Med. Topographie Gmuend:035
Franz Joseph Werfer Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd | |
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Die physische Bildung und den Charakter betreffend, so ist der Gmünder von mittlerer Statur, und seine Körperconstitution ist im Durchschnitt genommen mehr schwach, als robust; denn die einerseits großentheils mehr verzärtelte oder vernachläßigte Erziehung, vorzüglich aber anderseits die unsrer Manufakturisten, weiblichen Geschlechts sowohl als männlichen, so wie anderer Handwerker, als Schneider, Schuster, Weber u. s. w. mit ihrer Arbeit nothwendig verbundene sitzende Lebensart, in einer gewöhnlich eingeschlossenen und daher mehr oder weniger verdorbenen Zimmerluft, können nicht anders als schwächend auf den Körper wirken; daher auch die mehr blasse als lebhaft rothe Farbe, und das oft kränkliche Aussehen der meisten Einwohner. Seine Gesichts- und Körperbildung ist im Allgemeinen regelmäßig, besonders hat das weibliche Geschlecht größtentheils eine angenehme Gesichtsbildung mit hübschen Wuchs, zumal seitdem die steifen Schnürbrüste, welche bey Kindern von so manchen nachtheiligen Folgen seyn können, indem sie die Rippen und Schulterblätter durch ihren anhaltenden Druck verdrehen, Höcker und Einseitigkeit dadurch verursachen, und oft Engbrünstigkeit und andere Brustfehler durch ihren fortgesetzten Gebrauch noch entstehen machen, größtentheils außer Gebrauch gekommen sind. Indessen sieht man hier doch auch viele und vielleicht mehrere Verwachsene und Krüppel vorkommen, als in manchen andern Orten von gleicher Einwohnerzahl. Der gemüthliche Charakter des Gmünders ist überhaupt gut: der Gmünder ist dienstfertig und wohlthätig, aufrichtig und freygebig, im Umgange gesellig |