Makart’s Atelier

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Autor: Balduin Groller
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Titel: Makart’s Atelier
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 725, 730–731
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[725]

Makart’s Atelier.
Originalzeichnung von J. J. Kirchner.

[730] Makart’s Atelier. (Hierzu Abbildung S. 725.) Makart’s künstlerische Begabung war, wie wir dies in der Biographie des Künstlers (vergleiche vorige Nummer) ausgeführt haben, eine vorwiegend decorative. Er war in Allem, was zur Decoration gehört, ein unvergleichlicher Meister. Der Festzug, den er der Stadt Wien geboten, war nicht weniger ein Kunstwerk, wie nur irgend eines seiner glanzvollsten Bilder, und mit voller Berechtigung läßt sich dasselbe, wie vom Festzuge, auch von der Einrichtung seiner Wohnung und seines Ateliers sagen. Das Atelier nun gar! Das ist ein wahres Wunderwerk von decorativer Pracht, gediegen und schön in allen Einzelheiten, überwältigend, hinreißend in der Gesammtwirkung. Der Ruf dieses mit unvergleichlichem Geschmack geschaffenen Kunstwerkes hatte sich bald so verbreitet, wie der irgend eines seiner großen Sensationsbilder, und es kam kein kunstverständiger Fremder nach Wien, der nicht Alles aufgeboten hätte, um in dieses Atelier zu gelangen, das zu einer der vornehmsten Merk- und Sehenswürdigkeiten der schönen Kaiserstadt an der Donau geworden war. Es ist wahr, es ist ein fürstlicher Luxus entfaltet in diesem Raume, aber man hat nicht den Eindruck des Kostbaren, sondern voll und uneingeschränkt und ungetrübt den des Schönen. Es mußte Jedem bedeutend leichter erscheinen, die Mittel, als den Geschmack für solche Pracht aufzubringen.

Das Makart’sche Atelier hat zwei Räume. Wenn man vom Garten des Gußhauses auf der Wieden, wo sich Makart’s Künstlerheim befindet, das Atelier betritt, so gelangt man erst in das kleine und, nachdem man dieses durchschritten, in das große, den eigentlichen Prachtraum. Makart hatte sich erst einige Jahre mit dem kleinen Atelier, das ebenfalls nach seinen Angaben und seinen Bedürfnissen entsprechend gebaut worden war, beholfen, als er aber daran gehen wollte, seine „Katharina Cornaro“ zu malen, erwies es sich als zu klein, und er ließ an das kleine nun das größere so anbauen, daß zwischen Beiden eine Verbindung verblieb. Diesen größeren Raum nun stattete er nach und nach zu dem aus, als was er allen entzückten Besuchern erscheinen mußte: als ein in die Wirklichkeit übersetzter berückender Künstlertraum.

[731] Das Atelier hat nur ein einziges großes Fenster mit nicht ganz vollkommen reinem Nordlicht, gerade gegenüber von dem Fenster am anderen Ende des Saales führt eine Stiege, für sich ein Kunstwerk, wie Alles und Jedes im Atelier, zu einem Stübchen, das geradezu als das Ideal künstlerisch verschönter und gehobener Behaglichkeit angesehen werden darf. Im Atelier selbst nehmen natürlich in erster Reihe die Bilder Makart’s die Aufmerksamkeit für sich in Anspruch. Die eine Längenwand ist fast ganz verdeckt durch sein großes, unvollendet gebliebenes Gemälde „der Frühling“. Ein junger Ritter ist soeben am Bachesrand von seinem Rosse gestiegen, um einen Trunk entgegenzunehmen, den ihm ein blühendes, junges Weib reicht; um diese Beiden herum führt eine lustige Amorettenschaar einen übermüthigen Tanz auf. An den Seiten herum steht eine große Anzahl großer halbrunder Rahmen, mit theils fertigen, theils erst skizzirten Lunettenbildern für das neue kunsthistorische Museum. Da sehen wir auch ein fast fertiges, in bezaubernder Farbenpracht prangendes Stillleben, einige unvollendet gebliebene Portraits etc. Von den Bildern weg wendet sich dann der Blick auf die einzelnen decorativen Einrichtungsstücke. Wo soll man anfangen zu bewundern? Bei den in tiefen, gesättigten Farben glühenden persischen Teppichen, bei den funkelnden indischen Stoffen, bei den kostbaren Gobelins, bei den gewaltigen Bronzecandelabern, die in ihrer heiteren Schönheit ein ansehnliches Vermogen repräsentiren, bei den kunstvollen Waffen, den marmornen Alterthümern, bei dem geradezu verwirrenden Reichthum an köstlich geschnitzten Schränken, Stühlen, Truhen? Es ist nicht möglich, Einzelnes hervorzuheben, weil man sonst an tausend anderen Dingen ein Unrecht begehen würde; es nützt auch nichts, einzelnes, besonders Kostbares zu nennen. Das trifft man ja am Ende auch in Museen; was den Raum einzig, unvergleichlich macht, ist die Gesammtwirkung. Da steht und liegt jedes Ding auf dem richtigen Flecke und in richtiger Beleuchtung, und bei aller Pracht wirkt Alles so anspruchslos und so selbstverständlich, als wenn das Alles nur so sein müßte und gar nicht anders sein könnte.

Nur einem decorativen Genie allerersten Ranges war es möglich, das Kunstwerk zu schaffen, das unter dem Namen „Makart’s Atelier“ einen Weltruf errungen hat. Nach alledem erscheint es nur selbstverständlich, das gegenwärtig sowohl von der Künstlergenossenschaft, wie vom Gemeinderathe in Wien die Frage sehr ernsthaft in Erwägung gezogen wird, wie dieses Kunstwerk in seiner Gesammtheit für die Stadt Wien erhalten werben könnte.

Balduin Groller.     

Hans Makart † am 3. October 1884.