Eine dem verfeinerten Zeitgeschmack entsprechende Erneuerung und Fortbildung fand die Lucilische Satire in der Augusteischen Zeit durch die Sermonen und Episteln des Horaz, der sich auf den ausschließlichen Gebrauch des Hexameters beschränkte und nur das soziale und litterarische Leben in den Kreis seiner überwiegend humoristischen Besprechung zog. Seine Nachfolger waren im 1. Jahrh. n. Chr. Persius und Juvenalis, die teils infolge ihrer Individualität, teils veranlaßt durch die allgemeine Sittenverderbnis den zur Satire herausfordernden Kontrast zwischen Ideal und Wirklichkeit mit Bitterkeit und Schärfe behandelten. Eine eigentümliche Abart war die sogen. Menippeische Satire des in der letzten Zeit der Republik lebenden Polyhistors Varro, welcher nach dem Vorgang des Cynikers Menippos von Gadara ernste Gegenstände in humoristischem Ton und in einer aus Prosa und Poesie gemachten Form behandelte.

Die Fabel kam als besondere Dichtungsart erst zur Zeit des Tiberius und Claudius durch Phädrus zur Ausbildung. Außer ihm besitzen wir noch von Avianus aus dem 4. Jahrh. n. Chr. eine Fabelsammlung. – Die alexandrinische Idyllendichtung wurde in die römische Litteratur im Anfang des Augusteischen Zeitalters durch den jungen Vergil eingeführt, der in seinen „Eklogen“ jedoch hinter seinem Vorbild Theokrit ebenso zurückblieb wie hinter ihm Calpurnius Siculus (um 55 n. Chr.) und hinter diesem dessen Nachahmer Nemesianus (Ende des 3. Jahrh.). Die unter dem Namen Idylle vereinigten Dichtungen des Ausonius und Claudian verdienen diese Bezeichnung nur in beschränktem Maß.

Von den Kunstformen der Lyrik fand die leichteste, das Epigramm, schon früh auf römischem Boden Pflege und wurde seit Ennius bis in die spätesten Zeiten für mannigfache Zwecke, als Aufschrift, Gelegenheits- und Sinngedicht, teils auch als kleine erotische Elegie, verwendet. Hauptmeister in dieser Gattung ist Martialis (2. Hälfte des 1. Jahrh. n. Chr.). Die in großer Anzahl vorhandenen vereinzelten Erzeugnisse der römischen Epigrammenlitteratur sind in neuerer Zeit unter dem Namen der lateinischen Anthologie gesammelt worden. Der Einführung und Entwickelung der übrigen lyrischen Gattungen stand lange Zeit der vorwiegend dem Handeln zugewandte Charakter der Römer entgegen. Erst am Ende der Republik gewann durch den Einfluß der alexandrinischen Dichter besonders die Elegie in Rom Boden, und in dieser Gattung übertrafen die Schüler bald ihre Lehrer durch Wahrheit und Wärme der Empfindung wie durch Kunstvollendung. Der erste eigentliche römische Lyriker ist Catullus (geb. 87 v. Chr.), der sich in den verschiedensten lyrischen Formen mit Erfolg versuchte. Auf der von ihm gebrochenen Bahn weiterschreitend, brachten in der Augusteischen Zeit Propertius, Tibullus und Ovid die Elegie zur höchsten Blüte, während Horaz die Formen der iambischen Poesie und der äolischen Lyrik ausbildete. Seitdem war die Gewandtheit in der Handhabung der verschiedenen lyrischen Formen außerordentlich verbreitet und wurde von zahlreichen berufenen und unberufenen Dichtern bis in späte Zeiten geübt. Besonders glänzende Vertreter dieser Formbeherrschung sind Statius im 1. Jahrh. n. Chr. und Ausonius im 4. Jahrh. Eine hervorragendere Leistung unter den vielen inhaltlich unbedeutenden der spätern Lyrik ist das „Pervigilium Veneris“ („Nachtfeier der Venus“) aus dem 2. oder 3. Jahrh.

Die Prosalitteratur.

Auf dem Gebiet der Prosa haben wir schon aus früher Zeit Kunde von mancherlei Aufzeichnungen: sakralrechtlichen Formularen, Handels- und Bundesverträgen, von den Pontifices geführten Jahrbüchern („Annales Pontificum“ oder „Annales maximi“), in welche außer den jährlichen Magistraten die verschiedenartigsten Vorfälle des Jahrs nach dem Datum in nüchterner Form eingetragen wurden, Familienchroniken u. a. Besonders bedauernswert ist der Verlust des Landrechts der zwölf Tafeln aus den Jahren 451–450 v. Chr., welches nicht bloß in politischer und juristischer Beziehung, sondern auch litterarhistorisch von großer Bedeutung war als das älteste römische Schriftwerk, welches den Namen eines Buches verdient. Eine wirkliche römische Prosalitteratur entwickelte sich erst verhältnismäßig spät. Der Begründer der schriftmäßigen Prosa ist M. Porcius Cato (234–149), der zuerst die lateinische Sprache für eine vielseitige schriftstellerische Thätigkeit verwendete.

Im wesentlichen Unterschied von der Poesie ging die Geschichtschreibung bei den Römern von den höhern Ständen aus und blieb bis zum 1. Jahrh. v. Chr. ausschließlich in den Händen derselben. Ihre ersten Anfänge fallen in die Endzeit des zweiten Punischen Kriegs, wo Q. Fabius Pictor die lange Reihe der Annalisten eröffnete, so genannt, weil sie sich in ihren Darstellungen der römischen Geschichte, deren ganzen Verlauf sie bis auf ihre Zeit zu schildern pflegten, der Annalenform bedienten. Wie Fabius, so schrieben auch seine nächsten Nachfolger griechisch bis Cato, der in seinen „Origines“ nicht nur zuerst das Lateinische zum Darstellungsmittel machte, sondern auch den Gegenstand zu einer Geschichte Italiens erweiterte. Bis in Ciceros Zeit fand diese annalistische Behandlung der römischen Geschichte ununterbrochen Vertreter (s. Annalen). Gemeinsam war allen die Ausbeutung ihrer Vorgänger und das Bestreben, die Ereignisse in ein für Rom möglichst günstiges Licht zu stellen, anfangs durch Verschweigen des Ungünstigen, später auch durch Übertreibungen; ebenso allgemein war der sich immer steigernde Hang zu rhetorischer Ausschmückung, und dieser rhetorische Charakter ist eine Haupteigentümlichkeit der römischen Geschichtschreibung geblieben. Von dieser ganzen annalistischen Litteratur sind nur dürftige Bruchstücke erhalten. Die Reihe der noch vorhandenen Geschichtschreiber eröffnet Gajus Julius Cäsar, dessen „Commentarii de bello gallico“ und „de bello civili“ zu den besten Erzeugnissen der römischen Prosa gehören. Sein Zeitgenosse war Cornelius Nepos, der Freund des Cicero, Atticus und Catullus, von dessen zahlreichen Schriften wir noch kurze Biographien meist griechischer Feldherren besitzen. Von Gajus Sallustius Crispus (87–36), dem ersten kunstgerechten Historiker der Römer, haben wir die Geschichte [928] der Catilinarischen Verschwörung und des Kriegs mit Jugurtha, zwei zu allen Zeiten bewunderte Werke. Unter der Regierung des Augustus schrieb T. Livius (geb. 59 v. Chr.) sein großes historisches Werk, die Geschichte Roms von seiner Erbauung bis zum Tode des Drusus, wovon aber nur 35 Bücher (von 142) erhalten sind, und Pompejus Trogus die erste Universalgeschichte („Historiae Philippicae“), von der jedoch bloß ein Auszug des Justinus vorhanden ist. Von der umfänglichen historischen Litteratur des 1. Jahrh. v. Chr. hat sich nur eine geringe Anzahl von Werken gerettet, so von Vellejus Paterculus ein kurzer Abriß der römischen Geschichte, von Valerius Maximus eine historische Anekdotensammlung („Factorum dictorumque memorabilium libri IX“), beide ungefähr um 30 n. Chr. verfaßt, von Curtius Rufus (vielleicht um 41) eine Geschichte Alexanders d. Gr., von Julius Frontinus eine militärische Beispielsammlung (um 90 verfaßt), vornehmlich aber von Cornelius Tacitus größere Abschnitte seiner Kaisergeschichte, der Annalen und Historien, die zu den hervorragendsten Leistungen nicht bloß der römischen, sondern der ganzen Weltlitteratur gehören. Dem Anfang des 2. Jahrh. gehören an die zwölf Kaiserbiographien des Suetonius und die panegyrische Darstellung der römischen Geschichte von Julius Florus. In der Folgezeit wurde nach dem Vorbild des Sueton vorzugsweise die Hof- und Kaisergeschichte behandelt. Diese verlornen Schriften bilden die Hauptquelle der unter dem Titel: „Scriptores historiae Augustae“ auf uns gekommenen Sammlung von Kaiserbiographien, kritiklosen und rohen, aber für die Geschichte der Zeit von Hadrian bis Numerian (117–284) wichtigen Kompilationen von sechs verschiedenen Verfassern aus dem Ende des 3. und Anfang des 4. Jahrh. Bald nach der Mitte dieses Jahrhunderts verfaßten Aurelius Victor eine kurze Kaisergeschichte u. a., Eutropius und Festus Abrisse (Breviaria) der ganzen römischen Geschichte, von denen der des Eutrop wegen seiner Kürze, Einfachheit und Klarheit vielen Beifall bis in neuere Zeit fand. Weit über seinen Zeitgenossen steht der letzte römische Geschichtschreiber, Ammianus Marcellinus, der als Fortsetzung des Tacitus eine Geschichte von 96–378 n. Chr. in 31 Büchern schrieb, von denen jedoch nur die letzten 18 erhalten sind. Auf ihn folgen die christlichen Darsteller der Geschichte, wie Sulpicius Severus (um 400) und Orosius (um 417).

Die Beredsamkeit bildet in der klassischen Zeit den Mittelpunkt aller höhern Bildung in Rom. Ein tüchtiger Redner war ein Mann vom größten Einfluß, und seine Wirksamkeit verbreitete sich durch alle Kreise des politischen Lebens. Lange Zeit hindurch wurde aber Beredsamkeit nur geübt als eine Gabe der Natur, zu deren Ausbildung das öffentliche Leben in Rom unaufhörlich Anlaß gab. Der bedeutendste dieser naturalistischen Redner ist der alte Cato, der auch schon gehaltene Reden, allerdings als politische Streitschriften, veröffentlichte und eine Anleitung zur Beredsamkeit schrieb. Erst als man mit griechischer Rhetorik bekannt wurde, etwa seit 150 v. Chr., und griechische Rhetorenschulen entstanden, begann kunstmäßiges Studium der Beredsamkeit. Die bedeutendsten Vertreter der neuen, natürliche Anlage und Kunst verbindenden Richtung waren in der zweiten Hälfte des 2. Jahrh. die beiden Gracchen, namentlich der jüngere Gajus, zu Anfang des 1. Jahrh. M. Antonius und L. Licinius Crassus. Ihre höchste Blüte erreichte die römische Beredsamkeit durch M. Tullius Cicero, neben dem noch eine Anzahl älterer oder jüngerer Zeitgenossen Hervorragendes leisteten, wie Q. Hortensius, der ihm lange den Vorrang streitig machte, C. Scribonius Curio, Gajus Licinius Calvus, Julius Cäsar. Als mit der Monarchie die Gelegenheiten und Stoffe für die öffentliche Beredsamkeit sich verminderten, anderseits in demselben Maß Hindernisse und Schranken wuchsen, zog sich die Beredsamkeit immer mehr in die Schulen der Rhetoren zurück, wo sie als allgemeines Bildungsmittel in Übungsreden (declamationes: controversiae und suasoriae) über erdichtete, praktischen Zwecken fern liegende Themata in ausschließlicher Rücksicht auf die Form getrieben wurde. Ein anschauliches Bild von dem Treiben in den Rhetorenschulen gibt der Rhetor Annäus Seneca in seiner Sammlung von Übungsthemata, wie sie in seiner Jugend von den namhaftesten Rhetoren behandelt wurden. Der Schulmanier entsprechend, gestalteten sich auch die öffentlichen Reden immer mehr zu bloßen Deklamationen, trotz der Hinweisung eines Quintilian und Tacitus (in seinem „Dialogus de oratoribus“) auf die klassischen Muster. Neben letztern war ein hervorragender Redner der Zeit Plinius der jüngere, dessen Panegyrikus auf Trajan (100 n. Chr.) das Vorbild für die spätern Panegyriker geworden ist. Unter den Antoninen blühte M. Cornelius Fronto, durch den die geschmackloseste Anwendung von Archaismen Mode wurde, wie sie sich auch in der „De magia“ betitelten Rede des geistreichen Apulejus zeigt. Seit dem Ende des 3. Jahrh. ist Gallien mit seinen zahlreichen Rhetorenschulen der Hauptsitz der römischen Beredsamkeit. Diese gallische Beredsamkeit zeigt eine gewisse Glätte und Korrektheit, behandelt aber als ausschließliches Thema das Lob der Kaiser in pomphafter und schwülstiger Darstellung. Hauptvertreter dieser Gattung sind elf Reden von verschiedenen Verfassern aus dem Ende des 3. Jahrh. und dem 4. Jahrh., welche mit dem Panegyrikus des Plinius die Sammlung der „Panegyrici latini“ bilden. Vertreten ist die rhetorische Litteratur durch den sogen. Auctor ad Herennium (Cornificius?), eine Reihe Schriften Ciceros, unter denen die „De oratore“ betitelte den ersten Rang einnimmt, das Schriftchen des Rutilius Lupus (unter Tiberius) über die rhetorischen Figuren, Quintilians „Institutio oratoria“, die bedeutendste Leistung der Kaiserzeit auf diesem Gebiet, und eine Anzahl von Schriftstellern der spätern Zeit, wie Aquila Romanus, Julius Rufinianus, Julius Victor u. a.

Unter den philosophischen Werken der Römer stehen die Ciceros obenan, der sich um Einführung und Verbreitung griechischer Philosophie in Rom die größten Verdienste erworben hat. Nächst ihm ist L. Annäus Seneca (4–65 n. Chr.) der bedeutendste Schriftsteller in der Philosophie. Einige philosophische Schriften besitzen wir auch von dem schon genannten Apulejus. Die letzte bedeutendere Leistung auf diesem Gebiet ist die Schrift des Boethius (geb. 470 n. Chr.): „De consolatione philosophiae“.

Von einer wissenschaftlichen Behandlung der Mathematik und andrer damit verwandter Disziplinen finden sich erst kurz vor Augustus Spuren. Zu Ciceros Zeit war als Mathematiker, Astronom und Astrolog berühmt P. Nigidius Figulus, dessen zahlreiche Schriften aber untergegangen sind. Das einzige einigermaßen erhaltene Werk eines Römers über Geometrie ist das des Balbus unter Trajan. Aus dem 3. Jahrh. ist von Bedeutung die astronomische Schrift des Censorinus: „De die natali“; [929] aus dem 4. Jahrh. besitzen wir von Firmicus Maternus ein Werk über Astrologie, aus dem 6. Jahrh. des Boethius „Institutio arithmetica“. Unter Augustus verfaßte M. Vitruvius Pollio sein noch erhaltenes Werk „De architectura“, um 97 n. Chr. S. Julius Frontinus die für die Kenntnis des römischen Wasserleitungswesens wichtige Schrift „De aquis“. Derselbe ist der erste unter den sogen. Agrimensoren (s. d.), der Schriftsteller über die Feldmeßkunst, von deren Schriften noch eine Anzahl erhalten sind, wie namentlich von Hyginus (Anfang des 2. Jahrh. n. Chr.), unter dessen Namen auch eine kriegswissenschaftlich wichtige Schrift über Lagerbefestigung („De castrorum munitionibus“) geht. Über das römische Kriegswesen handelt die „Epitoma rei militaris“ des Flavius Vegetius (um 390). – Für die Geographie schuf den Römern die erste umfassende und zuverlässige Grundlage die von Augustus durch Agrippa ausgeführte Vermessung und Beschreibung des ganzen römischen Reichs. Auf die von Agrippa entworfene Weltkarte geht wahrscheinlich zurück die sogen. Tabula Peutingeriana. Die erste Erdbeschreibung, welche wir aus der römischen Litteratur besitzen, ist von Pomponius Mela (um 40 n. Chr.). Einen Abriß der Erdbeschreibung gibt auch Plinius in Buch 3–6 seiner „Historia naturalis“, auf welche in ihrem Grundbestand die Darstellung des Solinus zurückgeht. Die einzige erhaltene geographische Monographie ist die „Germania“ des Tacitus (um 98 n. Chr.). Außer drei Reisehandbüchern (s. Itineraria) des 4. Jahrh. besitzen wir aus dem 6. Jahrh. eine unter dem Namen des Äthicus Ister laufende Kosmographie, aus dem Ende des 7. Jahrh. den sogen. „Geographus Ravennas“. Für die Statistik des spätern römischen Reichs ist wichtig das byzantinische Staatshandbuch „Notitia dignitatum“.

Auf dem Gebiet der Naturwissenschaften sind die Römer stets von den Griechen abhängig gewesen. Zu erwähnen sind Plinius mit der „Historia naturalis“ und Seneca mit den „Quaestiones naturales“. – In der Medizin gewann als Schriftsteller zuerst großen Ruhm A. Cornelius Celsus, Zeitgenosse des Tiberius, von dem acht Bücher „De medicina“ auf uns gekommen sind. Etwas später (um 45 n. Chr.) schrieb Scribonius Largus seine Heilmittellehre. Aus dem 3. Jahrh. besitzen wir medizinische Werke von Serenus Sammonicus, Verfasser eines versifizierten Arzneibuches, und Gargilius Martialis, aus dem 5. Jahrh. von Cälius Aurelianus, Marcellus Empiricus, Theodorus Priscianus u. a. Über Tierheilkunde schrieb in derselben Zeit Vegetius. – Über Landbau haben seit dem alten Cato zahlreiche Römer geschrieben. Unter dem Titel: „De re rustica“ besitzen wir Werke, außer von dem Genannten, von dem Polyhistor Varro (37 v. Chr.), von Columella (um 60 n. Chr.) und Palladius (4. Jahrh. n. Chr.). Erwähnt mag hier auch werden das Kochbuch des angeblichen Apicius aus dem 3. Jahrh.

Ein eigentliches Studium der Grammatik beginnt in Rom erst seit der Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. Der Hauptvertreter desselben in der Zeit der Republik ist der mehrfach erwähnte Polyhistor M. Terentius Varro, von dessen zahlreichen vielbenutzten Schriften über heimische Sprache, Litteratur und Altertümer sich nur Trümmer erhalten haben. Der bedeutendste Überrest sind 6 Bücher „De lingua latina“ von ursprünglich 25. Unter den Grammatikern der Augusteischen Zeit ragten hervor Verrius Flaccus, dessen großes Werk „De verborum significatu“ nur noch im Auszug des Festus vorhanden ist, und Hyginus, der angebliche Verfasser zweier mythologischer Schriften. Auch von dem berühmten M. Valerius Probus (unter Nero) hat sich nur Unbedeutendes erhalten sowie von den grammatischen und antiquarischen Schriften des Suetonius und Terentius Scaurus (unter Hadrian) u. a. Von bedeutendem Wert für die Kenntnis der ältern Litteratur sind die „Noctes atticae“ des Gellius (um 150 n. Chr.). Eine Reihe namhafter Grammatiker gehören dem 4. Jahrh. an: Sacerdos, Marius Victorinus, Donatus, Charisius, Diomedes, Servius, der Lexikograph Nonius, dem 5. Jahrh. Macrobius, Marcianus Capella und Priscianus.

Den Roman als unterhaltende Erzählung führte im 1. Jahrh. v. Chr. Sisenna mit seiner Übersetzung der milesischen Erzählungen des Aristeides in Rom ein. Hauptvertreter desselben sind Petronius im 1. und Apulejus im 2. Jahrh. v. Chr., dessen „Metamorphosen“ vollständig erhalten sind, während wir von den „Satirae“ des erstern nur Bruchstücke besitzen. Aus sehr später Zeit ist die „Historia Apollonii Tyrii“. Auch die Darstellungen der Zerstörung Trojas von Dares und Dictys und der Thaten Alexanders d. Gr. von Julius Valerius gehören hierher.

Einen besondern Zweig der römischen Litteratur bilden die Briefe. Von höchstem Wert für die Zeitgeschichte ist die Korrespondenz Ciceros, von der sich vier Sammlungen erhalten haben. Dagegen sind philosophische Abhandlungen in Briefform die 124 Briefe des Seneca an seinen Freund Lucilius. Auf die Veröffentlichung scheinen von Anfang an die Briefe des jüngern Plinius berechnet gewesen zu sein. Seit dem 2. Jahrh. n. Chr. bildet sich der Brief zu einer eignen Stilgattung aus, in welcher der Inhalt vor der Form oft sehr zurücktritt, wie in den Briefen des als Redner schon erwähnten Fronto, des Aurelius Symmachus, Apollinaris Sidonius, Cassiodorus u. a. – Über die Jurisprudenz, das einzige Gebiet, welches sich bei den Römern von Anfang bis zu Ende rein national entwickelt hat, s. Römisches Recht.

Vgl. F. A. Wolf, Vorlesungen über die Geschichte der römischen Litteratur (hrsg. von Gürtler, Leipz. 1832); Bähr, Geschichte der römischen Litteratur (4. Aufl., Karlsr. 1868–70, 3 Bde., mit 3 Supplementbänden: christliche Dichter und Geschichtschreiber, Theologen und Litteratur des karolingischen Zeitalters); Bernhardy, Grundriß der römischen Litteratur (5. Aufl., Braunschw. 1869); Munk, Geschichte der römischen Litteratur (neu bearbeitet von Seyffert, Berl. 1876 bis 1877, 2 Bde.); Teuffel, Geschichte der römischen Litteratur (4. Aufl., Leipz. 1882); Nicolai, Geschichte der römischen Litteratur (Magdeb. 1879–81); Ribbeck, Geschichte der römischen Dichtung (Stuttg. 1887 ff.); Ebert, Geschichte der christlich-lateinischen Litteratur bis zum Zeitalter Karls d. Gr. (Leipz. 1874–80, 2 Bde.). Kürzere Grundrisse lieferten Kopp (5. Aufl., Berl. 1885) und Bender (Leipz. 1876).