Pferdetrieb auf der Pußta

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Titel: Pferdetrieb auf der Pußta
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 888–889, 892–893
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[888–889]

Photographie von Franz Hanfstaengl Kunstverlag A.-G. in München.
Pferdetrieb auf der Pußta.
Nach einem Gemälde von A. Wagner.

[892] Pferdetrieb auf der Pußta. (Zu dem Bilde S. 888 und 889.) Hui! Wie das schnaubt, wiehert, sich bäumt, stampft, schlägt und jagt, tausend Rosse ohne Reiter, ein köstliches Schauspiel nicht nur für den Sportsmann, sondern für jeden Thierfreund und ein herrlicher Stoff für den Pinsel des Künstlers!

Ja, der Magyare ist stolz auf seine Steppe wie auf sein Steppenpferd, und auf letzteres nicht ohne Berechtigung!

Schon vor nahezu einem Jahrtausend, als Arpads wilde Kriegerscharen über die Grenzen Deutschlands stürmten, mußte mancher deutsche Ritter auf schwerem Schlachtrosse im ungewohnten Kampfe gegen die Reiter auf ihren windschnellen asiatischen Steppenpferden Leib und Leben lassen; und noch heute wird diese Schnelligkeit manchem Nachfolger jener Ritter auf unblutigem Kampfplatz gefährlich, wenn er allzu hohe Summen gegen den flüchtigen magyarischen Vollblutrenner eingesetzt hat. Denn hat sich auch die Steppe in einem Jahrtausend nicht geändert, das Steppenpferd erfuhr dank den sportbegeisterten Magnaten so viel veredelnde Pflege, daß es sich heute mit den besten Rennern aller Nationen messen darf.

Gleichwohl ist es nicht die „Windeseile, womit der Csikos auf seinem Rößlein über die Pußta saust“, was das magyarische Pferd, namentlich für den Armeebedarf, so werthvoll macht. Ein Kavallerieregiment auf Pfleglingen berühmter Rennställe, so prächtig der Anblick auf dem Parade-Platz auch wäre, würde in einem Winterfeldzug doch wahrscheinlich schon nach wenigen Wochen zu Fuße marschiren! In solchem Falle aber bewährt sich die Ausdauer, Genügsamkeit und Wetterhärte des magyarischen Pußtapferdes ebenso glänzend wie der magyarische Reiter, welcher meist eher reiten als ordentlich gehen und laufen lernt.

Solche Rosse, solche Reiter zeigt unser Bild, im Hintergrunde aber die allen Pußten gemeinschaftlichen Wahrzeichen: die Cisterne mit der baumlangen Hebestange und die Csarda, die Schenke.

Es ist Abendzeit. Die Pferdehirten (Csikos) haben ihre Schutzbefohlenen zur Tränke getrieben, von der es jetzt zu gemeinsamem Nachtlager in die Nähe besagter Csarda geht. Hier entwickelt sich ein neues, nicht minder anziehendes Schauspiel. Dunkle Nacht senkt sich auf die Erde, und der erst so wild bewegte Schwarm der Rosse lagert unbeweglich auf dem Steppengrase, eine graue Masse, deren Leben sich nur durch halblautes Schnauben verräth. Ringsum herrscht tiefe Stille. Nur die wachsamen Hunde geben bisweilen kurzen, gedämpften Laut wie zur [893] Warnung beutelustiger Wölfe, und aus der Csarda klingt des Zigeuners Fiedel und das „Eljen“ des wein- und tanzfrohen Csikos leise in die weite Pußta, über welche sich der unendliche Himmelsbogen mit seinen Millionen schimmernder Sterne wölbt – ein Bild von unsagbar ergreifender, echter Steppenpoesie!