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MKL1888:Volapük

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Volapük“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Volapük“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 16 (1890), Seite 258
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Volapük. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 258. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Volap%C3%BCk (Version vom 20.05.2021)

[258] Volapük („Weltsprache“; a. d. engl. world, „Welt“, und speak, „sprechen“), von dem Pfarrer Joh. Mart. Schleyer (geb. 18. Juli 1831 zu Oberlauda in Baden, seit 1885 in Konstanz privatisierend) erdachter Name der von ihm 1879 konstruierten künstlichen Sprache, welche als Verständigungsmittel zwischen Angehörigen verschiedener Nationen dienen soll. Es gibt jetzt Weltsprachevereine in den meisten Städten Deutschlands, in fast allen großen Städten Österreich-Ungarns und Frankreichs, ferner in England, Italien, Holland, Belgien, Spanien, Portugal, Rußland, Skandinavien, der Schweiz, Amerika, China, Ägypten etc. Neben den von dem sprachenkundigen Erfinder selbst verfaßten Grammatiken des V. in 20 verschiedenen Sprachen und seinem „Wörterbuch des V.“ gab es Anfang 1889: 23 Volapükzeitungen, worunter 6 in Deutschland erscheinende, verschiedene „Volapüka-buks“, d. h. Übersetzungen in V. aus verschiedenen Sprachen, und eine ganze Litteratur über das V. (Lehrbücher von Kirchhoff, Fieweger, Schnepper, Kniele, Colling, K. F. Hoffmann, Heine, Plaumer, Toussaint u. a.). Der Glanzpunkt des V. ist seine überaus einfache und regelmäßige Grammatik. Die Deklination beruht auf der abwechselnden Anfügung der drei Vokale a, e, i an den Wortstamm zur Bezeichnung der Kasus, und des Konsonanten s zur Bezeichnung der Mehrzahl. So:

men der Mensch       mens die Menschen
mena des Menschen       menas der Menschen
mene dem Menschen       menes den Menschen
meni den Menschen       menis die Menschen.

Die Konjugation wird durch Anhängung der Pronomina ob ich, ol du, om er, of sie etc. und des pluralischen s gebildet, also z. B.:

löfob ich liebe       löfof sie liebt
löfol du liebst       löfobs wir lieben
löfom er liebt       löfols ihr liebt etc.

Andre Konjugationsendungen dienen zur Bezeichnung des Konjunktivs, Imperativs, Infinitivs, Partizips, während die Zeiten und Genera des Verbums durch vorn angefügte Silben ausgedrückt werden. Einige weitere Präfixe und Suffixe werden zur Bildung der Adjektive, Superlative etc. verwendet. Der Wortschatz des V. umfaßt zur Zeit gegen 14,000 Wörter, worunter etwa 1300 Wurzelwörter. Von letztern ist etwa ein Drittel, darunter die gebräuchlichsten Wörter, dem Englischen, ein Viertel dem Latein und den romanischen Sprachen, ein Fünftel dem Deutschen, der Rest andern lebenden Sprachen entnommen. Die Diphthonge, das h und r sind verbannt, dagegen finden sich die Zwischenvokale ä, ö, ü mit besonderer Vorliebe verwendet. Die Lebensfähigkeit des V. bleibt unbewiesen, solange es wie bisher vorwiegend den Charakter einer gelehrten Spielerei behält. Den praktischen Standpunkt scheinen die französischen Anhänger des V. unter der Führung von A. Kerckhoffs, dem Herausgeber der Zeitschrift „Le Volapük“, einzunehmen, indem sie das V. ausschließlich als internationale Handelssprache (langue commerciale internationale) kultivieren, die eine Art Ergänzung zu den internationalen Signalen der seefahrenden Nationen bilden soll. Doch sind die lobenswerten Zwecke des V. auf dem Gebiet des telegraphischen Verkehrs zwischen Handelsfirmen verschiedener Länder schon mehrfach durch den Gebrauch verabredeter Wörter erreicht worden. Vgl. Schleyer, Grammatik der Universalsprache V. (7. Aufl., Konst. 1887); Derselbe, Großes Weltsprachewörterbuch (4. Aufl., das. 1888); „Rund um die Welt, eine Zeitschrift für Volapükisten“ (Berl. 1888 ff.). S. auch Weltsprache.