4) Aineias aus Gaza lebte um die Wende des 5. christlichen Jhdts. Eine grundlose Vermutung älterer Forscher lässt ihn von der griechischen Religion zum Christentum übergehen; in Wirklichkeit ist [1022] er als Christ geboren, hat aber als Schüler des zu seiner Zeit hochgefeierten Neuplatonikers Hierokles in Alexandreia mannigfache philosophische Gedanken aufgenommen, die der orthodoxen Lehre des Christentums widersprachen. Er wirkte mit grossem Eifer als Lehrer der Rhetorik und Philosophie in Gaza, scheint aber auch zeitweilig an anderen Orten Palästinas und Syriens, sowie in Constantinopel sich aufgehalten zu haben. Als Schriftsteller ist er bemüht, neuplatonische mit christlichen Lehren zu verschmelzen, nicht immer mit Glück, wie sein von Citaten und versteckten Entlehnungen aus griechischer Litteratur strotzender Dialog Theophrastos zeigt, der die Lehren von der Weltschöpfung gegen die Neuplatoniker verteidigt und ausserdem eschatologische Fragen, Praeexistenz und Fortdauer der Seele, sowie Auferstehung der Toten behandelt. Ausser dieser Schrift sind noch 25 an Freunde und Schüler gerichtete Briefe von A. erhalten, deren gezierte Schreibweise den Rhetor aus der Schule von Gaza verrät, wie ihr Inhalt den edlen, menschenfreundlichen Charakter des Verfassers bezeugt. Der Dialog ist am besten von Boissonade (Paris 1836) herausgegeben; die Briefe sind zuletzt von Hercher (Epistologr. Gr., Paris 1873 p. 24f.) veröffentlicht. Alles auf A.s Leben und Schriften Bezügliche findet sich bei Wernsdorf Disp. de Aenea Gaz. Naumb. 1816 (zum Teil abgedruckt bei Boissonade p. IXf.) und in Boissonades schätzbaren Anmerkungen zu seiner Ausgabe. Vgl. auch Stark Gaza und die philistäische Küste 634f. und Kilian Seitz Die Schule von Gaza, Heidelberg 1892, 23f.