Opferung (Die Gartenlaube 1887/1)
[20] Opferung. (Mit Illustration S. 16.) Zogen die alten Griechen und Römer in die Schlacht, so brachten sie den Göttern Opfer für einen glücklichen Ausgang derselben; kehrten sie siegreich heim, so wurde ebenfalls durch Opferung den Göttern gedankt. Jedes Fest im Staate oder im engen Kreise des Hauses und der Familie wurde durch solchen feierlichen Akt verherrlicht, bei jedem wichtigen Schritte, jedem denkwürdigen Ereigniß die Gottheit angerufen. So zahlreich und verschieden wie die Gottheiten selbst, waren aber auch die Arten der Opfer, und eines der eigenthümlichsten derselben wohl dasjenige, von welchem wir durch H. Coomans’ Bild eine so lebendige Vorstellung erhalten.
Jugendliche Gestalten sind es, die sich der Göttin nahen, dieser ihren Tribut darzubringen, Mädchen, welche die Grenzen der Kindheit überschritten haben, zu Jungfrauen erblüht sind und jetzt der schirmenden
Göttin das zu opfern kommen, was ihnen in der Kindheit werth war, sich für die Jungfrauen aber nicht mehr geziemt: die Puppen, die bunten Bälle und all’ den Kindertand, für welchen die Göttin es an reichem Ersatze nicht fehlen lassen wird – oder für den sie bereits ein Anderes, Besseres eingetauscht haben: die beglückende Liebe des erwählten Mannes. * *