Maria Stuart’s Weihe
Schloß Holyrood ist öd’ und still,
Der Nachtwind nur durchpfeift es schrill,
Es klirrt kein Sporn in Hof und Hall’,
Nur finstres Schweigen überall.
Ein hohes Weib die Hall’ entlang:
Ihr klares Aug’ strahlt ewig-jung
Vom Feuer der Begeisterung.
Sie kommt, und bringt ihr Angebind
Im Saale drin dem Königskind.
Das Königskind das heißt Marie,
Sie aber ist die Poesie;
Und flüstert ernst: „ich weihe Dich!“
Sie flüstert’s kaum, da – still und stumm
Entschwebet schon sie wiederum,
Und lachend schlüpfen lust’ge Zwei
Die Eine strotzt von buntem Tand,
Ein Spiegel blitzt in ihrer Hand,
Bald schaut sie sich und bald ihr Kleid,
Das war die Dirne „Eitelkeit“.
Trägt langes aufgelöstes Haar,
Ihr Aug’ ist schwarz, nackt ihre Brust,
Das war die Dirne „Sinnenlust“.
Sie neigen beid’ zur Wiege sich,
Da huscht, – und ihre Wang’ erblasst,
Rasch in den Saal ein dritter Gast.
Wie Schatten schleicht er an der Wand,
Sein Kleid ist roth, roth seine Hand,
Und messerscharf ist sein Gesicht.
Er neigt sich jetzt, und spricht das Wort:
„Ich weihe Dich zu Blut und Mord!“
Aufschreit im Schlaf das Königskind,
Wirft banger Traum die Schläferin,
Geweiht für’s Leben schlummert sie
Die schöne, schottische Marie.