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RE:Χυτρόπους

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gerät, um einen Kochtopf über Feuer zu stellen
Band III,2 (1899) S. 25322534
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Χυτρόπους, ein Gerät, um einen Kochtopf, χύτρα, über Feuer zu stellen. Alciphr. III 5. Diokles bei Poll. X 99 (wo λάσανα = χ.). Dies konnte ein einfacher Dreifuss sein. Aristoph. Byz. bei Eustath. Il. 1827, 47 vgl. mit Schol. Aristoph. av. 436. Indes die Grammatiker – glaubwürdige Zeugen, da das Wort während des ganzen Altertums in Gebrauch blieb – erklären χ. durch Ausdrücke, die zweifellos ein Gerät bezeichnen, in dem das Feuer enthalten war, also einen kleinen tragbaren Herd: βαῦνος, μαγειρικὸς βαῦνος, ἀνθράκιον (Alexis bei Poll. a. O.), ἐσχάρα (Strattis bei Poll. a. O.), ἐσχάριον, ἐσχαρίς Poll. X 100. Bekker Anecd. 106, 30. Hesych. s. βαῦνος. Ein derartiges Gerät aus Thon war, wie einige vollständige Exemplare und viele Fragmente bezeugen, am ganzen östlichen Mittelmeerbecken, westlich bis Karthago, verbreitet, namentlich um die Mitte des 2. Jhdts. v. Chr., kommt aber auch früher und später vor. Es ist etwa 0,50–0,60 m. hoch, hat die Form eines oben und unten erweiterten Cylinders, dessen oberen Abschluss ein durchlöchertes Becken zur Aufnahme der Kohlen bildet; unten ist ein Exemplar durch einen horizontalen Boden geschlossen, die übrigen offen. Der Cylinder hat mehrere Öffnungen, um den Kohlen Luft zukommen zu lassen, darunter meist eine grössere, die auch zum Herausnehmen der herabgefallenen Asche dienen konnte; zwei Henkel an der oberen Hälfte des Cylinders dienen zum Transport; am Rande des Kohlenbeckens stehen drei senkrechte Glieder auf, die wir ,Ohren‘ nennen können; unter diesen ist nach Innen je ein horizontaler [2533] Vorsprung angebracht. Diese trugen den Topf, die Ohren hinderten seitliche Bewegung desselben. Die Ohren sind auf der Innenseite mit Reliefs verziert, am häufigsten mit einem Kopfe, so dass der Bart den den Topf tragenden horizontalen Vorsprung bildet. Mehrmals ist es Hephaistos mit dem spitzen Hut, sonst Silen oder andere nicht zu benennende Köpfe, nicht selten ein Stierkopf, niedriger angebracht, so dass auf ihm der Topf stand. In anderen Fällen ist das Relief blos ornamental.

Das vollständigste Exemplar, aus Iasos, abgeb. Arch. Jahrb. XII 1897, 161, ist seit kurzem im Antiquarium des Berliner Museums; hier ist auch der Kochtopf, genau passend und offenbar für den χ. gearbeitet, an seinem Platze erhalten. Sehr ähnlich sind zwei sich zu einem vollständigen Exemplar ergänzende Fragmente im Nationalmuseum zu Athen, abgebildet a. O. V 1890, 134. Ein reicher ornamentiertes Exemplar besitzt das Museum Fol in Genf, abgebildet a. O. 137; diesem soll ein im Bardomuseum in Tunis befindliches, aus Karthago, sehr ähnlich sein. Ein sehr einfaches, im städtischen archaeologischen Magazin beim Colosseum in Rom ist mit zwei eben dort befindlichen ähnlichen aber kleineren Geräten abgebildet Röm. Mitt. X 1895, 39. Als Fragmente finden sich in grosser Zahl die Ohren. Ältere abweichende Form aus Istrien und Este Hoernes Mitt. d. praehist. Comm. d. Wien. Ak. I 3, 1893, 98, 1. Wie ein aus Troia stammendes Gerät mykenischer Zeit (Brückner Arch. Anz. 1896, 108) diesem Zwecke gedient haben soll, ist mir nicht klar.

Aus Hesiod. erg. 748f. μηδ’ ἀπὸ χυτροπόδων ἀνεπιῤῥέκτων ἀνελόντα ἔσθειν μηδὲ λόεσθαι · ἐπεὶ καὶ τοῖς ἔνι ποινή, geht hervor, dass der χ. auch zu religiösen Handlungen, als eine Art tragbarer Altar für Rauchopfer diente. Es ist klar, dass ein Gerät wie das eben besprochene hierzu vollkommen geeignet war. Das Genfer Exemplar erinnert auch durch seine Ornamentation – Guirlanden in Relief – an einen Altar; und so auch die Fragmente Arch. Jahrb. V 135. 136. Es scheint also, dass man bei der Fabrication auf diesen religiösen Charakter des χ. Rücksicht nahm.

Es ist mehrfach bezeugt, dass man den χ. auch λάσανα nannte. Schol. Aristoph. Pax 893. Poll. X 99. Moeris Hesych. Suid. s. λάσανα, λάσανον. Nach Suidas hiess (in Athen ?) τὰ λάσανα der Ort, wo nach einem Opfer für die Buleuten gekocht wurde. Λάσανα, lasanum (Petron. 41) heisst sonst ein Nachtstuhl, und zwar war es der derbste Ausdruck für denselben; schicklicher war es, ihn δίφρος zu nennen (Poll. a. O.). Offenbar ist dies ursprünglich ein grober Scherz, beruhend auf einer Ähnlichkeit der Form; es ist sehr wohl denkbar, dass es Nachtstühle ähnlicher Form, natürlich ohne die Ohren, gab.

In Pompeii ist ausser den oben erwähnten Fragmenten kein χ. gefunden worden, wohl aber nicht selten ein einfaches Surrogat desselben. Man schnitt eine Thonamphora, etwa der Form XII CIL IV an der Stelle ihrer grössten Weite horizontal durch, schnitt in den unteren Teil ein länglich viereckiges Luftloch und benutzte ihn so als Untersatz für das Kochgeschirr, welches meist [2534] auch nichts anderes ist, als das untere Ende einer Amphora.

Es ist merkwürdig, dass auch in Pompeii kein deutlich den Namen χ. verdienendes Gerät gefunden ist. Ein Mus. Borb. IV 59 abgebildetes Gerät ist wohl mit Unrecht von dem Herausgeber (Quaranta) so benannt worden. Es ist cylinderförmig, auf drei Füssen, mit einem Henkel; drinnen stand zu unterst ein eisernes Kohlenbecken, oben war ein Bronzegefäss eingesetzt, genau in den Cylinder passend und auf seinem oberen Rande mit dem eigenen übergreifenden Rande aufliegend, ohne Henkel, also absolut nicht abnehmbar, während der χ. zum Aufsetzen des abnehmbaren Kochgeschirrs dient. Das Ganze ist eine Vorrichtung zum Warmhalten des Wassers.

Conze Arch. Jahrb. V 1890. 118ff.; Arch. Anz. 1890, 166. Benndorf Eranos Vindob. 384. Mau Röm. Mitt. X 1895, 38ff. Winter Arch. Jahrb. XII 1897, 160ff. Brueckner Arch. Anz. 1896, 108. Von Luschan Verh. d. anthropol. Ges. 1892, 202.

[Mau. ]