Polnische Dichtung in deutschem Gewande/Chillon
Sei mir gegrüßt, der Freiheit Hochaltar,
Der aus der Knechtschaft Felsennest erstand
Am Lac Leman, Kerker des Bonnivard,
Dem man um’s Haupt die Dornenkrone wand.
Anreihend sich: zuerst zum Richtersaal,
Zur Folterkammer dann, wo man zertrat
Mit Füßen mörderisch des Geistes Saat,
Doch nimmer sich erbarmt’ ein Menschenherz!
Vom Zeughaus führen Stufen niederwärts
Zum Höllenpfuhl, wo jahrelang von fern
Der Wächter Leuchte blinkte nur als Stern
Wo Mancher seine letzte Nacht erlebt,
Der lächelnd sah dem Tod ins Angesicht,
Mit Fesseln klirrend, abhold jedem Licht –
Hier schmachtet’ einst im Elend manches Jahr,
Wenn Klagelieder draußen heult der Wind,
Noch heut des Kerkers stille Thräne rinnt:
Von ihr benetzt, als wie von gestern, frisch
Ein Nam’ ist eingeritzt im Felsentisch –
Das Echo – Harolds Pilgerfahrt mir weckt,
Wie einst mein Ohr sie wonniglich umrauscht,
Als ich auf Newsteads Trümmern ihr gelauscht!
Längst war dies Lied mir der Vergangenheit
Bis endlich heut es wach mir wieder rief
Der Lac Leman, wie er, so bergetief,
So tausendarmig und so ätherrein,
Daß mit des Schaumes hellem Glorienschein
Bis auch die letzte Sklavenkette brach!