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MKL1888:Transmission

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Transmission“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 799
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Wiktionary: Transmission
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Transmission. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 799. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Transmission (Version vom 19.12.2024)

[799] Transmission (lat.), Übersendung; im Erbrecht die Übertragung einer angefallenen, aber von dem Erben noch nicht angetretenen Erbschaft auf die Erben dieses Erben (successio in delationem); in der Technik eine Vorrichtung zur Übertragung von Kraft (Energie) von einem Motor auf eine Arbeitsmaschine oder auch von einer Kraftquelle auf einen Motor. Kraft kann auf verschiedene Weise und durch verschiedene Mittel übertragen werden, von denen einige eine Kraftübertragung auf weite Entfernungen gestatten während andre nur auf kurze Entfernungen hin Kraft abzugeben geeignet sind. Folgende Arten der T. sind in Gebrauch: 1) T. aus festen (starren oder biegsamen) Körpern: a) Wellenleitungen (mit Riementrieben, Hanfseiltrieben, Zahnrädern, Kurbeln, Exzentriks, Stangen etc.) können zur Kraftübertragung auf große Entfernungen nicht benutzt werden, weil die Kraftverluste durch Reibung mit der Entfernung so stark wachsen, daß etwa auf 2000 m Entfernung die ganze eingeleitete Kraft durch Reibung aufgezehrt wird, also die übertragene Kraft = 0 ist. Dagegen sind sie zur Verteilung der Kraft der Motoren auf die einzelnen Arbeitsmaschinen innerhalb der Fabriken u. Werkstätten fast ausschließlich in Anwendung (T. im engern Sinn, Fabriktransmission). b) Gestänge, d. h. lange, aus vielen Teilen zusammengefügte Stangen, welche hin und her bewegt werden, sind gleichfalls zur Fernleitung von Kraft nicht geeignet, weil sie, vertikal verwendet, zu schwer werden und als horizontale oder geneigte Gestänge vieler Unterstützungen durch Rollen oder schwingende Stangen bedürfen, welche teils die Anlage kompliziert machen, teils große Reibungsverluste herbeiführen. Sie finden zur vertikalen Kraftübertragung in Bergwerken als Pumpengestänge und Gestänge der sogen. Fahrkünste Verwendung (in ältern Bergwerken sind auch noch horizontale Gestänge vorhanden). c) Der Drahtseiltrieb (s. Seiltrieb) eignet sich sowohl zur T. innerhalb einer Fabrik als auch zur Kraftübertragung in die Ferne (von einer Kraftstätte nach verschiedenen Fabriken hin bis zu 10,000 m). Seine Verwendbarkeit ist jedoch durch seine tief herabhängenden Seiltrümmer in den Fällen beschränkt, wenn diese entweder zu hohe und kostspielige Pfeiler für die Leitrollen verlangen oder über belebte Gegenden (besonders Städte) hinweggeführt werden müßten. Mit den Seiltrieben nahe verwandt sind die Seilbahnen und die Seilförderungen. d) Die Kettentransmission kann auf mäßige Entfernungen, wie sie bei Berg- und Hüttenwerken zum Materialtransport (horizontale und geneigte Kettenförderungen) vorkommen, sehr gut verwendet werden. 2) T. durch Flüssigkeiten (tropfbare oder luftförmige): a) Druckwasser, wie es entweder durch natürliche Gefälle oder durch Druckpumpen erzeugt und in Röhren bis zum Verwendungsort geführt wird, bietet ein vorzügliches Mittel zur Übertragung eines großen Druckes auf bedeutende Entfernungen dar, welches in Verbindung mit einem Akkumulator (s. d.) noch den besondern Vorzug hat, die Arbeit von verhältnismäßig wenig leistungsfähigen Motoren eine Zeitlang in solcher Menge aufspeichern zu können, daß danach auf kurze Zeit sehr hohe Leistungen hervorgebracht werden können. Hieraus erklärt sich die ausgebreitete Verwendung der hydraulischen T. bei Bahnhofs-, Hafen-, Speicheranlagen, Bessemerwerken etc. zum Betrieb von Aufzügen, Kränen, Schiebebühnen etc. Auch in Bergwerken leistet die hydraulische T. teils als hydraulische Gestänge für Pumpen, teils zum Betrieb unterirdischer Maschinen (Pumpen, Fördermaschinen, Bohrmaschinen) gute Dienste. b) Komprimierte Luft ist als kraftübertragendes Mittel für weite Entfernungen besonders da zu empfehlen, wo die Luft nach der Arbeitsleistung noch eine weitere Verwendung zur Ventilation finden kann, also besonders bei dem Bau von Tunnels und beim Bergbau zum Betrieb von Gesteinsbohrmaschinen. Ein Nachteil der Lufttransmission, welcher nicht unbedeutende Arbeitsverluste zur Folge hat, ist der Umstand, daß die Expansionswirkung der Luft in den Arbeitsmaschinen nur in beschränktem Maß angewendet werden kann, weil sonst leicht Eisbildung störend auftritt. c) Verdünnte Luft kann wegen ihres geringen nutzbaren Druckes (etwa 3/4 Atmosphäre) nur für mäßige Leistungen und geringe Entfernungen zur Verwendung kommen. Mit Vorteil wird sie bei kontinuierlichen Eisenbahnbremsen gebraucht. d) Die Verwendung von gespanntem Dampf zur Kraftübertragung ist in Fabrikanlagen, also auf verhältnismäßig geringe Entfernungen, sehr gebräuchlich, aber auch für weitere Entfernungen bis 1500 m angängig, obwohl dabei ziemlich bedeutende Kondensationsverluste auftreten. Außer bei unterirdischen Bergwerksmaschinen werden lange Dampfleitungen in amerikanischen Städten zur Kraftverteilung benutzt, in welch letzterm Fall der Vorteil erreicht wird, daß der Dampf entweder direkt oder nach der Wirkung in den Maschinen auch zu Heizzwecken Verwendung finden kann. e) Leuchtgas ist bezüglich seiner Verwendung zur Krafttransmission wegen seines hohen Preises als ein Notbehelf anzusehen. Voraussichtlich wird jedoch in Zukunft durch billiges Heizgas (Wassergas) ein vorteilhafter Ersatz geschaffen werden. 3) Die Elektrizität erscheint als das Mittel, welches von allen auf die weitesten Entfernungen Kraft übertragen kann. Dennoch sind die Entfernungen auch bei ihr nicht unbegrenzt. Auch ist die Elektrizität wegen der an den Maschinen auftretenden Funken nicht überall verwendbar (z. B. in Bergwerken mit schlagenden Wettern). Der Gesamtnutzeffekt der wichtigsten Transmissionsarten beträgt nach Lauriol:

Länge der Transmission in Metern Art der Transmission
  Elektrizität Druck­wasser Kompri­mierte Luft Drahtseil
00100 Nutzeffekt 0,647 0,54 0,45 0,96
00500 0,646 0,52 0,45 0,93
01000 0,642 0,51 0,45 0,90
05000 0,610 0,47 0,42 0,60
10000 0,570 0,39 0,38 0,36
20000 0,500 0,22 0,35 0,13

Die Kosten der T. sind im allgemeinen nicht anzugeben, da sie in zu hohem Maß und in jedem einzelnen Fall von lokalen Verhältnissen abhängig sind. Vgl. Meißner-Hartmann, Die Kraftübertragung auf weite Entfernungen (Jena 1887); „Anleitung zur Einrichtung von Triebwerken“ (Braunschw. 1889).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 802804
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[802] Transmission. Von deutschen Elektrizitätswerken sind in letzter Zeit Bemühungen gemacht worden, den elektrischen Strom außer für Beleuchtungszwecke nach dem Beispiel amerikanischer Werke zur Verrichtung mechanischer Arbeit, also zum Betrieb sekundärer elektrischer Motoren, abzugeben. Die Berliner Elektrizitätswerke stellen zu den in nachstehender Tabelle zusammengestellten Preisen Elektrizität zum Betrieb von Motoren des Kleingewerbes und Haushalts zur Verfügung:

Leistung des Motors in Pferde­kräften Monat­liche Grund­taxe*
Mark
Kosten bei jähr­lich 3000 Be­triebstunden
Pfennige pro Stunde
Verwendung der Elektro­motoren für
1/15 1 3,8 Nähmaschinen, medizinische Apparate etc.
1/4 3 11,3 Kaffee- und Reismühlen, Drehbänke, Wohnraumventilatoren, Schleifsteine, Blasebälge etc.
1/2 5,50 20,7 Holzbearbeitungsmaschinen, Restaurant- etc. Ventilatoren. Wringmaschinen, Pumpen, kleine Eismaschinen, 3 bis 5 kleine Druckerpressen etc.
1 10 38 Gesteinsbohrmaschinen, Hebezeuge, Kreissägen, Bandsägen, Profiliermaschinen etc.
2 19 72 Kräne, Warenaufzüge, große Buchdrucker- u. Lithographenpressen, kleine Werkstätten, Metallplattierpressen etc.
3 28 105 Elevatoren, Pferdebahnwagen, Fabrik-, Güterbahnwagen etc.
5 45 170
Transmissionen, große Arbeitsmaschinen sowie Kräne etc.
8 70 264
12 105 396
* Wird nicht erhoben, wenn auf die Stromlieferung von Sonnenuntergang bis 11 Uhr nachts verzichtet wird.

Die bisher herrschenden Ansichten über die komprimierte Luft (Druckluft) als Mittel zur Übertragung von Kraft auf weite Entfernungen sind durch zwei im großen Stil angelegte Ausführungen (in Paris und Birmingham) stark erschüttert worden. Während man nämlich annahm, daß die Drucklufttransmission wegen ihres geringen Wirkungsgrades nur bei Berg- und Tunnelbauten etc., wo die von den Maschinen verbrauchte Luft als Mittel zur Ventilation weitere Dienste leistet, verwendbar sei, hat sich herausgestellt, daß der Wirkungsgrad bei der Ausführung im großen einer bedeutenden Steigerung fähig sei, welche die Lufttransmission als Mittel zur Kraftversorgung von Städten in ebenso hohem Grad geeignet erscheinen läßt als ihre Einfachheit und Gefahrlosigkeit. Zugleich ist die Möglichkeit geboten, die Preßluft an jeder Stelle der Leitung zur Ventilation, Kaltluft- oder Eisbereitung zu benutzen.

Die Pariser Preßluftanlage (System Popp), aus einer kleinen Anlage zum Betrieb pneumatischer Uhren hervorgegangen, verfügt (Anf. 1889) über eine Dampfkraft von 2000 Pferdekräften, welche mittels Kompressoren (s. Luftverdichtungsmaschinen, Bd. 10) täglich 250,000 cbm Luft von atmosphärischer Spannung auf 7 Atmosphären verdichtet. Die gepreßte Luft gelangt zuerst in 8 Windkessel à 32,5 cbm Inhalt, dann in eine Hauptleitung von 300 mm Durchmesser und 7 km Länge und von da durch die in die einzelnen Stadtteile abzweigenden Nebenleitungen zu den Verwendungsorten, wo die Luftspannung durch Reibungswiderstände etwa auf 6 Atmosphären verringert ist. Das tägliche Luftquantum soll durch Erhöhung der Luftpressung auf 8 Atmosphären und durch Anlage eines Kolossalreservoirs in Gestalt eines unterirdischen, unter einer 80 m hohen Wassersäule stehenden Stollens von 12,000 cbm Inhalt zunächst auf 350,000 cbm gebracht und durch bedeutende Vermehrung der Dampfkraft noch weiter gesteigert werden. Die Rohrleitung ist von 100 zu 100 m mit Wasserabscheidern nach Art der Kondensationswasserableiter (s. d., Bd. 9, S. 1004, Fig. 3) versehen, um das in den Windkesseln nicht abgesetzte Wasser selbstthätig auszuscheiden. Die Verwendung der Preßluft ist eine überaus mannigfaltige: zum unmittelbaren Fortdrücken von Flüssigkeiten, z. B. in Bierdruckapparaten, zum Betrieb von pneumatischen Uhren (über 8000 in Paris), zum Rohrpostbetrieb, zum Betrieb der bisher mit Druckwasser bei etwa 4–5fachem Kostenaufwand betriebenen Aufzüge (und zwar ohne jede Veränderung ihrer Einzelheiten, indem die Preßluft außerhalb des hydraulischen Cylinders auf die Wassersäule drückt), vor allem jedoch in den eigentlichen Luftmaschinen von 1/25 bis über 50 Pferdekräften. Die hierbei verwendeten Maschinen unterscheiden sich bezüglich ihrer Konstruktion und Verwendungsweise von den Dampfmaschinen nur dadurch, daß als Betriebskraft statt des Dampfes Preßluft verwendet wird, ja bei sehr vielen Einrichtungen sind überhaupt alte vorhandene Dampfmaschinen direkt als Luftmaschine verwendet, ein erheblicher Vorteil, den keine andre Art der T. als die Lufttransmission gewährt. Die Preßluft wird der Maschine durch eine Zweigleitung zugeführt. Diese ist vor der Maschine mit einem Absperrhahn, einem Sieb zum Zurückhalten von Verunreinigungen, einem Flügelradluftmesser und einem Reduzierventil (s. Druckregulatoren, Bd. 5) versehen, welches die Luftpressung von 6 auf 4–4,5 Atmosphären vermindert, um eine gelegentlich erforderliche Leistungssteigerung durch Ausschaltung des Reduzierventils zu gestatten. Erwähnenswert sind die außerordentlich geringen Ansprüche der Luftmaschinen bezüglich ihres Aufstellungsraums und ihrer Wartung, man findet sie in den engsten Kellern und Gängen, an Decken, Fensterrahmen, am Gebälk etc. so untergebracht, wie man eine andre (etwa Dampf- oder Gas-) Maschine niemals aufstellen könnte, und dabei von Kellnerjungen, Handlangern etc. bedient.

Eine wesentliche Neuerung besteht in der Vorwärmung der Luft vor dem Eintritt in die Maschinen. Die bei der Verdichtung der Luft erzeugte Wärme geht teils durch das in die Kompressoren eingeführte Kühlwasser, also während der Verdichtung, teils durch Strahlung in der langen Leitung vollständig verloren. An die Verwendungsstelle gelangt daher die Luft stets mit gewöhnlicher Temperatur. Würde man die Luft, wie sie ist, mit Volldruck (also ohne Expansion) auf die [803] Maschine wirken lassen, so würde diejenige Arbeitsleistung, deren sie bei der Expansion auf die Atmosphärenspannung fähig ist, vollständig verloren gehen. Würde man aber diese Luft (von gewöhnlicher Temperatur) in einer Luftmaschine mit Expansion Arbeit verrichten lassen, so müßte in gleichem Maß, wie vorher bei ihrer Verdichtung Wärme entwickelt wurde, bei ihrer Ausdehnung Wärme gebunden, also Kälte erzeugt werden, und zwar würde z. B. bei der Expansion von 4 auf 1 Atmosphäre eine Abkühlung von ca. 70° eintreten. Diese Eigenschaft der Druckluft war von jeher ein großes Hindernis ihrer Verwendung, weil jede Luft wasserdampfhaltig ist, und zwar bei höherer Temperatur in höherm Grad als bei niederer, und infolge davon bei der angegebenen starken Abkühlung eine Ausscheidung von Wasser stattfindet, welches bei der niedrigen Temperatur gefriert und nun in Form von Eisansätzen teils die Auspuffröhren der Maschine verstopft, teils schon im Cylinder oder in der Steuerung derselben störend auftritt. Der Gang der Maschine würde dadurch erschwert oder ganz behindert werden. Wird hingegen die komprimierte Luft vor dem Eintritt in die Maschinen um so viel erwärmt, daß ihre Temperatur bei der Expansion nicht bis auf 0° herabgeht, so ist jede Eisbildung ausgeschlossen und ein regelmäßiger Gang der Maschinen gesichert. Ferner findet durch die mit der Expansion verbundene Temperaturerniedrigung eine Zusammenziehung der Luft, also eine Druckverminderung, statt, welche zu der durch die Expansion an sich bei gleichbleibender Temperatur hervorgebrachten Druckverminderung hinzukommt und einen entsprechenden Verlust an komprimierter Luft, also auch an Arbeit, bedeutet. Dieser Luftverlust wird durch die Erwärmung der Luft gleichfalls vermieden. Die Vorwärmung der Luft hat also den doppelten Zweck, einerseits die Eisbildung zu verhüten, anderseits geringern Luftverbrauch, bez. größere Kraftausnutzung zu erzielen. Natürlich erfordert diese Erwärmung einen gewissen Kostenaufwand, der von dem Grade der Erwärmung abhängig ist. Bei der in Paris üblichen Erwärmung auf 150–170° C. sind diese Kosten jedoch so gering (ca. 0,4–0,8 Pf. pro Stunde und Pferdekraft oder 1/301/40 der gesamten Luftkosten), daß sie fast vernachlässigt werden können, während der erzielte Gewinn ein ganz beträchtlicher ist (z. B. bei einer zehnpferdigen Luftmaschine werden statt 38 cbm Luft von 17° C. pro Stunde und Pferdekraft nur 22 cbm von 170° C. gebraucht). Man könnte nun einfach, um eine noch bessere Kraftausnutzung zu erzielen, noch höhere Wärmegrade anwenden, doch ist das wegen der schädlichen Einwirkung höherer Temperaturen auf die Luftmaschinen nicht ratsam. In neuester Zeit ist aber von Popp ein Mittel zur Vermehrung der Wärmezufuhr ohne wesentliche Temperaturerhöhung eingeführt, darin bestehend, daß in die Vorwärmöfen Wasser eingespritzt wird, welches sich in Dampfform mit der Preßluft mischt. Es wird dadurch eine größere Leistungsfähigkeit der Maschinen, bez. ein der zugeführten Dampfmenge entsprechend verminderter Luftverbrauch erzielt selbstverständlich auf Kosten eines größern Brennstoffverbrauchs (etwa 0,25–0,3 kg Kohle pro Stunde und Pferdekraft im Wert von ca. 0,4–0,5 Pf.). Je mehr Wasser eingespritzt wird, desto höher wird die Auspufftemperatur der verbrauchten Luft. Sie kann bis über 100° gebracht werden, so daß die Auspuffdämpfe noch zu Heizzwecken verwendet werden können.

Die Erwärmung der Luft erfolgt in einfachen Öfen, bestehend in einem doppelwandigen Gußeisencylinder a (Fig. 1 u. 2), an welchen Radialrippen b angegossen sind. Letztere sind abwechselnd oben und

Fig. 1. Vertikalschnitt.
Fig. 2. Horizontalschnitt.
Fig. 1 und 2. Popps Luftwärmofen.

unten durchbrochen, so daß die Luft durch sie zwischen den Doppelwänden in Schlangenlinien auf- und abgeführt wird und dabei von den Wandungen, welche durch das auf dem Rost c brennende Kohlen- oder Koksfeuer (bei kleinen Öfen event. durch eine Gasflamme) erwärmt werden, Wärme aufnimmt. Die Brennmaterialaufschüttung erfolgt von oben nach Abnahme des Deckels d, die Abführung der Verbrennungsgase durch Rohr e in irgend einen Schornstein. Die Luft tritt bei f ein, bei g aus. Zum Anheizen und zur Steigerung des Feuers ist im Rauchrohr ein kleiner Ejektor angebracht, welcher mit Preßluft aus der Leitung betrieben wird. Die Abmessungen der Öfen sind so gering (750 mm hoch bei 450 mm Durchmesser für eine 40pferdige Maschine), daß ihre Unterbringung keine Schwierigkeiten verursacht.

Von ganz außerordentlicher Tragweite erscheint die Verwendung der Luftmaschinen für die Erzeugung von Kaltluft. Durch den Grad der Vorwärmung der Luft kann man die Auspufftemperatur der Luft beliebig regeln, also mit jeder Luftmaschine auch Temperaturen unter 0° hervorbringen. Für eine solche Verwendung der Luftmaschinen ist jedoch möglichste Entwässerung der Luft unumgänglich notwendig, um Eisbildung innerhalb der Maschine zu vermeiden. Zu dem Zweck wird die Luft, nachdem sie in den Windkesseln und den in die Leitung eingeschalteten Wasserabscheidern den größten Teil ihres Wassergehalts verloren hat, noch vor ihrem Eintritt in die Luftmaschine in dem mit Kaltluft zu versehenden [804] Raum abgekühlt, um bei dieser Temperaturerniedrigung die letzten Wasserteile abzusetzen. Nach den Gesetzen der mechanischen Wärmetheorie kann durch Expansion von Preßluft in Luftmaschinen Kaltluft nur bei gleichzeitiger Kraftentwickelung gewonnen werden. Hierbei kann Kaltluft durch Luftmaschinen erzeugt werden als Nebenprodukt der Kraftgewinnung derart, daß durch eine Luftmaschine Kraft für irgend welchen Maschinenbetrieb abgegeben und die infolge nur geringer Vorwärmung unter 0° abgekühlte Luft in Wein- oder Bierkeller geleitet oder zur Eisbereitung benutzt wird. Anderseits kann die Erzeugung von Kaltluft Hauptzweck, Kraftgewinnung Nebenzweck sein. Letztere dient dann in Paris meist zum Betrieb von elektrischen Maschinen, die in diesen erzeugte Elektrizität wird tagsüber in Akkumulatoren gesammelt und abends zu Beleuchtungszwecken verwendet. Endlich kann es auch vorkommen, daß Kaltluft erzeugt werden soll, ohne daß sich für die damit verbundene Kraftentwickelung eine zweckmäßige Verwendung finden läßt. In diesem Fall wird der erforderliche Widerstand durch einen Luftkompressor erzeugt, der, durch die Luftmaschine betrieben, Luft aus dem Freien ansaugt, verdichtet und in die Preßluftleitung, welche die Luftmaschine speist, hineindrückt, so daß etwa 50 Proz. der zur Kaltlufterzeugung verwendeten Druckluft wiedergewonnen werden. Nun kann Kaltluft zwar durch andre Prozesse (z. B. mit Hilfe von Ammoniak) im großen bedeutend billiger erzeugt werden als in Luftmaschinen, aber es ist unmöglich oder doch ganz unzweckmäßig, die für jene Prozesse erforderlichen Maschinen in einem so kleinen Maßstab, wie sie der Kleinbetrieb oder gar der Haushalt erfordert, auszuführen, während die Luftmaschinen in beliebig kleinem Maßstab noch leistungsfähig sind. In dieser Verwendbarkeit im kleinen und kleinsten, verbunden mit größter Einfachheit, Bequemlichkeit und Gefahrlosigkeit, liegt der außerordentliche Vorteil der Kaltlufterzeugung in Luftmaschinen mittels Preßluft. Wie weit sich die Verwendbarkeit der Drucklufttransmission, sei es zur Verrichtung von Arbeit oder zur Lüftung oder Kühlung, möglicherweise erstrecken kann, ist zur Zeit noch gar nicht abzusehen. Eine Übersicht der bisherigen Verwendungsarten der Preßluft in Paris mag von ihrer vielseitigen Verwendungsfähigkeit ein Bild geben: elektrische Beleuchtung von Theatern, Konzertsälen, Vergnügungslokalen, Restaurants, Klubs etc., Betrieb der Maschinen in Druckereien, Werkstätten für Metallbearbeitung, Tischlereien, Drechslerwerkstätten, Spielwarenfabriken, Knopf- und Wurstfabriken, Betrieb von Steinbearbeitungsmaschinen, Bohrmaschinen für Zahnärzte, Nähmaschinen (sowohl in Fabriken als einzeln). Verwendung der Kaltluft in Restaurants, Cafés, Konditoreien, Kellereien zur Aufbewahrung von Lebensmitteln, in Haushaltungen, in der Morgue. Hinsichtlich des Nutzeffekts, bez. der Betriebskosten stellt sich die Pariser Anlage sehr günstig. Der Gesamtwirkungsgrad, d. h. das Verhältnis der von den Luftmaschinen abgegebenen Arbeit zu der vom Dampf im Dampfcylinder verrichteten Arbeit, beträgt je nach der Größe der Luftmaschine, abgesehen von ganz kleinen Maschinen unter 1 Pferdekraft, 0,4–0,7 (bei Vorwärmung der Luft auf 170° C. und Einspritzung von 4 Lit. Wasser pro Stunde und Pferdekraft). Hierbei werden pro Stunde und Pferdekraft etwa 22–12 cbm Luft verbraucht (auf atmosphärische Spannung reduziert), deren jedes etwa 1/7 Pf. kostet, so daß die Pferdekraft der Luftmaschinen sich zu 31/7–15/7 Pf. pro Stunde berechnet (ausschließlich der, wie erwähnt, sehr geringen Kosten für Erwärmung und Wasserverdampfung). Nun sind sowohl die Betriebsdampfmaschinen als auch die Kompressoren und die Luftmaschinen von unvollkommener Bauart, so daß durch die Wahl zweckmäßigerer Maschinen der Wirkungsgrad zweifellos um mehrere Prozente erhöht und die Betriebskosten entsprechend verringert werden können. Derartige Resultate werden von der Preßluftanlage der Compressed Air Power Company in Birmingham erwartet, mit welcher nichts weniger beabsichtigt wird, als die gesamte in der Stadt erforderliche Betriebskraft (von etwa 30,000 Pferdekräften) außerhalb der Stadt zu erzeugen und mittels Preßluft in die Stadt zu leiten. Zur Zeit sind für 6000 Pferdekräfte die erforderlichen Maschinen im Betrieb. Vgl. E. Fränkel, Die Kraftanlage der Compressed Air Power Company in Birmingham („Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure“ 1888, S. 681); A. Riedler, Die Kraftübertragung durch Druckluft (System Popp) in Paris (das. 1889); Radinger, Über die Kraftverteilung mit komprimierter Luft (2. Aufl., Wien 1889).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 935937
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[935] Transmission (vgl. Bd. 17). Die Anlage zur Verteilung verdichteter Luft (Druck- oder Preßluft) in Birmingham liegt an der Grenzlinie des zu versorgenden Bezirks zwischen der Midland-Bahn und dem Birmingham-Warwick-Kanal, durch eine Straße in zwei Teile zerlegt, deren einer die Anlagen für 15 Maschinen zu je 1000 Pferdekräften aufnehmen soll, während der andre für später zu erbauende Maschinen von zusammen 16,000 Pferdekräften reserviert bleibt. Zur Erzeugung des erforderlichen Dampfes für die die Luftkompressoren betreibenden Dampfmaschinen dienen Röhrenkessel, welche bei 11 Atmosphären Überdruck für je 500 Pferdekräfte ausreichenden Dampf liefern und mit Generatorgasen geheizt werden. Die zur Erzeugung letzterer verwendeten, durch Dampfstrahlgebläse betriebenen Wilsonschen Gasapparate entsprechen einer Dampfleistung für je 500 Pferdekräfte. Bei Verwendung einer geringwertigen Kohle (5 Mk. pro Tonne) soll eine fünffache Verdampfung erreicht werden. Die Dampfmaschinen (Dreifachexpansionsmaschinen zu je 1000 Pferdekräften) sollen höchstens 7,5 kg Dampf pro Stunde und indizierte Pferdekraft verbrauchen und sind wegen des sehr hohen Preises von Grund und Boden über ihren Kesseln (je 3 Stück zu je 500 Pferdekräften) aufgestellt. Jede Dampfmaschine treibt mittels Balanciers 6 einfach wirkende Luftkompressoren (Luftverdichter) nach Greigs Patent mit stehenden Cylindern, deren Kolben mit den Saugventilen versehen ist und am obern Hubende etwas über den Sitz des Druckventils, welches den ganzen Cylinderquerschnitt einnimmt, hinausgeht. Hierbei trifft er ungefähr beim Hubwechsel das nur langsam niedersinkende Druckventil, welches nunmehr mit dem Kolben langsam niedergeht, bis es seinen Sitz erreicht hat. Dies geschieht, [936] der ebenfalls nur langsamen Bewegung des Kolbens beim Hubwechsel entsprechend, sehr sanft, wodurch eine geringe und gleichmäßige Abnutzung des Ventils und ein stoßfreier Gang bewirkt wird. Je sechs zu einer Dampfmaschine gehörige Kompressoren liefern stündlich bei einer Maximalumdrehungszahl = 80 pro Minute 56 cbm Luft von 3,2 Atmosphären Überdruck. Die Luft wird von Dachlaternen aus durch Rohrleitungen angesaugt, nachdem sie durch Filtersiebe von groben Verunreinigungen befreit ist. Die Preßluftleitung besteht aus schweißeisernen Röhren und ist in Entfernungen von wenigen hundert Metern mit Ventilen versehen, welche im Falle eines Rohrbruches die Rohrleitung selbstthätig verschließen, aber auch im Bedarfsfall von außen her geschlossen werden können. Die Leitung liegt sehr nahe der Straßenoberfläche in abgedeckten Betontrögen. Damit im Falle eines Hauptrohrbruchs keine Betriebsstörung eintritt, ist bis zu demjenigen Punkte, an welchem durch die Verzweigung der Rohre ein Zufluß der Luft auf mindestens zwei Seiten gesichert erscheint, eine doppelte Leitung von der Zentralstelle aus vorgesehen. Für die Nutzleistung der Anlage und die Kosten des Preßluftbetriebs hat Sturgeon, der Oberingenieur der Anlage, folgende Tabelle berechnet:

Art der Verwen­dung der Preßluft von 3,2 Atmo­sphären in den Maschinen der Konsu­menten Erfor­der­liche Luft­menge pro Stunde für 1 indi­zierte Pferde­kraft Kosten in der Stunde (für 1 cbm) Kosten in der Stunde mit Rabatt bei 24 Proz. Ver­dienst Kosten im Jahr (2700 Stunden) für 1 cbm Kosten im Jahr mit Rabatt bei 24 Proz. Ver­dienst Verhält­nis zwischen indi­zierter Leis­tung d. Maschi­nen an der Ver­brauchs­stelle und an der Haupt­stelle Stünd­licher Kohlen­ver­brauch f. 1 indi­zierte Pferde­kraft an d. Ver­brauchs­stelle bei 0,75 kg Kohlen­aufwand an der Haupt­stelle
Für die Vor­wärmung der Luft wird Abhitze voraus­gesetzt cbm Mark Mark Mark Mark   kg
Luft auf 160° C. erhitzt und bis zum atmosphä­rischen Druck expan­diert 0,052 0,050 141 135 0,846 0,89
Luft auf 100° C. erhitzt und bis zum atmosphä­rischen Druck expan­diert 0,061 0,058 164 157 0,728 1,03
Luft expan­diert ohne Erhitzung, wobei kalte Luft zur Eis­erzeu­gung gewonnen wird 0,079 0,076 212 202 0,564 1,33
Luft auf 100° C. erhitzt und bis zu 0,75 Atm. expand. 0,100 0,096 270 258 0,440 1,71
Luft nicht erhitzt bei 3/4 Füllung in gewöhn­lichen Ein­schieber­maschi­nen 0,108 0,103 290 277 0,411 1,83
Luft nicht erhitzt bei voller Füllung 0,138 0,132 373 356 0,319 2,35

Da der Kraft-, bez. Luftbedarf an den Maschinen der Konsumenten ein sehr wechselnder ist, so muß die Krafterzeugung dem entsprechend geregelt werden. Dies geschieht durch Regelung der Gasproduktion in den Gasgeneratoren für die Kesselfeuerung in der

Fig. 1. Vorderansicht. Fig. 2. Seitenansicht.
Kraftverbrauchsmesser für die Preßluftanlage in Birmingham.

Weise, daß bei verändertem Kraftbedarf der Dampfzufluß zu den Düsen der Dampfstrahlgebläse, welche die Generatoren mit Luft versehen, selbstthätig vermindert, bez. vermehrt wird. Ein besonderer, mit Kohlen gefeuerter Kessel dient zur Speisung der Dampfstrahlgebläse, bez. zum Betrieb eines 200pferdigen Luftkompressors, welcher allein den nächtlichen Kraftbedarf zu decken hat.

Die Menge der an die Abnehmer abgegebenen Luft wird mittels eines Luftmessers mit rotierenden Kolben gemessen, welcher nach Art der Pumpen mit rotierenden Kolben (s. Bd. 13, S. 465, Fig. 18) eingerichtet ist. Bei jeder Umdrehung der Kolbentrommel ist ein dem Inhalt des Luftmessers entsprechendes Luftvolumen hindurchgegangen. Man brauchte also nur die Anzahl der Umdrehungen mittels eines Zählrades festzustellen, um das während einer gewissen Zeit hindurchgegangene Luftvolumen ermitteln zu können. Das genügt jedoch nicht zur Ermittelung des Kraftverbrauchs, weil dieser auch von dem wechselnden Leitungsdruck abhängig ist. Die Achse der Kolbentrommel überträgt deshalb die Umdrehungen nicht unmittelbar auf ein Zählwerk, sondern es ist, um dem wechselnden Leitungsdruck Rechnung zu tragen, ein sinnreicher Mechanismus eingeschaltet, welcher die Angabe des Luftmessers dem Druck entsprechend berichtigt (Fig. 1 u. 2). Das von der Achse m der Kolbentrommel mittels mehrfacher Schneckengetriebe bewegte [937] verschiebbare Antriebsrad r bildet zusammen mit den durch Feder f dagegen gepreßten Scheiben p und p1 ein rechtwinkeliges Planreibradgetriebe und wird durch ein Bourdonsches Federrohr a (s. „Metallmanometer“ bei Manometer, Bd. 11, S. 199) mittels des Winkelhebels b dem Leitungsdruck entsprechend verschoben, so daß das Rad r bei größerm Druck an einem kleinern Radius des Rades p, und umgekehrt, angreift. Dadurch wird bewirkt, daß die Zeiger z des von p aus bewegten Zählwerkes stets das auf den Normaldruck umgerechnete Volumen, bez. die gelieferte Kraft anzeigen. An der Scheibe p befinden sich Kontakte k in solchen Abständen, welche einem Verbrauch von je 1000 Kubikfuß englisch (28,32 cbm) Luft von normalem Druck entsprechen. Diese Kontakte schließen eine nach der Hauptanstalt führende elektrische Leitung, so daß jedesmal der Verbrauch von 1000 cbm[WS 1] Luft von jedem Verwendungsort nach der Hauptanstalt hin signalisiert wird. Da nur eine einzige elektrische Hauptleitung verlegt ist, an welche sämtliche Verbrauchsstellen anschließen, so mußte Vorsorge getroffen werden, daß der Strom nach erfolgtem Zeichen sofort wieder unterbrochen wird, um zu verhindern, daß eine im Augenblick des Kontakts aufhörende Luftentnahme den Strom dauernd geschlossen erhält, und um eine gleichzeitige Meldung mehrerer Meßvorrichtungen thunlichst zu vermeiden. Es geschieht dies durch Auslösung des Kontakts mittels eines durch den geschlossenen Strom erregten Magneten (c). Die Angaben sämtlicher Meßvorrichtungen, welche auf einem Hauptzählwerk an der Zentralstation zum Ausdruck kommen, verglichen mit der unmittelbaren Messung durch ein großes Zählwerk am Anfang des Hauptleitungsrohrs, gewähren eine gute Übersicht über etwanige Undichtheiten der Leitung, welche beim Aufheben der über den Ventilkasten befindlichen Straßendeckel durch das Geräusch der ausströmenden Luft aufgefunden werden können.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. wohl: Kubikfuß