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Pauline Lucca und „Mein Lied.“

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Textdaten
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Autor: Ferdinand Gumbert
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Titel: Pauline Lucca und „Mein Lied.“
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 147–152
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[147]

Pauline Lucca und „Mein Lied.“

Von Ferd. Gumbert.

Originelle Charakterzüge der berühmten „kleinen Lucca“ – wie viele sind nicht schon erzählt und mit dem größten Interesse gelesen worden! Und doch betrafen dergleichen Veröffentlichungen stets nur das Privatleben der Künstlerin; wie dieselbe sich in Angelegenheiten der Kunst benimmt, das hat, so viel ich weiß, bis jetzt Niemand geschildert. Nun denn, ein günstiges Geschick brachte mich vor drei Jahren mit der Sängerin in Verbindung; ich wurde durch sie Mithandelnder in einer Sache, die, von ihr allein erdacht und mit der ihr eigenen Willenskraft und Consequenz ausgeführt, uns einen nicht gewöhnlichen Erfolg errang.

Wird man mir verzeihen, wenn ich bei der treuen und ungeschminkten Erzählung auch – was das deutsche Publicum von mir seit den dreißig Jahren meiner Laufbahn nicht gewohnt ist – von mir selbst spreche? Ich hoffe doch! Der Leser wird sich bald überzeugen, daß ich das nicht umgehen konnte.

Es war am 9. October 1869, als ich mich in Folge einer Einladung, welche mir der Vater der berühmten Sängerin einige Tage zuvor persönlich überbracht hatte, per Droschke nach der Victoriastraße 30 begab. Dem Diener, welcher mir, nachdem ich die Klingel gezogen, entgegentrat, nannte ich meinen Namen; derselbe schien von meinem Kommen bereits unterrichtet und führte mich zunächst in das, wie es mir beim Zwielicht vorkam, Arbeitszimmer des Baron von Rhaden. Ich hatte kaum Zeit, mich umzusehen, als Pauline Lucca, in einfachem Hauskleide, [148] rasch eintrat, mir die Hand bot und mit gewinnender Natürlichkeit sagte:

„Ist es nicht sonderbar, daß wir Beide, die wir uns seit Jahren so bekannt sind, uns heut’ zum ersten Male sprechen?“

„Gnädige Frau, daß ich stets den Wunsch hegte, Sie persönlich kennen zu lernen, daran dürfen Sie nicht zweifeln. Wenn ich dennoch nicht den Versuch machte, so geschah es, aufrichtig gestanden, aus einer gewissen Scheu; ich weiß ja nur zu gut, daß Sie, die gefeierte Sängerin, viele Besuche zu empfangen gezwungen sind, denen Sie sich gern entzögen. Und nun gar ein Musiker! Wenn ein solcher Ihnen seine Aufwartung macht, können Sie in zehn Fällen neun Mal darauf schwören, daß er, nachdem er Ihnen die üblichen Weihrauchwolken vorgeblasen, schließlich eine Composition aus der Rocktasche hervorzieht und Sie freundlichst ersucht, dieselbe doch nächstens öffentlich zu singen. Und ebenso können Sie in zehn Fällen neun Mal darauf schwören, daß diese Composition weder für Ihre Stimme, noch für Ihre Gesangsweise paßt und daß Sie sie in die Todtenkammer legen.“

„Das stimmt auffallend!“ rief Pauline Lucca lächelnd.

„Um so mehr,“ fuhr ich fort, „freut es mich, daß Sie mir die Gelegenheit boten, zu Ihnen zu kommen. Und um Ihnen meine Dankbarkeit zu beweisen, versichere ich feierlich, daß ich keine Composition bei mir führe.“

„Sie haben Humor; das gefällt mir! Wie aber nun, wenn ich von Ihnen gerade das verlangte, was Sie mir gutwillig nicht geben wollen?“

„Wie meinen Sie das, gnädige Frau?“

„Nun, Sie werden doch wissen wollen, weshalb ich Sie durch meinen Papa zu mir bitten ließ? So hören Sie denn! Ich soll nächstens zum ersten Mal in dieser Saison die Frau Fluth in Nikolai’s ‚Lustige Weiber‘ singen. Die Partie gehört zu meinen beliebtesten und ich singe sie auch gern; aber sie ist nur in den beiden ersten Acten eine dankbare, im letzten Act verschwindet sie, und das Publicum verliert sie aus dem Gedächtniß. Deshalb habe ich zum Schluß stets irgend eine Einlage gesungen, aber – wenn ich die Wahrheit sagen soll – keine von den bisherigen entsprach meinen Wünschen. Zuletzt nahm ich zu Mozart’s ‚Veilchen‘ meine Zuflucht; das paßt aber schon gar nicht hinein. Ohne Einlage aber mag ich die Partie nicht mehr geben; ich mühe mich zwei Acte hindurch, um zuletzt an Beifall leer auszugehen. Nun sollen Sie mir ein hübsches, wirksames Lied schreiben. Bekomme ich das von Ihnen nicht, so bin ich fest entschlossen, die Frau Fluth gänzlich von meinem Repertoire zu streichen. Wollen Sie?“

„Wie gern, gnädige Frau!“ Kann es doch wahrlich nichts Lohnenderes geben, als für Sie etwas zu componiren! Dennoch will ich Ihnen meine Bedenken nicht verhehlen. Warum haben Sie mir das nicht im Frühjahr, ehe Sie Ihren Urlaub antraten, gesagt? Ich würde dann den ganzen Sommer günstigste Arbeitszeit gehabt haben, Ihren Wunsch zu erfüllen. Jetzt, im Winter, bin ich mit Unterricht, mit vielen anderen Beschäftigungen überhäuft. Und dann, das ist mir schon ganz klar, darf das, was ich Ihnen gebe, kein Lied, etwa ein Liebeslied der Art sein, wie Sie deren schon so viele gesungen und ich deren schon so viele geschrieben habe. Es muß jedenfalls in irgend einer Hinsicht eine kleine Specialität sein, welche durch den Stoff berechtigt erscheint, von Pauline Lucca gesungen zu werden. Woher ein derartiges Gedicht nehmen?“ „O, das werden Sie schon bekommen. Nicht wahr, Sie erfüllen mir die Bitte?“

„Wenn es mir gelingt, gnädige Frau, eine gute Idee zu finden, dann mit Freuden; jedoch fest versprechen kann ich es nicht. Wann muß das Lied fertig sein?“

„Nun, in spätestens zwei, drei Wochen.“

„Gnädige Frau, ein schwer wiegender Auftrag; ich will sehen – und Samiel mag helfen!“

„Hier, nehmen Sie meine Photographie mit. Die legen Sie auf Ihren Arbeitstisch, so daß sie Ihnen immerfort in die Augen fällt! Dann werden Sie an mich denken und gewiß das Rechte finden.“

Schon war ich aufgestanden und im Begriff mich zu empfehlen, als mir noch ein Scrupel, meine Antipathie gegen Concurrenzarbeiten, durch den Kopf fuhr. Wie, dachte ich, wenn die Lucca auch noch Andere um ein Lied ersucht hätte und sich dann das ihr zusagende auswählen wollte? Es wäre ihr keineswegs zu verübeln, sogar ganz praktisch! ich aber würde mich dann zurückziehen. So begann ich abermals:

„Gnädige Frau, verzeihen Sie mir noch eine Frage! Es ist nicht Eitelkeit, die mich sie thun läßt; ich habe meinen Grund. Was veranlaßte Sie, die Sie doch nur die Hand auszustrecken brauchen, um von vielen Seiten ein neues Lied zu erhalten, mich damit zu beauftragen, mich, den Sie bis heute nicht persönlich kannten?“

„Nun,“ erwiderte die Künstlerin und blickte mich dabei mit ihren wundervollen Augen ruhig und unbefangen an, „weil ich mir dachte, daß gerade Sie mir das schreiben würden, was ich für meinen besonderen Zweck brauche.“

„Und Sie haben außer mir Niemand darum ersucht?“

„Niemand, auf mein Wort! Noch mehr, ich bitte Sie dringend, die Sache als tiefstes Geheimniß zu betrachten. Ich will mit dem Liede, ohne daß irgend Jemand eine Ahnung hat, plötzlich hervortreten.“

„Nun denn, so wünsche ich, daß es mir gelingen möge, Ihr Vertrauen zu rechtfertigen. Leben Sie wohl! Auf baldiges Wiedersehen!“

„Bald, und mit einem schönen Liede!“

Damit ging ich.


Der Weg nach meiner Behausung, von der Victoria- nach der Alexanderstraße, ist ein ziemlich langer und meine Droschke fuhr im gewohnten Schneckenschritt; dennoch verging mir die halbe Stunde schnell genug; meine Gedanken verarbeiteten die Situation, deren Bedeutung mir, bei meiner Erfahrung, bald klar vor Augen stand. Welche Aufregung sollten die nächsten Wochen mir, dem seine Gemüthsruhe so lieb ist, bringen! Zwanzig Jahre früher wäre ich mit dem leichten Sinn und dem Selbstvertrauen der Jugend ohne Weiteres an’s Werk gegangen; aber heut, wo ich wußte, wie schwer der Künstler sich einen Namen erringt und wie leicht er ihn einbüßt, heut war mein Zagen wohl erklärlich.

Die Lucca – so sagte ich mir – die so sparsam und bedächtig mit neuen Leistungen ist, soll auf der Bühne, diesem unberechenbarsten Schlachtfelde der Kunst, ein neues Lied von dir singen. Ist auch die Lucca ein Charakter, welcher die etwaigen Intriguen vor dem entscheidenden Abend mit Entschlossenheit, nöthigen Falls durch den kategorischen Imperativ zu beseitigen weiß, so kann sie doch die selbst bei dem günstigsten Erfolge nicht ausbleibenden Kundgebungen des Neides und der Mißgunst nicht verhindern. Und erst die Kehrseite der Medaille – wenn das Lied nicht gefällt! Wird man nicht mit vollem Recht sagen: wie schlecht muß eine Composition sein, die, von der Lucca gesungen, keinen Eindruck macht?

Das war so ungefähr mein Ideengang, der mir natürlich eine Nacht der größten Unruhe und wenigen Schlafes brachte, so daß ich am nächsten Morgen mit dem Entschlusse aufstand: Du wirst dich auf diese Brücke nicht begeben, du wirst der Lucca kein Lied schreiben. Und eine Durchsicht der Gedichte, welche zu gelegentlicher Composition in meiner Mappe bereit lagen, bestärke mich vollends in meinem Entschlusse; ich fand nichts für den Zweck Geeignetes und durfte doch auch, nachdem ich einmal die Geheimhaltung der Angelegenheit zugestanden hatte, keinen der mir befreundeten talentvollen Schriftsteller um ein Gedicht bitten.

In dieser Stimmung, oder richtiger Verstimmung fand mich zwei Tage später der Musikverleger Fürstner, welcher, im Begriff, eine mehrwöchentliche Geschäftsreise nach Paris und London anzutreten, sich von mir verabschieden und zugleich anfragen wollte, ob ich etwas mitzugeben hätte. Die ungewöhnliche Unruhe meines Wesens entging ihm nicht; voll Theilnahme drang er in mich, ihm die Ursache zu sagen, und – nachdem ich ihm sein Ehrenwort abgenommen, über das, was er hören würde, zu schweigen – zeigte ich ihm die Photographie der Lucca und schilderte meine Lage.

„Und Sie sind entschlossen,“ rief er verwundert aus, „das Lied nicht zu machen? Das ist jammerschade! Vielleicht besinnen Sie sich doch noch.“

Ich setzte ihm indessen meine Bedenken auseinander und er merkte wohl, daß mein Entschluß ein wohl überlegter und feststehender war. Da begann er wiederum:

„Nun, da Sie selbst der Lucca die Einlage nicht schreiben [149] wollen, möchten Sie ihr nicht vielleicht ein anderes Stück empfehlen? Könnte sie den Liebesreigenwalzer von Matiozzi, den Sie für mich übersetzten, nicht singen?“

„O ja, er paßt für ihre Stimme sehr wohl.“

„Ach, dann erweisen Sie mir den Freundschaftsdienst und bitten Sie die Lucca den Walzer zu singen.“

„Gern! Ich werde Ihnen sogleich ein paar Worte für die Lucca schreiben; schicken Sie ihr dieselben und zugleich zwei Exemplare des Walzers.“

Fürstner nahm meinen Brief – in welchem ich der Lucca den Walzer als für den Zweck und für ihre Stimme wohl geeignet nicht nur empfahl, sondern mich sogar erbot, das Stück, falls es ihr convenire, mit ihr zu studiren – sagte mir Adieu und ging.

Trotzdem mir nun leicht wurde, als hätte sich eine Centnerlast von meiner Brust gewälzt, verhehlte ich mir doch nicht, daß die Künstlerin, die mir so liebenswürdig und vertrauensvoll entgegengekommen war, mein Betragen wenig freundschaftlich finden könnte. Sie bevorzugt mich vor vielen Anderen, sie bittet mich um ein Lied, und ich schicke ihr das Werk eines Fremden! Immer aber behielt mein erstgefaßter Entschluß die Oberhand und ich beruhigte mich bei dem Gedanken: Vielleicht gefällt ihr der Matiozzi’sche Walzer.

Jedoch schon den folgenden Tag, am dreizehnten, erhielt ich nachstehendes Schreiben:

„Nein, nein, mein lieber, lieber Freund, keinen Walzer! Ein einfaches, aber hübsches Lied! Mit diesem italienischen Walzergedudel kann ich nie zu Stande kommen. Vergessen Sie mich nicht, helfen Sie mir aus der Verlegenheit.

Herzlich ergeben die Ihrige
Pauline Lucca.“

Damit stand ich wieder auf dem alten Fleck. Doch nein! Der Brief in seiner natürlichen Schreibweise machte einen tiefen Eindruck auf mich; er rief mir das unwiderstehlich herzliche Wesen der Künstlerin zurück, und zum ersten Male trat mir der Vorsatz nahe, die Arbeit zu wollen, zu versuchen. Ja, wenn es sich nur um das Componiren gehandelt hätte! es war meine gewohnte Beschäftigung, und was den Erfolg anbetrifft, so hatte ich ja wahrlich keinen Grund, an dem Wohlwollen des Publicums, das mir seit länger als einem Vierteljahrhundert stets ein nachsichtiger und freundlicher Richter gewesen, zu zweifeln. Auch das Versemachen schreckte mich nicht zurück; aber der Stoff! woher den Stoff nehmen? Da lag die Schwierigkeit. Ich mochte nachdenken, so viel ich wollte, immer wieder mußte ich mit Faust ausrufen: „Nichts! Nichts!“

Da half mir der Zufall, dieser unschätzbare Bote des Schicksals, der Zufall und in der sonderbarsten Gestalt.

Am sechszehnten fesselte mich eine entsetzliche Migräne, meine langjährige und nur zu treue Freundin, an das Zimmer; ich war gezwungen, den Tag über auf dem Sopha zuzubringen. Nur wer das Uebel kennt – man ist dabei nicht effectiv krank und doch verbietet der heftige Kopfschmerz jede Beschäftigung – der vermag die Langeweile eines solchen Tages zu begreifen. Schon um mich zu zerstreuen, um meine Gedanken von dem Schmerz abzulenken, stellte ich die Photographie der Lucca vor mich auf den Tisch, betrachtete die Züge aufmerksam forschend, und dachte: Was möchtest du denn wohl dem Publicum sagen, und was möchte das Publicum denn am liebsten von dir hören? Jedenfalls irgend ein Selbstgeständniß, eine Vertraulichkeit in der Weise: wißt ihr, woher die Seele meines Gesanges kommt? wißt ihr, was mein Lied bedeutet? mein Lied, das seit meiner Jugend mir das Theuerste auf der Welt, mein Lied, der Ausdruck meiner Freuden und Schmerzen – – –

Halt! ein Pfad aus dem Labyrinth, ein Stern im Dunkel der Nacht! Mein Lied! Das könnte gehen!

Und wie sehr die Nerven in meinem armen Kopfe auch hämmerten und schlugen, es reihte sich Gedanke an Gedanke, Wort an Wort, Satz an Satz, und in meinen Schmerzen – wahrlich in Schmerzen entstand ein Lied: „Mein Lied“. Und merkwürdiger Weise, während ich mir das Gedicht oft wiederholte und hier und da den Ausdruck änderte und präcisirte, kam mir auch zugleich das musikalische Motiv für das Lied.

Am anderen Morgen erwachte ich sehr früh. Kaum hatte ich mich überzeugt, daß meine Migräne verschwunden war, als ich aufstand und mein Gedicht niederschrieb. Es lautete:

Mein Lied.

Seit meiner Jugendzeit
Hab’ ich in Freud’ und Leid
’Nen lieben Freund,
Der mit mir lacht und weint;
Der Freund ist: mein Gesang,
Wie ich bald froh, bald trüb’ und bang,
Den mir, der Alles lenkt,
So gütig hat geschenkt.
War oft von Sorge schwer, voll Zweifel mein Gemüth,
Treu blieb mir doch: mein Lied.

Und ist mein Haar ergraut,
Verhallt der Stimme Laut,
Wend’ ich den Blick
Wohl oft nach heut’ zurück,
Zu dieser Wonnezeit,
So reich an Huld und Seligkeit,
Und denk’: das war so schön,
Und mußte doch vergeh’n!
Dann wie ein süßer Trost durch meine Seele zieht,
Was heut’ ich sang: mein Lied!

Am nächstfolgenden Tage war auch die Composition beendet, so daß ich meiner Auftraggeberin brieflich anzeigen konnte, ich würde am nächsten Sonnabend vier Uhr mit dem verlangten Liede bei ihr erscheinen.

Liebenswürdig wie immer, empfing mich Pauline Lucca, indem sie mir entgegenrief:

„Nun? Habe ich nicht wahr gesprochen, als ich Ihnen sagte: Sie würden das Rechte schon finden?“

„Ob es das Rechte ist, gnädige Frau, das wird sich erst zeigen. Vor allen Dingen hören Sie die Worte und erklären Sie sich darüber, ob die Idee Ihnen zusagt.“

Sie fand das Gedicht „allerliebst“ und mit sichtlicher Neugier wollte sie mir das Manuscript aus der Hand nehmen, um es sofort am Flügel zu singen.

„Halt!“ rief ich, ihre Hand abwehrend, „erst ein Wort zur Verständigung! Ob unser Lied dem Publicum gefallen wird, das wissen wir heut Beide nicht; vor der Hand kommt es mir darauf auch nicht an. Zuerst will ich wissen, ob das Lied Ihnen gefällt, ob Sie es gerne singen; nur unter dieser Bedingung lasse ich es Ihnen. Seien Sie überzeugt, daß ich ohne jede Spur von Empfindlichkeit bin und nur den Zweck im Auge habe! Deshalb erwarte ich ehrlich und rücksichtslos Ihre Meinung. Mögen Sie dieses Lied nicht, so sollen Sie gewiß bald ein anderes haben. Nun singen Sie!“

Und indem ich ihr auf dem Flügel begleitete, sang Pauline Lucca mit voller Stimme das Lied fast ohne Anstoß vom Blatte.

Wie herrlich klang die Stimme auch hier! Wie edel und sonor erfüllte jeder Ton das große Zimmer! Und wie beredt und innig, wie reizend nüancirt – trotzdem sie das Stück zum ersten Male sang – war der Vortrag! Mit Freude gewahrte ich, daß meine Composition die günstigste Stimmlage und die Gesangsweise der Künstlerin wohl getroffen hatte.

„Das ist vortrefflich!“ rief Pauline Lucca, nachdem sie das Lied beendet hatte, „haben Sie bestens Dank! Ich will wünschen, das Lied wird dem Publicum so gefallen, wie es mir aufrichtig gefällt. Aber nun seien Sie so freundlich, es rasch zu instrumentiren, denn nächsten Freitag sollen die ‚Lustigen Weiber‘ sein.“

Selbstverständlich erhielt die Künstlerin einen Tag später meine kleine Partitur, so daß sie vollkommen Zeit hatte, das Ausschreiben der Stimmen besorgen zu lassen.


Am Freitag den 29. October verkündete der Theaterzettel: „Die Lustigen Weiber von Windsor“ und am Ende der Personen stand:

Einlagen:

„Mein Lied“, Lied von Gumbert; „Das Veilchen“, Lied von W. A. Mozart, gesungen von Frau Lucca.

Klug und vorsichtig wie immer, sang Pauline Lucca zwei Lieder; gefiel das meine nicht, so sicherte sie sich doch den Erfolg durch das oft erprobte Mozart’sche.

Obwohl ich wußte, daß mein Lied der siegesgewissen Ausführung der über Alles beliebten Lucca anvertraut war, ging ich doch mit recht bekommenem Herzen in’s Opernhaus. Im Begriff, den Corridor zu durchschreiten, werfe ich zufällig noch einen Blick auf den dort hängenden Zettel – Himmel, was sehe ich! „Mein Lied“ war von dem Zettel verschwunden, nur „Das [150] Veilchen“ war geblieben. Ich mußte sicher sehr blaß geworden sein; so lag mir der Schreck, das Gefühl der Enttäuschung in den Gliedern. Was konnte da vorgefallen sein? Vergebens spähte ich nach einer Persönlichkeit, die mir Aufschluß gegeben hätte. Niemand zu entdecken! So trat ich endlich mißmuthig den Heimweg an, indem ich mir sagte: Das hast du von deiner Gefälligkeit; man soll der ersten Regung stets folgen; so hättest du dir den heutigen bitteren Abend erspart. Nun, so beruhigte ich mich, jedenfalls wird die Lucca dir morgen eine Aufklärung geben.

Allerdings kam Vormittags folgender Brief:

„Theurer Freund! Ich muß Sie nothwendig sprechen. Wenn Sie können, kommen Sie heute zwischen drei und vier Uhr oder morgen zwischen drei und vier Uhr zu mir. Das Lied muß länger werden, mit Orchester verschwand es ganz, darum mußte es gestern wegbleiben. Mit aufrichtiger Ergebenheit P. Lucca.“

Ich athmete freudig auf. Also nur zu kurz war das Lied für die Wirkung auf der Bühne. Sofort überlegte ich, wie dem abzuhelfen sei, und fand auch das geeignete Mittel: ein getragener Zwischensatz, eine breite Cantilene, bei welcher die Stimme sich in der ganzen Klangfülle zu zeigen vermochte, sollten die beiden Verse verbinden.

Als ich Nachmittags zu Pauline Lucca kam, streckte sie mir ihre beiden Hände entgegen und sagte voller Theilnahme:

„Sie armer Freund, Sie haben wohl gestern Abend keinen geringen Schreck gehabt? Aber ich konnte und wollte das Lied nicht so singen; in der Probe empfand ich, daß es vorüber ging, ehe ich warm geworden war, und da weiß ich stets gewiß, daß es dem Publicum ebenso geht. Das Lied muß auf irgend eine Weise länger werden.“

„Nun, gnädige Frau, jedenfalls danke ich Ihnen dafür, daß sie unter diesen Umständen das Lied nicht preisgaben. Das Gefühl des Sängers ist stets das richtige. Uebrigens bringe ich schon die Rettung.“

„Wie, Sie haben die Umänderung schon überlegt?“

„Gewiß! Hören Sie einmal an! Zwischen beiden Strophen kommt folgender Satz.“

Und ich sang ihr nun das vollständige Lied, allerdings den neuen Mittelsatz ohne Worte; diese hatte ich noch nicht.

„Ja,“ rief Pauline Lucca, „so ist es prächtig, so muß es von Wirkung sein; glauben Sie mir!“

Am nächsten Tage machte ich zu der Melodie des Mittelsatzes die Worte:

Und was mein Herz im Lauf der Stunden
An Liebesqual und Liebeslust
So ewig wahr und treu empfunden,
Was ich verschloß in tiefster Brust,
Wonach ich rang in heißem Sehnen,
Bald hoffnungsreich, bald todesmüd’,
Mein ganzes Sein in Glück und Thränen,
Das sprach: mein Lied –

instrumentirte den Satz und brachte nun das Ganze meiner Freundin. Diese sang das Lied, wiederholte es sogleich mit unverkennbarer Lust und erklärte sich durchaus befriedigt.

„Nun aber,“ sagte sie, „habe ich mir auch etwas überlegt. Bis jetzt sang ich meine Einlage immer am Schluß der Oper und mußte mich ärgern, wenn die Leute, um ihre Garderobe besorgt, ungeduldig wurden und sich zum Aufbruch rüsteten, noch ehe ich ausgesungen hatte. Bei dem ‚Veilchen‘ machte ich mir daraus weniger; Mozart bleibt ja doch Mozart; wenn ich aber etwas Neues singe, will ich den möglichsten Erfolg erzielen und dazu muß das Publicum ruhig zuhören können. Wenn mich nicht Alles trügt, wird Ihr Lied gewiß sehr gefallen; deshalb habe ich beschlossen, es zu Anfang des dritten Acts während der Tisch-Scene zu singen. Damit entgehe ich auch dem schon versuchten Einwande, daß das Lied dem heiteren Charakter der Frau Fluth nicht entspreche. Bei Tische singt der Ernste oft ein heiteres und der Lustige ein sentimentales Lied. Jedenfalls erreiche ich durch das Arrangement die Hauptsache: daß das Publicum dem Liede die volle Theilnahme schenkt.“

„Sie sind in Ihrer Sorge um mein Werkchen liebenswürdig wie stets. Aber, gnädige Frau, werden der Intendant und der Regisseur mit Ihrem Arrangement einverstanden sein? Wird man Ihnen nicht – und nicht ohne Grund – einwerfen: dann fehlt der Vorstellung der wirksame Schluß?“

„Nun, wenn es nicht anders ist, dann singe ich wirklich zum Schluß noch das ‚Veilchen‘; darauf soll es mir auch nicht ankommene.“ –

Die Angelegenheit mußte sich wohl so gestaltet haben, wie ich vorausgesehen. Am 29. November wurden die „Lustigen Weiber“ wiederum gegeben. Auf dem Zettel standen, wie einen Monat früher, als Einlagen die beiden Lieder.

Während der Tischscene mußte der Sänger des „Reich“ die Frau Fluth auffordern, „doch ein Liedchen zu singen“. Pauline Lucca trat nun vor und im Orchester begann das Vorspiel zu „Mein Lied“. Es bedarf keiner Versicherung, wie gespannt das gedrängt volle Haus horchte. Ein noch unbekanntes Lied und zum ersten Male von der Lucca gesungen. Im ganzen Opernhause herrschte die Stille einer Kirche. Und in einer Loge des zweiten Ranges, in eine Ecke gedrückt, saß der Autor des Liedes mit klopfendem Herzen und stockendem Athem und erwartete sein Schicksal.

Das Glück bereitete mir einen der schönsten Momente meines Lebens. Pauline Lucca sang das Lied wunderbar; in jedem Tone – nur ich konnte das herausfühlen – lag die Energie des Wollens, der Kampf um den Erfolg. Hatte sie im Mittelsatze die ganze Macht und Klangfülle ihrer Stimme entfaltet, so wurde ihr Ton im letzten Verse so unaussprechlich innig und wehmüthig, daß ich Damen in meiner Nähe die Augen trocknen sah. Bei den Schlußworten:

Denn wie ein süßer Trost durch meine Seele zieht,
Was heut’ ich sang: mein Lied!

hatte die Sängerin die aneinander gepreßten Fingerspitzen ihrer Händchen zum Munde geführt, und – wie bei einem herzlichen Scheidegruß – warf sie eine Kußhand in’s Publicum; zuletzt, gleichsam vom Gefühle überwältigt, ging sie schnell von der Scene.

Minutenlanger stürmischer Beifall folgte der Stille. Immer und immer wieder mußte Pauline Lucca erscheinen; nur mit Mühe entzog sie sich dem Verlangen nach einer Wiederholung des Liedes. In den folgenden Vorstellungen indessen gab das Publicum nicht nach, und von da hat die Künstlerin das Lied stets repetirt. Ebenso konnte sie nun zum Schlusse der Oper das Mozart’sche Lied ausfallen lassen; an Stelle desselben wurde ein schon vor Jahren gesungenes kurzes Ensemble-Stück wieder hergestellt, nach welchem der Vorhang fiel.

Daß ich meiner Sängerin den wärmsten Dank schriftlich und mündlich ausdrückte – wer wird daran zweifeln?

„Mein Lied“ wurde der Sängerin aber im Verlaufe der Zeit viel mehr, als wir jemals voraussehen konnten; die Ereignisse stempelten es – im Winter 1871 auf 1872 – zu einem Sensationsstück; Pauline Lucca sang es während der Saison fünf Male und jedes Mal dann, wenn sie auf das Publicum einen besonderen Eindruck beabsichtigte. So sang sie es im December als Abschiedslied vor dem Petersburger Gastspiel, mit welchem die Berliner (weil inmitten der Wintersaison) durchaus nicht einverstanden waren; sie sang es ebenfalls nach der Rückkehr beim ersten Auftreten im Januar des Jahres 1872. Noch bedeutungsvoller wurde das Lied am 30. Januar, wo das Publicum der Künstlerin zeigte, daß es ihr selbst eine große Uebereilung verzeihe. Pauline Lucca war nämlich am 27. Januar in einer Vorstellung der „Hochzeit des Figaro“, als sie erschien, wie gewöhnlich mit Beifall, in welchem sich jedoch starke Zischlaute bemerkbar machten (man schrieb diese wohl nicht mit Unrecht einer gewissen Clique zu), empfangen worden. Auf Susannens Frage: „Nun, Cherubin, was giebt’s?“ erwiderte der Page zum Publicum gewandt: „Ungezogenheiten giebt’s!“ und verließ die Scene, so daß der Vorhang fallen mußte. Nach einer peinlichen Pause begann die Vorstellung von Neuem; Cherubin erschien wieder, abermals mit Beifall, aber auch wiederum mit Zischen empfangen. Da trat Pauline Lucca dicht an die Lampen vor und sagte zum Publicum:

„Ich bin mir keiner Schuld bewußt und sehe nicht ein, weshalb ich unverdiente Beleidigungen hinnehmen soll.“

Darauf hatte die Vorstellung ihren gewohnten Verlauf. Wenige Tage nachher trat Pauline Lucca, wie oben erwähnt, als Frau Fluth wieder auf, und das Publicum bereitete ihr eine überaus glänzende Satisfaction. Schon bei ihrem Erscheinen mit den kostbarsten Blumenspenden empfangen, erreichte der Enthusiasmus im dritten Acte nach der Einlage „Mein Lied“ den höchstmöglichen Grad. Unter Beifall, der nicht [152] enden wollte, bedeckte sich die Bühne mit Blumen und Kränzen; endlich Wiederholung des Liedes, darauf abermals minutenlanges Rufen und Applaudiren.

Das Lied wurde endlich auch am 2. April 1872 das letzte Wort, welches Pauline Lucca zum Berliner Publicum sprach. „Mein Lied“ war nach elfjähriger Wirksamkeit ihr Lebewohl. Sie hat von Amerika aus die Conventionalstrafe von achttausend Thalern erlegt und damit ihre Verbindlichkeiten gegen die königliche Oper vollständig gelöst. Ob sie noch einmal in Berlin singt? Die Zukunft wird es lehren!

Somit wäre meine kleine Erzählung zu Ende.

Dennoch mag ich sie nicht schließen, ohne über Pauline Lucca und ihre charakteristische Eigenthümlichkeit noch Einiges mitzutheilen. Hat doch der Leser gewiß ungern die originellen Aperçus vermißt, durch welche die Künstlerin nicht minder berühmt geworden als durch ihre Gesangsleistungen. In der That schien Pauline Lucca nach meinen ersten Besuchen mir ihr Vertrauen zu schenken; sie sprach offen und rückhaltlos zu mir, freilich nicht ohne öftere Ermahnung: „Doch das bleibt unter uns; Sie versprechen mir, keinen Gebrauch davon zu machen.“ Natürlich gelobte ich Discretion und werde mein Versprechen halten. Und so habe ich wohl die Wahrheit und nichts als die Wahrheit (in Bezug auf die Begebenheit), aber allerdings nicht die ganze Wahrheit (das heißt Alles, was gesprochen worden) berichtet. Jedoch kann ich versichern, daß ich unsere oft stundenlangen Unterhaltungen zu den interessantesten Erinnerungen meines Lebens zähle; die Aeußerungen der Künstlerin über sich selbst, über Opern, Componisten, Sänger und Sängerinnen, Capellmeister, Recensenten, über Persönlichkeiten aus anderen Kreisen waren ebenso überaus treffend, als sie oft mit dem köstlichsten Humor, oft mit tiefem Gemüth vorgebracht wurden.

Wer Pauline Lucca – wie man das jetzt wohl öfter vernehmen kann – für undankbar erklären möchte, weil sie mit den langjährigen Berliner Verhältnissen so plötzlich gebrochen, der würde ihr sicher großes Unrecht thun. Das Scheiden ist ihr gewiß nicht leicht geworden; ich habe, so oft von Berlin die Rede war, nur Worte der innigsten Anhänglichkeit von ihr gehört. Mit enthusiastischer Verehrung und gar gern gedachte sie des Kaisers Wilhelm und seiner Huld und Güte; den Generalintendanten Herrn von Hülsen nannte sie ihren besten Freund, dessen Rathschlage sie stets zu ihrem Wohle befolgte, und über ihre Beliebtheit beim Publicum sprach sie ohne Ueberhebung und in den Ausdrücken des höchsten Dankes. Zeugte es doch gewiß von Bescheidenheit, wenn sie – als ich einst schilderte, wie schwierig es sei, zu ihren Vorstellungen Billets zu erlangen – in ihrer natürlichen Weise äußerte: „Ich bin nur neugierig, wie lange sich noch die Berliner so um mich reißen werden.“ Wie genau sie übrigens ihr Publicum kannte und wie klug und logisch sie folgerte, davon noch eine Probe.

Während des letzten Winters veranlaßte Pauline Lucca öfter rothe Zettel, das heißt, Umänderung der angesetzten Opernvorstellung. Als ich ihr die Unzufriedenheit des Publicums nicht verhehlte, sagte sie:

„Lieber Freund, was kann ich dafür? Ihnen darf ich den wahren Sachverhalt schon sagen. Sie wissen ja, daß ich während der letzten Saison in London einen so heftigen Anfall von Diphtheritis hatte, daß die Aerzte meinen Zustand während fünf Stunden für einen hoffnungslosen erklärten. Nachdem ich wieder genesen war, sagten mir dieselben Aerzte, daß die Krankheit, wenn auch für jetzt gehoben, mir jedoch noch längere Zeit Nachwirkungen verursachen würde; daß ich zeitweise eine Ermüdung im Halse zu gewärtigen hätte, bei welcher ich, wenn mir meine Stimme lieb sei, unter keinen Umständen singen dürfe. Die Aerzte hatten nur zu richtig prophezeit. Schon im Sommer, als ich in Ischl war, spürte ich eine solche Erschlaffung der Halsorgane, und jetzt habe ich sie wieder. Hören Sie selbst! Wenn ich den Ton stark angebe, spricht er wohl an, aber im Piano merken Sie das Mühsame, das Hinderniß; der Ton ist stumpf und klanglos. Würde ich einen Abend hindurch in so forcirter Weise singen, so wäre sicher eine lange andauernde Heiserkeit die Folge.“

Dabei war Pauline Lucca zum Flügel gegangen und sang; als Praktiker konnte ich mich sofort von der Wahrheit ihrer Aussage überzeugen.

„Aber“ – warf ich ein – „warum sorgen Sie nicht dafür, daß das Publicum durch die Presse den Sachverhalt erfährt?“

„Nein“ – rief sie lächelnd – „o nein, um die Welt nicht! Dann würde bei meinem nächsten Auftreten das Publicum – und wäre ich noch so brillant disponirt – sich gewiß einbilden, ich hätte an meiner Stimme verloren. Und das möchte mir auf immer für hier und auswärts den größten Schaden zufügen. Nein, nein, besser ist es, man hält mich – wie ich sehr wohl weiß – für träge und launenhaft. Wenn ich dann wieder auftrete, dann singe und spiele ich um so besser. Dann applaudirt das Publicum, verzeiht mir meine – wie es glaubt – Capricen und hat mich lieb, wie immer.“

Wie so häufig, mußte ich ihr zustimmen.

Ich habe im Laufe der Jahre manche berühmte Sängerin kennen gelernt, aber keine gefunden, die so klar und ohne jede Verblendung über ihren Charakter, über die Beschaffenheit ihrer Stimme, über die Tragweite ihres Talents urtheilte und die jeden praktischen Wink so freudig aufnahm und verwerthete, wie Pauline Lucca.

Berlin, den 8. Februar 1873.