Prinzessin Europa
Kaiserlichen
Gözen,
Prinzessin ein crimen raptus, zu teutsch:
Jungfernraub auszuüben.
Vor Alters war ein Gott,
Von nicht geringem Ruhme,
Im blinden Heidenthume.
Nun aber ist er todt.
Ich weis nicht mehr das Datum.
Der war an Schelmerei,
Das Weibsen zu betrügen,
Von dem Papa der Lügen
Und kurz, auf alle Fälle,
Ein lockerer Geselle.
Ich hab’ ein altes Buch,
Das thut von ihm berichten
Worin manch Stuzer gnug
Für seinen Schnabel fände,
Wenn er Latein verstände.
Mein unverdrosner Mund
Nur Einen Knif erzälen.
Denn thät’ ich alle kund,
So wäre zu besorgen,
Ich säng’ bis übermorgen.
Geehrte Herrn, gereuen.
Mein Liedel sol euch freuen! –
Doch ihr dort! Schelmgezücht!
Kroaten, hinter’n Bänken!
Heda! Hier nichts gegekt,
Ihr ungewaschnen Buben!
Narrirt in andern Stuben,
Nur mich last ungenekt!
Ein Schlos; wiegt tausend Pfunde.
Ha! das Donatgeschmeis!
Kaum hört und sieht’s was Neues,
So hat es gleich Geschreies,
Gedult! Man wird’s euch zalen,
Euch dünnen Schulpennalen!
Traut nicht! Es regt sich hie,
In meinem Wolfstornister,
Ein Kobolt – heist Genie.
Dem schaft’s gar guten Frieden,
Wem Gott solch Ding beschieden.
Last ja den Griesgram gehn!
Läst euch wie Affen tanzen,
Und auf den Köpfen stehn;
Wird euch mal begenieen,
Daß euch die Steisse glühen. –
Mögt meine Melodeien
Nur nicht flugs nachlalleien.
So leicht lalt sich’s nicht ’nein.
Beherzigt doch das dictum:
Eur Bazen sol euch nicht,
Geehrte Herrn, gereuen.
Mein Liedel sol euch freuen!
Nun schaut mir ins Gesicht!
Wil endlich mal beginnen. –
Zeus wälzt’ im Bette sich,
Nachdem er lang gelegen,
Wie Potentaten pflegen,
„Schon trommelt’s zur Parade!
Wo bleibt die Schokolade?“
Gleich bringt sie sein Lakei;
Bringt Schlafrok, Toffeln, Hose,
Nebst Fidibus herbei.
Denn Morgens ging kein Mädchen
Gern in sein Kabinetchen.
Er schlürft’ acht Tassen aus;
Sich mit dem halben Leibe
Zum Himmelsfenster ’naus,
Und schmauchte, frisch und munter,
Sein Pfeifchen Knaster ’runter.
Visirt’ er von dem Himmel,
Nach unserm Weltgetümmel.
Sonst mochten wol so tief
Die abgeschwächten Augen
Da nahm er schmunzelnd wahr,
Auf schönbeblümten Auen,
Gar lieblich anzuschauen,
Vergnügter Mägdlein Schaar,
Sich Gänseblümchen lasen.
Die Schönste war geschmükt
Mit einem leichten Kleide,
Von rosinfarbner Seide,
Die Andern aber schienen
In Demut ihr zu dienen.
Die niedliche Gestalt,
Die schlanken zarten Glieder,
Ihr Alter er gar bald
Recht kunstverständig schäzte,
Und es auf Sechzehn sezte.
Zum Blumenlesen war
Das Perspectiv von oben
Sah alles auf ein Haar.
Die Füschen, Knie, und Waden
Behagten Seiner Gnaden.
Bald wolt’ er mehr gewinnen.
Da hub er an zu sinnen,
Auf arge List und Trug.
Ihn dünkt, sie zu erschnappen,
Er klügelt’ und erfand,
Nach schlauem Spintisiren,
Als Stier sich zu maskiren:
Doch ist mir unbekant,
Und wie er’s angefangen?
Ich mag um Schlaf und Ruh
Durch Grübeln mich nicht bringen.
Allein von rechten Dingen
Es half ihm, sonder Zweifel,
Gott sey bei uns! ††† der Teufel.
Kurz um, er kömt als Stier,
Und grast auf dem Gefilde,
Erst ziemlich weit von ihr,
Und scheint den Frauenzimmern
Sich schlecht um sie zu kümmern.
Almählich hub er an,
Doch noch blieb sie nicht stehen.
Der Krep wuchs ihr bergan.
Auch ward ihr in die Länge
Die Schnürbrust mächtig enge.
Verstand die fintenvolle
Vorherstudirte Rolle,
Wie ich mein A b c.
War er Aktör, ich wette,
Er hatte Theorie
Mit Praxis wol verbunden.
In seinen Nebenstunden
Verabsäumt’ er fast nie,
Und Noten beizuschreiben.
Drum that der arge Stier
Sehr zahm und sehr geduldig,
Schien keiner Tücke schuldig,
Durch Kopfhang sich und Schweigen
Empfindsam gar zu zeigen.
Das Mägdlein, durch den Schein
Von Sitsamkeit betrogen,
„Solt’ er wol kurrig seyn?“
Sprach sie zu ihrer Amme,
„Er gleicht ja einem Lamme!“
Die alte Strunsel rief:
Nach alter teutscher Sage,
Sind stille Wasser tief.
Drum, Chere Enfant, drum bleibe
Dem bösen Stier vom Leibe!“ –
Ihm wol ein Kränzel binden,
Und um die Hörner winden.
Er wird schon artig seyn,
Wenn ich hübsch traulich rabb’le
Fort, Kind! da kömt er! Ah! „ „ „
Doch er lies sacht die Glieder
Ins weiche Gräschen nieder,
Lag wiederkäuend da.
Schien gänzlich nicht gefärlich.
Da ward das Mägdlein kühn,
Und trieb mit ihm viel Possen,
(Das lit er unverdrossen)
„Hi! Hi! Ich wil’s doch wagen,
Ob mich das Thier wil tragen?“
Doch der verkapte Gast
Empfand auf seinem Rücken,
Kaum seine schöne Last,
So sprang er auf und rente,
Als ob der Kopf ihm brente.
Und lief, in vollem Trab,
Zum nächsten Meergestade,
Und hui! that er hinab,
Kein Weilchen zu verlieren,
Den Sprung mit allen Vieren.
(Die an das Ufer sprangen
Und ihre Hände rangen)
„Ach! Ach! Prinzessin, ach!
Was für ein Streich, Ihr Gnaden!
Allein das arme Kind
Hub, zappelnd mit den Beinen,
Erbärmlich an zu weinen:
„Ach! helft mir! helft geschwind!“
War taub zu ihrem Leide.
Nichts half ihr Ach und Weh.
Sie muste fürbas reiten.
Da gaft’ auf beiden Seiten,
Und hub, ganz ausgelassen,
Hierüber an zu spassen.
Der Stier sprach nicht ein Wort,
Und trug sie sonder Gnade
Und kam in sichern Port.
Darob empfand der Heide
Herzinnigliche Freude.
Hier sank sie auf den Sand,
Und Herzensbangigkeiten,
Von Sinnen und Verstand.
Vielleicht hat’s auch darneben
Ein Wölfchen abgegeben.
Dies Tempo wahr, und spielte,
Als sie nicht sah und fühlte,
Ein neues Qui pro quo.
Denn er verstand den Jocus
Und trat als Kavalier,
In hochfrisirten Haaren,
Wie damals Mode waren,
Mit dem Flakon zu ihr,
Die Schnürbrust an zu lüften.
Kaum war sie aufgeschnürt,
Kaum kizelt’ ihre Nase
Der Duft aus seinem Glase,
Drauf er, wie sich’s gebürte,
Comme ça mit ihr charmirte:
„Wilkommen hier ins Grün!
Per dio! das bejah’ ich,
Woher, mein Kind, wohin?
So weit durch’s Meer zu reiten!
Und doch nicht abzugleiten? –
Indessen freut mich’s, hier
Gehorsamst aufzuwarten.
Ma foi! das ahnte mir,
Heut hatt’ ich so ein Träumchen „ „ „
Auch jukte mir das Däumchen.
Worauf sie hergeritten,
Nachdem sie abgeschritten,
Gleich in den Stal von hier.
Da sol es, nach Verlangen,
Sie werden, Herzchen, gelt?
Wol noch ein wenig frieren?
Geruhn sie zu spazieren
In dieses Lustgezelt,
Als wären sie zu Hause.
Hier pflegen sie der Ruh,
Und troknen sich, mein Schnekchen,
Ihr Hemde, samt dem Rökchen,
Ich, mit Permiß, wil ihnen
Stat Kammermädchens dienen.“ –
Sie sträubte jüngferlich
Sich anfangs zwar ein wenig:
Und da ergab sie sich.
Nun, hochgeehrte Gäste,
Merkt auf! Nun kömt das Beste.
Hem! „ „ „ Ha! Ich merke wol
Daß ich mit hübschen Phrasen
Eur Ohr nun kizeln sol.
Ihr möchtet, um den Bazen,
Für Lachen gern zerplazen.
Was ich dabei riskire!
Wenn’s der Pastor erführe,
Der keinen Spas versteht,
Dann wehe meiner Ehre! –
Drum weg mit Schäkerei’n!
Von süskandirten Zoten
Wird vollends nichts geboten.
Hilarius hält fein
Ihr Herren Auditores.
In Züchten, wie sich’s ziemt,
Weil mich vor langem Breie
In solchen Schosen scheue,
Hier that mit seiner Schöne
Der Herr sich treflich bene. –
Nun schwammen mit Geschrei,
In langen grünen Haaren,
Hart an den Strand herbei:
Zu sehen das Spektakel,
In diesem Tabernakel.
Manch Nixchen wurde rot;
Jen’s neigte sich zum Flüstern;
Dies lachte sich halb todt;
Neptun, gelehnt ans Ruder,
Rief: Prosit, lieber Bruder!
Im Namen aller Weiber,
Daß dieser Heid’ und Räuber
Bereits gestorben ist.
Zwar „ „ „ fehlt’s auch zum Verführen