Oden aus Horaz
einigen Erläuterungen
von
Ludwig Neuffer.
An das Schiff
das den Virgilius nach Athen brachte.
I. 3.
So sey Cyprias Götterschutz,
So des Brudergestirns leitendes Licht mit Dir,
So der Winde Beherrscher auch,
(Alle halt’ er zurück, nur den Japyx nicht.)
Den Virgilius ist, daß du zur Attischen
Grenz’ ihn ohne Verletzung bringst,
Und, ich flehe, der Seel’ anderen Theil bewahrst!
Eichen lagen und dreifach Erz
Boot der tobenden See vertraut
Erstmals, und nicht des Süds jähen Vertilgungskampf
Mit Orkanen des Nords gescheut,
Noch die grause Hyad’ oder des Notus Wuth,
Herrscher, schwellen die Fluth oder sie sinken heißt.
Welcher Todesgefahr erschrack,
Wer mit trockenem Blick schwimmende Ungeheu’r,
Wer die See in Empörung sah,
Fruchtlos hat durch des Oceans
Kluft ein sorgender Gott Länder von Land getrennt,
Wenn die frevelnden Schiffe doch
Hüpfen über der Meergründe versagte Bahn.
Rennt durch Sünd’ und Verbot immer das Menschenvolk.
Tollkühn trug des Japetus[1]
Sohn mit bösem Betrug Feuer den Völkern zu.
Als das Feu’r aus der Aetherburg
Neuer Fieber und Siechthum her,
Und des zaudernden Tod’s einst so verspätetes
Schicksal flügelte jetzt den Schritt.
Dädal prüfte der Luft Leere mit Fittigen,
Durch den Acheron brach Herkules Riesenthat.
Nichts ist Sterblichen allzuhoch!
Selbst den Himmel bedroht unsre Vermessenheit,
Und nicht duldet es unsre Schuld,
An den Dellius.
II. 3.
Gleichmüthig streb’ im Drange des Mißgeschicks
Dein Herz zu halten, aber nicht minder auch
Im Glücke frei von übermäß’ger
Freude, mein Dellius, denn du stirbst einst,
Ob auf entlegnem Rasen zurückgelehnt
Du mit Falerner des gesparten
Krugs dich am festlichen Tag beseligst.
Wo Silberpappeln und die erhabne Ficht’
Vermählen, und in krummen Ufern
Mühsam der flüchtige Quell hinabbebt,
Dort schaffe Wein und Salben und der zu bald
Verwelkten Ros’ anmuthige Blüthe hin,
Nächtliche Faden es noch gestatten.
Du mußt die rings erkauften Gehölze, mußt
Dein Haus, das Landgut, welches die Tiber netzt,
Verlassen, und der aufgethürmten
Sey reich, dem alten Inachusblut entstammt,
Sey arm, vom tiefsten Volke, des Himmels Dach
Dein Aufenthalt, gleichviel! ein Opfer
Bleibst du dem nimmererflehten Orkus.
Einst früher, später aus dem geschwungnen Topf
Das Loos, zu ewiger Verbannung
Uns in den stygischen Kahn zu setzen.
An den Licinius.
II. 10.
Besser wirst du leben, Licin, wenn weder
Stets das hohe Meer du verfolgst, noch sorgsam,
Vor Orkanen zitternd, zu nah am falschen
Strande dich andrängst.
Sich erwählt, wird ruhig der morschen Hütte
Eckeln Schmutz, wird nüchtern des Hofs mißgönnten
Schimmer entbehren.
Heft’ger bebt von Stürmen gefaßt der Fichte
Hohe Warten ein, und aufs Haupt der Berge
Schmettern die Blitze.
Weise hofft im Glück und besorgt im Unglück
Ein gediegnes Herz des Geschickes Wechsel.
Ferner sie wieder.
Bist du heut unglücklich, die Zukunft wird nicht
Also seyn. Zuweilen erweckt die stumme
Muse mit der Leier Apoll, und spannt nicht
Zeige dich im Drucke der Noth mit Thatkraft,
Und gestählt mit Muthe, zugleich doch ziehe
Weislich ein im allzugewognen Fahrwind
Schwellende Segel.
An den Baum.
II. 13.
Am Tag des Unglücks legt’ in die Erde dich
Dein erster Pflanzer, und mit verruchter Hand
Erzog er dich, o Baum, den Enkeln
Einst zum Verderben, der Flur zur Schande.
Den Hals gebrochen, nächtliches Blut verspritzt
Im innern Schlafgemach des Gastfreunds,
Kolchische Gifte gemischt, und alles
Verübt, was je an Gräueln ein Menschenherz
Auf meinen Acker, dich, zu fallen
Auf des nicht schuldigen Herren Scheitel.
Was Jeder stündlich meide, das hat ein Mensch
Noch nie erkundet; Puniens Schiffer bebt
Drüber hinaus das verborgne Schicksal.
Der Krieger die Geschoß’ und behende Flucht
Des Parthers; dieser Ketten- und Kerkerblock
Des Römers, aber ungeahnet
Wie nahe sah der dunkeln Proserpina
Gebiet ich, und den richtenden Aeakus[3],
Und abgetrennt die Au’n der Frommen,
Und auf äolischen Saiten klagend
Und dich, der voller tönet mit goldnem Kiel,
Alcäus! Noth des Schiffs besingend,
Noth der Verbannung und Noth des Krieges.
Der Beiden Lieder, heiliger Sille werth,
Auf Schlachten und verjagte Herrscher
Horchet die schulterngedrängte Menge.
Was Wunder? Senkt ob jenen Gesängen doch
Erstaunt das hundertköpfige Ungeheu’r
Schwelgen, der Furien Haar durchschlängelnd.
Ja selbst Prometheus wird durch den Zauberton
Und Pelops Vater daurender Qual entrückt,
Orion sorgt nicht mehr, die Löwen
An den Grosphus.
II. 16.
Ruh’ erfleht von Göttern der Sturmergriff’ne
Auf Aegäums Meere, sobald die schwarze
Wolk’ umzog den Mond, und kein Leitgestirn mehr
Leuchtet den Schiffern.
Ruhe sich die köchergeschmückten Meder,
Ruh’, o Grosphus, die für Gestein, für Gold und
Purpur nicht feil ist.
Denn fürwahr nicht Schätze, noch eines Konsuls
Oder Sorgen weg, die der Prunkgemächer
Decken umflattern.
Glücklich lebt mit Wenigem, wem auf schlichtem
Tische glänzt ein vaterererbtes Salzfaß,
Schlummer entführet.
Warum zielt nach Vielem im kurzen Leben
Rasch der Mensch? Was suchen wir Land, das andre
Sonnen wärmen? Wer, aus der Heimath wandernd,
Auch die erzbeschlagenen Schiff’ ersteiget
Schnöde Sorg’, und läßt nicht von Reiterschwärmen,
Schneller als die Hirsch’ und der Wolkentreiber,
Schneller als Eurus.
Unbesorgt, und mildre mit stetem Lächeln
Bittres dir. Nichts ist in der Welt von allen
Seiten vollkommen.
Schneller Tod entraffte berühmt Achillen,
Und vielleicht kann mir, was sie dir versagte,
Bringen die Hore.
Dich umbrüllen Sikulerküh’ in hundert
Heerden, dich grüßt wiehernd des Viergespannes
Zweymal getränkt in
Purpurblut: mir schenkte geringe Felder,
Und ein wenig Geist von der Grajermuse
Eine treue Parz’, und den bösgesinnten
Die nemliche Ode.
(Versuch in gereimten Versen.)
Ruh’ erfleht aus offnen Meereswogen,
Wenn ein schwarz Gewölk den Mond umzogen,
Und kein sichres Leitgestirn ihm lacht,
Der Pilot in grauser Schreckennacht.
Und die Meder, die mit Pfeilen morden,
Ruhe, die für Purpur nicht und Gold,
Nicht für Gemmen ihren Frieden zollt.
Denn fürwahr, nicht reicher Schätze Prangen;
Sturm der Brust, und selbst in’s Prunkgemach
Schweben die beschwingten Sorgen nach.
Glücklich, wem das Salzfaß biedrer Ahnen
Auf dem schlichten Tische blinkt! Ihn mahnen
Ist sein Schlaf, von keiner Furcht verscheucht.
Warum ringt der Mensch im kurzen Leben
Rastlos nach so manchem Ziel? Was streben
Wir nach fremden Landen? Wer entflieht,
Mit zu Schiffe steigt der Seele Hader,
Läßt nicht ab vom reisigen Geschwader,
Schneller, denn die Hirsche und der Ost,
Der einher mit Wetterwolken tost.
Sorge nicht, was dir die Zukunft schicke,
Mild’re lächelnd selbst das Bittre dir;
Kein vollkomm’nes Glück gewinnst du hier.
Schnell erlag Achill den blassen Schatten,
Und es wird, was dir sie nicht beschert,
Von der Hore mir vielleicht gewährt.
Hundert Heerden hörst du dich umblöcken,
Und gefärbt in Tyrus Purpurschnecken
Schickt die Stute wiehernd dir sich an:
Mir verlieh die Parze, die getreue,
Daß ich eines kleinen Guts mich freue,
Daß mich Hellas Dichtergeist durchglüht,
An die Lyde.
III. 11.
Hermes, denn belehret von dir dem Meister,
Hat Amphion Steine bewegt mit Singen,
Und auch du, o Leier, auf sieben Saiten
Kundig zu tönen.
Werth am Tisch der Reichen und in den Tempeln,
Sag’ ein Lied, zu dem die verstockten Ohren
Lyde nun wende,
Die, wie ein dreijährigs Füllen, spielend
Fremd der Hochzeitfreud’, und dem ungestümen
Buhlen noch unreif.
Tiger und begleitende Wälder kannst du
Nach dir zieh’n, und eilende Bäche hemmen,
Gräulicher Hüter,
Cerberus, wiewohl sich ihm hundert Schlangen
Ringeln um das Furienhaupt, und grauser
Athem ihm und Geifer vom dreygezüngten
Auch Ixion, Tityos auch erwehrte
Sich des Lächelns nicht, und ein wenig trocken
Stand die Urn’, als du mit Gesang entzücktest
Danaus Töchter.
Und bekannter Strafe, vom leeren Faße,
Wo am Bodengrunde das Wasser schwindet,
Und vom Verhängniß,
Das auch spät im Orkus der Schuld noch harret.
Ha, verrucht! Sie konnten mit hartem Eisen
Morden die Freier.
Eine nur von Vielen, der Hochzeitfackel
Werth, betrog den schwürevergeßnen Vater
Rühmliche Jungfrau.
Auf, so sagte sie zum vermählten Jüngling,
Auf, daß dich nicht finde der lange Schlummer,
Wo du nichts dir fürchtest, betreug den Schwäh’r und
Die, wie Löwenmütter die jungen Kälber,
Einzeln, ach, sie schlachten! doch Ich, die sanfter
Fühlt, als sie, will weder dich morden, noch im
Zimmer dich halten.
Weil des Unglücksgatten ich mild verschonte,
Trage mich verbannend sein Schiff zum fernsten
Land der Numiden.
Geh, wohin die Füß’ und der Wind dich reißen,
Zeichen geh’, und präg’ auf mein Grab die Klage,
Unser gedenkend.
An den Mäcenas.
III. 29.
Tyrhenersprößling, Enkel von Königen!
Ein milder Wein im nie noch gewandten Faß,
Mit Rosenblüthen, o Mäcenas,
Narde zugleich, für dein Haar gepresset,
Daß du das feuchte Tibur und Aesulas
Abschüssig Feld nicht stets beschaust, und
Telegons Höhen, des Vatermörders.
Verlaß den unlustschaffenden Ueberfluß,
Und staune länger nicht der stolzen
Roma Getümmel und Pracht und Rauch an.
Auch Reichen ist oft süß die Veränderung,
Und reine Kost, selbst unter des Armen Dach,
Oft die bekümmerte Stirn entrunzelt.
Schon zeigt verborgnes Feuer Andromedas
Glanzvoller Vater, Procyon rast, und schon
Des grimmen Löwen Stern, da Phöbus
Schon sucht der Hirt mit schmachtender Heerde sich,
Ermüdet, Bach und Schatten und Waldgebüsch
Des struppichten Silvans, und stille
Ufer entbehren der Lüfte Säuseln.
Und pflegst der Stadt, angstvoll, was die Serer doch,
Was die von Cyrus einst beherrschte
Baktra, was Tanais Zwist uns drohe.
Vorschauend hüllt der künftigen Zeit Erfolg
Und lacht, wenn über alle Maaßen
Sterbliche zittern. Was da ist, denke
Gleichmüthig dir zu ordnen, das übrige
Fährt hin, dem Strom gleich, der in des Ufers Schooß
Gleitet, und jetzt die benagten Felsen,
Entraffte Baumstämm’, Heerden und Wohnungen
Zugleich dahinwälzt, daß die Gebirg’ umher
Nachbrüllen, und die nahen Wälder,
Thalbäch’ emporstürmt. Der ist sein eigner Herr,
Und wohnt im Frieden, welcher von Tag zu Tag
Sich sagen darf: Ich lebte! Morgen
Hülle der Vater den Pol in schwarzes
Denn, was vorbei ist, kann er nicht tilgen mehr,
Nicht ungescheh’n und anders machen,
Was dir die fliehende Stunde brachte.
Fortuna, die grausamen Geschäftes froh,
Tauscht um die ungewissen Würden,
Jetzo mir, jetzo dem Andern günstig.
Ich lob’ es, bleibt sie. Schlägt sie das eilende
Gefieder, zahl’ ich, was sie verlieh, zurück,
Nackte, doch redliche Armuth wählend.
Nicht meine Sach’ ist’s, wenn von des Afrikus
Orkan der Mast heult, sinken in’s Jammerfleh’n,
Und durch Gelübde mir bedingen,
Mit neuem Reichthum fülle das geiz’ge Meer.
Dann wird, dem doppelrudrigen Boot vertraut,
Mich sicher durch Aegäums Aufruhr
Führen die Luft und der Zwilling Pollux.
An Melpomene.
IV. 3.
Wen, Melpomene, du einmal,
Als geboren er ward, sahest mit gnäd’gem Blick,
Solchen wird nicht der Isthmische
Kampf als Fechter erhöh’n, nicht ein geflügelt Roß
Zieh’n als Sieger, auch nicht krieg’rische Heldenthat
Ihn, mit delischem Blatt geschmückt,
Weil das Dräu’n er zermalmt trotziger Könige,
Zeigen dem Kapitolium.
Und dichtlaubiger Haine Grün,
Im äolischen Lied bilden sie ihn berühmt.
Roms, der Städtebeherrscherinn,
Söhne würdigen schon unter das Lieblingschor
Und schon naget an mir minder des Neides Zahn.
O, die goldenes Saitenspiel
Stimmt zu süßem Getön, göttliche Pieris!
O, die schweigenden Fischen selbst
Ganz ist dieß dein Geschenk, daß mich
Als den Meister das Volk zeigt im Vorübergeh’n,
Der die römische Lyra zwang
Daß ich dicht’ und gefall’, ob ich gefall’? ist dein.
Lob des Landlebens.
Epode 2.
Der Mann ist selig, der von Weltgeschäften fern,
Dem Urgeschlecht der Menschen gleich,
Das väterliche Feld mit eignen Stieren pflügt,
Von allem Wucherwesen frei.
Nicht graut ihm vor des Meeres Zorn.
Auch meidet er den Markt und übermächtiger
Mitbürger stolze Schwellen gern,
Dafür vermählt mit hohen Pappelbäumen er
Und schneidet mit der Hipp’ unnütze Aeste durch,
Und pfropfet edlere Reiser drauf.
Oder er sieht vor sich im tiefgekrümmten Thal
Der brüllenden Heerden Schwärme zieh’n,
Oder er schiert das Wollenvieh.
Wenn dann das schön mit reifem Obst gezierte Haupt
Der Herbst aus Fruchtgefilden hebt,
Wie freut er sich, wenn selbstgeimpfte Birn’ er pflückt,
Dir zum Geschenk, Priapus, und, o Vater, dir,
Silvanus, Schirmer seiner Flur!
Ihm behagt’s zu liegen, jetzt von alter Eich’ umwölbt,
Jetzt auf dem schwellenden Rasenbett,
Die Vögel klagen im Gehölz,
Und Quellen rauschen darein mit sanfthinrieselnder Fluth,
Und zaubern leichten Schlaf herbey.
Doch wenn die Winterszeit des Donnergottes Zeus
Drängt dort und dort er mit vielen Hunden brausende
Waldschwein’ in’s vorgeworfne Netz.
Bald spannt er maschige Garn’ auf glatten Gabeln aus,
Gefräß’gen Drosseln zum Betrug,
Erhascht die Schling’ als süßen Raub.
Wer wird nicht allen Kummer, den die Liebe nährt,
Vergessen unter solcher Lust!
Wenn dann ein sittsam Weib auch ihres Theils das Haus,
Wie die Sabinerfrau, und von der Sonne braun,
Das Weib des raschen Appulers,
Und trocknes Holz umher auf heil’gem Heerde häuft,
Zur Wiederkehr des müden Manns,
Und die gespannten Euter melkt,
Und heurigen Wein dem süßerhaltnen Faß entzapft,
Und unerkaufte Kost ihm bringt:
Dann reizten mich Lukrineraustern nicht so sehr,
Wenn auf eoischen[5] Wellen donnernd ein Orkan
An unsern Meerstrand sie verschlug,
Kein Afrervogel sänk’ in meinen Magen dann,
Kein Haselhuhn aus Ionien
Vom fettesten Gezweige des Baums,
Als Ampfer, der die Wiesen liebt, und Malvenkost,
Ein heilsam Kraut dem kranken Leib,
Und als ein Lamm, geschlachtet am Fest des Terminus,
Bey solchem Schmaus, wie lustig ist’s der Schaafe Zug
Zu schau’n, der satt zur Wohnung eilt,
Zu schau’n die müden Stier’ am umgestürzten Pflug,
Wie sie mit schlaffem Hals ihn zieh’n,
Um schimmervolle Laren sitzt! –
Als dieß gesagt der wucherfrohe Alphius,
Im Vorgefühl ein Landmann schon,
Treibt an den Iden all sein Geld er ein, und legt’s
Aufheiterung.
An die Freunde.
Epod. 13.
Grausendes Ungewitter umzog den Himmel, und Regen
Und Flocken zieh’n den Zeus herab.
Wälder nunmehr und das Meer
Hallen vom Thracischen Norde zurück. Nun erhaschet, o Freunde,
Weil uns noch streben die Knie’,
Und es sich ziemt, so erheitert die Stirne von Wolken des Alters.
Du, bringe Wein, im Konsulsjahr
Meines Torquatus gepreßt.
Bringt uns ein Gott das alte Glück.
Jetzo mit Persischer Nard’
Eile zu salben dein Haar, und mit cyllenischer Leier
Von unheilvollem Sorgenschwarm
Wie der berühmte Centaur einst sang dem gewaltigen Zögling:
Unüberwundner Sterblicher,
Thetis, der göttlichen, Sohn!
Deiner harrt des Assarakus Land, das der kleine Skamandrus
Simois gleitender Strom.
Aber die Parce versagt mit reißendem Faden die Heimkehr,
Und deiner Mutter blaue Fluth
Trägt dich nach Hause nicht mehr.
Die ungestalter Traurigkeit
Tröstende Labung verleih’n.
Ein Abschiedsgedicht, das ein Horaz einem Virgil weiht. In welch zarter Berührung die zwey größten Dichter Roms! aber wie einzig ist dieser Stoff behandelt!
Horaz empfiehlt das Schiff, das den geliebten Freund nach Athen brachte, den schützenden Mächten der Meerfahrt; dem Götterschutze der Cypria, V. 1., oder Venus, welche, selbst hervorgegangen aus dem Schaume des Meeres, auch Macht hat über die Gewässer; dem Brudergestirn, V. 2., Kastor und Pollux, oder den Dioskuren, die den Schiffenden günstig sind; dem Beherrscher der Winde, V 3, Aeolus, daß er alle zurückhalte, nur nicht den (Japyx) Abendwind, welcher die Fahrt nach Athen von Italien aus am besten förderte. Unter solchem Schutze wünscht er dem Freunde glückliche Ankunft. Indem sich aber mit dem Schmerzgefühle der Trennung noch die Vorstellung vereinigt, welchen Gefahren der scheidende Freund ausgesetzt sey, so führt die Phantasie [102] den Dichter durch Ideenverwandtschaft zu Verwünschungen über den ersten Schiffer, und zur Verfluchung des gesammten Seewesens, V. 9–20. Der muß eine eherne, unerschrockene und gefühllose Brust gehabt haben, welcher zuerst ein zerbrechliches Boot der tobenden See vertraut; (merk’ auf die Gegensätze!) und allen Meergefahren Hohn sprach, den Regen und Sturm bringenden Hyaden, (fünf großen Sternen an der Stirne des Stiers,) der Wuth des Notus, des Südwinds, der das adriatische Meer (Adria) am gewaltigsten bestreicht, und den Ceraunien, berüchtigten Klippen an Epirus Gestaden. Welche Scene! Hier das schwellende Meer, von[6] Stürmen empört! dort furchtbare Ungeheuer und toddrohende Felsen! Erschüttert von diesem Bilde zürnt der Dichter allen, die gegen die Natur und den Schluß der Götter handeln, heißt ihr Unternehmen gottlos, und leitet alles Unglück der Menschen davon ab, V. 21–40. Die Götter wollten durch die Kluft des Meers die Verbindung entfernter Länder verhindern. Umsonst! Ruchlose Schiffe schwimmen darüber hin. Der kecke Mensch achtet weder Gefahr noch Verbot. Der Sohn des Japetus, (Prometheus) durch Minervas Beystand zum Himmel erhoben, brachte in einem hohlen Stabe, den er am Sonnenwagen anzündete, das Feuer diebisch zu [103] den Menschen. Daher die Krankheiten und der frühe Tod der Sterblichen. (Mit der Entdeckung des Feuers entwickelte sich die Kultur und die allmähligen Folgen der Ueberverfeinerung unter den Menschen) Dädalus machte sich Flügel, die dem Menschen versagt sind, und versuchte damit eine Luftreise, dem Könige Minos von Kreta entfliehend. Herkules drang sogar in die Unterwelt, (Acheron) um den Cerberus, den Hüter des Eingangs, einen furchtbaren Hund mit drey Köpfen, dem Eurystheus heraufzuholen. Nichts bleibt unversucht. Selbst gegen den Himmel freveln wir. Damit fordert der kecke Mensch den Jupiter heraus, seine zerschmetternden Blitze nie ruhen zu lassen.
Wir finden hier keine langweilende Mahlerei von Empfindungen über Trennung und Abschied, dergleichen moderne Dichter bey ähnlichen Veranlassungen Preis geben. Horaz nimmt einen ganz andern Gang. In lauter Bildern und Gleichnissen, von der Natur und von der Handlung geborgt, führt er nicht nur wahrhaft lyrisch, sondern auch im konsequentesten Zusammenhange und in der abgemessensten Einheit sein Thema aus, auf welches er durch die Gefahren seines scheidenden Freundes gebracht wird, nehmlich die sträfliche Verwegenheit der Sterblichen. Sanft und gefühlvoll ist der Anfang, stark und voll Affekt der Fortgang, höchste [104] Begeisterung der Schluß. Immer an Interesse wachsend endigt die Ode in einer großen Idee, womit sich der gewaltige Eifer des Dichters erschöpft. Man fühlt es, das Lied ist aus, jede Fortsetzung würde den Eindruck schwächen. Darin ist Horaz besonders ein großer Meister, daß er am rechten Platz aufzuhören weiß, und daß alles so ineinander gegliedert ist, daß nichts weggenommen, nichts eingeschoben, nichts angehängt werden kann, ohne den herrlichen Organismus zu zerstören. Nichts ist zu viel, nichts zu wenig, alles am rechten Ort. Das ist der gediegene Numerus eines vollendeten Künstlers.
Gleichmüthigkeit und weiser Lebensgenuß ist das höchste Gut. Dieß ist der Gedanke, den Horaz in der vorliegenden Ode ausführt. Er weiht sie dem Dellius, einem alten Kriegsgefährten, der mit ihm unter Brutus und Kassius focht, aber nach deren Niederlage und Tod die Partie des Antonius ergriff. In Aegypten, den Nachstellungen der Kleopatra ausgesetzt, floh Dellius nach Rom, und bot sich dem Oktavian (Augustus) der damals schon mit dem Antonius zerfallen war, an.
Sey im Unglücke nicht verzagt, im Glücke nicht übermüthig, und gebrauche was du hast, denn du mußt [105] einmal sterben, und all dein Gut verlassen. Wie schön Horaz diesen Stoff behandelt hat, ist ohne nähere Zergliederung fühlbar und deutlich. Also nur einige Erläuterungen:
Falerner des gesparten Krugs. In Campanien, zwischen Calus und Sinuessa, wuchs der berühmte Falernerwein. Man bewahrte den Wein in großen, spitzzulaufenden Krügen, deren enger Hals mit Kork verstopft war. Das Alter und die Güte desselben pflegte man mit dem Namen des Konsuls zu bezeichnen, in dessen Jahr er gekeltert wurde. An festlichen Tagen, die hauptsächlich dem Vergnügen geweiht waren, that man sich gerne mit auserlesenen Weinen gütlich.
Die Parzen (die drei Schicksalsschwestern) spinnen den Lebensfaden im Verborgenen; daher der nächtliche Faden.
Inachus wird für den ersten König in Argos gehalten. Die Abstammung von ihm bezeichnet alten Adel.
Orkus. Die Unterwelt, das Reich der Todten. Oft wird auch Pluto, der Gott dieses Reichs also genannt.
Die Nothwendigkeit, das unerbittliche, eiserne Fatum, bewahrt die verhängnißvolle Urne, in welcher [106] aller Menschen Loose ruhn, und zieht sie nach Willkühr. Das Todesloos führt in die Verbannung über den Styx, (einen der unterirdischen Flüsse) deren Fährmann Charon die abgeschiedenen Seelen in seinem leichten Kahn ihrer weiteren Bestimmung zuführt.
Es herrscht in dieser Ode zwar ein sanfter doch ernster Geist; sie fängt mit einer weisen Lehre an, sie schreitet fort mit einer Einladung zum Genusse; sie schließt mit Vorstellungen der Vergänglichkeit und des Todes. Neben der Freude ein tragischer Ernst. Wahres Bild des Menschenlebens!
Diese Ode ist dem Licinius Varro Muräna gewidmet, einem Bruder des Proculejus und der Terentia, die eine Gemahlin des Mecänas war, und enthält eine Ermahnung zur Zufriedenheit im Mittelstande des Glücks. Eine der schönsten und gemüthlichsten Oden des Horaz, und zugleich eine der verständlichsten. Uebrigens wird durch folgende historische Notizen die Veranlassung, der Zweck und der Inhalt der Ode noch deutlicher werden.
Licinius Muräna gehörte zur republikanischen Partie des damaligen Roms, und hatte schon unter Pompejus gegen Cäsar gefochten. Von gleichen [107] Grundsätzen beseelt, diente er auch gegen den August. Dieser begnadigte ihn durch Verwendung des Mecänas, seines Schwagers. Allein Muräna konnte sein republikanisches Herz nicht ändern, und gab auch seine Grundsätze nicht auf; deßhalb benahm er sich etwas zu frei und unvorsichtig für die neue Monarchie. Einst, so erzählt Dio, legte August vor Gericht ein Zeugniß wider den Primus ab, den Muräna vertheidigte; da fragte Muräna mit Heftigkeit den August: „Wer hat dich hieher gerufen?“ der schlaue August, der die Formen der untergegangenen Republik noch schonte, und mit schmeichlerischer Gleisnerey die Herzen des Volks gewinnen wollte, antwortete kalt und besonnen: „die Republik.“ Aber solche Freimüthigkeit empfiehlt sich schlecht bey Herrschern, wie August war. Kein Wunder, daß er dem Muräna grollte und ihn seine Ungnade fühlen ließ. Muräna ertrug den Zerfall seines Glücks mit Unmuth und Bitterkeit; der leidenschaftliche, unruhige, ehrsüchtige und verzweiflungsvolle Mann trachtete nach Neuerungen, um sich emporzuschwingen. Durch eine neue Revolution hoffte er seinen durch Proscriptionen zerrütteten Wohlstand wieder herzustellen und zu den höchsten Würden zu gelangen. Horaz durchschaute die Gesinnungen und Absichten des Manns, und sah leicht voraus, welch ein [108] klägliches Ende sie nehmen müßten. Dieß gab ihm Veranlassung zu unsrer Ode, die von allen Kennern alter und neuer Zeit unter die gelungensten gezählt worden ist. Er warnt vor Extremen 1–4. Sodann schildert er das Glück des Mittelstandes 5–8. Hierauf zeigt er die Gefahren der Hoheit 9–12. Nun folgt eine Gnome, als Uebergang zum zweiten Theil der Ode 13 und 14. Damit verbindet Horaz für den Muräna Hoffnung und Trost, 15–20. Merke insonderheit: Apollo (August ließ sich gern einen Sohn des Apollo heißen) spannt nicht immer den Bogen, um seine strafenden Pfeile abzuschnellen, er führt auch die Cyther, und weckt die schlummernde Muse zum Gesang. Damit eröffnet Horaz dem Muräna die Aussicht, die verlorne Gnade des August wieder erlangen zu können. Schade, daß Muräna den Wink seines dichterischen Freundes nicht verstehen wollte und benützte, denn er suchte sich in der Folge an August zu rächen, ließ sich in eine Verschwörung gegen denselben ein, wurde entdeckt und unerbittlich mit dem Tode bestraft. Der Beschluß der Ode, 21–24, faßt alles zusammen in einen eben so wohlgemeinten als weisen Rath, und enthält einen Denkspruch, der, kräftig und schön ausgedrückt, die sicherste Anweisung zu einem würdevollen und glücklichen Leben gibt.
Eine Ode, durch einen Zufall erzeugt, der dem Dichter hätte tödtlich werden können, nimmt seine ganze Phantasie in Anspruch. Es war am ersten März, im Beginne des Frühlings, da Horaz auf seinem sabinischen Landgut lustwandelte, oder sich auf den sonnigen Rasen gestreckt hatte, als ein Baum in seiner Nähe umstürzte und ihn beinahe erschlug. Ein an sich so unpoetischer Umstand, ja eine so gemeine Veranlassung erzeugte dieß herrliche Gedicht, worinn die Kunst des Horaz, auch Kleinigkeiten durch Poesie zu verklären, in ihrem höchsten Glanz erscheint. Die Ode gehört zu derjenigen Gattung, wo der Dichter von einer gewissen Empfindung ausgeht, aber sodann sie verläßt, und durch eine natürliche Ideenverbindung zu einem verwandten Gegenstande fortschreitet, und denselben bis an’s Ende festhält.
Er fängt damit an, den unheildrohenden Baum zu verwünschen, und den Pflanzer desselben der größten Verbrechen zu beschuldigen, 1–12. Nachdem er dieß mit dem höchsten Pathos gethan, und sein Unwille sich gleichsam erschöpft hat, wird sein Gefühl milder, und verweilt bei dem moralischen Eindruck, den die Vorstellung erzeugt, daß Niemand die Gefahren seines Lebens voraus wisse. Der Punische (phönizische) [110] Schiffer fürchtet sich vor dem Bosporsund, dem engen, und deßhalb gefährlichen und brandenden Kanal bei Konstantinopel, weiter hinaus aber (auf dem offenen schwarzen Meer) erwartet er kein Unheil. Der Römische Krieger fürchtet die Pfeile des Parthers und dessen schnelle Flucht, weil die Parther gewohnt waren hinter sich zu schießen, und die hitzig verfolgenden Feinde zu verwunden und zu tödten, wenn sie am wenigsten gegen Pfeile gedeckt waren; die Parther hingegen erbangten vor der Römischen Gefangenschaft, denn die Kriegsgefangenen wurden zuerst gefesselt und im Triumph aufgeführt, sodann gewöhnlich ins Blockhaus geworfen, und hingerichtet. Allein der Tod rafft Menschen und Völker hinweg, wo sie es am wenigsten vermuthen.
Nun erst dringt sich ihm die Vorstellung des Todes und der Unterwelt auf, welcher er schon so nahe war. Dieser Stoff ergreift aufs neue seine Phantasie mit Lebendigkeit, und mahlt ihn aus bis zum Schluß. Nahe erblickt Horaz das Gebiet der Proserpina, der Königin der Schatten, und den Aeakus, den Richter der abgeschiedenen Seelen. Nun ist’s ihm, als schwebe er zu den abgesonderten Gefilden der Seligen, und verweile unter den lyrischen Dichtern der Vorwelt, namentlich einer Sapho und einem[7] Alcäus. [111] Die Sapho hört er klagen über die Mädchen von Lesbos, (ihres Vaterlands) entweder wegen ihrer Kälte in der Freundschaft und ihrer Geringschätzung der Musen, oder weil sie ihr den schönen Phaon abwendig machten. Er hört aber auch den Alcäus mit goldnem Kiel (einem Instrument, womit man die Saiten anschlug) die Leier rühren, und lauscht seinen Gesängen, über die Noth des Schiffs, der Verbannung und des Kriegs, Drangsale, die er zum Theil selbst erlitt, weil er gegen die Tyrannen von Mytilene, seiner Vaterstadt, eiferte, und deßhalb verbannt wurde. Horaz ist nun gänzlich in die Unterwelt versetzt, er sieht die Menge, die mit gedrängten Schultern und mit tiefem Schweigen der Sapho und dem Alcäus zuhört, doch diesem mit innigerer Theilnahme, weil es auch die Schatten noch freut, wenn die gute Sache siegt und die Quäler der Völker verjagt werden. Und nun von der Zauberkraft der Dichtkunst selbst hingerissen, verliert sich Horaz in einer Beschreibung ihrer Wunderwirkung in der Schattenwelt. Selbst Cerberus, das hundertköpfige Ungeheuer (hundertköpfig, vielleicht der Schlangen wegen, die an seinen 3 Häuptern sich aufrichten) senkt wollüstig die schwarzen Ohren und vergißt der Wuth; die Nattern im Haare der Furien werden besänftigt; Prometheus, dem ein Geier [112] täglich die Leber fraß, die zu neuer Qual wieder nachwuchs, und Pelops Vater, (Tantalus) der seiner Verbrechen wegen zu der Strafe verdammt wurde, unter einem sturzdrohenden Fels im Strom Eridanus ewig durstend zu stehen, indem die Fluthen ihn flohen, wenn er darnach griff, und zu hungern, obgleich die süßesten Früchte ihm vor dem Munde hingen, weil sie zurückfuhren, so oft er sie haschen wollte, – selbst diese Gequälten empfinden ihre Marter nicht mehr; und Orion, der leidenschaftlichste Jäger, steht still, und verfolgt nicht mehr das Wild. (In der Unterwelt setzen die Schatten die Beschäftigungen des Erdenlebens fort, und nehmen ihre Leidenschaften mit hinunter.)
Home (elem. crit. 1. p. 317.) zieht gewaltig gegen diese Ode los, und spricht ihr alle Ordnung und allen Zusammenhang ab; allein es läßt sich psychologisch nachweisen, wie der begeisterte Dichter von einer Idee zur andern fortgerissen worden ist. Zu läugnen ist übrigens nicht, daß ein eigener Gang im Ganzen sichtbar ist, und daß junge Dichter zu warnen sind, sich in ähnlichen lyrischen Sprüngen zu versuchen.
Der Inhalt und Gang dieser Ode ist folgender: Alle Menschen sehnen sich nach Ruhe, besonders unter [113] Gefahren und Beschwerden, allein nicht alle begreifen ihre Natur, nicht alle suchen sie auf dem rechten Wege. Hohe Würden und Reichthümer gewähren sie nicht, solang ein Mensch von Leidenschaften und Sorgen beunruhigt wird. Auch mit Wenigem kann man froh und vergnügt leben. Wer in sich selbst, in einem geordneten und stillen Herzen, die Ruhe nicht findet, wird sie außer sich nirgends gewinnen. In sein Schicksal sich schicken, weil doch nichts vollkommen auf Erden ist, das ist wahre Weisheit. Auch geht keiner der Sterblichen ganz leer aus, jeder hat seine Gabe aus der Hand der Natur empfangen, und damit soll er zufrieden seyn.
1–8. Nach Ruhe sehnt sich der Schiffer im Sturm, wenn er Gefahr läuft zu stranden und zu scheitern, nach Ruhe die wildesten und furchtbarsten Krieger Thraciens und Mediens; aber die wahre Ruhe, der innere Seelenfrieden, läßt sich nicht erkaufen, kann nicht durch äußere Güter erlangt werden. 10–12. Auch die höchsten obrigkeitlichen Ehren und die glänzendsten Wohnungen schützen nicht vor Sorgen. Vor dem Konsul gingen zwölf Liktoren hintereinander her, mit Faszen in den Händen, (Ruthenbüscheln zwischen welche ein Beil gesteckt war) um im Gedränge ihm Platz zu machen [114] und das Volk auseinanderzutreiben, aber auch als Ehrenherolde der höchsten Macht. V. 13. Ein Salzfaß auf schlichtem Tische. Die Tische der Reichen waren damals ein besonderer Gegenstand des übertriebensten Luxus. Plinius der ältere schreibt: Cicero habe einen Tisch gehabt, der nach unserem Gelde 50,000 Gulden gekostet habe. (?) Manche hatten sie noch kostbarer. In den Häusern des berühmten Seneka, befanden sich fünfhundert Tische von so kostbarer Arbeit, daß man jeden derselben auf 25,000 (?) Thaler schätzte. Auch in Geräthschaften, besonders in künstlichen Gefäßen, wurde ein ungeheurer Aufwand gemacht. Dergleichen bedarf der Zufriedene nicht; ihm genügt ein Salzfaß, von dem Vater ererbt, es glänzt ihm lieblich genug auf seinem geringen Tische, auch wenn es nicht kostbar und nach dem modischen Geschmacke geformt ist, ja er ehrt es als ein Erbe mäßiger und biederer Ahnen, 17–24. Vergebens sucht der Unzufriedene oder Angefochtene die verlorne Glückseligkeit in fernen Ländern, denn seine Sorgen folgen ihm, und holen ihn ein mit Geschwindigkeit der Hirsche und des Ostwinds. (Eurus). 29 und 30. Auch ein langes Leben macht nicht glücklich. Es war dem Achilles, dem tapfersten Helden unter den Griechen vor Troja, freigestellt, ob er ruhmlos ein hohes Alter [115] erreichen oder mit einem kurzen Leben dauernden Nachruhm erkaufen wolle. Er zog das letztere vor. Tithonus erhielt durch die Bitte seiner Gemahlin Aurora von den Göttern Unsterblichkeit, aber sie hatte versäumt, ihm zugleich kräftige Lebensfülle zu erflehen. Während also sie selbst als Göttin in ewiger Jugend fortblühte, zehrte ihn das kommende Alter immer mehr ab, daß er zuletzt die Verwandlung in eine Heuschrecke als Wohlthat annahm. 31–40. Keiner beneide den andern; jedem bringt die Hore eine eigene Gabe. Die Horen sind Untergöttinnen der Zeit, aber auch Dienerinnen des Jupiter, die den Sterblichen stets etwas Neues bringen, aber keinen ganz versäumen und vergessen. – Du bist reich an schönen Heerden Sicilischer Kühe, dir wiehert die Stute, mit welcher du im Wagen den Sieg erkämpfen kannst, dich schmücken Gewande von Purpur; ich besitze zwar ein kleines Feld, aber ein wenig griechischen Dichtergeist hat mir die Parze verlieh’n, und den boshaften Troß meiner Neider und hämischen Tadler kann ich verachten. Es ist bekannt, wie bitter die Kritikaster und Afterdichter des damaligen Roms den guten Horaz durchhechelten. Er sey, hieß es, ein Sprachverhunzer, ein Sylbenstümper, ein geschmackloser Nachäffer, und nichts weniger als ein lyrischer Dichter. Ueber solche [116] Schmähungen fühlte sich Horaz erhaben, und tröstete sich mit dem Beifall, der ihm je länger je mehr von allen Kennern und Freunden des Schönen gezollt wurde.
Nicht leicht ist eine Ode von unverständigen Auslegern mehr mißverstanden und mißgedeutet worden, als diese. Mit Umgehung ihrer nüchternen Ansichten und Urtheile[8] wollen wir den Inhalt der Ode nach dem eben nicht so versteckten Zweck des Horaz zergliedern.
Der Dichter möchte gern ein Lied singen, um damit die spröde Lyde zur Gegenliebe zu bewegen. Das ist das Thema; aber wie originell und einzig ist die Ausführung! Keine elegische Liebesklage, kein romantischer Seufzer, überall Leben und Handlung, überall kühner Schwung lyrischer Begeisterung, und eine unübertreffliche Kunst in der Composition. Er ruft den Merkurius an, den Erfinder der Leier, ja die Leier selbst, ihm Töne zu leih’n, um die harte Lyde zu erweichen. Nun geht er über auf die Wundermacht der Leier, die sie nicht nur in der Oberwelt sondern sogar im Orkus bewiesen habe, und schließt mit der Mythe der Danaiden, die ihrer Grausamkeit wegen Strafe litten. Nur Eine war mild und mitleidig [117] gegen ihren Geliebten. Die großmüthige That derselben wird auf eine höchst rührende und ergreifende Art beschrieben, und mit ihrem Lobe endet das Gedicht. Für die Lyde konnte es nicht schwer fallen, des Dichters Absicht zu errathen, und ihren Beifall konnte sie ihm wohl schwerlich verweigern.
V. 1. Merkurius oder Hermes, der Erfinder der Leier, war ein Lehrer des Amphion. Dieser war so gelehrig daß er die Steine, zum Bau der Mauer von Thebe, durch seine Lieder in Bewegung setzte. Die Ausleger meinen, Amphion habe durch die Macht seiner Gesänge die Einwohner Thebens zum Bau der Mauer begeistert 13–24. In diesen Versen beschreibt Horaz die Wundergesänge des Orpheus, der mit den bezaubernden Tönen der Leier Tieger zähmte, (wilde Horden) Wälder nach sich zog, (Waldgegenden in Fruchtfelder verwandelte) Bäche im Lauf aufhielt, (versumpfte Plätze durch Hemmung der Wasserzuflüsse austrocknete) und, da er hinabstieg in die Unterwelt, um seine durch frühen Tod entrissene Gemahlin Eurydice wieder zu holen, selbst dort die größten Wunder bewirkte. Ihm horchte der schreckliche Cerberus, und versäumte, ihm den Eingang in’s Todtenreich zu verhindern. Selbst die Verdammten vergessen ihrer Qual. Ixion, der die Juno [118] zu einer Umarmung nöthigen wollte, wurde vom Jupiter dafür in den Tartarus gestürzt, und daselbst auf ein Rad geflochten, das ohne Aufhören mit ihm herumlief. Tityus, ein riesenhafter Sohn der Erde, wollte der Latona Gewalt anthun, wurde[9] aber dieses Frevels halber von den Pfeilen des Apollo getödtet. In der Unterwelt liegt er der Länge nach ausgestreckt, und ein Geier zerhackt die zur Strafe stets nachwachsende Leber. Die Mythe von den Töchtern des Danaus ist folgende: Danaus, ein Sohn des Belus, und Zwillingsbruder des Aegyptus, bekam von seinem Vater Libyen zur Herrschaft. Nach des Vaters Tode aber zerfiel er mit seinem Bruder, und mußte aus Aegypten weichen. Aegyptus hatte mit seinen Gemahlinnen fünfzig Söhne, Danaus aber fünfzig Töchter gezeugt. Danaus entfloh, und gerieth mit seinen Töchtern nach Argos, woselbst er durch den Helanor auf den Thron gelangte. Von ihm bekamen die dortigen Einwohner den Namen Danaer[10]. Nach einiger Zeit erschienen die Söhne des Aegyptus gleichfalls in Argos, nicht in der friedlichsten Absicht; allein Danaus wußte die Sache so einzuleiten, daß zwischen seines Bruders Söhnen und seinen Töchtern eine Vermählung zu Stande kam. Diese Gelegenheit benutzte Danaus zur Rache, und verabredete [119] mit seinen Töchtern die Ermordung ihrer Gemahle. Er gab also jeder einen Dolch mit in die Hochzeitkammer, und alle gehorchten dem Vater, nur allein die Hypermnestra nicht, die älteste, welche ihren Freier, den Lynceus, entfliehen ließ. Zwar legte sie der Vater deßwegen in Ketten, endlich aber willigte er doch in ihre Verbindung, und hinterließ ihm die Nachfolge im Reich. Die grausamen Mörderinnen mußten für ihre Unthat im Orkus büßen, und in bodenlose Fässer Wasser schütten, mithin eine undankbare, nie endende Arbeit verrichten.
Augustus ließ in dem Säulengange, der zum Tempel des Palatinischen Apollo führte, die Geschichte der Danaiden abmalen. Ovid und Properz haben dieß Gemälde besungen. Vielleicht war Horaz mit der Schilderung dieser Scene auch darum etwas umständlicher, um gelegentlich dem August etwas Angenehmes zu sagen.
Vielleicht die schönste und vollendetste unter allen Oden des Horaz, und in Plan und Ausarbeitung so vortrefflich , daß ich wenigstens kein lyrisches Gedicht alter und neuer Zeit kenne, das, nach meinem Gefühl, vorzüglicher wäre.
[120] Der Dichter ladet den Mäcenas ein, die Sorgen und Geschäfte der Stadt eine Zeit lang zu verlassen, und auf das Sabinerlandgut zu ihm zu kommen. Die Beweggründe dieser Einladung sind theils von dem Ueberdruß hergenommen, in welchen man durch ununterbrochenen Aufenthalt in der Stadt gerathen kann, theils von der heißen Jahrszeit, in welcher die Römer ohnehin das Land zu besuchen pflegten. Weil Mäcenas damals Stadtpräfekt war, und nach allen Gegenden des unermeßlichen Reichs sein Auge gerichtet hielt, so ermahnt ihn der Dichter zugleich, seine Sorgen ein wenig zu mäßigen und sie in weise Grenzen zu beschränken. Die Gegenwart soll man genießen, die Sorge für die Zukunft ist eitel und nutzlos. Was nicht in deiner Macht ist, fährt hin, wie ein Strom, der alles mit sich fortreißt. Dieß Bild mahlt er nun mit einer Kraft und Fülle aus, die bis zur Erschütterung des Herzens gesteigert ist. Der Strom der Rede ist so gewaltig, daß sie sich nicht mehr in den Schranken des Metrums hält, sondern in steigender Kraft dahinbraust. Auf einmal aber tritt wieder eine liebliche Stille ein. Es folgen Lehren der Weisheit. Nur der ist sein eigner Herr, der nach seinem Belieben lebt, nicht nach dem Zwang der Geschäfte, froh des Augenblicks, und zufrieden mit dem Schicksal. Vom launischen Glücke muß man nicht mehr [121] erwarten, als es geben kann. Den Beschluß macht ein Selbstbekenntniß des Dichters, in welchem er seine Genügsamkeit rühmt, um damit den hohen Geist des Mäcenas ein wenig herab zu stimmen.
V. 1. Die Römischen Dichter leiten gewöhnlich das Geschlecht des Mäcenas von Tyrrhenischen (Etrurischen) Königen ab. V. 4. Narde; eigentlich Balanusöhl. Es ist eine Nuß oder Eichel, woraus dieses Oehl gepreßt wird, besonders in Arabien. Das Oehl ist an sich ohne Geruch und Geschmack, ist aber sehr geschickt, den Geruch wohlriechender Blumen und Salben anzunehmen. 6–8. Mäcenas hatte auf dem Exquilinischen Hügel berühmte Gärten, und einen hohen prächtigen Palast, von wo aus er nicht nur die ganze Stadt, sondern auch das benachbarte Tibur, Aesulä und die Stadt Tuskulum übersehen konnte. Tuskulum soll vom Telegon erbaut worden seyn, einem Sohn des Ulysses und der Circe, der seinen Vater suchte und in Ithaka landete. Ulysses hielt den Sohn, den er nicht kannte, für einen Räuber, und wollte ihn von der Insel treiben; dieser kannte den Vater ebenfalls nicht, und erschlug ihn im Kampf. Sodann flüchtete er nach Italien. 17–24. Eine Beschreibung des eintretenden Sommers. Andromedas Vater Cepheus, ein bekannter Stern unter dem Schwanze des kleinen [122] Bären; Procyon, der kleine Hund: Sterne, die den Römern im Julius aufgingen. Am 20sten Jul. tritt die Sonne (Phöbus) in das Zeichen des Löwen. 25–28. Du sorgst, welche Stellung gegen die Völker, Krieg oder Frieden, dem Reiche gebürt, oder auch, welche Verfassung und Einrichtung ihm am zuträglichsten und ehrenvollsten ist; du sorgst aber auch der Stadt, als Präfekt. – Dieß war eine neue Würde, die August stiftete und dem Mäcenas verlieh, womit eben so viel Aufsicht und Gewalt, als Geschäft und Ehre verbunden war. – Du richtest aber zugleich deine Aufmerksamkeit auf die Bewegungen der entferntesten Nationen; und bist besorgt um das, was die Serer (die entferntesten Völker Asiens) drohen können, oder Baktra, die an Cyrus ihren ersten und berühmtesten König hatte, (das Parthische Reich, welches öfters feindlich gegen Rom stand) oder Tanais[11] Zwist, (der Don, der Europa und Asien scheidet, und von feindseligen Völkern, namentlich den Scythen, umwohnt war.) 33–41. Das übrige fährt hin f. f. der Sinn ist dieser: Das übrige, was nicht in deiner Gewalt ist, was wohl erst noch zukünftig ist, kann für dich ruhig, aber auch stürmisch seyn; der Fluß gleitet gewöhnlich still ins Meer, allein er kann auch durch Ueberschwemmung alles umher fortreißen und verderben: Du aber kannst den Lauf [123] desselben nicht leiten, noch hemmen. Also überlaß der Leitung des Himmels, was du nicht ändern kannst. V. 43. Wer sagen darf: Ich lebte. Ohne Zweifel hatte Seneka diese Stelle im Gedächtniß, wenn er sagt: „Der ist der Glücklichste und ist im sichersten Besitze seiner Selbst, wer den morgenden Tag ohne Aengstlichkeit erwartet; wer sprechen kann: Ich lebte! steht täglich zum Gewinn auf.“ 46–48. Das Gute, was genossen ist, bleibt durch die Erinnerung, und kann nicht mehr entrissen werden. 49–52. Vom Glück aber erwarte ich kein bleibendes Gut, denn es ist veränderlich. 57–61. Um den Verlust äußerer Güter kann ich mich nicht zu sehr härmen, sollte mir im Sturm auch ein reiches Schiff mit Waaren aus Tyrus und Cypern untergehen, noch viel weniger werde ich zu niedrigen Bitten oder zu habsüchtigen Gelübden mich herablaßen, um einem drohenden Verluste vorzubeugen. Dann, wenn auch alles stürmt, Aufruhr ist im Aegäermeer, werde ich mich furchtlos einem doppelrudrigen Boot, einem kleinen Schiffe, anvertrauen, und, gewiß des himmlischen Schutzes, hoffen, das Ziel meiner Reise zu erreichen, indem die Luft für mich sich günstig wenden und Pollux mir beystehen kann.
In dieser Ode, die an Melpomene (die Muse der [124] lyrischen Dichter) gerichtet ist, spricht Horaz ein lebhaftes Gefühl seines dichtrischen Werthes aus.
1–9. Wer bey seiner Geburt das Talent zur Dichtkunst empfing, der wird nicht um den Siegeskranz mit den Wettkämpfern auf dem Isthmus (der Landenge bey Korinth) buhlen, der wird nicht bey den Olympischen Spielen den Preis im Wagenrennen gewinnen, der wird nicht als siegender Feldherr mit Lorbeer geschmückt im Triumph zum Kapitol ziehen. Allen diesen Ehren entsagt er gern. 10–12. Dagegen begeistert ihn die schöne Natur zu Gesängen, die ihn berühmt machen. 13–16. Dieses Ruhmes genieße ich endlich, da mich Rom unter seine Lieblingsdichter zählt, und der hämische Neid sich weniger, als sonst, an mich wagt. 17–24. Der Schluß ist eine rühmende und dankbare Anrede an die Muse, nämlich die Melpomene. (Pieris) Die Musen heißen Pieriden, woher sie diesen Namen haben, ist nicht ausgemacht, denn es gibt der Deutungen mancherley. Es ist hier nicht der Ort sie anzuführen.
Dem berühmten Scaliger gefiel diese Ode so sehr, daß er versicherte, er wollte lieber der Verfasser derselben, als ein König seyn.
Ein schönes Gemälde der Vorzüge und Annehmlichkeiten des Landlebens, übrigens mehr idyllisch als [125] lyrisch, und durch den Wucherer Alphius, der am Ende noch auftritt, und dem gegen alle Erwartung die Rede in den Mund gelegt wird, zugleich ein moralisches Bild menschlicher Unbeständigkeit, die heute aus Unzufriedenheit ihre Lage verändert, und aus alter Gewohnheit morgen sie wieder herstellt. Zur näheren Verständniß werden wenige Bemerkungen hinreichen.
V. 9. Er vermählt die Sprößlinge der Rebe mit hohen Pappelbäumen. In Italien wurden, wie es heut zu Tage noch Sitte ist, die Weinstöcke an schlanken Bäumen emporgezogen, um unter dem Laube vor der großen Sonnenhitze Schutz zu finden. V. 21 und 22. Priapus, der Schutzgott der Gärten. Silvanus, der Schutzgott der Felder. Die Verse 37 und 38 scheinen den Zusammenhang mehr zu stören, als zu beleben. Nur von dem Standpunkt des Alphius aus, der redend eingeführt ist, mögen sie als Kontrast zu dem folgenden betrachtet werden, und der Sinn wäre dieser: die Liebesabentheuer, welche für die Städter oft so schlimm ablaufen, kennt man auf dem Lande nicht; hier versüßt ehliche Treue das Leben. 41 und 42. Die Weiber der Sabiner und Appulier wegen ihrer Häuslichkeit und Treue. 43. Trocknes Holz auf heil’gem Heerde. Der Heerd war heilig, weil auf ihm gewöhnlich die Hausgötter (Laren) [126] standen. Trocknes Holz mußte verbrannt werden, um den Rauch zu meiden, eine um so nöthigere Vorsicht, da die Römer keine Rauchfänge hatten, wie wir. Auch war der Heerd nicht selten der Versammlungsplatz der Familie. V. 48 f. f. Lukrineraustern, aus dem Lukrinersee in Campanien. Meerbutten, ein platter, wohlschmeckender Seefisch, der an der Küste Italiens, insonderheit bei Ravenna, gefangen wurde. Brassen, ein zuerst im Kaspischen Meere entdeckter und dann zur Fortpflanzung ins Mittelmeer gebrachter und dort sorgfältig gehegter leckerhafter Fisch. Eoische Wellen, Meerströmungen vom Morgen her. Afrervogel, Fasanen aus Numidien in Afrika. Das Haselhuhn, vornehmlich das Ionische, ward zu den seltensten Vögeln gerechnet. V. 59. Terminus, der Gott der Grenze und der Beschützer derselben. Ihm zu Ehren wurden am 21. Februar Feste gehalten. Die Feier war diese: daß die Nachbarn auf der Gränze der Felder zusammenkamen, der Bildsäule des Terminus, die zugleich der Grenzstein war, einen Kranz aufsetzten, und dem Gotte einen Kuchen darbrachten. Auch wurde ein Lamm oder Schwein geschlachtet, Loblieder wurden angestimmt, und die Feier endete mit einem fröhlichen Gastmahl. V. 67. Alphius der Wucherer will ein Landmann werden, gelockt [127] von den Reizen des Landlebens, also treibt er alles Geld in der Mitte des Aprils ein, um sich ein Landgut zu erkaufen, allein am ersten Mai reut ihn sein Vorhaben bereits, und die eingetriebenen Gelder werden wieder auf Wucher ausgelehnt.
Eine Aufmunterung zum Vergnügen, und vielleicht zu derjenigen Zeit verfertigt, als der Dichter unter dem Brutus für die Republik diente. Ramler meint, Horaz habe bey der ersten Ausarbeitung dieser Ode von den Zeitumständen deutlicher gesprochen, aber nachher für nöthig erachtet, die Spuren davon zu verwischen. Die Stelle: „mit erfreulichem Wechsel bringt uns ein Gott vielleicht das alte Glück“ scheine auf den Verlust zu deuten, den seine Partie erlitten habe. Daß er den Rath gibt, es wie Achilles zu machen, der im Lager sich mit einem Liede den Gram vertrieb, zeige deutlich genug, daß er hier mit seinen Krigsgefährten rede. – Die Deutung ist sinnreich, und gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit, daß Jedem, der mit dem Numerus des Horaz vertraut ist, der zerrissene Zusammenhang fühlbar wird. Die Haltung der Gedanken und des Tons hat nicht das Ebenmaaß der andern Oden, dessenohnerachtet [128] hat sie einzelne Schönheiten, die den Meister ankündigen.
V. 8. Horaz war im Konsulsjahre des Torquatus geboren. V. 13. Cyllenisch heißt die Leier, weil sie eine Erfindung des Merkurs, der vom Berge Cyllene in Arkadien, wo er geboren wurde, der Cyllenier heißt. V. 16. f. f. Der weise Centaur Chiron war der Erzieher mancher Helden, und auch des Achilles, seines gewaltigen Zöglings, der ein Sohn war des Peleus und der Meergöttin Thetis. Die Flur des Assarakus, Troja, wo jener vormals König war. Skamandrus und Simois, zwey kleine Flüße bey Troja, durch Homers Ilias berühmt. Weil dem Achilles, der den Ruhm mehr liebte, als ein langes Leben, die Heimkehr versagt war, so solle er sich mit Wein und Gesang die Bitterkeit eines frühen Todes vertreiben.
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