Phantome

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Textdaten
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Autor: C. St.
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Titel: Phantome
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 39, S. 640
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[640] Phantome. An den Schaufenstern der Spielwaarenhandlungen erblickt man seit einiger Zeit unter obiger Bezeichnung Portraits bekannter Persönlichkeiten, bei denen in groben Umrissen die Schattenstellen weiß und die Lichtstellen schwarz ausgeführt sind; weshalb sie auf’s Haar den Vorlagen zu den bekannten „Schattenportraits“ gleichen, bei denen die schwarzen Stellen herausgeschnitten werden sollen. Sie sind indessen bestimmt, so wie sie vorliegen, einer optischen Spielerei zu dienen, die darin besteht, daß man zunächst einige Secunden lang mit beiden Augen ein auf der Mitte des Blattes angebrachtes schwarzes Kreuzchen zu fixiren hat, um hernach, sobald man die Augen von dem Negativportrait auf eine im Schatten liegende weiße Wand richtet, dort das vergrößerte Positivportrait schweben zu sehen, dessen matte Umrisse sich bald wie ein Phantom in Nichts auflösen. Es ist ein sogenanntes „Nachbild“, welches durch die vorübergehende Ermüdung der betreffenden Netzhautstellen, auf welchen sich die helleren Theile des Bildes abzeichneten, hervorgebracht wird, und das kleine zu fixirende Kreuzchen dient nur dazu, die Augen für eine kurze Weile derartig fest einzustellen, daß dauernd dieselben Netzhautpartien von den helleren und dunkleren Theilen getroffen werden.

Da auf den Plakaten, welche der „neuen Erfindung“ beigegeben werden, eine bestimmte Person als Erfinder genannt wird, so wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß schon im Jahre 1865 Dr. A. Refell ähnliche, nur viel schönere und in gleicher Weise mit einem Kreuzchen versehene Phantomerregungsbilder mit wissenschaftlicher Erläuterung in Buchform unter dem Titel „Trugbilder“ (Stuttgart, Rieger’sche Verlagsbuchhandlung) veröffentlicht hat, die insofern viel interessantere Wirkungen geben, als sie meist in lebhaften Farben ausgeführt sind. Man kann bekanntlich die Netzhaut ebenso für bestimmte Farben, wie für Licht überhaupt, ermüden, und das Auge erblickt dann die Ergänzungsfarben derselben, wie ein Jeder dies von den grünen Flecken weiß, die er nach dem Anstarren der untergehenden röthlichen Sonne erblickte. Auf den Farbentafeln des genannten Buches findet man z. B. einen goldgelben schwebenden Genius mit rothem Kranz, dessen Nachbild einen lichtblauen Genius mit grünem Kranze ergiebt. Ein grasgrüner Amor mit blauem Bogen verwandelt sich in einen röthlichen Amor mit goldenem Bogen, ein schwarzer Schimmelreiter in einen weißen Rappenreiter etc. Die Krone dieser Täuschungen wird jedoch durch einen in sehr grellen Farben (umgekehrter Reihenfolge) gemalten Regenbogen hervorgebracht, der sich überaus täuschend aus der Wand reproducirt und schöner, als es durch den Pinsel möglich wäre, in ein großes Landschaftsgemälde hineingeworfen werden könnte. Uebrigens hat diese Spielerei auch ihre bedenkliche Seite und darf keinenfalls von derselben Person lange fortgesetzt werden. Eine kurze Unterhaltung damit ist indessen sehr lehrreich und darf als völlig unbedenklich angesehen werden.

C. St.