Pomologische Monatshefte:1. Band:5. Heft:Nähere Angaben über Anfertigung der Namenhölzer für Probebäume
Nachdem ich an Herrn Garteninspektor Lucas zur Ansicht ein paar Namenhölzer gesandt hatte, wie ich sie an meine Probebäume hänge, und in meiner Brochüre über Probebäume empfohlen habe, hat derselbe, von deren Zweckmäßigkeit überzeugt, mir den Wunsch geäußert, daß ich mich in der Monatsschrift näher über deren Anfertigung äußern möchte. Ich folge dem Wunsche um so lieber, da die Probebäume gegenwärtig für die Obstkunde bereits eine besondere Wichtigkeit erlangt haben, auch allmälig das Vorurtheil schwindet, als ob das Obst auf ihnen veränderlicher, oder weniger vollkommen seyn würde, als wenn je eine Sorte einen ganzen Stamm einnimmt, in welcher Hinsicht auch ich, nach Erfahrung und physiologischen Grundsätzen noch immer ganz der schon in meiner obgedachten Brochüre geäußerten Ansicht bin, daß es ganz einerlei in den Wirkungen für äußere Gestaltung des Obstes ist, ob Eine Sorte auf hundert verschiedenartige, aus edlern Kernen gezogene Wildlinge gepfropft wird, oder ob hundert Sorten auf einer und derselben Unterlage angebracht worden.
Der in Blei oder Blech eingeschlagenen Nummern habe ich mich bei den Probebäumen nie bedient, theils weil man ohne besonderes Zahlengedächtniß darin allzuleicht irrt, theils weil es zu viele Vortheile für Gewinnung von Obstkenntniß hat, wenn man beim Durchsehen der Früchte auf den Probebäumen, bei jeder Sorte gleich den vollen Namen, nebst Bezugsquelle, Reifzeit und andere dienliche Notizen hat, und dadurch weit eher Vergleiche anstellen und sich vieles rascher merken kann, was sonst schwerer wahrgenommen und behalten wird. Auch Namentafeln von Blei, Zink, oder angestrichenem Blech habe ich nicht gewählt, weil sie theils theurer, theils nicht haltbarer sind, als die Namenhölzer, vorzüglich aber, weil sie durch die Bewegung im Winde den Draht, womit sie befestigt sind, leicht durchschaben und [190] herabfallen. Ich nahm daher zu den Namentafeln, wie hier stehend eine dargestellt ist, kleine Holztäfelchen von gutem, knastenfreien,
geradfaserigen Tannenholze, die an beiden Enden stumpf zugespitzt wurden, damit das Regenwasser daselbst nicht stehen bleibe, und dann gegen das eine Ende hin mit zwei, einander gegenüberstehenden Kerben versehen wurden, um durch diese den Draht zu legen, womit sie an den Probezweig befestigt werden sollen. Zu diesem Draht nehme ich weder Bleidraht, noch Messingdraht, die sehr bald durchbrechen, oder abrosten, sondern guten Eisendraht; aber viel kommt darauf an, daß man von Letzterem solchen erhalte, der nicht brüchig ist, indem seit 6–8 Jahren ich öfter solchen erhielt, der, auch noch so sorgfältig geglühet, beim schärferen Zusammendrehen mit der Drahtzange stets abbrach, was bei weniger brüchigen Sorten nicht vorkommt. Den Draht nahm ich etwa von der Dicke eines dünnen Bindfadens, und wird er vor dem Glühen mit einer Zange mit zusammenstehender scharfen Kante, womit man auch Nägel auszieht, in solcher Länge abgezwickt, daß die später zusammengeschränkten Enden dem Zweige, um welchen er gelegt wird, Raum genug zu seiner Verdickung lassen, und nicht zu besorgen steht, daß der Draht einschneide. Werden mehrere hundert Sorten auf denselben erwachsenen Probebaum gesetzt, so können die Drahtenden an beiden Seiten des Hölzchens oft sogar noch um Weniges kürzer seyn, als in der Abbildung[1]; für Zweige noch junger Bäume von Kirschen, Pflaumen etc., wo nur wenige Sorten auf denselben Baum kommen und daher merkliches Zunehmen der Zweige an Dicke zu erwarten steht, nehme ich sie etwas länger. Wollte aber je ein Draht einschneiden, so können leicht die Oehre an seinen Enden ausgebogen und ein neues Drahtstück von hinreichender Länge dazwischen, durch Verschränkung von Oehren, angebracht werden. Das Abzwicken des Drahtes mit der Zange geht rasch, wenn man erst eine Probelänge macht, diese dann weiter an dem Draht anlegt, mit der Zange hinter ihrem oberen Ende den Draht faßt, die Probelänge weiter hinauf anlegt und mit dem Drahte faßt und nun erst das mit der Zange gefaßte Ende abzwickt. Die abgezwickten Enden werden in Bündel mit Draht zusammengebunden und in hinreichend großem Feuer gut geglüht. Soll ein Drahtstück um das Hölzchen befestigt werden, so wird es auf einer der breiten Seiten desselben zwischen [191] den Kerben, am besten so ausgelegt, daß die Enden ungleich überstehen, damit nachher die Zusammenschränkung der Oehre nicht gerade über den Zweig, sondern an dessen Seite falle; doch ist dies nicht wesentlich. Der Draht wird mit dem Daumen der linken Hand fest aufgedrückt, damit er platt aufliegen bleibe, und später nicht einen erhöheten Bogen bilde, und dann mittelst rascher Einbiegung in scharfem Winkel durch die Kerben gebogen, auf der anderen Seite des Hölzchens möglichst nahe an demselben und in dessen Mitte zusammengebogen, und nun, mit einer Drahtzange mit platten Spitzen in der Zusammenlegung gefaßt, so lange nicht allzurasch zusammengedreht, bis er überall das Hölzchen so fest umfaßt, daß es in dem entstehenden Oehre sich nicht bewegen kann, worauf, während einer noch fortgesetzten, etwa halben Umdrehung der Draht nach dem Ende des Hölzchens emporgebogen wird (ohne fortgesetztes Drehen bei dieser Biegung liegt er leicht nachher nicht fest genug an) und nun die Enden gegen einander gebogen und an ihrer Spitze zu einem Oehre umgebogen werden, das vorerst offen bleibt, und nicht zu kurz seyn muß, damit man es nachher leicht zusammendrücken und auch wieder öffnen könne.
Die Hölzer nebst ihren Drähten werden nun mit guter Oelfarbe zweimal angestrichen und zum Trocknen mit dem zusammengebogenen Drahte auf dünne Stangen gehängt. Anfangs ließ ich sie weißlich oder hellgrau anstreichen, fand aber bald – was auch die Maler recht wohl wissen, – daß diese Farbe in der Witterung zu vergänglich sey und nach mehreren Jahren sich als ein Pulver mit dem Finger abreiben läßt, auch abregnet, so daß die Namen auf den Hölzern zu früh erlöschen. Vielleicht wäre es schon anders, wenn zu der grauen Farbe, statt Bleiweiß das jetzt gebräuchliche Zinkweiß genommen würde; doch habe ich darüber keine Erfahrung. Ich ließ daher später die Hölzer mit nicht zu dunkler grüner Oelfarbe anstreichen, und sagte mir ein Maler, daß zu den etwas helleren Hölzchen, die ich ihm vorzeigte, Bremergrün zu etwas dunklerem Königsgrün genommen sey; daß bei Mischung der Oelfarbe guter Oelfirniß genommen werde, wird immer wesentlich seyn. Sind die angestrichenen Hölzer trocken genug geworden, so wird von guter schwarzer Oelfarbe (daß die Maler auch hier schlechte Farbe liefern können, fand ich 1854, wo die Namen auf den Hölzern nach acht Wochen noch nicht trocken waren, sich verwischen ließen, und abregneten, so daß ich sie nochmals schreiben mußte), ein wenig in ein Näpfchen, Muschel oder dergl. gegeben, und mit gutem Terpentinspiritus, unter Umrühren, so lange verdünnt, bis man mit einer Feder (die nicht zu spitz geschnitten seyn muß) bequem damit schreiben kann, und wird nun jedes Hölzchen auf beiden Seiten mit dem Namen der Sorte etc. beschrieben, was rasch genug geht, um in Einem Nachmittage 300 bis 500 zu beschreiben. Fängt die Farbe im Näpfchen an, durch die rasche Verdunstung des Terpentinspiritus zu steif zu werden, so mengt man wieder einige Tropfen von diesem zu; es wird aber gut seyn, mit derselben kleinen Portion Farbe nicht länger als ein paar Stunden zu schreiben, und dann das Näpfchen zu reinigen und neue Farbe zu nehmen.
Nachdem auch die Namen gehörig getrocknet sind, was, wenn Farbe und Spiritus gut waren, rasch geschieht, werden die Namenhölzer an die Probezweige so befestigt, daß der Name jedesmal den[WS 1] Ast aufwärts, [192] für den einen oder vielleicht die mehreren kleinen Zweige gilt, auf welche man dieselbe Sorte gesetzt hat, bis ein neues Hölzchen folgt. Hat das aufgesetzte Probereis noch nicht hinreichend steife Seitentriebe gemacht, so daß der Wind das angehängte Namenholz herabwehen könnte, so wird es einstweilen auch noch mit einem Bindfaden an den Zweig festgebunden oder der Draht nur so zusammengebogen, daß er den Zweig eng genug umfaßt, damit das Hölzchen nicht herabfallen könne, worauf man dann nur nicht unterlassen muß, nach Jahr und Tag ihn gehörig wieder auseinander zu biegen. Zu noch mehrerer Vorsicht habe ich beim Befestigen der Namenhölzer immer auch noch die beim Anfertigen des Probebaums im Frühlinge nur provisorisch mit Bindfaden angebundenen und mit Bleistift geschriebenen auf einer Seite grau angestrichenen Namenhölzer sitzen lassen, die, wenn der Bindfaden gut ist, oft noch nach drei Jahren am Baume sitzen. Um zu wissen, welche Namen im Laufe des Sommers für einen Probebaum zu schreiben seyen, schreibe ich bei der Veredlung die Sorten auf, die auf ihn gesetzt werden sollen, und lasse nachher beim Lösen der Reiser die Hölzer, deren Reis etwa nicht anging, herabnehmen, um in dem Verzeichnisse die betreffenden Namen zu streichen.
Die in Nienburg in den ersten Jahren angehangenen grün angestrichenen Namenhölzer sind noch jetzt, nach 15 Jahren, völlig gut und leserlich. Man kann derartige Namenhölzer auch an die Zweige von Pyramiden etc. hängen, um zu jedem Stamme gleich den Namen zu haben, und befestige ich sie selbst an den ersten Stamm jedes Quartiers meiner Baumschule, um beim Reiserschneiden rasch und sicher das rechte Quartier zu treffen.
Schöner als solche Namenhölzer sind kleine, ovalrunde Namentäfelchen von Porzellan mit eingebranntem Namen, aber auch weit theurer und leichter zerbrechlich, so wie sie im Winde gleichfalls den Draht, womit sie befestigt werden, leichter durchschaben werden, während ich bei Anwendung meiner Namenhölzer, die ich dem freien Spiele des Windes überlasse, nie wahrgenommen habe, daß sie die Rinde des Zweiges geschabt hätten, oder der Draht, da wo er am Zweige im Winde sich reibt, dünner geworden wäre; zu Beidem hat das Hölzchen nicht Schwere genug.
- ↑ Die Abbildung zeigt 2/3 der wirklichen Größe.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: der (vgl. Anzeige von Druckfehlern)